Olaf und Michael (Bechmann) entschuldigt mal bitte!
Ich bin ja auch nicht der dichteste der Dichter, aber bevor Ihr den guten alten Geheimrat so heruntermacht (bei dir Olaf, könnte man ja noch sagen, du hast ihn beim Prometheus an anderen seiner Werke gemessen und ein schlechter Tage von Goethe kann immer noch ein viel besserer sein als ein guter von mir):
Es kommt mir ein bisschen so vor, wie wenn ich mit den Schachengines im Rücken (na gut, die können immerhin ein Art von Schach, vielleicht sogar in Ansätzen besser als die menschlichen Meister
) einen Supergroßmeister kritisiere, am Brett unter Zeitdruck nicht den Zug gefunden zu haben, den Stockfish ausspuckt.
Der Vergleich hinkt aber gerade da: die Schachengine gewinnt gegen den Meister over the board, was Schach als Spiel angeht, ist sie also messbar besser, und ob Schach eine Kunst ist, ist Ansichtssache, sähe man es so, wäre die Kunst auch hier nicht die Sache der Maschine, weil ob's schön ist, was sie spielt, müsste erst recht wieder der Mensch beurteilen, die weit verbreiteten Ansätze, Schachkunst in Elo zu messen, sind umstritten.
Dann wäre es aber vor Allem von dem, der ohne auch nur irgendwas zu verstehen, was der Supergroßmeister und von dem, was die Maschine an Schach spielt, immer noch ausgesprochen naseweis, mit dem engine- Output aufzutrumpfen, weil der Supergroßmeister kein so schönes Layout schafft, während er spielt.
Den dichtenden Generator hab ich mir noch nicht näher angeschaut, Herrn Prof. Althöfers Beispiel war ja ganz lustig, irgendwie vielleicht auch das von Michael, und als Ansatz, sich über IT mit Sprache auseinanderzusetzen, mag das Ganze ja durchaus auch was haben, aber ein bisschen für möglich halten, dass man Manches, was große Geister so erdenken, einfach immer noch nicht zwingend aus der Retorte viel besser, schöner und schneller heraus bekommt, würde ich doch auch gern, was nicht heißt, dass man sich nicht aller möglichen technischen Hilfsmittel bedienen dürfte und sollte, wenn einem allein nicht gleich die ganz großen Erkenntnisse gelingen.
Zugeben muss ich, dass mir der Vergleich mit der modernen Kunst als solcher (man müsste da vielleicht auch etwas mehr differenzieren) verständlich ist bei den Generatorbeispielen, ich muss dennoch ein bisschen weiter ausholen, wenn mir der Prometheus (von Goethe der) aus der Welt der Titanen herunter geholt werden soll,
auch wenn mir selbst die Begabung und der Eifer fehlt, mich ein Leben lang so damit zu beschäftigen, was Dichter, Philosophen und Wissenschaftler alles geschöpft und erdacht haben, dass ich mir das alles oder wenigstens einen größeren Teil davon wirklich angeeignet hätte und auch nur öfter zum Augenblicke sagen könnte, verweile doch, du bist so schön, ohne dabei zunächst gleich nur an die Freude am Essen zu denken, die mir vom vollen Bauch verdorben wird, nein, so ist es wieder nicht, es fallen mir schon auch gleich noch ein paar andere vergängliche Freuden ein.
Und auch wenn ich merke gerade, dass ich furchtbar überheblich klinge in dem, was ich hier schreibe, wenn man sich nicht ein bisschen über den grauen Alltag der Maschinen und die Eintönigkeit und die Grausamkeit und die Unverständlichkeit der Welt überhebt hin und wieder, und sei's mit auf den ersten Blick sinnlos scheinender Kunst, ist man dann nicht eigentlich selbst schon eine ziemlich armselige Maschine, deren Funktionieren man nicht einmal ansatzweise durchschaut und deren Biologie man bei aller Technik immer noch völlig hilflos ausgeliefert ist? (Übrigens so etwas ähnliches könnte Prometheus vielleicht auch dem Göttervater vorgeworfen haben, dass er ihm da irgend etwas vorenthalten hätte, damit das Göttliche Sache der Götter bliebe, und könnten wir seine Verzweiflung und seine Wut dann nicht hin und wieder ein bisschen nachempfinden, auch wenn's erst recht weh tut?)
Respekt z.B. vor deinem Gustav, Olaf, da hast du einen guten Tag oder ein paar gute solche gehabt, als du den schriebst, bist du dir aber sicher, dass dessen Sinn und Schönheit wirklich alle Menschenkinder auf Anhieb verstehen?
Nix für ungut, den Vergleich musste ich mir gönnen, so vom Künstler zum Künstler, und jetzt darf dann wieder einer der Sprachfachsachverständigen hier erwidern, ich hätte einmal mehr ziemlich gekünstelt geschrieben, da widersprech ich ja dann dafür auch nicht, sind wir doch alle allzumal Patzer, im Schachspiel und im Dichten.
P.S. Als Kultukritik an Goethes Prometheus wollte ich das Meinige nicht verstanden wissen, mag sein, man findet anderes von Goethe noch bemerkenswerter, mir auch sowas mal wieder durchzulesen, hat mich aber durchaus auch nicht nur gelangweilt und ich fand das Werk als solches rein so handwerklich und von der philosophisch-psychologischen Seite her schon auch irgendwie ansprechend. Auch hab ich mich für meine Verhältnisse etwas mehr mit Smileys zurückgehalten als sonst, weil du ja selbst Humor hast und man dir nicht immer orthographisch anzeigen muss, wo's was zu lachen gibt.