[quote="Kurt Utzinger"]
Hallo Sönke
Deine Antwort schreibe ich der unsäglichen Hitze zu, müsste ich als angesprochene Person
und als "nicht normal denkender Mensch ohne gesunden Verstand" eigentlich recht beleidigt
sein ob dieser ehrverletzenden Bemerkung. Aber wahrscheinlich war es so nicht gemeint.
Mfg
Kurt
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War natürlich nicht so gemeint. Deswegen auch das Smiley.
Ich selbst habe mir nach einer Flasche Wein genug Mut angesoffen, um es mit Houdini 3 aufzunehmen. Nachdem Houdini allerdings in meiner Lieblingsvarinate im Spanier bis zum 22 Zug a' Tempo alles aus dem Buch gespielt hat und ich im 23. Zug out of book war, hat auch Houdini zum ersten mal im 23. Zug angefangen zu rechnen und mir meine menschliche Spielweise um die Ohren gehauen. Ausgerechnet in einer Variante im Spanier, in der ich immer dachte, mich saugut auszukennen, wurde ich von Houdini gnadenlos überspielt. Gegen Menschen ELO ~2200 habe ich statistisch eine Gewinnquote von über 80% und ich freue mich jedesmal, wenn mir ein Gegner in diese Variante reinläuft.
Houdini hat mich eines Besseren belehrt, aber soll ich deswegen mein Repertoire umstellen ? - Houdini ist in meinen Augen kein Gradmesser, um die eigene Spielstärke festzustellen. Es ist für mich auch kein Training, wenn mir eine Maschine meine gegen Menschen objektiv gute Spielweise widerlegt. Erst gestern habe ich in einer Partie mit Turnierbedenkzeit genau die gleiche Variante gegen das London-Programm (68020) aufs Brett bekommen. Ein Bauernopfer engte das schwarze Spiel ein und mein anschließendes Qualitätsopfer (Turm gegen Läufer) führte zu objektiv besserem Spiel für Weiß. Leider hat das London-Programm sich sehr umsichtig verteidigt und ich war kurz davor, die Stellung zu überziehen, nur um den Gewinn, wie Wasser aus einem Stein, herauszupressen. Ich habe mich dann mit Dauerschach zufrieden gegeben und den Punkt geteilt.
Genau dies sind die Partien, in denen der Lernfaktor zu 100% vorhanden ist. Während ich bei einem Brettschachcomputer mein Schachverständnis trainieren kann und mein Schachwissen zur Geltung kommt, bleibt beim Spielen gegen Houdini nichts übrig.
Das London-Programm spielt kein schlechtes Schach und jeder noch so kleine taktische Fehler wird sofort bestraft. Manche mögen sagen, dass das London-Programm langweiliges Schach spielt, aber mich erinnert die Spielweise sehr stark an Karpov. Das Vancouver-Programm hingegen erinnert sehr starkt an das Optimistenschach von Nigel Short. Jeder Brettschachcomputer hat damit seine wirklich eigene Spielweise, und die Stärken und Schwächen der einzelnen Programme erzeugen jeweils einen unverwechselbaren Charakter.
Houdini spielt einfach nur stark und zwar jede Stellung. Genau dieser Umstand führt dazu, dass sich Houdini wie eine kalte emotionslose Maschine anfühlt. Eigentlich sehr paradox, da es eines der schwierigsten Dinge in der Robotertechnik ist, dem Menschen durch eine Maschine einen "menschlichen" Charakter vorzugaukeln. Hier sind die "alten" Brettschachcomputer dem heutigen Stand der Technik defintiv weit vorraus.