Wolfram Bernhardt schrieb:
Najaaaa.... für mich zeigt das in erster Linie, wie groß die nervliche Belastung ist. Das passt ja auch zu Carlsens der Begründung, warum er die WM aktuell nicht mehr spielen möchte.
Viele Grüße
Wolfram
Ian Nepomniachtchi oder der Schrei nach innenDer Blackout zum sofortigen Verlust der Partie Nr. 12 mit 34. --- f5, der bei den Kommentatoren nach ein paar Schrecksekunden ungläubig und entsetzt zur Kenntnis genommen wurde, erfolgte nach ca. dreiminütigem Nachdenken ohne jegliche Zeitnot. Mit sich noch im Reinen verließ Nepo das Brett für ein kleines Päuschen und sah dann bei seiner Rückkehr statt seines schwarzen Bauer den weissen Turm auf e6, der Chinese hat das Angebot natürlich dankend angenommen. Noch einmal die Stellung:
WM 2023, Astana/Kasachstan 12. Partie, Ding Liren : Ian Nepomniachtchi 34 ___ f5
Was sich dann in Gesicht, Gestik und Haltung des Ian Nepomniachtchi abspielte, bis er gänzlich realisiert und akzeptiert, was da passiert ist, wird von den Livekameras unerbittlich festgehalten, eine fünfminütige Ausdrucksstudie ohnegleichen. Seine Verzweiflung springt über aufs eigene Gemüt, bei mir wenigstens.
Stumm zur Seite gerichtete Selbstgespräche, dauerndes Kopfschütteln, verzweifelte, flehende Blicken nach oben, wegwerfende Handbewegungen, selbstverhöhnendes Grinsen, dann den Kopf in die verschränkten Arme gesteckt, nichts mehr sehen und nichts hören. Dann wieder ein Ruck, mit versuchter Konzentration das Brett fixiert, ein blick hoch zum Chinesen, um aus seinem Gesicht zu lesen. Der jedoch, weicht jedem Blickkontakt aus. Aus, vorbei, der Russe ralisiert es, weiß es, es bleibt nur noch die Agonie der letzten Züge.
https://www.youtube.com/watch?v=_EfTkQn9Vcw.Bobby Fischer hätte das vielleicht innerlich genossen, er gestand ja selbst ein, daß er seine Gegner demütigen und am Boden sehen wollte. Ding schien weniger zu triumphieren, sondern war sich dessen sicher bewusst, was da sein Gegenüber gerade innerlich durchmachte, das durfte er natürlich nicht an sich herankommen lassen, auch das wusste er.
Tennisspieler schreien ihren Frust hinaus und begleiten jeden Schlag mit einem lauten Stöhnen. Das kann und darf der Schachprofi nicht, der Schrei geht immer nach innen.
Bei der Pressekonferenz hatte er sich dann wieder eingermaßen im Griff. Dem Englisch der beiden ist nicht immer leicht zu folgen. Dem Zitat Caruanas stimmten beide mehr oder weniger zu: “ there is a quote from Fabiano Caruana who said there is no longer about Chess it's pure nerves, every move is a mistake now. Would you agree to this statement ? Zitate:
Nepo:
"Meine Position sah zwischenzeitlich so aus, als würde ich gewinnen. Aber selbst wenn man auf einem guten Weg ist, muss man bis zum Ende präzise sein. Und offensichtlich war ich heute nicht präzise genug." Keine direkte Nachfrage, welche Variante er bei seinem Blackout im Kopf hatte und ob er es denn nicht gesehen oder vergessen hat, daß er nach dem Zug den Bauer e6 hängen lässt.
Ding Liren:
"Ich dachte, dass meine Position nach der Eröffnung besser war. Aber nachdem mein Gegner eine Reihe guter Züge gespielt hatte, hatte ich das Gefühl, dass sich der Spieß umgedreht hatte. Ich war kurz davor zu verlieren, also versuchte ich, das Spiel mit einigen Taktiken zu verkomplizieren", sagte der 30-jährige Chinese." Er meinte, daß er sich jetzt gar nicht so richtig freuen könnte und sich vorsagen muss, dass er gewonnen hat.
https://www.youtube.com/watch?v=lTZQL9nKwN4&list=TLPQMjYwNDIwMjNQAaUUTXBnWw&index=3.