Hallo Harald,
Harald:
ich glaube, dass es weiterhin nur begrenzte Themen und Ideen gibt, um Schach oder Computerschach interessant zu machen.
Die News-Idee ist sicherlich nett, vielleicht auch noch mit RSS oder Popup, wenn ein neues CEGT-Ergebnis vorliegt oder ähnliches. Doch was kommt dann? Und wen interessiert das? 80% der Anwender oder nur 10%?
Frank:
Finden wir von Jahr zu Jahr immer weniger Infos rund um unser Hobby, läßt natürlich auch das Interesse nach. Meines Erachtens ein Aufhänger um wenigstens mal anzusetzen etwas sinnvolles zu tun. Rein aus Erfahrungswerten kann ich nur sagen, dass viele Personen in den Jahren 1998 - 2004 durch sehr gute Neewsquellen angezogen wurden.
Harald:
Es ist nun einmal so, dass Computerschach in Form von Engine-Engine kaum interessant ist. Seien wir ehrlich - da spielen zwei Blechkisten gegeneinander. Was soll daran interessant sein? Wäre Formel-1 interessant, wenn die Autos ohne Fahrer und sonstiger Fremdeinwirkung im Kreis fahren würden? Eben, wäre es nicht. Zumindest nicht für die Masse. Mensch gegen Maschine wäre noch interessant, wenn es den besten Menschen gelänge, die Maschinen zu besiegen. Dieser Zug ist offenbar auch abgefahren, mehr als Remis ist kaum noch drin für die >= 2700er.
Frank:
Alles was vergleichbar ist verleitet zu Wettkämpfen. Das interessiert die Leute und zieht sich z. B. durch alle Sportarten. Engine-Engine könnte wesentlich interessanter gestaltet werden aber da muss ich Dir Recht geben, alles ist das natürlich auch nicht.
Harald:
Also was jetzt? Meines Erachtens hat sich das Computerschach zu einem Werkzeug entwickelt, alles andere ist uninteressant geworden. Ein Werkzeug, um bei Analysen zu Rate gezogen zu werden. Das finde ich persönlich nicht schlimm und schiebt die Programme meines Erachtens genau in die Verwendungsecke, die Schachprogrammen eigentlich prinzipiell zugedacht sein sollte. Engine-Turniere sind eine nette Abwechslung, Haupteinsatzzweck ist das für mich schon lange nicht mehr. Dafür gibt es zu viele Partien und Engines, und bei der Analyse des schachlichen Gehalts der Partien steigt der eigene Aufwand immens mit der steigenden Spielstärke der Programme. Mit all dieser Zeit weiß ich inzwischen schönere Dinge anzufangen. Und dass es Tischtennis-Roboter gibt, die jeden Menschen schlagen, werde ich zu Lebzeiten vermutlich sowieso nicht mehr erleben. Bis dahin habe ich sowieso Spass daran. Und interessanterweise ist meine Motivation "das will ich auch können" schon lange beim Tischtennis wesentlich ausgeprägter als beim Schach. Die Gründe hatte ich schon mehrmals dargelegt.
Frank:
Warum ist alles uninteressant geworden. Meines Erachtens einfach zu erklären.
Und von dieser Denke müssen wir weg. "Mehr als ein Werkzeug" und das muss versucht werden in den Köpfen der Anwender zu verankern. Mit neuen Pep / Schwung, denn sonst verblaßt der hart erarbeitete Standard der Jahre 1998 - 2004 und Computerschach verschwindet in der Versenkung. Wir hatten weltweit 10.000 Personen die regelmäßig Computerschach Webseiten besucht haben. Nach meinen Infos sind das heute noch 20%. Warum ... die News kannst Du suchen gehen (ein ganz wesentlicher Punkt). Wenn über die 1. Bundesliga im Fußball nicht mehr berichtet wird, weil Seidenmalerei an die große Glocke gehangen wird, findest Du die Freaks bei Oma in einer gemütlichen Seidenmalerei-Runde .... so bescheuert sind die Menschen !!
Harald:
Als Ursachen für die vom TO beschriebene "Verödung" kommen m.E. auch gesellschaftliche/soziale Aspekte in Betracht. Immer der erste sein zu müssen und immer nur mit dem Besten befassen! (Bei Ergebnissen neuer Programmversionen) Möglichst schnell möglichst viele Daten generieren, damit die Einsicht "Die Vorversion ist nur 10 ELO schwächer" a) ohne den eigenen Kopf anzustrengen und b) statistisch abgesichert zu haben, noch schneller veröffentlicht werden kann. Als ob es dafür einen Orden gäbe.
Frank:
Absolut, denke ich auch !!
So interessant die CCEGT auch ist aber direkte Ergebnisse 2 Tage nach Veröffentlichung einer neuen Engine mindert den Forschungsdrang der vielen Interessierten. Alles hat Vor- und Nachteile.
Harald:
Das führt uns zum nächsten Dilemma: Knopfdruck! Früher, als die Züge beim Computerschach noch manuell auf einem Brett ausgeführt wurden, befassten sich die Tester und darauf die Gemeinde viel mehr mit den schachlichen Inhalten der Partien. Heutzutage geht alles automatisch, jeder Depp (sorry) kann auf Knopfdruck in wenigen Minuten oder Stunden genug heiße Luft produzieren, die annähernd null Erkenntnisse bringt außer der reinen Zahl. Das Drama ist: (Fast) Jeder *macht* das auch! Unangenehmer Seiteneffekt dabei: Leute, die noch nicht einmal die Schachregeln beherrschen, produzieren auf diese Art und Weise Unmengen von Datenmüll. Wo früher Beispielpartien und Glanzpartien gezeigt, diskutiert und analysiert wurden, gibt es heute folgerichtig kaum noch etwas außer Zahlen. Damit fehlt natürlich auch eine Grundlage für konstruktive Diskussionen. Die seltenen Partiebeispiele werden dann auch noch nach der Frage nach der Qualifikation der Schreibenden abrupt beendet. Wer nicht mindestens 1800 DWZ hat, sollte besser gar nicht mitreden!? Was für ein Unsinn. Der für mich so aussieht, dass das Dilemma hausgemacht ist. Wer giert denn nach schnellen und (statistisch sicheren) vielen Partieergebnissen? Und wer suggeriert auch noch ausdauernd, dass durch immer schnellere Hardware die Bedenkzeit problemlos auf (z.B.) 10-Minuten-Partien reduziert werden kann? Es ist die Computerschachgemeinde selbst! Sie erntet jetzt, was sie gesät hat. Herzlichen Glückwunsch dazu.
Harald:
Und last but not least das Drama an der Tabellenspitze der Rangliste. Sicher gab es früher auch schon Programme, die länger als ein paar Wochen oder Monate an der Spitze standen. Doch sie führten mit einem Vorsprung, der quasi in Schlagdistanz war. Bei Rybka ist das anders. 150 Punkte! Das ist ganz klar eine eigene Liga. Und wenn man sich das Biest anschaut: Es ist auch kaum zu schlagen. Was soll da noch kommen?? Es ist so schon schwer anzunehmen, dass es noch Verbesserungen in Rybka gibt. Da interessieren die anderen Programme kaum noch, wenn Rybka weiterhin in relativ kurzen Abständen (kürzer als die Konkurrenz!) in immer neuen, noch stärkeren Versionen erscheint. Und wer sich das letzte Dilemma auf dem Server anschaut - Rybka gegen Rybka in >90% der Partien?! - der versteht, wo das Problem liegt. Es ist nicht nur ein Computerschach-, sondern auch ein gesellschaftlich-soziales Problem. (Immer nur das Beste, bequem von zu Hause aus usw.)
Frank:
Obwohl ich persönlich Rypka eher als Anreiz für die vielen Programmierer sehe. Finde eine Bereicherung!
Genau, macht die Sache nicht einfacher das Hobby mit wehender Fahnen zu presentieren.
Interessant ist aber was Firmen und Anwender aus dieser Bereicherung machen.
Will mich jetzt aber niciht zu weit aus dem Fenster lehnen und meine Schnauze halten.
Harald:
Warum ich bei all diesen negativen Punkten trotzdem nach Thüringen fahre um dort teilzunehmen? Ganz klar, in erster Linie um lieb gewonnene Freunde wieder zu treffen. Dicht gefolgt von der Muße, auch mal wieder ein paar Partien mit längerer Bedenkzeit schachlich unter die Lupe zu nehmen. Weit ab von den vielen Erbsenzählern, die eine überragende Partie von Junior-Naum (nur als erhofftes Beispiel
mit dem Verweis auf statistische Irrelevanz niedermähen. Da fühle ich mich wohl. Das ist noch Schach in sehr angenehmer Umgebung und Atmosphäre. Nix Erbsen zählen, nix Statistik, nix Mathematik, nix Rybka gegen Rybka, nix Prollerei, nix Angeberei.
Hiermit möchte ich auch gleich alle Forum-Angeber einladen, in Triebes vorbeizukommen. Zum Zuschauen, Klönen, gemütlichen Beisammensein - und vielleicht auch Beweisen der eigenen Spielstärke. 1200-1900er DWZ werden teilnehmerseitig anwesend sein, und es wird sich zeigen, ob die angeblichen Forum-1900/2000er wirklich die Klasse haben. Vielleicht ist ja auch ein kleines Uhrenhandicap mit einem Programm drin.
Bin gespannt auf die Ausreden, wer weshalb nicht kommen kann.
In diesem Sinne,
gehabt Euch wohl und widmet Euch lieber Dingen, die mehr Spaß machen und interessanter sind, z.B. Tischtennis (dafür ist man nie zu alt!) oder Fotografie.
Irgendwas, wobei Ihr selbst aktiv (körperlich und/oder geistig!) werdet und nicht nur konsumiert!
Frank:
Meine Interessen sind auch vielseitiger geworden. Habe auch keine Lust mehr mich für dieses Hobby einzusetzen. Morgen habe ich dann wieder x Ideoten am Hals die Bemühungen behinderen, Firmen die dummwerweise blockieren. Der Zeitaufwand ist derartig groß und die Energie ist nicht mehr vorhanden. Obwohl es mich reizt mal wieder ein paar Dinge ins Leben zu berufen, die vielen noch offenen Ideen auch noch umzusetzen. Auf der anderen Seite merke ich auch immer mehr, dass sehr viele Ideen auch zu individuell sind und wahrscheinlich auch nur mich interessieren. So einfach wie es mal war ist es nicht mehr die Leute zu bequatschen und einzuhämmern was Sie mit den vielen Engines "gefälligst" zu tun haben.
Viele Grüße
Frank