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Up Topic Hauptforen / CSS-Forum / Fernschach stirbt den Remistod aufgrund Rybka3
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Parent - - By Peter Schneider Date 2009-05-31 23:43
Nun Arno,
ich schätze Dich als hochkompetenten Gesprächspartner.
Was würdest Du davon halten, wenn ein Sieg und eine Niederlage mehr wert wären als zwei remis?
Ich persönlich meine, das im Fernschach die Zeit für so einen Schritt reif ist.
In welchen hochklassigen Turnieren hat jemand gewonnen, der eine Niederlage kassiert hat?
Ich habe halt die Hypothese, dass es nicht nur den besten Zug, sondern auch riskante Züge gibt.
Züge, die Siegchancen eröffnen, aber mit einem Verlustrisiko behaftet sind.
Ich habe das Gefühl, dass diese Züge von den Besten vermieden werden.
Dass mit schwarz grundsätzlich ein sicherer Remishafen eingelaufen wird. Und auch mit weiss nichts riskiert wird, was den Remishafen gefährdet.
Turniersieger können sich keine Null im Turnier erlauben.
Ich finde das schade und bin sicher, dass mit einer Höherbewertung eines Sieges Fernschach neu belebt werden könnte.
Was spräche dagegen, einen Weiss-Sieg mit 1,1 und einen Schwarzsieg mit z.B. 1,4 Punkten zu bewerten?
Lg
Peter Schneider 
Parent - By Urs Maier Date 2009-06-01 00:06
hallo Peter,

ich finde daß risiko im schach etwas ganz anders als in anderen sportarten ist. genaugenommen verstehe ich nach wie vor nicht genau für was risiko im fernschach genau stehen soll. es geht um gute züge oder um die wahl zwischen objektiv gleich guten zügen, wobei einer dem anderen vielleicht mehr praktische probleme stellt als der andere.
im tennis z.B. kann ich mit riskantem spiel mehr anfangen. ich kann einen direkten gewinnschlag versuchen, in dem wissen, daß er mir nicht gelingen könnte. die alternative ist ein einfacherer schlag der mich im spiel hält. etwas vergleichbares gibt es im schach aber nicht. wenn es einen direkten gewinnzug gäbe müßte man ihn ausführen. so etwas wie 'ich glaube dieser zug gewinnt - also probier ich ihn, aber es könnte auch nach hinten losgehen' zeugt nur von schlechtem positionsgefühl und mangelhafter analyse.
vielleicht ist das zu kategorisch. sicher gibt es züge/varianten, die gewinnträchtig erscheinen, wobei sich überraschende gegnerzüge im weiteren verlauf nicht ausschließen lassen können, aber es sollte doch extrem selten sein, daß die stellungsbewertung von gewinnträchtig auf verloren umschwenkt. dazu ist die remisbreite im schach doch viel zu groß.

von 3 punkten für einen sieg halte ich bei einzelsportarten rein gar nichts. manipulation(svorwürfe) wäre an der tagesordnung. ein remis ist ein normales ergebnis im schach und sollte nicht bestraft werden.
Parent - - By Timo Schneider Date 2009-06-01 07:27
"...wenn ein Sieg und eine Niederlage mehr wert wären als zwei remis?..."

Sobald die Punktesumme pro Partie nicht mehr konstant ist (momantan 1 Punkt konstant: 1-0 oder 0-1 oder 0,5 - 0,5), sondern vom Ergebnis abhängt (z.B. Dreipunkteregel) ist der Manipulation Tür und Tor geöffnet.

Bsp. Dreipunkteregel, 16 Spieler im Turnier, fast alle Remisschieber

Spieler A spielt stets hoch riskant und gewinnt 6 Partien, verliert aber 9 Partien.
Spieler B..P spielen untereinander nur Remis, B...G verlieren gegen A, die anderen gewinnen gegen A.

A - 6*3 = 18 Punkte (bei 6 aus 15)
B..G = 14*1 = 14 Punkte (bei 7 aus 15)
H..P = 14*1+3 = 17 Punkte (bei 8 aus 15)
Der objektiv schwächste Spieler gewinnt also das Turnier.

Ich möchte auf keinen Fall mit so einer Regel spielen, die Hasard belohnt.

Zudem sind geheime Absprachen möglich. Beispielsweise könnten die Freunde B..D untereinander verabreden zyklisch zu gewinnen (also statt 3 Remis: B-C = 1-0, C-D = 1-0, D-B = 1-0, womit jeder nochmals einen Zusatzpunkte erhalten würde, usw., usf..

Das sind nicht einmal die einzigen Probleme von solchen Dreipunktesystemen. Diese Punktesysteme sind schlicht inkonsistent, unfair gegenüber objektiv starken aber soliden Spielern und verlocken geradezu zu Geheimabsprachen. Man kann sie eigentlich nur mathematisch unbedarftem Publikum andrehen.

OK im Sinne der Konstantpunktevergabe wäre z.B.: Weisssieg 0,95-0,05, Schwarzsieg 0-1.

/timosh/
Parent - - By Benno Hartwig Date 2009-06-04 08:50
[quote="Timo Schneider"]Bsp. Dreipunkteregel, 16 Spieler im Turnier, fast alle Remisschieber
Spieler A spielt stets hoch riskant und gewinnt 6 Partien, verliert aber 9 Partien.
Spieler B..P spielen untereinander nur Remis, B...G verlieren gegen A, die anderen gewinnen gegen A.
A - 6*3 = 18 Punkte (bei 6 aus 15)
B..G = 14*1 = 14 Punkte (bei 7 aus 15)
H..P = 14*1+3 = 17 Punkte (bei 8 aus 15)
Der objektiv schwächste Spieler gewinnt also das Turnier.[/quote]
Das behauptest du einfach so. Wer der schwächste Spieler ist, wird ja letztlich auch mit Hilfe des hier genutzten Modus gewertet.
Und die Remis-Könige werden dann, entgegen älteren Wertungsmethoden, als  nicht mehr so stark eingestuft.
Genau das ist dann aber auch das Ziel dieser Regeländerung.
Gemäß des hier gewählten Modus ist der 6:9-Spieler also der hier objektiv stärkste Spieler.
Wenn man sich auf derartige Verschiebungen bei der Spielstärkebewertung grundsätzlich nicht einlassen will, dann ist die ggw. Zählweise bei ggf. allen Nachteilen ja schon per Definition auf ewig festgelegt mit der Grundsatzaussage "Sie hat definiert, was Spielstärke ist!", die man aber eben nicht so akzeptieren muss.

BTW und hypothetisch:
Angenommen ein guter GM vermutet sich in einem wichtigen Turnier im forderen Feld.
Und nun will er für sich eine sehr grundsätzliche Strategie festlegen und hat die Alternativen:
- "Wenn ich vorsichtig agiere werde ich wohl zweiter und habe nur kleine Chancen auf den Sieg und nur wenig Gefahr auf den dritten Platz zu rutschen" (15%, 70%, 15%)
- "Wenn ich risikofreudiger agiere werde ich vermutlich auch zweiter und habe aber größere Chancen auf den Sieg aber auch größere Gefahr auf den dritten Platz zu rutschen" (20%, 60%, 20%)
Für welches Vorgehen könnte er sich/würden sich viele entscheiden? Das ist vermutlich eine Frage des Naturells.

Wäre vielleicht aber sogar eine Variante
- "Der Sieg wäre das Größte, ob 2. oder 3. ist weniger wichtig!" (25%, 40%, 35%)
die dann doch gewählte Grundeinstellung mit der Konsequenz:
"Der zu erwartende Platz ist schlechter geworden (Erwartungswert), aber die Chance auf den Sieg ist gestiegen."

Benno
Parent - - By Timo Schneider Date 2009-06-06 01:42
Es widerspricht einfach meiner intuitiven Auffassung, wenn 1 Sieg und 2 Verluste "objektiv" gleich bedeutsam sein sollen wie 3 Unentschieden. Egal in welcher Sportart.

Leistungsbewertungssysteme, in denen die auf beide Gegner zu verteilende Punktesumme nicht konstant ist, sondern vom Ergebnis abhängt, sind prinzipiell(!) inkonsistent, da man immer ein Beispiel konstruieren kann, wo stets ein Spieler gewinnt, der gegen jeden(!) anderen aus dem Pool eine Gewinnchance < 50% hat, wenn nur seine Ergebnisse selbst nie Unentschieden sind.

Ich habe das Gefühl, dass solche Bewertungssysteme definitiv gegen die Arrows-Axiome verstoßen ( http://de.wikipedia.org/wiki/Arrow-Theorem ), speziell das schwache Pareto-Prinzip.

Da man aber mit dem Punktesystem an sich sowieso auf kardinalem Messniveau ist, muss man nicht unbedingt gegen die Arrows-Axiome verstoßen. 

/timosh/
Parent - By Benno Hartwig Date 2009-06-07 20:31
[quote="Timo Schneider"]Leistungsbewertungssysteme, in denen die auf beide Gegner zu verteilende Punktesumme nicht konstant ist, sondern vom Ergebnis abhängt, sind prinzipiell(!) inkonsistent, da man immer ein Beispiel konstruieren kann, wo stets ein Spieler gewinnt, der gegen jeden(!) anderen aus dem Pool eine Gewinnchance < 50% hat, wenn nur seine Ergebnisse selbst nie Unentschieden sind. [/quote]Interessant.
Wie könnte solch ein Beispiel aussehen, wenn man z.B. 3:0 oder 1:1 oder 0:3 Punkte vergibt.
(Ich fänd eine Wertung 3:0 und 1:2 und 0:3 aber auch durchdenkenswert. Bei Remis bekommt schwarz eben mehr als weiß. Doof?)

[quote="Timo Schneider"]Ich habe das Gefühl, dass solche Bewertungssysteme definitiv gegen die Arrows-Axiome verstoßen ( http://de.wikipedia.org/wiki/Arrow-Theorem ), speziell das schwache Pareto-Prinzip. [/quote]Sorry, die habe ich auf die Schnelle nicht verstanden. Da muss ich wohl noch genauer lesen...
Benno
Parent - - By Arno Nickel Date 2009-06-03 00:02
Hallo Peter und Diskutanten,

um es vorweg zu sagen, teile ich hinsichtlich der 3-Punkte-Wertung die Bedenken, die andere hier schon geäußert haben. Bei Mannschaftsspielen, die im wesentlichen zur selben Zeit stattfinden und beendet werden (siehe Fußball), ist die Manipulationsgefahr wesentlich geringer als bei einem Fernschachturnier, wo die Partien alle recht unterscheidlich dauern und die Transparenz nach außen wenig gegeben ist. Da wird sowieso schon immer mit dem Rechenschieber gearbeitet, um die Chancen auf Plätze und Normen zu ermitteln. Gerade die Anonymität könnte zu "prophylaktischen" Manipulationen führen, wenn sich zwei (oder mehr) gut miteinander bekannte Spieler gegen andere verbünden  - nach dem Muster: bevor die uns reinlegen, sichern wir uns selbst schon mal bessere Chancen...
Es haben auch die durchaus Recht, die auf die speziellen Traditionen im Schach verweisen, wonach eine gut gespielte und ausgekämpfte Remispartie nicht durch Punktabzug diskriminiert werden sollte. Interessanterweise "löste" man das Problem im 19. Jahrhundert ja dadurch, daß die Spieler einer unentschiedenen Partie nochmal gegenenander antreten mußten (bis zu 3 Partien!), doch das ist fürs Fernschach wohl weniger empfehlenswert.
Es gibt durchaus Beispiele im Spitzenfernschach, wo der Sieger eine Partie verloren hat; z.B. schlug ich beim 21.WM-Finale Weltmeister van Oosterom, der auch diese WM trotzdem glänzend gewann, wobei ich nicht den Eindruck hatte, daß er er spezielle Rybka-Vorliebe gehabt hätte (aber gut, das war 2005-2007).
Es gibt, glaube ich, so eine Art "Berufsethos" bei vielen guten Spielern, die durchaus bereit sind, Risiken auf sich zu nehmen, um interessante Partien zu spielen und ihre Chancen bis zum Äußersten zu suchen. Das ist wie im normalen Leben oder eben auch wie im Nahschach - es gibt alle Charaktere, und natürlich können die notorischen Remisspieler nie richtig glücklich sein mit ihren Ergebnissen, weil sie eben nicht an die Spitze gelangen und ihre Fähigkeiten nicht voll ausloten. Für einen Berufsspieler am Brett mag das aus Verdienstgründen nachvollziehbar sein - aber im Fernschach?
Ich vermute ein wenig, daß in der IECG die Spielerdecke an der Spitze zu dünn ist und man sich schon zu gut kennt; so etwas kann auch zu einer erhöhten Remisquote führen. Frischer Wind durch neue Leute ist in solchen Fällen (gilt natürlich für jeden Verband) sehr zu empfehlen.
Ich selbst bin Anhänger von 'wild cards'. Man soll jeweils kämpferischen Spielern, die ihre Klasse hier und da gezeigt haben, die Chance geben, an Turnieren teilzunehmen, auch wenn sie sich dies elomäßig (noch) nicht verdient haben. Im Nahschach sind das ja oft jugendliche Spieler. Außerdem kann man Spezialpreise vergeben für kämpferisches Schach, so wie es hier und da "Larsen-" oder "Fischer"-Preise gibt.
Was Deinen eigentlichen Ausgangspunkt betrifft - die Stärke von Rybka 3 -, so habe ich eigentlich das Wichtigste bereits gesagt, möchte aber zusätzlich noch anregen, mal bei künftigen Freestyle-Turnieren vorbeizuschauen, sei es als Kiebitz oder als Spieler, um zu verfolgen, wie aus der Eröffnungen heraus - auch - gezielt auf Schwächen des Programms und des Gespanns Mensch/Maschine gespielt wird (hier natürlich mit einem anderen Zeithorizont als beim Fernschach, aber mit teilweise ziemlich hochgemotzen Computersystemen bis hin zur Arbeitsteilung mit mehreren Rechnern). - Die Zukunft hat schon begonnen...

Gruß, Arno
Parent - - By Benno Hartwig Date 2009-06-03 14:49
[quote="Arno Nickel"]um es vorweg zu sagen, teile ich hinsichtlich der 3-Punkte-Wertung die Bedenken, die andere hier schon geäußert haben.[/quote]In welchen Situationen würde eine 1.5-Punkte-Regelung (Sieg ist soviel wert wie 3 x remis, Sieg und Niederlage ist wertvoller als 2 mal remis) sich deiner Meinung nach nachteilig auswirken?
OK, bei mehrrundigen Zweikämpfen würde sie nicht helfen. Aber ansonsten fänd ich sie schon gut.

Benno
Parent - - By Felix Kling Date 2009-06-04 12:18
5 Remisen = 2,5  bzw. 5 punkte
2 Siege = 2 bzw. 6 Punkte

Meiner Meinung nach sind 5 Remisen besser als 2 Siege (bei 3 Niederlagen). Die 3-Punkteregel geht an der Tatsache vorbei, daß die "perfekte" Schachpartie wahrscheinlich remis ist.
Parent - By Benno Hartwig Date 2009-06-04 13:21
[quote="Felix Kling"]Meiner Meinung nach sind 5 Remisen besser als 2 Siege (bei 3 Niederlagen).[/quote]
Genau derartige Einschätzungen sind der Punkt.

Konkret:
Wer der Meinung ist, zwei Remisen sind genau gleich 'gut' wie ein Sieg und eine Niederlage, der sollte die alte Zählweise befürworten.
Wer aber irgendwie der Meinung ist, dass ein Sieg und eine Niederlage irgendwie etwas 'besser' gewertet werden sollte, etwas besser ist, der wird sich vielleicht auf eine Wertung 0 + (1+x) einlassen, und das führt dann auch bei kleinem x bei größerer Partienzahl  dazu, dass irgendwann eine reine Remisen-Serie schlechter dasteht als eine Gewinn-Verlust-Folge mit geringem Überhang der Verlustpartien.
Letztlich muss es ja auch keine (0 / 0.5 / 1.5)- bzw. (0 / 1 / 3)-Regel sein.
Nachdenken könnte man ja auch über geringere (dann aber weniger wirksame) Abstufungen wie (0 / 2 / 5) oder so.

Soweit ich es sehe, hat dem Bundesligafussball diese 3-Punkte-Regel "Ein Unentschieden geht schon mehr in Richtung Niederlage!" sehr gut getan.

[quote="Felix Kling"] Die 3-Punkteregel geht an der Tatsache vorbei, daß die "perfekte" Schachpartie wahrscheinlich remis ist.[/quote]Remisen entstehen in der Praxis aber doch einfach daraus, dass keiner der Opponenten, auf welchem Niveau auch immer(!), seinem Gegner genügend überlegen war. So toll das Spiel der GMs auch ist, so ist es vom 'perfekten Spiel' doch noch weit entfernt. (Anderenfalls stünde halt das Ergebnis jeder GM-Partie bereits vorher fest. Und jedes Abweichen davon müsste als 'unerwartet fehlerhaftes Spiel' eines Spielers angesehen werden.   )
Und wer auf Verlust steht, der wird auch weiterhin schon genügend für ein Erreichen eines Remis kämpfen, denke ich. So wertvoll sollte ein Remis schon noch bleiben!.

Benno
Parent - - By Arno Nickel Date 2009-06-04 22:54
Es gibt, wie gesagt, verschiedene Argumente. Die rein schachlichen - der reale Wert eines Remis - und die Bedenken wegen erhöhter Manipulationsgefahr.
Also, letzteres... zum Beispiel: Spieler A, B und C - in einem beliebigen Turnier mit x Spielern - kennen sich ganz gut. Sie rechnen sich aus, daß ihre Turnierchancen wg. der 3-Punkteregel nicht so günstig sind, wenn sie gegeneinander remisieren. Sie wollen aber eigentlich auch keine Punkte "verschenken". Sie rechnen sich daher aus, daß sie ALLE besser fahren, wenn sie wie folgt spielen: A-B 1-0, A-C 0-1, B-C 1-0. Nun haben alle wenigstens einen Sieg und damit mehr als 2 Remisen.
Solche Vereinbarungen sind bei einem Schachturnier eben im Prinzip einfacher durchführbar als bei einem Mannschaftssport wie der Fußball-Bundesliga. - Allein dadurch, daß sie möglich wären (zwar unfair, aber rational), würde über vielen Turnieren ein unangehmes Verdachtsmoment liegen. Denkbar ist auch die Variante: "Okay, remis nützt uns beiden nichts, ich verlier jetzt mal, du revanchierst dich bei Gelegenheit." So könnte ich mir einen Vielspieler bei Open-Turnieren vorstellen, da gibt es ja sowieso oft Verdachtsmomente hinsichtlich organisierter Absprachen, wer welchen Preis holen soll und ihn dann aufteilt... (Es soll Spieler geben, die ständig im "Bus" zusammen die Turniere abklappern.)
Die 3-Punkteregel würde solche Tendenzen leider ungewollt verstärken.

Arno
Parent - - By Benno Hartwig Date 2009-06-04 23:26
Thanx für deine Erklärungen. Allerdings überzeugt mich manches nicht:
[quote="Arno Nickel"]Es gibt, wie gesagt, verschiedene Argumente. Die rein schachlichen - der reale Wert eines Remis - ...[/quote]Durch was, wenn nicht durch irgendeine von irgendwelchen Menschen nach deren Gefühl festgelegten Regeln, wird denn der 'reale Wert eines Remis' festgelegt. Inwiefern lässt sich wirklich belegen, dass 0.5 Punkte und nicht 0,4 oder 0,6 der reale Wert eines Remis sind? Bauchgefühl reicht nicht, auch wenn mir viellecht auch mein Bauch 0.5 zuraunen möchte.

[quote="Arno Nickel"]und die Bedenken wegen erhöhter Manipulationsgefahr.
Also, letzteres... zum Beispiel: Spieler A, B und C... - in einem beliebigen Turnier mit x Spielern - kennen sich ganz gut. Sie rechnen sich aus, daß ihre Turnierchancen wg. der 3-Punkteregel nicht so günstig sind, wenn sie gegeneinander remisieren. Sie wollen aber eigentlich auch keine Punkte "verschenken". Sie rechnen sich daher aus, daß sie ALLE besser fahren, wenn sie wie folgt spielen: A-B 1-0, A-C 0-1, B-C 1-0. Nun haben alle wenigstens einen Sieg und damit mehr als 2 Remisen.[/quote]Klar. Aber auch heute schon hätte diese Spielergruppe weit erfolgversprechendere Strategien zur Hand, wenn sie denn einfach einen von Ihnen als ausgucken, der gewinnen soll. Dem schenken sie dann alle Punkte, während sie allen seine Konkurrenten möglichst viel Widerstand bieten. Da wäre doch das von dir skizzierte Szenario, weil für den Sieg weniger erfolgversprechend, doch eigentlich weniger zu 'empfehlen'.
Das von dir skizzierte Vorgehen taugt zwar, betrügerisch durchschnittlich etwas weiter nach vorn zu gelangen, OK, nicht aber, um jemandem zum Sieg zu putschen, ja, diesem Ziel schadet es sogar.
Per Betrug kommen die also nur im Mittelfeld etwas weiter nach vorn.


[quote="Arno Nickel"]Solche Vereinbarungen sind bei einem Schachturnier eben im Prinzip einfacher durchführbar als bei einem Mannschaftssport wie der Fußball-Bundesliga.[/quote]OK, da stimme ich zu.

[quote="Arno Nickel"]Allein dadurch, daß sie möglich wären (zwar unfair, aber rational), würde über vielen Turnieren ein unangehmes Verdachtsmoment liegen. Denkbar ist auch die Variante: "Okay, remis nützt uns beiden nichts, ich verlier jetzt mal, du revanchierst dich bei Gelegenheit." So könnte ich mir einen Vielspieler bei Open-Turnieren vorstellen, da gibt es ja sowieso oft Verdachtsmomente hinsichtlich organisierter Absprachen, wer welchen Preis holen soll und ihn dann aufteilt... (Es soll Spieler geben, die ständig im "Bus" zusammen die Turniere abklappern.)
Die 3-Punkteregel würde solche Tendenzen leider ungewollt verstärken.[/quote]Gerade bei solchen Motivationen, wie du sie beschreibst wohl eher nicht. Gerade hier würden sie den Spieler, der gewinnen soll, wohl nur mit Siegen beschenken, damit er am andere gut darsteht. Und gerade das können sie heute schon genau so gut.

Benno
Parent - - By Arno Nickel Date 2009-06-05 02:23
[quote="Benno Hartwig"]
Durch was, wenn nicht durch irgendeine von irgendwelchen Menschen nach deren Gefühl festgelegten Regeln, wird denn der 'reale Wert eines Remis' festgelegt. Inwiefern lässt sich wirklich belegen, dass 0.5 Punkte und nicht 0,4 oder 0,6 der reale Wert eines Remis sind? Bauchgefühl reicht nicht, auch wenn mir viellecht auch mein Bauch 0.5 zuraunen möchte.[/quote]

Natürlich ist der "reale Wert eines Remis" keine objektive Größe, sondern beruht auf menschlichen Vereinbarungen. Die haben allerdings doch ein ziemliches Gewicht angesichts der mehr als 150jährigen Wettkampf- und Turniergeschichte des Schachs. Fast die ganze bisherige Eröffnungstheorie beruht darauf, daß Weiß versuchen soll, seinen Anzugsvorteil zu verwerten, während Schwarz zunächst um Ausgleich bemüht sein muß. Das ist eine der Schachlogik immanente Ausgangslage, die man nicht gewaltsam durch ein neues Punktesystem bekämpfen sollte. Es bedeutet ja nicht, daß Schwarz, wenn sich Blatt wendet, keine Gewinnversuche unternehmen soll, aber verfrühte Gewinnversuche gehen bekanntlich meistens nach hinten los... Gelingt Schwarz nun schlußendlich ein Remis, zumal gegen einen stärkeren Gegner, so ist dies erstmal eine beachtliche Leistung. Auch seinen Gegner, den Weißen, kann man nicht von Haus aus dafür bestrafen, daß er nicht gewonnen hat; damit würde man indirekt sogar die Leistung seines Gegners herabwürdigen. Mit anderen Worten: zwei ausgekämpfte Remisen mit wenig Fehlern sind schachlich von höherer Qualität als zwei entschiedene Partien mit relativ mehr oder gröberen Fehlern. Die 3-Punkte-Regel verletzt den Gedanken, daß das Schachspiel ein Gleichgewichtsspiel ist. Ein solches Problem gibt es zum beim Fußball nicht, denn niemand wird behaupten, daß ein fehlerfrei gespieltes Fußballspiel (also torlos) einen ästhetischen Wert hat, der durch einen Zufallstreffer in der 90. Minute übel zu Schanden kommt. 

Die Debatte reflektiert wohl auch die Problematik, Schach als "Sport" zu promoten. Was macht man nicht alles dafür...! (Obwohl es, wie schon gesagt, auch andere Möglichkeiten gibt, den Kampfgeist anzustacheln.) Ich habe von der Sport-Promotion für Schach noch nie etwas gehalten und es stets mit großer Genugtuung gelesen, daß die meisten großen Spieler von Fischer, Spasski, Tal usw. bis hin zu Kasparov, Kramnik und, wie gerade zu lesen war, jüngst auch Aronjan sich mehr als Künstler denn als Sportler begreifen. Mit einem solchen Zugang zum Schach kommt man gar nicht erst in Versuchung, das Punktesystem neu justieren zu wollen.

Sorry, wenn ich auf die anderen Aspekte nicht mehr eingehe. Aber ich muß ja nicht das letzte Wort haben. Es sind schon alle wesentlichen Argumente irgendwo gefallen...

Gruß, Arno
Parent - - By Benno Hartwig Date 2009-06-05 19:38
[quote="Arno Nickel"]Natürlich ist der "reale Wert eines Remis" keine objektive Größe, sondern beruht auf menschlichen Vereinbarungen.[/quote]Müsste man nicht eigentlich sogar werten.
- Ein weiß-Sieg ist schon toll
- ein schwarz-Sieg ist aber noch toller.
- und bei einem remis hat im Durchschnitt schwarz eine etwas beeindruckendere Leistung vollbracht als weiß.

Müsste man dann nicht eigentlich zu dem Schluss kommen, dass 0.5 Punkte für ein remis überhaupt nicht den 'realen Wert' angeben.
Nicht gemäß irgend einem absoluten Maßstab, und eigentlich auch nicht gemäß den subjektiven Einschätzungen der Schachspieler.
Allenfalls, und zugegebenermaßen immerhin, gemäß der Tradition.

Benno
Parent - - By Arno Nickel Date 2009-06-06 00:18
Die statistische Verteilung von Weiß- und Schwarzerfolgen aus 3,8 Mio. Partien beträgt laut CB Megadata 54 : 46 Prozent. Dieses Verhältnis bleibt auch, wenn man nur die Partien aus 2006 und 2007 nimmt, immerhin rd. 370.000.
Die Verteilung von 1-0, 1/2 und 0-1 ist bei 3,8 Mio. 39%=1-0, 30%=1/2, 31%=0-1. (Bei 2006/2007 ist der Wert für Weiß gleich und verschiebt sich nur um 1% von Remis zugunsten zu Schwarz.)
Weiß spielt also mit einer durchschnittlichen statistischen Erwartung von 69%, nicht zu verlieren, Schwarz mit einer von 61%.

Vereinfacht gesagt:
Weiß soll aus 100 Partien 8 Gewinne mehr erzielen als Schwarz.
Wenn die Leistung 54% Weiß mit 46% Schwarz gleichgesetzt wird, dann ist ein Weiß-Sieg 0,852 Punkte wert, ein Schwarz-Sieg dagegen 1,174; ein Weiß-Remis 0,426 Punkte, ein Schwarz-Remis 0,587 Punkte.
Vernachlässigen wir mal die dritte Stelle hinter dem Komma und belassen es dabei, daß eine Niederlage mit Weiß und Schwarz jeweils 0 ist (was aber eigentlich nicht ganz konsequent ist), dann wäre die Tabelle vom letzten (doppelrundigen) GM-Turnier in Sofia 2009 z.B. an der Spitze wie folgt:
1. Schirow (statt 6,5) 6,29 Punkte (Er hatte 3 Weiß-Siege und 7 Remisen)
2. Topalov (statt 6 und wg. SB 26.25 auf Platz 3!) 6,03 Punkte (Er hatte 2 Weiß-Siege, 1 Schwarz-Sieg, 6 Remis, 1 Schwarz-Niederlage)
3. Carlsen  (statt 6 und wg. SB 28.00 auf Platz 2!) 5,71 Punkte (Er hatte 3 Weiß-Siege, 6 Remis, 1 Schwarz-Niederlage)

Die praktische Wirkung wäre vor allem, daß statt der sonst üblichen Feinwertungen, die die Leistungen der Gegner berücksichtigten, nun die Farbverteilung zum ausschlaggebenden Faktor bei Pubktgleichstand würde.

Arno
Parent - - By Ingo Bauer Date 2009-06-06 21:28
Hallo

So bestechend logisch die Statisik auch sein mag hat sie doch einen Haken.

De fakto heiß das, dass sich ein Topalov, Carlsen oder Schirov den erspielten statistischen Ergebnissen der 2400er Spieler ergeben müßten. Noch weiter müssen die 2400 sich den 2000 Patzern unterwerfen - und dass in Kleinkleckersdorf auch mal ein Sonntagmatch am Saisonende, nicht nur beim Fußball, für einen Kasten Bier geschoben wird ist eine Binsenweisheit ...

Nein, ich glaube nicht das man ein Ergebniss nach Statistiken bewerten sollte. Schach ist ein so schönes Spiel das es ein festes Ergebniss haben sollte das nicht von Statistiken abhängt!

Ich bin für "Sieg 1, Remis 1/2 und Verlust 0 Punkte ... und der Schiedsrichter hat immer Recht"!

Gruß
Ingo
Parent - - By Arno Nickel Date 2009-06-11 09:19
Hallo Ingo,

das Thema "Punktbewertung" hat ja nun nicht nur etwas mit Fernschach, sondern mit Schach generell zu tun. Deshalb ist es vielleicht auch für einen größeren Kreis von Interesse und wird es sicherlich auch bleiben.

Ich habe mit meinem letzten Beitrag keine unmittelbare Empfehlung aussprechen wollen, sondern lediglich folgenden Gedanken verfolgt:
1. Von der 3-Punkte-Regel im Schach halte ich nicht viel.
2. Wenn man irgendwo Änderungsbedarf anmelden will, dann scheint mir die ungenügende Berücksichtigung der Farbverteilung ein überdenkenswerter Ansatzpunkt zu sein. (Da gab ich also meinem Vorredner Benno recht.)
3. Wenn man die Farbverteilung in Rechnung stellen wollte, wäre es angemessen, die empirisch und quasi schachhistorisch vorliegenden Erkenntnisse (in Form von Datenbanken) zu berücksichtigen.

Nach meinen Erkenntnissen gilt die durchschnittliche Gewinnerwartung "54% Weiß : 46 Schwarz" bei einer genügend großen Anzahl von Partien (sollten einige Tausend sein) auch innerhalb kleinerer Elo-Gruppen, wenn man also z.B. nur die Partien von Spielern mit Elo 2600 und besser nimmt. (Das ließe sich leicht überprüfen, aber ich habe gerade kein Datenbankprogramm zur Hand. Jedenfalls dürfte die Tendenz im wesentlichen stimmen +/-1%.)

Der Gedanke einer stärkeren Gewichtung von Schwarzerfolgen ist nicht ganz neu; denn als Mittel des Tie-breaking wird er hier und da immer mal wieder verwendet, wenn auch erst an dritter oder vierter Stelle.

Ein gravierender praktischer Nachteil der von mir erstmals statistisch ermittelten Bewertungsmethode sind die krummen Zahlen, mit denen niemand im Kopf rechnen möchte und die sicherlich manchen Journalisten auf den ersten Blick abschrecken würden. Doch das ist Gewöhnungssache, und es ließen sich sicherlich vereinfachte Lösungen dafür finden. Immerhin scheint es mir ein RATIONALES und gerechtes System zu sein, weshalb ich es nicht sogleich zu den Akten legen würde.

Gruß, Arno      
Parent - - By Benno Hartwig Date 2009-06-11 11:44
[quote="Arno Nickel"]Nach meinen Erkenntnissen gilt die durchschnittliche Gewinnerwartung "54% Weiß : 46 Schwarz" bei einer genügend großen Anzahl von Partien ...[/quote]
Ich schaute mal, was die aktuelle CEGT-Statistik so hergibt.
In allen 3 Gruppen 40/4, 40/20 und 40/120 (all Versions) ist der Anteil der weiß-Siege recht genau 10 Prozentpunkte höher als der Anteil der schwarz-Siege.
Das daraus resultierende 55%:45% korrespondiert ja auch gut mit den von dir genannten Werten.

Interessant fand ich aber, dass sich der Anteil der Remis-Ausgänge mit der Länge der Zeiten deutlich ändert:
Code:
40/4    30,5%
40/20   35,2%
40/120  41,3%
Steigt im (computerunterstützten) Fernschach der Wert noch weiter?

Benno
Parent - By Ingo Bauer Date 2009-06-11 12:03
Hallo

[quote="Benno Hartwig"]

Ich schaute mal, was die aktuelle CEGT-Statistik so hergibt.
In allen 3 Gruppen 40/4, 40/20 und 40/120 (all Versions) ist der Anteil der weiß-Siege recht genau 10 Prozentpunkte höher als der Anteil der schwarz-Siege.
Das daraus resultierende 55%:45% korrespondiert ja auch gut mit den von dir genannten Werten.

...

[/quote]

Der Vollständigkeithalber auch mal meine Statistik für 134000 Spiele bei 6 + 3:

Engine:
Games        : 134500 (finished)

White Wins   :  50720 (37.7 %)
Black Wins   :  34847 (25.9 %)
Draws        :  48933 (36.4 %)
Unfinished   :      0

White Perf.  : 55.9 %
Black Perf.  : 44.1 %


Performance also 11.8% auseinander.

Gruß
Ingo
Parent - - By emilo reggio Date 2009-06-06 12:03
hi,

ich weiss, das du kein starker schachspieler bist; mal angenommen du würdest zwei spiele gegen anand spielen und beide partien gingen remis aus. wie sähe nach deinen schlauen berechnungen denn dann die platzierung aus?

anand
anand müsste doch glatt 2:0 gewinnen; ein sieg, egal mit welcher farbe wäre ja für ihn überhaupt nichts wert!
Parent - - By Benno Hartwig Date 2009-06-06 21:08 Edited 2009-06-06 21:15
[quote="emilo reggio"]ich weiss, das du kein starker schachspieler bist;[/quote]Kein Widerspruch.

[quote="emilo reggio"]mal angenommen du würdest zwei spiele gegen anand spielen und beide partien gingen remis aus. wie sähe nach deinen schlauen berechnungen denn dann die platzierung aus? [/quote]
Wie sähen denn deine schlauen Berechnungen nach herkömmlicher Wertungsmethode für diesen Fall aus?
Deutlich mehr Aussagekraft? Realitätsbezug? Einschätzbarkeit meiner oder Anands Spielstärke?

Oder anders:
Inwiefern kann eine Betrachtung der großen Zahl von Anand-Benno-Partien () weiterhelfen bei der Beurteilung, ob 0.5 oder andere Zahlen im Durchschnitt für Remis-Partien besonders realitätsbezogen ist? 

Irgendwie scheint dein Hinweis nicht recht weiter zu führen!
Benno 

PS:
Angenommen ein GM erreicht in einer Folge von 10 schwarz-Partien 5 Punkte gegen Anand.
Einem anderen gelingt dies in einer Folge von 10 weiß-Partien.
Würdest du ad hoc beiden die gleiche Leistung bescheinigen, oder würdest du vermuten, dass ggf. die des ersten irgendwie noch beachtlicher ist?
Parent - By Emilo Reggio Date 2009-06-07 10:17
[quote="Benno Hartwig"]
...

Angenommen ein GM erreicht in einer Folge von 10 schwarz-Partien 5 Punkte gegen Anand.
Einem anderen gelingt dies in einer Folge von 10 weiß-Partien.
Würdest du ad hoc beiden die gleiche Leistung bescheinigen, oder würdest du vermuten, dass ggf. die des ersten irgendwie noch beachtlicher ist?

[/quote]

Hallo Benno,

die Statistik glaubt zu wissen, dass Weiß einen Anzugsvorteil besitzt.
Für eine sehr grosse Anzahl von Partien mag es stimmen.

Für 20 Partien dagegen glaube ich hingegen nicht, dass sich hier die
Statistik so beweisen lässt!

Nicht umsonst um allen Spekulationen auszuweichen wurden WM Kämpfe
( bis auf ein paar Ausnahmen) immer doppelrundig
gespielt.

P.S.

Ich habe leider kein Datenmaterial zur Verfügung um mal alle WM Partien
auszuwerten ob hier Weiß einen Anzugsvorteil hat oder eben nicht. Und
vor allem: gilt es auch für jeden der Wettkampfteilnehmer?

Gibt es Spieler die mit Schwarz bessere Ergebnisse als mit Weiß erzielten?
Ich vermute, schon!

Emilo
Parent - By emilo reggio Date 2009-06-07 10:34
[quote="Benno Hartwig"]
...
Irgendwie scheint dein Hinweis nicht recht weiter zu führen!
Benno 
...
[/quote]

was ich aussagen wollte:

wenn du remis gegen anand spielst, dann ist es eine bessere leistung als
wenn anand gewinnt, denn er muß gewinnen, keine leistung von anand!

nur wie man das in eine punktewertung einfliessen kann, ich weiss es nicht.
daher: 1P für sieg, .5P für remis, 0P für niederlage. alles andere ist für mich
pure manipulation.

emilo
Parent - - By Peter Schneider Date 2009-06-04 23:57
Hi Arno,
die Manipulationmöglichkeiten bei "Drei-Punkte-Regel" leuchten mir ein.
Allerdings hat man bei Fernschachturnieren meist nur ein Partie gegen einen Gegner.
Und zumeist zählt nur der Turniersieg, oder wenigstens der zweite Platz für ein Weiterkommen.
Da müssten Absprachen schon so laufen, dass man sich in einem anderen Turnier revanchiert.
Wer will schon in einem Turnier "verzichten" mit dem Versprechen, dass "der Freund" sich in einem
anderen Turnier revanchieren wird?
Ich habe noch niemals die Erfahrung gemacht, dass im Fernschach irgendeine Form der Absprache
üblich ist. In diesem "eigenartigen Sport" scheinen nur egozentrische Einzelkämpfer unterwegs zu sein.
Da ist eine frühzeitige Einigung auf ein Remis denkbar, aber das Einlassen auf eine Niederlage?
Fernschachturniere scheinem aus gutem Grund nicht doppelrundig zu sein. Bei doppelrundigen Turnieren
wäre diese Manipulationsmöglichkeit bei einer Regelung, bei der ein Sieg und eine Niederlage mehr wert sind
als zwei Remis, sehr wohl gegeben.
Ich habe weiterhin den Eindruck, dass tatsächlich die Hardware mittlerweile im Fernschach wieder an Gewicht
gewinnt.
Ich vermute, dass wir uns insoweit "einigen" können, dass es (auch) dem Fernschach nicht gut tut,
dass mit Rybka(3) ein hochdominantes Programm auf dem Markt ist.
Viele Leute, die sich mit Fernschach nicht auskennen, haben sich ja immer darüber "belustigt", dass Fernschachspieler
nur "Ausführer" von Schachprogrammen sind. Das hat früher ganz einfach nicht gestimmt. Denn welches der eben-
bürtigen Programme hatte recht? (Oftmal keines). Heutzutage kommt man an Rybka einfach nicht vorbei.
Mir zumindest hat die Dominanz Rybkas auch im Fernschach "die Lust" genommen.
Über Fernschächler, die behaupten, die würden jeden dritten Zug einen besseren Zug "finden" als Rybka, kann ich nur milde
lächeln. Ich freue mich schon, wenn ich mir bei einem Zug in einer Partei sicher bin, dass "mein" Zug mit Sicherheit
um Klassen besser ist als der "Vorschlag" Rybkas. Das ist mir für mein Bedürfnis nach eigener Kreativität "zu wenig".
Beste Grüsse
Peter
Parent - By Urs Maier Date 2009-06-05 02:59
nimms mir nicht allzu übel: rybka spielt bei weitem kein perfektes schach und selbst ein undekorierter spieler wie ich widerlegt rybka in einer partie weit öfter als einmal/partie.
natürlich kannst du dies anzweifeln (nachdem du einem minimatch aus dem weg gehst), aber ich bin sicher, daß starke spieler sich von meinen analysen überzeugen ließen.
Parent - - By Kurt Utzinger Date 2009-06-06 09:07
[quote="Peter Schneider"]
(...)
Ich vermute, dass wir uns insoweit "einigen" können, dass es (auch) dem Fernschach nicht gut tut,
dass mit Rybka(3) ein hochdominantes Programm auf dem Markt ist.
(...)
[/quote]

Was würde es am Fernschach ändern, wenn drei ungefähr gleich starke Programme vorhanden wären?
Nichts, wie ich meine. Das Grundübel bliebe, dass 80 Prozent und mehr der Züge nicht mehr aus
Menschenhand/Menschenhirn kommen ... und das ist doch der Grund, weshalb der Reiz beim FS
immer mehr verloren geht. Man kann/darf auf einen Sieg oder eine Rettung nur noch in ganz
geringfügigem Sinn stolz sein. Die fehlende Eigenleistung macht das FS langfristig kaputt.
Mfg
Kurt
Parent - - By Timo Schneider Date 2009-06-06 12:38
Ich finde es sehr gut, dass mit Rybka ein hochklassiges Programm existiert, so dass es praktisch keine wirklich schwachen Gegner mehr gibt.
Wer jetzt immer noch oft gewinnen will, muss einfach wirklich stark sein, d.h. über deutlich mehr Wissen bzw. Erfahrung verfügen als seine Gegner und auch mehr als in Programme überhaupt implementierbar ist.

Prinzipiell könnte ja jedes Programm perfekt spielen, sofern es nur mehrere Jahre Bedenkzeit pro Zug hätte. Und Rybka unterscheidet sich von den anderen praktisch nur in der Geschwindigkeit. Andere Programme würden in etwa genauso gut wie Rybka spielen, wenn sie nur die mehrfache Bedenkzeit hätten. 

Meine Eigenleistung nimmt deswegen mehr und mehr zu, weil ich eben mit Rybka-Hilfe in noch kürzerer Zeit mindestens genauso gute Züge finden möchte, wie Rybka alleine. Dazu versuche ich mir Schach-Wissen zu erarbeiten, das in keinem Buch steht, und das vielleicht nicht einmal die stärksten Nachschachspieler haben. Dies muss nicht unbedingt heißen, dass ich dadurch im Nahschach besser werde, da es dort einfach zu viel auf Eröffnungskenntnisse und exakte Zugberechnung ankommt, was mir ohne Rechnerhilfe relativ schwer fällt.

Übrigens gibt es durchaus noch Weltklasse-Spieler, die dem ganzen Feld weit davonrennen können, wenn sie einen Lauf haben. Diese Leute machen regelmäßig vor, wie man die Remisgefahr bannt - sie spielen ihre Gegner aus.

/timosh/
Parent - - By Michael Scheidl Date 2009-06-11 12:00
[quote="Timo Schneider"]Und Rybka unterscheidet sich von den anderen praktisch nur in der Geschwindigkeit. Andere Programme würden in etwa genauso gut wie Rybka spielen, wenn sie nur die mehrfache Bedenkzeit hätten.  [/quote]
Das ist eine interessante Analyse, die ich ad hok nicht widerlegen kann, aber doch in Zweifel ziehen möchte. Ich glaube nicht, daß der Rybkavorteil NUR auf Geschwindigkeit basiert. Ich glaube, daß er auch auf besserer, effektiverer Bewertung und möglicherweise(!!) auf einer wirksamen Anti-Engine-Bewertung beruht. Im Klartext heißt das, ich glaube daß Rybka Menschenstellungen gut behandelt. Mit anderen Worten, Vas Railich hat Bewertungskriterien gefunden welche das bisherige Computerschach vernachlässigt, und/oder nicht verstanden hat.
Parent - - By Timo Schneider Date 2009-06-12 02:07
Je bessere und feinere Bewertungskriterien eine Engine hat, desto eher strebt eine Engine die "richtigen" Stellungen an. Die dadurch induzierte Sucheffizienz macht sich darin bemerkbar, dass Rybka Schlüsselzüge bzw. Schlüsselmanöver schneller findet als andere Engines (die eben viel Zeit verplempern mit Zügen, die sich letztendlich als weniger gut erweisen).

Es gibt wohl absolut keine Engine, die in Stellungen, die Rybka als total gewonnen oder total verloren bewertet, das Gegenteil behauptet. Da es nun aber nur die 3 prinzipiellen Bewertungen Gewinn, Remis, und Verlust gibt, sind sich folglich wohl oder übel alle fehlerfreien Engines früher oder später über den tatsächlichen Wert einer Stellung einig. Rybka eben (manchmal deutlich) früher als die anderen.

/timosh/
Parent - By Urs Maier Date 2009-06-12 12:31
so wie ich das sehe gibt es nicht etwa auf der einen seite die geschwindigkeit der suche und auf der anderen die bewertungsfunktion. denn die geschwindigkeit (n/s) eines programms hängt maßgeblich von der komplexität der BF ab. ich würde das also eher in die reine sucheffizienz, die qualität der bewertungsfunktion und die einfachheit der BF unterteilen.

dabei sind diese 3 dinge nicht komplett voneinander abgekapselt. die BF kann die suche steuern, die zugsortierung ermöglichen und möglicherweise kann auch die suche, wenn der baum sich dementsprechend gestaltet, einfluß auf die BF nehmen und quasi aus einer statischen BF eine dynamische machen.

aber es wäre wohl besser, wenn einer der programmierer sich über den aktuellen stand der forschung ausläßt oder jemand sich auf die suche nach einem aktuellen paper macht.
Parent - - By Benno Hartwig Date 2009-06-12 13:31
[quote="Timo Schneider"]Je bessere und feinere Bewertungskriterien eine Engine hat, desto eher strebt eine Engine die "richtigen" Stellungen an. Die dadurch induzierte Sucheffizienz macht sich darin bemerkbar, dass Rybka Schlüsselzüge bzw. Schlüsselmanöver schneller findet als andere Engines[/quote]
Ich würde eher sagen: die auf einer gegebenen Suchtiefe überhaupt den besseren Zug findet. Die anderen Engines beharren vielleicht noch auf anderen Zügen.
Und es können in bestimmten Stellungen auch mal andere Programme hinsichtlich Geschwindigkeit die Nase vorn haben.
Dass die Engine durchweg dank besserer Bewertung schneller auf Tiefe kommt, willst du vermutlich nicht behaupten, oder?

[quote="Timo Schneider"]Es gibt wohl absolut keine Engine, die in Stellungen, die Rybka als total gewonnen oder total verloren bewertet, das Gegenteil behauptet.[/quote]
Was ist 'total gewonnen' und das 'Gegenteil'?
Immerhin sind längst Stellungen bekannt (z.B. falscher Läufer), in denen Rybka sich ggf deutlich im Vorteil wähnt (gilt dann schon die Formulierung "sie sieht sich total gewonnen"?), wo andere Engines ganz zu Recht erkennen, dass hier ein sicheres Remis besteht.

[quote="Timo Schneider"]Da es nun aber nur die 3 prinzipiellen Bewertungen Gewinn, Remis, und Verlust gibt, sind sich folglich wohl oder übel alle fehlerfreien Engines früher oder später über den tatsächlichen Wert einer Stellung einig. Rybka eben (manchmal deutlich) früher als die anderen. [/quote]Oder eben nicht, und auch noch nach stundenlanger Bedenkzeit nicht, siehe oben.

Sicher ist Rybka3 ein tolles Programm.
Deshalb muss man sie aber auch nicht noch besser reden wollen.
Benno
Parent - - By Peter Schneider Date 2009-07-24 16:17
Ein update:
Bei der aktuellen IECG-WM (2008) sieht es nun folgendermaßen aus:
http://lss.chess-server.net/tournaments/crosstable/tourid/15831
Vielleicht dauern die Partien, die entschieden werden, ja länger...
Kommentare erwünscht.
Liebe Grüße
Peter
Parent - By Harald Faber Date 2009-07-24 20:44
Hallo Peter,
bezüglich der Remisquote sieht das Turnier momentan in der Tat ziemlich bitter aus. 
Gruß und noch viel Erfolg,
Harald
Parent - - By Thomas Mahling Date 2009-07-24 20:51
Hallo Peter,

Deine Tabelle spricht doch gar nicht für den Remistod. Mein Mannschaftskollege aus der 2. FS-BL bei Zitadelle Spandau II (Michael Bergmann) hat z.B. schon eine Partie gewonnen. Ich wünsche Micha viel Glück, IECG-Weltmeister wäre ein schöner Erfolg. Ich denke aber in der Endphase gibt es noch mehr Siege.

So lange nicht wirklich regelmäßig alle Partien remis ausgehen, ist der Remistod noch weit weg. Man muss sich nur daran gewöhnen, dass ein Sieg heute mehr wert ist.
Die Turniere werden dadurch nur spannender.

PS: Ich hatte noch nie ein Fernturnier, indem ich alle Partien remis gespielt habe.
In meinen aktuellen Turnieren gewinne ich auch die eine oder andere Partie (ICCF-Gegner über 2450).

International ist es aber leichter, als 1. FS-BL. Die FS-BL ist das einzige Turnier in meinem Leben mit negativen Resultaten.

Man sieht es an Michael Bergmann, als Zweitliga-Top-Spieler kann man beim IECG oben mitspielen, als Erstliga-Top-Spieler auch beim ICCF (Jürgen Bücker).

Mit besten Grüßen

Thomas

 
Parent - - By Peter Schneider Date 2009-11-12 12:07
Bei der aktuellen IECG-WM (2008) sieht es nun folgendermaßen aus:
http://lss.chess-server.net/tournaments/crosstable/tourid/15831

In den aktuellen ICCF-Weltmeisterschaften:
http://www.iccf-webchess.com/EventCrossTable.aspx?id=13580&order=p
http://www.iccf-webchess.com/EventCrossTable.aspx?id=13581&order=p
http://www.iccf-webchess.com/EventCrossTable.aspx?id=18349&order=p

Lg
Peter Schneider
Parent - By Klaus Ritter Date 2009-11-12 12:53
Hallo Peter,
Noch ein beispiel !

http://remoteschach.de/turniere/turnierstatus.php3?tid=2720&tgruppe=B

Das geniale daran ist, das alle nun weiter kommen in die nächste runde 

bye
Klaus
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