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Up Topic Hauptforen / CSS-Forum / Leistungsvergleich Anand - Carlsen WM 2014
- - By Joe Boden Date 2014-11-22 11:47 Edited 2014-11-22 11:59
Beobachtet man die aktuelle Schach-WM erlebt man gemischte Eindrücke, mir geht es jedenfalls so. War das erste Match noch ein überzeugender Carlsen-Sieg, so scheint der Unterschied jetzt nicht mehr so deutlich. Überhaupt ist nicht überzeugend ersichtlich, wer der beiden Kontrahenten vom schachlichen Vermögen her der absolut bessere Spieler ist. Carlsen wirkt sicherer im Rechnen..aber grundsätzlich??

Derzeit ist das Ergebnis ziemlich eng punktemässig. Ein Punkt mehr oder weniger sagt wenig aus, Turnierglück, Turnierpech etc...verzerren manche Ergebnisse. Die kapitalen Fehler und Nachlässigkeiten auf beiden Seiten haben Carlsen begünstigt. Eine Ruhmestat waren die dadurch erwirkten Siege jedoch nicht unbedingt. Partiebeispiele erspare ich mir hier...hat wohl jeder die Partien selbst verfolgt hier.

Es wird schwer fallen, Carlsen selbst nach einem Sieg mit sagen wir 1-2 Punkten Abstand als dominierend wahrzunehmen, jedenfalls für mich. Aber noch ist das Turnier ja nicht vorbei.

Code:
Spiegel online:
Naiditsch über Carlsen: "Sehr viel Glück" 

Deutschlands bester Schachspieler Arkadi Naiditsch hat "sehr viel Glück" für den Erfolg von Weltmeister Magnus Carlsen verantwortlich gemacht. "Schauen Sie sich die sechste Partie dieser WM an: Carlsen macht einen Riesenfehler und Anand nimmt das Geschenk nicht an - das ist doch Wahnsinn", sagte die Nummer 30 der Welt in einem Interview der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitag). "Wer sich die Karriere von Carlsen anschaut, der wird viele dieser Momente finden."
Parent - - By Kurt Utzinger Date 2014-11-22 13:02 Upvotes 1
Joe Boden schrieb:

Beobachtet man die aktuelle Schach-WM erlebt man gemischte Eindrücke, mir geht es jedenfalls so. War das erste Match noch ein überzeugender Carlsen-Sieg, so scheint der Unterschied jetzt nicht mehr so deutlich. Überhaupt ist nicht überzeugend ersichtlich, wer der beiden Kontrahenten vom schachlichen Vermögen her der absolut bessere Spieler ist. Carlsen wirkt sicherer im Rechnen..aber grundsätzlich??

Derzeit ist das Ergebnis ziemlich eng punktemässig. Ein Punkt mehr oder weniger sagt wenig aus, Turnierglück, Turnierpech etc...verzerren manche Ergebnisse. Die kapitalen Fehler und Nachlässigkeiten auf beiden Seiten haben Carlsen begünstigt. Eine Ruhmestat waren die dadurch erwirkten Siege jedoch nicht unbedingt. Partiebeispiele erspare ich mir hier...hat wohl jeder die Partien selbst verfolgt hier.

Es wird schwer fallen, Carlsen selbst nach einem Sieg mit sagen wir 1-2 Punkten Abstand als dominierend wahrzunehmen, jedenfalls für mich. Aber noch ist das Turnier ja nicht vorbei.

Code:
Spiegel online:
Naiditsch über Carlsen: "Sehr viel Glück" 

Deutschlands bester Schachspieler Arkadi Naiditsch hat "sehr viel Glück" für den Erfolg von Weltmeister Magnus Carlsen verantwortlich gemacht. "Schauen Sie sich die sechste Partie dieser WM an: Carlsen macht einen Riesenfehler und Anand nimmt das Geschenk nicht an - das ist doch Wahnsinn", sagte die Nummer 30 der Welt in einem Interview der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitag). "Wer sich die Karriere von Carlsen anschaut, der wird viele dieser Momente finden."



Unabhängig davon, wie das (sehr kurze) Match ausgehen wird, dürfte es nicht
möglich sein, einen Stärkevergleich der beiden Spieler nur aufgrund dieser WM
vorzunehmen. Und natürlich stellt das Geschehnis in Partie 6 mit dem schlimmen
Fehler von M.Carlsen und der nicht Ausnutzung dieses Fehlers durch V.Anand
eine Seltenheit im Spitzenschach dar. Abgesehen davon, hat diese Partie doch
verdientermassen M.Carlsen gewonnen, denn anstelle des Fehlers Kd2 hätte
Kd1 zum selben Ergebnis geführt. Und wenn Carlsen's Gegner vielfach Fehler
machen und vom Glück des Weltmeisters gesprochen wird, darf nicht übersehen
werden, dass Fehler nicht einfach passieren, denn M.Carlsen versteht es zur
Zeit wohl wie kein anderer Spieler, seine Gegner dauernd unter Druck zu halten,
und zwar selbst in Stellungen, wo auf den ersten Blick gar nichts los ist. Und
wenn der "Mozart des Schachs" mit dieser Strategie eben Erfolg hat, dann
können die Siege des Weltmeisters nicht immer nur zufällig sein.
Mfg
Kurt
Parent - - By Joe Boden Date 2014-11-22 13:17 Edited 2014-11-22 13:22
Man kann sowohl den einen als auch den anderen Standpunkt der Schachgemeinde nachvollziehen. Ich bin also ganz und gar mit jeder Auffassung einig, auch mit Deiner, Kurt. Die Wahrheit, falls es eine gibt, verbirgt sich bekannterweise hinter den vielfältigen Meinungen und Ansichten.

Meine Auffassung habe ich ja bereits oben angedeutet. Ich halte Carlsen überhaupt nicht für einen prägenden und charismatischen Spieler, schon gar nicht sehe ich ihn in einer Reihe mit Fischer und Kasparov. Carlsen ist irgend etwas anderes...vielleicht kommt seine große Explosion, die die Schachwelt in Verzücken versetzt, noch. Fischer und Kasparov waren Schachgötter...was Carlsen ist, wird sich noch (hoffentlich) erweisen. Derzeit zeigt er gutes Rechenvermögen, Geduld und Genauigkeit. Aber alles etwas trocken und wenig inspirierend.

"Mozart des Schachs"...wer hat ihm diesen Titel eigentlich zugedacht?
Parent - By Kurt Utzinger Date 2014-11-22 14:41
Joe Boden schrieb:

[...]
"Mozart des Schachs"...wer hat ihm diesen Titel eigentlich zugedacht?


Keine Ahnung, aber die Partien von M.Carlsen haben so etwas Leichtes, wie
man es seinerzeit bei Capablanca bewundern konnte. Eigentlich nichts los,
ganz geringfügigen Vorteil und plötzlich vergrössern sich die gegnerischen
Schwierigkeien (meistens nur in der Analyse sofort sichtbar), nehmen zu und
dann ist die Gewinnstellung erreicht. Oftmals muss man sich zuerst fragen,
wo denn genau der Gegner welche Fehler gemacht hat.
Mfg
Kurt
Parent - By Peter Martan Date 2014-11-22 13:43 Edited 2014-11-22 13:46
Mit allem, was du schreibst, im Wesentlichen einverstanden, Kurt, quantitativ sehe ich den Unterschied zwischen dem besagten Fehler von Carlsen und dem von Anand insofern etwas anders, weil natürlich hätte Kd1 statt d2 zum selben Ergebnis geführt, wie es weiterging, weil Anand Kd2 nicht ausgenützt hat, aber das liegt mehr in der Natur von Fehlern an  sich, finde ich, dass sie, wären sie nicht passiert, keine gewesen wären, das kann man dem einen Carlsen- Fehler nicht wirklich stark zugute halten.
Vermutlich meinst du, die Absicht hinter dem Fehler war prinzipiell keine schlechte, es war nur eine ungenaue Durchführung.

Und so gesehen war Anands Fehler natürlich gravierender, vor allem in der Auswirkung, hätte er ihn nämlich nicht gemacht, hätte er die Partie vermutlich gewonnen, zumindestens hätte er Gewinnstellung gehabt.
Dass Carlsen das Optimum aus Stellungen macht, in denen auf den ersten Blick nichts los ist, kann man so sehen oder zumindestens, dass er er es wenigstens hartnäckig versucht. Aber eigentlich habe ich persönlich schon hin und wieder bei ihm das Gefühl, dass er aus Stellungen, in denen durchaus auch mehr los sein könnte, taktisch nämlich, eher weniger macht und es vermutlich auch gar nicht gar so heftig versucht, als man könnte, würde man mehr Verwicklungen in Kauf nehmen oder suchen.

Mozart des Schachs ist so unberechtigt auch nicht, klassisch einfach halt und insofern auch schön, die große bewundernswerte Schönheit von Mozarts Musik sehe ich in Carlsens Spiel persönlich etwas zu wenig um diesem Vergleich so richtig gut zu finden, was die Kreativität angeht, ich sehe den Beitrag von Carlsen zur Theorie nicht so gorßartig wie bei anderen Weltmeistern (wollte man ihn z.B. mit Kasparov vergleichen, um in naheliegenden historischen Epochen und vergleichbarem Wissensstand zu bleiben), aber dazu fehlt mir sowieso auch vermutlich einfach die Kompetenz und natürlich wird es auch immer schwerer, je mehr schon bekannt ist.
Dass Carlsens Spiel im Mozart'schen Sinn schön ist, würde ich vor Allem dahingehen richtig finden, als es klarer und verständlicher wirkt als vielleicht das von Anderen, die mehr auf Komplikationen aus sind.

Was aber jedenfalls das angeht, dass man die Spielstärke der beiden Weltmeister nicht so recht schlüssig vergleichen kann anhand des bisherigen Matches, sehe ich voll und ganz auch so, gebe daran aber noch mehr als dem für mich an und für sich zu hohen Niveau dem Stand der Eröffnungstheorie die Schuld.
Wer will denn ohne offenen Datenbankzugang überhaupt noch sagen, welche Neuerung von wem wo gebracht wurde, wenn man schon von den Live- Kommentatoren ständig hört und liest, was für Partiebeispiele an welcher Stellle im 20., 25. Zug da so alles beachtet werden müssten.
Dort, wo die Spieler schnell vor sich hin ziehen, geht man einfach immer davon aus, das sei Heimvorbereitung, kann man sich da überhaupt vorstellen, was in den Köpfen dieser beiden Gegner alles gespeichert sein muss?
Was soll ich da dann der Gedächtnisleistung, was der Fähigkeit, Zugumstellungen vorauszusehen und vorwegzunehmen und damit schon auch dem Schachverständnis zuordnen und was dem Glück, dass der Gegner gerade da einfach zufällig nicht ganz so weit vorbereitet ist, wie man selbst?
Parent - By U. Haug Date 2014-11-22 14:41
Hallo Kurt,

wie so oft stimme ich mit deiner wohlüberlegten Meinung im Wesentlichen überein.
Dieses Match bis 6,5 Gewinnpunkte ist zu kurz, um den Grad der (vermeintlichen?) Überlegenheit von Magnus Carlsen gegenüber Viswanathan Anand zu beurteilen. Ich fände es toll, wenn WM-Kämpfe wieder über 24 Partien gespielt würden.
Und: Praktisch allen Schachkoryphäen sind schon erstaunliche Patzerzüge am Schachbrett unterlaufen. Ich könnte viele Beispiel liefern. Wir Amateure erfreuen uns daran, weil sogar wir sie leicht als Fehler erkennen können, was uns bei Fehlern im höheren strategischen Bereich in der Regel nicht gelingt.
Seltene Patzerzüge sagen m.E. gar nichts über die Spielstärke aus. Magnus Carlsen ist bestimmt nicht dafür bekannt, dass ihm sowas oft passiert.

"Mozart des Schachs" - diesen Beinamen hat sich Carlsen nicht selbst gegeben und ich persönlich finde ihn nicht besonders passend. Carlsens tolle Erfolge basieren nicht in erster Linie auf virtuosem Spiel. Das ist überhaupt nicht abwertend oder negativ gemeint, er hat halt andere Stärken. Zum Beispiel, dass er den Gegner fast immer unter Druck setzen kann.

Freundliche Grüße

Ulrich
Parent - - By GS Date 2014-11-22 16:45
"Wer sich die Karriere von Carlsen anschaut, der wird viele dieser Momente finden."

Sollte dieses Zitat tatsächlich dem Herrn Naiditsch zuzurechnen sein,
dann frage ich mich, was dieser Herr denn bisher aufzuweisen hat
ausser grossen und dummen Sprüchen ?!

OmG
Parent - By Silvio Zschako Date 2014-11-22 22:45
Danke!
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