Benno Hartwig schrieb:
Deinen Unmut (richtig interpretiert?) verstehe ich trotzdem nicht.
AlphaZero spielt dann eben deutlich besser Eröffnungen als Stockfish, wodurch auch immer.
Benno, der Unmut ist in Wirklichkeit gar nicht da, weil ich ja verstehen kann, dass Google ein möglichst herzeigbares Ergebnis wollte, und die Mittel dazu hätten vielleicht noch etwas fairer sein können, aber dann wären halt wieder einmal sehr viel mehr Remis rausgekommen, schätze ich.
Und warum aber AlphaZero deutlich besser
diese Eröffnungen gespielt hat, die ihm Stockfish vorgesetzt hat, liegt einfach daran, dass AZ
diese Eröffnungen von SF "beigebracht" bekommen hatte schon in der Trainingsphase.
Dann schaut es so toll aus, dass das nur 4 Stunden gewesen wären, waren's aber nicht, da sind die ganzen Lernphasen mit dem sehr viel größeren Hardware- Zeit- Aufwand vorhergegangen (im Papier als 700.000 Steps mit 5000 TPUs beschrieben) und ich gehe auch einfach mal davon aus, das war davor auch nicht nur alles Selfplay, da wird der auch schon bekannte SF8 auf der Hardware, die im Match dann für SF bereitgestellt wurde, auch schon als Lerngegner gedient haben. Das mag wieder nur Unterstellung von mir sein, dass es nicht auch so ähnlich war, steht aber nirgends. Die Endversion hatte dann noch 4 Stunden.
Period.
Irreführend ist, glaube ich, auch das graphisch in der Ausspielhäufigkeit dargestellte unheimlich menschlich und breit anmutende AlphaZero- Eröffnungsrepertoire, das hat mit dem Match gegen SF nichts zu tun, das ist aus dem Selfplay, wenn ich es richtig verstanden habe.
Und dann ist noch im CCC umstritten, ob und was AZ in der Vorbereitung alles an Eröffnungsdatenbank- Wissen gelernt hatte und wie.
Ich mag das jetzt dort aus dem endlos- Thread nicht mehr heraussuchen, wer welcher Meinung war, das Google- .pdf ist aber auch wieder nicht wirklich klar für mich in der Hinsicht, ich lese dort, dass die Vorläufer von AZ, Giraffe und DeepChess noch mit menschlicher Eröffnungstheorie aus Partiesammlungen "gefüttert" wurden, ob AZ (oder eine seiner schachlichen DeepMind- Vorversionen) so ein Datenbankwissen auch mitbekam, ist nicht beschrieben, was ich aber so gelesen habe, dass es dezidiert nicht so war, finde ich auch nirgends. (Nämlich in wie weit AZ schon vor den weiteren Lernphasen z.B. auf DeepChess gefußt hat, es sind ja, was die Algorithmen selbst angeht, schon große Ähnlichkeiten mit z.B. AlphaGo auch noch da, glaube ich.)
Aber selbst oder gerade wenn AZ wirklich nur gegen sich selbst und SF gelernt hat, zu eröffnen, dann ist das, was er unabhängig von SF gegen sich selbst an Eröffnungsstatistik geboten hat, noch absolut unüberprüft im Spiel gegen eine gute Engine mit Ausnahme dessen, was im Match gegen den buchlosen SF dann wirklich aufs Brett kam.
Zurück zum Unmut: wenn der überhaupt besteht (wie gesagt, eigentlich können wir ja ohnehin alle nur dankbar sein, dass Google dem Spiel überhaupt so eine Aufmerksamkeit und so einen Aufwand "schenkt"), dann nur darin, dass die Publikation von Google (wenn die das aber auch überhaupt schon ist, die wir da bisher haben, da meinen wieder Manche, auf der Site, von der man sie herunterladen kann, werden normalerweise nur Entwürfe abgelegt) dass aber jedenfalls diese erste Publikation zu viele Frage offen lässt, was die Vergleichbarkeit der AZ- Leistung gegen SF mit der gegen einen SF mit einem guten Buch angeht, das fehlt mir einfach noch und ich würde bei aller Begeisterung, wirklich auch meinerseits vorhanden, sehr darauf gespannt sein, ob das auch noch kommen wird und wie, vielleicht auch mit menschlicher Beteiligung, bei AlphaGo wurden ja dann auch erst die Matches gegen die menschlichen Meister so richtig medial aufbereitet, vielleicht ist das gegen SF8 ja auch immer noch "Aufwärmphase", darauf hoffe ich stark.
Was kann man denn an dem Ganzen an Werbewirksamkeit verkaufen, wenn wir wie Frank Brenner davon ausgehen, dass das das weitaus überwiegende Interesse von Google an der Sache ist, ein mediales und damit wirtschaftliches Interesse?
Wenn Leute, die vom Schach etwas verstehen, aber natürlich sehr viel mehr Leute, die nix damit am Hut haben, zuschauen können, wie Menschen gegen Maschinen abstinken, wohlgemerkt, allzu stark auch wieder nicht (Windhundbeispiel), aber es sollten doch noch irgendwie auch menschliche Leistungen sein, die scheitern gegen die allmächtige AI, wenigstens inform von menschlichem Eröffnungswissen, über die Jahrhunderte erarbeitet und dokumentiert, sollte die menschliche Leistung in den Wettkampf einfließen.
Also ich würde das als das weitaus größere Spektakel im Sinne der AI- Leistung sehen und ich gehe gelassen davon aus, Google nimmt das auch wahr.
Vielleicht hat Google ja doch ein Medien- Interesse (und dass das ganze überhaupt so weit getrieben wurde, spricht ja schon sehr dafür), dass die Profischachspieler und die Proficomputerschachfachleute uneingeschränkt applaudieren.
Ja, zugegeben, Computerschächer applaudieren sehr selten uneingeschränkt zu irgend etwas.