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Up Topic Hauptforen / CSS-Forum / Erstellung und Pflege von Eröffnungsbücher
- - By Lothar Jung Date 2022-04-06 14:13
Ich habe den Thread „Eröffnungsbücher“ im Unterforum „Schachprogrammierung“ um einige Beiträge ergänzt.
Wer Erfahrungen und Quellen zu dem Thema einbringen kann, ist herzlich dazu eingeladen.

Lothar
Parent - By Reinhold Stibi Date 2022-04-06 18:44 Edited 2022-04-06 18:50
Die Erstellung eines Eröffnungsbuches ist mit ChessBase sehr einfach.
Siehe Hilfe bei ChessBase/ Fritz. http://help.chessbase.com/Fritz/15/Deu/index.html?own_book.htm

Mein Eröffnungsbuch besteht aus den zigtausenden Partien die ich auf Schach.de
mit meinem Computer gespielt habe; gefiltert mit gewonnenen und verlorenen
Partien.

Das Buch ist auch sehr gut durch den langen Gebrauch eingespielt.
Bei Fritz lernt das Buch auch automatisch dazu; der Lernwert kann von 1-100 eingestellt
werden.

Dazu habe ich Buchpflege betrieben und schlechte Varianten aussortiert oder umgangen
durch Eingabe von besseren Zügen; analysiert durch Stockfish. Durch Killervarianten verliere
ich keine Partie mehr. 

Damit denke ich, dass ich ein sehr gutes Buch habe. Dies wird auch durch die Spiele auf Schach.de bestätigt.
Auch mit meinem Ryzen 5800X 8 Kerner verliere ich so gut wie keine Partie mit Stockfish und gewinne damit
auch zwischendurch.

Das ist aber inzwischen nicht mehr so von Bedeutung wie früher. Auch ohne Buch kann man sehr
gute Ergebnisse erzielen.

Im Internet kann man etliche gute Bücher downloaden. Dann hat man ein Gerippe und die Verbesserung
ergibt sich siehe wie  im Text oben angeführt.
Parent - - By Frank Quisinsky Date 2022-04-06 19:28 Edited 2022-04-06 19:41
Hallo Lothar,

die Hauptprobleme bei der Erstellung der Bücher zum Zwecke der Engine-Forschung sind:

- Zugumstellungen!
- Prüfung Zug-für-Zug
- ep Zug am Ende einer Variante

Ich bin der Meinung, dass z. B. riesige Bücher aufblähen aufgrund enthaltener Statistiken.

Das Shredder FEOBOS Buch ist gerade mal 1.3Mb groß (gepackt als *.zip) und enhält keine Zugumstellungen. Dies obwohl ca. 35.000 ausgeglichene A00-E99 Stellungen enthalten sind.

Ein weiteres Problem ist die Prüfung Zug für Zug.

Bei Partiedaten gibt es folgende Konstellation:
Spieler A macht einen Fehler, Spieler B sieht den Fehler nicht und die Partie geht dann logischer Weise normal weiter.

Diese Partien sind in fast jedem Buch drin.
Habe schon 14 dieser Partien ausfindig gemacht (sehr starker Schachspieler).
Wenn ich z. B. Bucharbeiten Anderer prüfe, ist leider dieser Schrott in fast allen Fällen immer wieder drin.

Bei FEOBOS sind die 14 Partien nicht enthalten.
Aber ich bin mir absolut sicher, dass es weitere dieser Partien gibt und diese Stellungen dann auch in FEOBOS eingeflossen sind.
Notwendig ist im Grunde eine Zug-für-Zug Überprüfung bei der Verwendung der Daten.
Wahsinns-Arbeit ... aber es fallen viele Dinge dabei auf daher auch interessant!

Offenbar sind einige dieser Partien (nicht alle) auch dem Hiarcs Autor aufgefallen (Kompliment).
Absoluter Profi am Werk!!

---

Bei der Erstellung von richtigen Eröffnungsbüchern für Engines müssen natürlich die Statistiken drin sein.
Dann blähen sich die Bücher halt auf weil die Zugumstellungen hier wichtig sind.

Bei FEOBOS produziert z. B. eine Endstellung die nach 8 Zügen entstanden ist über 200 Zugumstellungen!
Wirklich sehr krass!!
Bei FEOBOS habe ich die Zugumstellungen in gesonderen Datenbanken.

Nehmen wir an wir suchen nach GM Partien in einer Datenbank ...
Zugumstellungen, Abweichung zur Hauptvariante sind über 60%, ja fast 70% ... müsste nachschauen.

Wenn also an einem Eröffnungsbuch gearbeitet wird müssen sich diese 60%-70% in 500 Unter-Datenbanken befinden.
Für jeden ECO Code eine Datenbank.

Gleiches für die Hauptvariante = 500 Datenbanken.

So sind 1000 Datenbanken notwendig für die Erstellung von einem Eröffnungsbuch.

Selbst arbeite ich mit 1500 Datenbanken:
In Bereich 3 sind meine selbst editierten Daten, z. B. aus Analysen oder geschriebenen Schachbüchern.

Denn das Buch sollte auch jederzeit aus einem PGN erstellt werden können.
Buchänderungen sollten anhand der PGN Daten erfolgen und nicht innerhalb der Buchdaten bzw. Formate für die unterschiedlichen GUIs.
Wichtig, weil sonst ist ein Buch für den Ersteller selbst niemals reproduzierbar und unter Umständen gehen wichtige Daten verloren.
Sicherungen sind hier enorm wichtig!!

---

Empfehlungen kann man geben:

- Die Informator DVD ist meines Erachtens um Klassen besser als die Eröffnungsencyclopaedia von ChessBase. Die Datenbank ist ausgewählt für die Encyclopaedia von A00-E99 und enthalten kaum Fehler. Partein wurden meines Erachtens wirklich geprüft. Dennoch ist die Eröffnungsdatenbank von ChessBase auch Gold wert weil Varianten kommentiert sind und sehr viele sehr starke Schachspieler auch hier daran arbeiten.

- aktuelle Daten finden sich bei TWIC seit vielen Jahren.

- Fernschachdaten erwiesen sich bei mir oftmals als anfälliger für Fehler, weil in diesem Bereich auch mehr experimentiert wird. Dennoch sind diese Daten als Ergänzung sehr wichtig.

- Hochwertige Computerschachpartien sind immer wertvoll und ergänzen vorzüglich.

Selbst editiere ich von Hand und bediene mich herkömmlicher Schachbücher.
Es gibt eine ganze Reihe von Schachbüchern die Partiedaten enthalten, die ich in Datenbanken nicht gefunden habe.
Autoren machten sich hier eine wahnsinnige Arbeit, gerade bei den älteren Schachbüchern sehr oft der Fall (vor 1990).
Bei den neueren Büchern wird mehr aus Datenbanken gezogen.
Allerdings enthalten neuere Schachbücher wichtige Varianten / neue Erkenntnisse, vergleichbar zu den kommentierten ChessBase Partien.
Sehr hochweriges Material kommt von verschiedenen Verlagen.
Mein Favorit hier ist ganz klar: Quality Chess

Die Erstellung von einem professionellen Buch ist eine Wahnsinns Arbeit und benötigt geraume Zeit.
Die Pflege bei guter Verwaltung der Buchdaten ist noch mehr Arbeit und geht im Grunde nur mit der Pflege einzelner PGN Daten.

Ein super Arbeit zu diesem Thema ist die Software BookUp.
Daraus kann man wertvolles ziehen!

Das meines Erachtens beste Eröffnungsbuch ist das Hiarcs Buch.
Das hält alles was ich mir selbst an Standards auferlegt habe locker.
Der Autor muss sehr viel Wissen über wirklich gute Daten haben.
Auch entwickelt er ganz offenbar zu vielen Systemen eigenes Material.

Zu diesem Thema also ein paar Gedankengänge von mir.
Eines meiner Lieblingsthemen im Computerschach!!

Viele Grüße
Frank

Vergessen:
1.
ep Zug am Ende einer Variante.
Damit können einige Tools nicht richtig umgehen.
Muss man ein wenig trixen.
Das Mastertool "pgn-extract" kann das mittlerweile ... ca. seit 3 Jahren in einem Update gekommen.

2.
Mit Zugumstellungen und korrekter Darstellung der ECO-Codes haben fast alle GUIs Probleme.
Das ist wirklich schade!!
Auch hier muss man teils von Hand ändern ... das mache ich selbst nicht weil zu viel Arbeit.

Zu FEOBOS habe ich eine 60 Seiten Docu geschrieben (als PDF im FEOBOS Bereich meiner Webseiten).
Denke das Thema ist für ein Forum zu umfangreich.
Parent - - By Reinhold Stibi Date 2022-04-06 19:54 Edited 2022-04-06 20:22
Hallo Frank,
wenn ich auch dazu etwas sagen darf;

das was du schreibst hört sich sehr kompliziert an.
Glaube kaum, dass sich außer dir jemand soviel Mühe mit einem Buch macht.

Die Frage ist, ob dein Buch für das Computerschach was bringt oder mehr für das
Menschenschach.

Wenn ich ein Buch mit meiner Engine verwende erwarte ich, dass ich damit gute
Ergebnisse erziele.

Finde das das Buch im Computerschach nicht mehr so wichtig ist. Um die Spielstärke
einer Engine zu testen genügt ein kurzes Buch mit 4 Doppelzügen; siehe bei Stefan Pohl.

Inzwischen werden auch bewusst Vorgabeeröffnungen mit Nachteil gespielt; damit kann
man am besten die Spielstärke einer Engine testen; s.TCEC.

Zugumstellungen sind auch nicht mehr so wichtig; weil die Engines den besten Zug meist
selbst finden.

Gerade die Engines, besonders Stockfish haben viele Fehleinschätzungen des Menschen   korrigiert. 

In meiner Jugendzeit habe ich die Eröffnungen mit den Büchern von Max Euwe studiert; ob diese noch
so brauchbar sind ? 

Grüße
Reinhold
Parent - By Frank Quisinsky Date 2022-04-06 20:17 Edited 2022-04-06 20:38
Hi Reinhold,

je länger man dabei ist desto mehr versucht man ja Dinge zu verbessern.
Das ist interessant und logisch ... eher reizvoll!

Bei Büchern ist das sehr extrem!
Nimmst Du einfach Partien aus GM-Daten und erstellt ein Buch beginnt das Problem.
Ca. 15-20% unbrauchbares Material wird generiert aus den verschiedensten Gründen.

Die GUI-Buchoptionen können das beeinflussen durch Statistik.
Ändert aber nichts an der Tatsache hinsichtlich der Qualität der Datenbasis.
Vieles geht über Statistik aber leider nur ... vieles!
Hast Du zu B01 20% unbrauchbares drin, wird das Unbrauchbare für die Statistik und dem Ausspielverhalten benutzt (Beispiel).
Wird immer gern vergessen!!

FEOBOS ist nur ein "Test-Buch" für Engine-Engine Vergleiche.
Engines sollten ausgeglichen starten, damit Ausgaben in Elo nicht durch ein Buch beeinflusst wird.

FEOBOS ist kein wirklich brauchbares spezielles Engine-Buch!!
Das entwickle ich auch aber das mache ich nicht im Detail öffentlich.

Menschenschach:
Mit aggressiven und komplexen Varianten haben Menschen Probleme.
Es sei denn die kennen alles durch Heimarbeit.
Selbst die GMs kennen natürlich nicht alles haben aber meist zu nicht favorisierten Systemen notwendiges Grundwissen.
Meist erworben durch die Vorbeitung auf ihre Gegner.

Kurze Bücher sind ungeeignet zum Testen von Engines.
Wir spielen ja keine Schachvariante mit Vorgabestellungen wie beim FRC / Chess960.

Engines müssen mit allen ECO-Systemen klar kommen.
Ein Buch sollte hier ausgeglichen sein und nach Beliebtheit der Varianten entsprechend ausspielen.

FEOBOS z. B. ist drei Züge nach ECO-Code Bildung.
Schneidest Du z. B. ab nach wenigen Zügen, 4-Züge, 6-Züge, 8-Züge werden viele ECO-Codes niemals ausgespielt.

Ich will wissen:
Wie stark ist eine Engine unter Beachtung aller Eröffnungssysteme die es gibt.
Beachte ich das nicht manipoliere ich bewusst!

Es gibt Engines die mögen Holländisch oder offene Systeme weil stark im Angriff.
Es gibt Engines die sind deutlich besser bei geschlossenen Systemen.

Vorgabestellungen mit Nachteil:
Nehmen wir an ...

Engine A hat 2800 Elo und spielt gegen Engine B mit 3100 Elo.
Tatsächlich hat Engine A eher Remis-Chancen.

Geht diese Engine A nun mit Vorteil in diesen Wettkampf steigen die Remischancen, hat unter Umständen Gewinn-Chancen.

Engine A erreicht mehr Punkte und die Elo ist schon manipoliert.
Die stärkere Engine B kann nur nachteilig aus solchen Vorgaben aus einem Match gehen.

Das macht keinen Sinn!!

Es sein denn ...
Fun steht im Vordergrund.
Da macht es gar Sinn spezielle Gambit-Bücher einzusetzen, um zu sehen ob Engines, stark im Angriff, den Vorteil gar ausbauen können.

Aber das wäre eine komplett andere Testerei!
Eher interessant zum Zwecke der Optimierung von speziellen Varianten die für Engine x oder y passen könnten.
Mache ich auch!!

Gut ist immer wenn möglich viele Personen etwas erstellen.
Es ist niemals wichtig was der Einzelne macht oder für Ansichten hat.
Das Salz in der Suppe ist wenn viele Personen vieles anders machen.
Schaue mir also auch an was andere tun aber gehe selbst immer sehr streng mit mir bei eigenen Arbeiten vor.

Anders:
Du bist Trainer einer Fussballmanschaft.
Dein Team spielt nun im Pokal gegen eine Mannschaft 2 Klassen besser.

Wenn der Trainer der stärkeren Mannschaft sich sicher ist, die Partie gegen Dein Team zu gewinnen, wird er Spieler schoonen oder Ersatzsspielern die Möglichkeit geben sich zu beweisen.
Das Risiko ist hoch, dass das stärkere Team nicht der Favoritenrolle gerecht wird.

Knallhartes Testen bzw. erstellen von Ratinglisten bedeutet wirklich alles zu vermeiden was beeinflussen könnte.

Wie z. B. auch mehrere Cores.
Der Faktor ist nicht immer gleich.

Es kann nur das verglichen werden was vergleichbar ist.
Sonst mach ____meines Erachtens____ die Testerei keinen Sinn!

Viele Grüße
Frank

Beeinflussungsfaktoren, lese ... wenn Du magst:
https://www.amateurschach.de/main/_beeinflussungsfaktoren.htm

Hier passieren Dinger ...
Parent - - By Lothar Jung Date 2022-04-06 21:32
Hallo Frank,

ganz herzlichen Dank für Deinen professionellen Beitrag.

Ich werde ihn in das Unterforum „Schachprogrammierung“ einpflegen.

Nochmal vielen Dank, aller erste Sahne.

Viele Grüße

Lothar
Parent - By Frank Quisinsky Date 2022-04-06 21:47
Gerne, hier der Link zur FEOBOS Doku.
Da versuchte ich meine Gedankengänge und Probleme zu diesem Komplex im Detail darzulegen.
Ohne Klaus Wlotzka wäre das alles auch gar nicht möglich geworden.

Die Doku:
https://www.amateurschach.de/download/book/documentation-feobos.pdf

Aus dem Jahr 2016:
Heute würde ein paar Dinge leicht verändern.
Wenn ich neu starte werde ich eh neu dokumentieren.

Dir einen schönen Abend!

Viele Grüße
Frank
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