Liebe Schachfreunde
Wer die WM-Partien 1927 zwischen Capablanca und Alekhine nur
oberflächlich anschaut, dem wird es ob des fast ausschliesslich
und beidseitig zur Anwendung gelangenden Damengambits
fast schlecht. Trotzdem kann bei genauerem Studium der Partien
von Langeweile keine Rede sein. Also Grund genug, sich mit diesem
Wettkampf etwas genauer zu beschäftigen. In der 2. Partie wird
glasklares Schach ohne Verwicklungen demonstriert, so dass ein
farbloses, aber gerechtes Remis resultiert. Die Partie wie üblich
unkommentiert zum Nachspielen und separat zusätzlich kommentiert.
Stand nach 2 Partien: 0,5 : 1,5 fuer Alekhine.
Mfg
Kurt
Bisherige Partien:
Game 1:
http://forum.computerschach.de/cgi-bin/mwf/topic_show.pl?tid=5902Schluss-Stellung
Event:
Ort:
Datum:
Weiss:
Schwarz:
Ergebnis
Board
[Event "Wch-03"]
[Site "Buenos Aires"]
[Date "1927.09.20"]
[Round "2"]
[White "Alekhine, Alexander"]
[Black "Capablanca, Jose"]
[Result "1/2-1/2"]
[ECO "D65"]
[EventDate "1927.09.20"]
[PlyCount "38"]
[Annotator "Utzinger,K"]
1. d4 Nf6 2. c4 e6 3. Nc3 d5 4. Bg5 Be7 5. e3 O-O 6. Nf3 Nbd7 7. Rc1 c6 8.
Qc2
{Noch immer gilt 8.Ld3 als der am meisten gespielte Zug. Ein besseres
Score haben jedoch sowohl der Textzug 8.Dc2 als auch der Abwartezug
8.a3 (Utzinger,K). }
8. ... a6 9. cxd5
{Aus heutiger Sicht erfolgt dieser Tausch etwas zu frueh. Mehr in Mode
deshalb die Wartetaktik mit 9.a3 (Utzinger,K) }
9. ... Nxd5
{Nichts spricht natuerlich auch gegen das Schlagen mit dem e-Bauer
(Utzinger,K). }
10. Bxe7 Qxe7 11. Be2
{Mit 11.Se4 += oder 11.Sxd5 exd5 12.Ld3 war nach Alekhine ein
geringfuegiges Plus fuer Weiss zu erzielen. Interessant, dass ich zu
11.Se4 keine Partie in meiner Datenbank gefunden habe und zum zweiten
Vorschlag von Alekhine auch nur gerade mal zwei Partien. Auch die von
mir getesteten Computerprogramme wie Houdini 3, Kommodo 3 und
Stockfish 3.32, finden an keinem der beiden Zuege echten Gefallen. Ein
Indiz dafuer, dass Alekhine mit seiner Einschaetzung falsch liegt? Ich
kann/will das fast nicht glauben. (Utzinger,K). }
11. ... Re8
{Schwarz ist bereit, nach dem Tausch auf c3 den zentralen Vorstoss
e6-e5 durchzusetzen. Für diesen Plan stehen drei seiner Figuren
perfekt. Aber Weiss ist am Zug, und er könnte die gegnerische Idee
durch die präventive Aktion 12.Sxd5 verhindern. Trotzdem verzichtet
Alekhine auf den Tausch auf d5 und spielte 12.0-0; Warum? Die Antwort
ist, dass auch nach 12.Sxd5 exd5, 13.0-0 Sf6 die schwarzen Figuren
sehr harmonisch angeordnet sind - die De7 und der Te8 befinden sich
auf einer halboffenen LInie, während der Sf6 nahezu unweigerlich auf
e4 auftaucht - somit hätte der präventive Tausch dem Anziehenden
keinen Vorteil gebracht, sondern wäre allenfalls als gleichwertige
Alternative zu 12.0-0 zu betrachten (Broznik/Terekhin).}
12. O-O
{Mit 12.Td1 konnte dem Vorstoss e6-e5 begegnet werden, doch dann
erreicht Schwarz Ausgleich mit 12...Sxc3, 13.Dxc3 c5, usw.
(Utzinger,K) }
12. ... Nxc3 13. Qxc3 e5 14. Rfd1 exd4
{Die durchaus moegliche Alternative 14...e4, 15.Sd2 Sf6 entspricht
nicht dem Stil des Weltmeisters (Utzinger,K). }
15. Nxd4
{Das ist besser als der nicht realisierbare Versuch, Druck auf der
d-Linie zu erhalten mit 15.Txd4 Sf6, 16.Tcd1? c5!, wonach der Vorteil
an Schwarz uebergegangen waere (Utzinger,K). }
15. ... Nf6 16. Bf3
{Logisch und gut. Die interessante, bislang nirgends erwaehnte
Alternative bestand in 16.Da5, um die schwarzfeldrigen Loecher am
Damenfluegel und das Feld d8 unter Beschuss zu nehmen (Utzinger,K). }
16. ... Bg4
{Erstaunlicherweise tun sich Computerprogramme schwer mit diesem die
Stellung vereinfachenden und natuerlichen Zug (Utzinger,K). }
17. Bxg4 Nxg4 18. Nf5 Qf6 19. Qxf6 Nxf6
( 19. ... Nxf6 20. Nd6 Re7 21. e4 {! += Alekhine, doch stimmt das
wirklich nach} 21. ... Nxe4 22. Re1 Re6 23. Nxb7 Rb8 24. f3 Rxb7 25.
Rxe4 Rxe4 26. fxe4 Rxb2 27. Rxc6 f5 28. exf5 Rxa2 {und ich sehe nicht
den Hauch eines Vorteils fuer Weiss} )
1/2-1/2