Joe Boden schrieb:
Beobachtet man die aktuelle Schach-WM erlebt man gemischte Eindrücke, mir geht es jedenfalls so. War das erste Match noch ein überzeugender Carlsen-Sieg, so scheint der Unterschied jetzt nicht mehr so deutlich. Überhaupt ist nicht überzeugend ersichtlich, wer der beiden Kontrahenten vom schachlichen Vermögen her der absolut bessere Spieler ist. Carlsen wirkt sicherer im Rechnen..aber grundsätzlich??
Derzeit ist das Ergebnis ziemlich eng punktemässig. Ein Punkt mehr oder weniger sagt wenig aus, Turnierglück, Turnierpech etc...verzerren manche Ergebnisse. Die kapitalen Fehler und Nachlässigkeiten auf beiden Seiten haben Carlsen begünstigt. Eine Ruhmestat waren die dadurch erwirkten Siege jedoch nicht unbedingt. Partiebeispiele erspare ich mir hier...hat wohl jeder die Partien selbst verfolgt hier.
Es wird schwer fallen, Carlsen selbst nach einem Sieg mit sagen wir 1-2 Punkten Abstand als dominierend wahrzunehmen, jedenfalls für mich. Aber noch ist das Turnier ja nicht vorbei.
Code:
Spiegel online:
Naiditsch über Carlsen: "Sehr viel Glück"
Deutschlands bester Schachspieler Arkadi Naiditsch hat "sehr viel Glück" für den Erfolg von Weltmeister Magnus Carlsen verantwortlich gemacht. "Schauen Sie sich die sechste Partie dieser WM an: Carlsen macht einen Riesenfehler und Anand nimmt das Geschenk nicht an - das ist doch Wahnsinn", sagte die Nummer 30 der Welt in einem Interview der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitag). "Wer sich die Karriere von Carlsen anschaut, der wird viele dieser Momente finden."
Unabhängig davon, wie das (sehr kurze) Match ausgehen wird, dürfte es nicht
möglich sein, einen Stärkevergleich der beiden Spieler nur aufgrund dieser WM
vorzunehmen. Und natürlich stellt das Geschehnis in Partie 6 mit dem schlimmen
Fehler von M.Carlsen und der nicht Ausnutzung dieses Fehlers durch V.Anand
eine Seltenheit im Spitzenschach dar. Abgesehen davon, hat diese Partie doch
verdientermassen M.Carlsen gewonnen, denn anstelle des Fehlers Kd2 hätte
Kd1 zum selben Ergebnis geführt. Und wenn Carlsen's Gegner vielfach Fehler
machen und vom Glück des Weltmeisters gesprochen wird, darf nicht übersehen
werden, dass Fehler nicht einfach passieren, denn M.Carlsen versteht es zur
Zeit wohl wie kein anderer Spieler, seine Gegner dauernd unter Druck zu halten,
und zwar selbst in Stellungen, wo auf den ersten Blick gar nichts los ist. Und
wenn der "Mozart des Schachs" mit dieser Strategie eben Erfolg hat, dann
können die Siege des Weltmeisters nicht immer nur zufällig sein.
Mfg
Kurt