ChessHero 1.0, ein geniales Übungstool

By Michael Scheidl Date 2009-05-15 22:49

Einige von Euch werden vielleicht den Hinweis auf ChessHero 1.0 in den WBEC Ridderkerk-News gesehen haben. Ich habe dieses Freewareprogramm ausprobiert und finde es großartig!

http://innokuo.altervista.org/chesshero.html

Es verwendet PGN-Dateien, und unterstützt UCI- und WinBoard-Engines. Der Grundgedanke: Aus (beliebigen, selbst auswähl- und kombinierbaren) PGN-Dateien wird zufällig eine Stellung geladen, und man soll den - nach Enginemeinung - besten Zug finden. D.h. die Engine errechnet sich "ihren" besten, und bewertet aber auch den Userzug, falls dieser abweicht. Je nachdem wie groß der Bewertungsabstand des gewählten Zuges zum Enginezug ist, werden Penalties vergeben. Man darf mehrere Versuche je Stellung machen. Das Programm zeigt den Durchschnitt dieser Penalties über eine (einstellbare) Anzahl der letzten Lösungsversuche hinweg, sodaß man ständig eine Leistungskennzahl hat.

Das Programm macht einen kompakten, übersichtlichen Eindruck. Trotzdem ist aber alles mögliche einstellbar, z.B. die Enginerechenzeit pro Zug. Wenn ich üben will, brauche ich da nur ein paar Sekunden einzustellen; ein GM will eventuell mit mehr Zeit auf Nummer sicher gehen. Man kann auch ein Bewertungsfenster in Hunderstel Bauern frei wählen, innerhalb dessen der eigene Vorschlag liegen darf, damit man zur nächsten Aufgabe weiterschalten kann. Default ist 0.10 und da hab ich mir als Hobbypatzer 0.20 genehmigt.

Das Programm zeigt auch immer den vorhergehenden Zug (den letzten Zug des Gegners) an, was realistisch, und meist ein nützlicher Hinweis ist. Man kann die Engine-Hauptvariante auf dem Brett anzeigen bzw. vorspielen, und auch den Partiezug abrufen. Engine und GM sind ja nicht immer derselben Meinung. Die UCI-Hashgröße muß bei der Enginekonfiguration mit "setoption name Hash value ..." eingegeben werden, was aber kein Problem ist und auf der Hilfeseite klar ersichtlich ist.

Eine kleine konzeptionelle Schwäche der Zufallsauswahl ist, daß hin und wieder sehr einfache "einzige" oder erzwungene Züge zu finden sind. Aber das ist ja in einer gewöhnlichen Partie auch so und somit eigentlich realistisch, wenn das auch im Training zwischendurch vorkommt.

Die Software ist auf Englisch, aber ich glaube, das ist kein großes Hindernis. Das Programm ist recht intuitiv einzustellen und zu bedienen. Computerschachfans werden die einschlägigen englischen Begriffe kennen.

Fazit: 100% empfehlenswert!

By Jörg Kappelt Date 2009-05-24 08:23

Danke für den Tipp,
Michael!
Seltsam,
daß deine Empfehlung hier so wenig Widerhall findet...

By Kurt Utzinger Date 2009-05-24 08:53

[quote="Jörg Kappelt"]
Danke für den Tipp,
Michael!
Seltsam,
daß deine Empfehlung hier so wenig Widerhall findet...

[/quote]

das mag damit zusammenhängen, dass es solch ein programm
eigentlich gar nicht braucht. mit jeder gui kann man stellungen
laden und sich selbst testen ... dann die engine starten, um zu
sehen, ob man auf dem rechten weg ist. aus diesem grund käme
es mir schlicht nicht in den sinn, chesshero herunterzuladen.
mfg
kurt

By Jörg Kappelt Date 2009-05-24 09:12

Hallo Kurt,

ich habe ChessHero noch nicht ausprobiert,
da es mit meinem Betriebssystem nicht kompatibel ist.
Aber als spezielles Trainingswerkzeug scheint es mir
komfortabler zu sein als herkömmliche GUIs.
Gerade die Zufallsauswahl der Trainingsstellungen ist sehr hilfreich.
Kann man denn den Zufall bei (Chessbase)GUIs automatisch einstellen?

Viele Grüße
Jörg

By Kurt Utzinger Date 2009-05-24 10:33

[quote="Jörg Kappelt"]
Hallo Kurt,

ich habe ChessHero noch nicht ausprobiert,
da es mit meinem Betriebssystem nicht kompatibel ist.
Aber als spezielles Trainingswerkzeug scheint es mir
komfortabler zu sein als herkömmliche GUIs.
Gerade die Zufallsauswahl der Trainingsstellungen ist sehr hilfreich.
Kann man denn den Zufall bei (Chessbase)GUIs automatisch einstellen?

Viele Grüße
Jörg
[/quote]

Hallo Jörg
Da ich zu 98 % nur noch mit Linux arbeite

a)
kann ich Deine Fragen nicht beantworten

b)
ist ChessHero auch für mein OS nicht kompatibel.

Mfg
Kurt

By Michael Scheidl Date 2009-05-24 15:45

Mit solchen "ablehnenden Ferndiagnosen" bringst Du Dich selbst (und vielleicht andere die sich danach richten) um den Genuß, statt einfach ein paar Minuten zum Ausprobieren zu opfern. ChessHero ist für diese spezielle Übungsidee wesentlich besser als die üblichen, bekannten GUIs.

Du kannst jede beliebige PGN-Datenbank nehmen, bist also nicht auf spezielle Aufgabensammlungen angewiesen, und das Programm lädt zufällig Stellungen aus den Partien ohne daß man die Notation sieht, um nur ein Beispiel zu nennen. Und in Fritz?! Da müßte man ein eigenes Layout benutzen - ohne Notationsfenster, man müßte die Zufallsauswahl der Partie irgendwie manuell simulieren, und dann steht die Partie nach dem Laden bekanntlich immer am Anfang. Tja - Zufallsauswahl einer Partiestellung per Klicken in die Nation geht ja dann nicht, denn beim Üben will man ja logischerweise nicht sehen, was gespielt wurde... Usw.usf.; das ist Unterschied wie Tag und Nacht! (Hast Du das ausprobiert, oder auch nicht?)

Das alles wird von ChessHero optimal gehandhabt, wobei das Programm beispielsweise intelligent und sinnvoll unterscheidet, was einerseits die Engine als bestes ermittelt hat, aber was andererseits in der Partie eventuell stattdessen gespielt wurde. Die Engine bewertet dann diesen Partiezug genauso wie den Benutzervorschlag. Gerade bei mehreren Zügen innerhalb eines kleinen Bewertungsfensters ist das sehr interessant zu vergleichen, und das hat man - je nach eingestellter Zeit - sehr schnell und übersichtlich am Schirm. Man kann auch alle Hauptvarianten die so zu der Stellung produziert wurden, gleich im Analysemodus durchgehen.

Das Konzept und dessen Umsetzung in ChessHero verschafft dem Trainierenden Erfolgserlebnisse serienweise!

Es kann ihm aber auch zeigen, wo und wann er typischerweise nicht so auf der Höhe ist.

Das lange Geschreibsel hätte ich mir erspart, wenn Du vielleicht etwas weniger skeptisch reagieren hättest können. Wenn das irgendein unnötiger Käse wäre, hätte ich ja garnichts darüber geschrieben, statt es hier anzupreisen. Es muß niemand in Ekstase verfallen, aber zu meinen daß man das "nicht braucht" obwohl man es nicht einmal heruntergeladen und ausprobiert hat, scheint mir sehr unfair gegenüber dieser wirklich guten Software.

By Kurt Utzinger Date 2009-05-24 19:21

[quote="Michael Scheidl"]
Mit solchen "ablehnenden Ferndiagnosen" bringst Du Dich selbst (und vielleicht andere die sich danach richten) um den Genuß, statt einfach ein paar Minuten zum Ausprobieren zu opfern. ChessHero ist für diese spezielle Übungsidee wesentlich besser als die üblichen, bekannten GUIs.

von einer "ferndiagnose" kann keine rede sein. ich habe nur meine meinung
dargelegt, dass ich ein solches programm nicht brauche.

Zitat:

Du kannst jede beliebige PGN-Datenbank nehmen, bist also nicht auf spezielle Aufgabensammlungen angewiesen, und das Programm lädt zufällig Stellungen aus den Partien ohne daß man die Notation sieht, um nur ein Beispiel zu nennen. Und in Fritz?! Da müßte man ein eigenes Layout benutzen - ohne Notationsfenster, man müßte die Zufallsauswahl der Partie irgendwie manuell simulieren, und dann steht die Partie nach dem Laden bekanntlich immer am Anfang. Tja - Zufallsauswahl einer Partiestellung per Klicken in die Nation geht ja dann nicht, denn beim Üben will man ja logischerweise nicht sehen, was gespielt wurde... Usw.usf.; das ist Unterschied wie Tag und Nacht! (Hast Du das ausprobiert, oder auch nicht?)

Das alles wird von ChessHero optimal gehandhabt, wobei das Programm beispielsweise intelligent und sinnvoll unterscheidet, was einerseits die Engine als bestes ermittelt hat, aber was andererseits in der Partie eventuell stattdessen gespielt wurde. Die Engine bewertet dann diesen Partiezug genauso wie den Benutzervorschlag. Gerade bei mehreren Zügen innerhalb eines kleinen Bewertungsfensters ist das sehr interessant zu vergleichen, und das hat man - je nach eingestellter Zeit - sehr schnell und übersichtlich am Schirm. Man kann auch alle Hauptvarianten die so zu der Stellung produziert wurden, gleich im Analysemodus durchgehen.

diese features überragen tatsächlich bei weitem die üblichen funktionen der übrigen guis.

Zitat:

Das Konzept und dessen Umsetzung in ChessHero verschafft dem Trainierenden Erfolgserlebnisse serienweise!

es war wirklich nicht meine absicht, das offenbar gute programm schlecht zu machen. trotzdem verzichte ich darauf, weil ich ja fast ausschliesslich nur noch mit linux arbeite. und eine linux-version gibt es nicht.
mfg
kurt

By Michael Bechmann Date 2009-05-26 03:12 Edited 2009-05-26 03:16

Zitat:

Und in Fritz?! Da müßte man ein eigenes Layout benutzen - ohne Notationsfenster, man müßte die Zufallsauswahl der Partie irgendwie manuell simulieren, und dann steht die Partie nach dem Laden bekanntlich immer am Anfang.

Es gibt bei Fritz innerhalb der Partieanalyse (Vollanalyse) die Option "Training", welche nach einem nicht erkennbaren System in Partien Übungsaufgaben einbaut, die fast immer unter Zeitdruck nach dem optimalen Zug fragen und das erwähnte spezielle Layout ist dann auch eingestellt.
Die Aufgaben haben ein spezielles Symbol in der Notation, sodass man gleich dorthin gehen kann.
Das ist eventuell nicht mit dem dargestellten Programm vergleichbar, aber jedenfalls eine alternative Möglichkeit.

Eine Zufallsauswahl einer Partie aus einer Datenbank gibt es bei Fritz nicht, wäre aber eine gute Idee für künftige Versionen.

By Michael Scheidl Date 2009-05-24 15:46

Das weiß ich leider nicht; hoffentlich läßt es sich bewerkstelligen. Vielleicht gibt es Linuxer denen das gelungen ist.

By Emilo Reggio Date 2009-05-24 22:02

es könnte an inkompatibilitäten von phyton liegen, wie ich gerade erfahren habe

By Mario Maszewski Date 2009-05-25 10:23 Edited 2009-05-25 10:31

Hallo,

habe mir hier http://wiki.winehq.org/winetricks ein Scipt heruntergeladen
und anschliessend noch Python 2.6 ( http://www.python.org/ftp/python/2.6/ )
installiert.

Die MSI Datei mit "wine msiexec /i python-2,6.msi" aufrufen.

Anschliessen liess sich das Programm starten, meckert jedoch über die fehlenden
PGN Dateien. Anschliessend den Pfad korregieren und die Engine hinzufügen.

PS: Meine Engine läuft leider immer, wohl nicht korrekt eingebunden, aber das
bekommet Ihr bestimmt hin.

Gruss
Mario

Anmerk. Mod.: Links anklickbar gemacht. Bitte [URL]link[/URL] verwenden.

By Michael Scheidl Date 2009-05-31 00:48

Version 1.1 ist erschienen. Es ist jetzt Glaurung 2.2 mit dabei. Neu: Eine "Name"-Option, um aus einer PGN nur Züge eines bestimmten Spielers zu benutzen. Beim Ausprobieren mit einer nicht allzu großen PGN (~16.000 Partien) vergingen bei mir dann jeweils mehrere Sekunden fürs Suchen, während ohne diese Auswahl die Übungsstellungen praktisch sofort erscheinen. Vielleicht sollte man sich in dem Fall eine kleine Extra-Datenbank erstellen, die nur Partien eines bestimmten Spielers enthält, wenn man so üben will. Dann gehts vermutlich schneller. Die erwähnte Option würde dafür sorgen, daß man nur anhand seiner Züge (bzw. präziser gesagt, in den Positionen wo er am Zug war) übt, und nicht mit denen der Gegner.

Einige Eröffnungs-PGN wie z.B. NoomenTestsuite2008 kann ChessHero nach wie vor nicht richtig für das spezielle Eröffnungstraining - dort gibt es dann keine Penalties - benutzen. Das Programm weist dann jeden Zug zurück, auch einen richtigen, und man muß es beenden. Im normalen Modus funktionieren dieselben PGN jedoch.

Ich habe die neue Version einfach über die vorige installiert, und meine bisherigen Einstellungen blieben erhalten.

Beim Start von ChessHero kann eine Verzögerung auftreten, was aber an der Engine liegen dürfte, wenn diese beim ersten Zugriff auf das Tablebase- bzw. Bitbases-Verzeichnis etwas initialisieren muß. Das ChessHero-Fenster erscheint dann erst, wenn das fertig bzw. die Engine bereit ist. Es kann mehrere Sekunden dauern.

Ich benutze folgende Konfigurationseinträge für Rybka und Toga

setoption name Hash value 128 
setoption name NalimovPath value F:\Tablebases\

bzw.

setoption name Hash value 128
setoption name Bitbases Path value F:\egbb\
setoption name Bitbases Cache Size value 64

(Cache, weil Toga die 5er-Bitbases nicht in den Speicher lädt.)

Man muß das selber in ein Konfigurationsfeld schreiben, weil das Programm (noch?) keine solchen Einstellungsfunktionen dafür hat, wie man sie von diversen anderen GUIs gewohnt ist. Aber sonst läuft es sehr gut. Man macht beim Üben damit interessante und manchmal erfreuliche Beobachtungen.