Zitat:
Die Idee, Remispartien elomäßig weniger zu gewichten, funktioniert eben mathematisch nicht. Ein besserer Spieler der gegen schwächere Spieler 4 x gewinnt und 4 x verliert, würde dann viel schlechter dastehen, als wenn er 8 x remis spielt. Bei dem schwächeren Spieler wäre es dann umgekehrt.
Wenn 2 Spieler die gleiche Leistung erbringen, müssen die auch gleich gewertet werden.
Dein Beispiel ist interessant, aber die Interpretation sehe ich genau anders.
Ich bin eben der Meinung, dass - wie ausgeführt: wegen der Besonderheiten des computergestützten Fernschachs - die Leistung des eloschwächeren Spielers, der 4 x gegen den elostärkeren gewinnt und 4 x verliert höher zu bewerten ist, als wenn er 8 x remis gespielt hätte. Das Gleiche gilt analog für die Leistung des elostärkeren Spielers. Er verliert zu Recht mehr Elo-Punkte, als wenn er 8mal unentschieden gespielt hätte.
Es ist eine abgemilderte Version davon, dass man die Remispartien ja auch ganz aus der Wertung nehmen könnte.
Ich sehe nicht, wo dies ein
mathematisches Problem ist, denn es gehen ja keine Punkte verloren. Was dem einen abgezogen wird, erhält der andere gutgeschrieben.
Es zielt durchaus in die gleiche Richtung wie die 3-Punkte-Regelung in der Fußball-Bundesliga. Dahinter steht die normative Entscheidung Siege und Niederlagen stärker zu gewichten als Unentschieden. (Wobei ich nicht generell für diese Regel im Schach wäre wg. möglicher Manipulationen durch Verabredungen; aber wir hatten ja gerade gesehen, dass diese Regel auf höchster Ebene bei den London Classics - dort eben in einem sehr überschaubaren Rahmen - angewandt wurde.)
Zur Veranschaulichung versuche mal, mir ein Beispiel auszudenken (das aber nicht exakt an die realen Elo-Wertungen angelehnt ist):
Spieler A ist mit 2500 Elo gelistet, Spieler B mit 2300.
Die beiden spielen einen Wettkampf über 8 Partien.
Spieler A erhält:
- für jeden Sieg einen Wertungszugewinn von +3
- für jedes Unentschieden einen Wertungsabschlag von -0,5 (statt -0,75 im alten System)
- für jede Niederlage einen Wertungsabschlag von -4,5.
Spieler B erhält
- für jeden Sieg einen Wertungszugewinn von +4,5
- für jedes Unentschieden einen Wertungszugewinn von 0,5 (statt +0,75 im alten System)
- für jede Niederlage einen Wertungsabschlag von -3
Bei 8 x remis sieht die Bilanz so aus:
Spieler A -4 Wertungspunkte, (statt -6 im alten System)
Spieler B +4 Wertungspunkte, (statt +6 im alten System)
Bei 4 Siegen, 4 Niederlagen dagegen:
Spieler A -6 Wertungspunkte, (wie 8 x remis im alten System)
Spieler B +6 Wertungspunkte, (wie 8 x remis im alten System)
Entsprechende andere Beispiele:
Beide Spieler gewinnen 2 Partien, verlieren 2 und spielen 4 remis.
Spieler A -5 Wertungspunkte,
Spieler B +5 Wertungspunkte
Beide Spieler gewinnen 1 Partie, verlieren 1 und spielen 6 remis.
Spieler A -4,5 Wertungspunkte,
Spieler B +4,5 Wertungspunkte
Der Anreiz für den elostärkeren Spieler, sich auf Partien gegen eloschwächere einzulassen, wäre damit m.E. besser gegeben, ohne dass eine sportliche Regel verlässt würde.
(Ein zusätzlicher Aspekt wäre noch die unterschiedliche Berücksichtigung von Schwarz- und Weiß-Erfolgen. Keine Ahnung, wie das bisher aussieht.)
Prost Neujahr!
Arno