Isländisches Gambit

By Tobias Lagemann Date 2014-10-13 19:48

Hallo zusammen,

beim Tseshkovsky Memorial 2014 (mit 7,5/9 und einem Punkt - ! - Vorsprung überlegener Sieger Baadur Jobava) kam es in der Partie zwischen Vladimir Tsvetkov und Svetlana Vishnjakova zu folgender Stellung

Tsvetkov griff zu 7.Da4 und ging nach 0-0-0 8.Le2 unter ...

Schon allein weil mich Gambitstellungen interessieren, habe ich mal ein Engine Turnier zur Stellung gestartet.

   Motor                         Punkte  St Ko Gu Ho De Na Bl Ha Sp    S-B
1: Stockfish_14053109_x64_modern 12,5/16 ·· 0= 11 =1 1= 11 == 11 11   87,50
2: Komodo51r2-64bit              11,5/16 1= ·· 10 01 11 =1 1= 11 ==   86,25
3: Gull 3 x64                    9,0/16  00 01 ·· 11 00 =1 =1 1= 1=   61,75
4: Houdini_15a_x64               9,0/16  =0 10 00 ·· 10 1= 1= 11 =1   60,75
5: Deep-Rybka-4.1-x64            8,5/16  0= 00 11 01 ·· 0= 11 =1 10   58,75
6: Naum                          7,5/16  00 =0 =0 0= 1= ·· 1= 1= =1   48,50
7: BlackMamba_MP_x64             5,5/16  == 0= =0 0= 00 0= ·· =0 11   41,25
8: Hannibal1.4bx64               4,5/16  00 00 0= 00 =0 0= =1 ·· =1   26,75
9: Spike 1.4                     4,0/16  00 == 0= =0 01 =0 00 =0 ··   35,00

72 Partien gespielt / Turnier beendet
Name des Turniers: icelandicGambit

Ach so, Tsvetkov hatte vor dem Turnier 1862 Elo, nach dem Turnier 1853, Svetlana Vishnjakova brachte es auf 2123 Elo (nachher 2111).

Viele Grüße
Tobias Lagemann

By Peter Martan Date 2014-10-13 22:03

Tobias Lagemann schrieb:

Schon allein weil mich Gambitstellungen interessieren,

Hallo Tobias, danke für das Turnier.
Ich hab mal die Hauptabspiele ein wenig vor und zurück verfolgt mit Stockfish und dann mit vollem hash an 3 Stellen MV eine Weile laufen lassen, mit jeweils gerade so vielen Varianten, dass die Textzüge der Partie noch dabei waren, jeweils bis in Tiefe 33:

Analysis by Stockfish 071014 64 SSE4.2:

1. +/= (0.49): 3.Lb5+ Ld7 4.Lc4 Lf5 5.Sc3 c6 6.dxc6 Sxc6 7.Sf3 e6 8.0-0 Lc5 9.d3 0-0 10.h3 h6 11.Lb3 Dc7 12.Le3 Lxe3 13.fxe3 a6 14.Dd2 Lg6 15.a3 Tac8 16.Df2 Tfd8 17.Tae1 Sa5 18.Sd2 b5 19.e4 Sc6 20.Sf3 Se5 21.Sxe5 Dxe5
2. +/= (0.43): 3.Sf3 Dxd5 4.d4 Lg4 5.Le2 Sc6 6.0-0 e6 7.h3 Lh5 8.c3 Le7 9.Lf4 Ld6 10.Le3
3. +/= (0.39): 3.d4 Dxd5 4.Sf3
4. +/= (0.36): 3.a3 Dxd5 4.Sc3 Dd8 5.d4 c6 6.Lf4 Lf5 7.Sf3 e6 8.Sh4 Lg6 9.Le2 Ld6 10.Lg5 Sbd7 11.0-0 Dc7 12.g3 Le4 13.Sxe4
5. +/= (0.33): 3.Sc3 Sxd5 4.Sf3 Lf5 5.d4 e6 6.Ld3 Lxd3 7.Dxd3 Sc6 8.0-0 Le7 9.Sxd5 Dxd5 10.c3 0-0-0 11.Te1 Kb8 12.b4 Ld6 13.a4 Dh5 14.b5 Se7 15.g3 Dg6
6. = (0.27): 3.Le2 c6 4.dxc6 Sxc6 5.Sf3 e5 6.d3 Le7 7.c4 Dc7 8.0-0 0-0 9.Le3 Td8 10.Db3 Sa5 11.Dc2 Lf5 12.Sc3 a6 13.h3 h6 14.Tfc1 Tac8 15.Se4 Sc6 16.a3 Lg6 17.Td1 Sd4 18.Lxd4 exd4 19.Sed2 Ld6 20.b4
7. = (0.26): 3.Lc4 Sxd5 4.d4 Sb6 5.Lb3 Sc6 6.Sf3 Lf5 7.0-0 e6 8.Te1 Le7 9.c3 0-0 10.Sbd2 h6 11.Se4 a6 12.De2 Sd5 13.Ld2 Dd7 14.a3 Tad8 15.Tad1 Lg6 16.Lc2 b5 17.Lb3 Dc8 18.Se5 Sxe5 19.dxe5 Sb6 20.Lf4
8. = (0.25): 3.c4 c6 4.d4 cxd5 5.Sf3 Lg4 6.Sc3 Sc6

Analysis by Stockfish 071014 64 SSE4.2:

1. +/= (0.33): 5.Sf3 c5 6.Le2 Sc6 7.Sc3
2. = (0.25): 5.Le2 Lc5 6.Sf3 Sc6
3. = (0.24): 5.d4 Lb4+ 6.Ld2 Lxd2+ 7.Dxd2 De7 8.De3 Sc6 9.Le2 Td8 10.Sf3 Lg4 11.d5 Sb4 12.Kd2 Dxe3+ 13.fxe3 c6
4. = (0.00): 5.Sc3 Sc6 6.Sf3 De7 7.Le2 Lxc4 8.d3 0-0-0 9.0-0 h6 10.Le3 Sg4 11.Lxa7 h5 12.Da4 La6 13.d4 Lxe2 14.Lc5 De8 15.Tfe1 Sxd4 16.Da8+ Kd7 17.Da4+ Kc8
5. = (0.00): 5.d3 Sc6 6.Le2 Lb4+ 7.Sc3

Analysis by Stockfish 071014 64 SSE4.2:

1. = (0.00): 6.Sf3 Lc5 7.Le2 De7 8.Sc3 0-0-0 9.Da4
2. = (0.00): 6.Sc3 Lc5 7.Sf3 De7 8.Le2 0-0-0 9.Da4
3. = (0.00): 6.Le2 Lc5 7.Sc3 De7 8.Sf3 0-0-0 9.Da4 Lg4 10.0-0 Se5
4. = (-0.10): 6.Le3 Sg4 7.Sf3 Sxe3 8.fxe3 g5 9.d4 g4 10.Sfd2 Lf5 11.d5 Se5 12.Sc3 Lg6 13.e4 Lh6 14.De2 Dh4+ 15.g3 Dg5 16.Lg2 0-0 17.0-0-0 f5 18.Kb1 De3 19.The1 Dxe2 20.Txe2 Lxd2 21.Texd2 Sxc4 22.Te2 Sd6 23.Ka1 fxe4 24.Sxe4 Lxe4 25.Lxe4

Du dürftest schon recht haben, dass 7.Da4+ schon spielentscheidend gewesen sein könnte, aber da haben sich zumindest die 3 suboptimalen Züge davor schon ziemlich summiert gehabt. So schnell kann's gehen, wenn man eine Eröffnung nicht gut kennt, ich hätte auch nicht angenommen, ohne mich jetzt erstmals näher damit zu befassen, dass man da anscheinend gar nicht auf Erhalt des Mehrbauern spielen darf.

By Tobias Lagemann Date 2014-10-15 19:57

Hallo Peter,

ja, Weiß ist dem Gambit sehr unkonventionell begegnet. Eine Herangehensweise, die ich aus meinen Nahschachzeiten kenne. Ich habe mir stets bessere Chancen gerade gegen stärkere Spieler ausgerechnet, wenn ich frühestmöglich von den gängigen Theorieabspielen abwich. Besonders dann natürlich, wenn mich jemand in seine Spezialvariante zu locken versucht hat. Denn dann bin ich nicht nur der schwächere Spieler, dann bin ich auch der, der die Züge selbst finden muss, während der Gegner nur sein Programm abspulen muss. Natürlich birgt das Ausweichen in Nebenwege die Gefahr, dass ich da eine schlechtere Stellung in Kauf nehme ... Aber da ich mich stets in Partien dann am wohlsten gefühlt habe, wenn es auf dem Brett nach Kraut und Rüben aussah, bin ich das Risiko immer gerne eingegangen. Mit z.B. 1.e4 e6 2. d4 a6 3. Sf3 b5 habe ich gute Erfahrungen gemacht. Für Französische-Spieler ergeben sich da ganz ungewohnte Stellungsbilder. In denen ich mich aufgrund der vielen Partien, die ich damit gespielt habe, ganz gut auskannte.

Ich vermute, die Partie, aus der die Stellung stammt, ist auch ein solches Produkt. Schon allein, weil die von dir angemerkten Züge nicht die eigentlichg logischen sind (d3 zieht man nicht ...). Und mit Da4 hat Weiß den Bogen dann überspannt.

Viele Grüße
Tobias