Zunächst einmal: vielen Dank, Kurt für diese und die vielen anderen kommentierten Partien, die Du von Zeit zu Zeit hier veröffentlichst! Ich lese seit längerer Zeit diesem Forum nur noch mit, aber finde es großrtig, dass Du Dir immer noch die Mühe machst, mit solchen Analysen das Forum (in dem leider fast nur noch Computer-ELO neuer Engineneversionen aus einigen hundert/tausend schnell gepielten Blitzpartien zu zählen scheinen) zu bereichern und auch ab und zu selber gegen die "Blechbüchsen" spielst und die Ergebnisse veröffentlichst.
Zur Frage, was heutzutage Lasker, Capablanca und andere Größen von Anno dazumal erreichen würden (da ist mein Nerv getroffen und deshalb kann ich mir einfach nicht verkneifen auch mal wieder etwas hier zu schreiben
):
Bzgl. Eröffnungstheorie und Erkentnissen bzgl. Eröffnungs- aber auch Mittelspiellehre wären sie heutigen Meistern sicherlich stark unterlegen. Da muss man nicht mal einen der Top-GMs nehmen. In den letzten 80 Jahren hat sich zu vieles weiterentwickelt bzw. es wurden viele neuen Erkenntnisse gewonen. Würde man sie in die Gegenwart zerren und sofort ein GM-Turnier spielen lassen, hätten sie sicherlich Probleme. Anders sähe es aber m. E. aus, wenn man ihnen nach ihrer Zeitreise ein paar Monate gäbe, sich das aktuelle Wissen anzueignen, ihnen vielleicht sogar den Umgang mit Computerdatenbanken und -Programmen beibrächte. Ich bin fest überzeugt, dass dann sowohl Lasker als auch Capablanca, Aljechin, Rubinstein usw. mit der heutigen Weltelite sehr gut mithalten könnten. Sicher würden sie nicht unbedingt den Ultradynamischen Spielstil anwenden, der heute so beliebt ist (bei Aljechin wäre ich mir da allerdings nicht so sicher
); aber speziell Lasker traue ich zu, dass er auf (materielle oder positionelle) Opfer, die eine starke Initiative sichern, eiskalt verteidigen und oft genug recht behalten würde (Carl Schlechter traue ich das übrigens auch zu). Capablanca würde frühzeitig Wege zur Vereinfachung finden, um seine Stärken ausspielen und gar nicht in wilde taktische Stellungen zu kommen, der Kombinationsküstler Aljechin auf der anderen Seite, wäre gradezu in seinem Element, wenn es wilde taktische Verwicklungen gäbe.
Beim Schach ist m. E. das Talent und die Fähigkeit, dieses in (Turnier-)Partien umzusetzen, entscheidend. Das nötige Wissen kann sich jeder, der dazu bereit ist und die Möglichkeit hat, aneignen. Daher steht für mich außer Frage, dass auch Topspieler vergangener Zeiten im heutigen Schach erfolgreich wären, stellte man ihnen das heutige Wissen zur Verfügung.