[quote="Wolfram Bernhardt"]
Hier muss ich mal widersprechen.
Es ist eher so, daß alle nötigen Teile prinzipiell vorhanden sind, aber die Zusammensetzung ist schwer.
Es gibt mittlerweile Generatoren, die ganz gut gesprochene Sprache aus Schrift erzeugen. Notfalls kann man auf den Trick zurückgreifen, den Navis verwenden, also einzelne Teile zusammensetzen. Ist noch nicht HAL9000, aber es fallen einem auch nicht die Ohren ab.
Genauso ist es sicherlich gut möglich, einen großen Satz von "Regeln" oder "Strategemen" aufzustellen und schachlich bewerten zu lassen, ob diese aktuell vorliegen, gerade grob verletzt wurden oder erfolgreich berücksichtigt wurden. Sowas ähnliches macht Fritz ja bei der Analyse, bei der Text mit dazugeschrieben wird.
Man könnte also jedes Strategem mit einem oder mehreren gesprochenen Texten unterlegen und damit vielleicht sogar eine ganz nette Kommentierung auf die Beine stellen.
Das Problem ist, daß man dem Computer in dieser Hinsicht noch eine Art "Kreativität" mitgeben müsste, denn mit dem bisher beschriebenen bekäme man Textabschnitte, die doch immer recht gleich klängen und damit schnell sehr langweilig würden (wie beim Navi, aber da die nicht so viel reden, ist das erträglich). Das ist also das eine Manko.
Das andere ist: Ein menschlicher Erklärer ist viel interaktiver und spürt, welche Teile sein Schüler verstanden hat und welche noch nicht so. Letztere wird er dann öfter betonen, anders umschreiben usw.
Naja... wenn ich so drüber nachdenke - sehr interessant, vielleicht könnte man beide Effekte sogar ein wenig ausgleichen... aber ist sicherlich kein Projektchen für eine Woche
(Jetzt muss ich noch irgendwo unterbringen, daß ich meinen Magister in Computerlinguistik studiert habe, die sich u.A. genau mit solchen Fragen beschäftigt... sorry, das war jetzt plump .-) )
Ciao,
Wolfram
[/quote]
Im Zusammenhang mit "Fritz" dachte ich jetzt weniger an gesprochene als an
geschriebene Verbalisierung von schachlichen Zusammenhängen, und ich glaube
auch nicht, dass dereinst Fritz&Co. die Schachtrainer überflüssig machen...
Spontanes (aber vielleicht zu kompliziertes?) Bespiel:
In "111 Sowjetische Meisterpartien" (Sportverlag Berlin 1956) behandelt
L.Aronin die elfte WM-Partie zwischen Smyslow und Botwinnik (Moskau 1954)
und kommentiert nach den Zügen...
1.e2-e4 e7-e5 2.Sg1-f3 Sb8-c6 3.Lf1-b5 a7-a6 4.Lb5-a4 Sg8-f6 5.0-0 d7-d6
6.La4:c6+ b7:c6 7.d2-d4 e5:d4 8.Sf3:d4 c6-c5 9.Sd4-f3 Lf8-e7 10.Sb1-c3 0-0
11.Tf1-e1 Lc8-b7 12.Lc1-g5
...weiter:
Hier hätte ein Programm, um ebenfalls zu einer solchen (für menschliche Schachspieler
ja recht unmittelbar nachvollziehbaren und kampfpsychologisch sehr lehrreichen)
Stellungseinschätzung zu kommen, also mit vier schachlich grundlegenden
Bedeutungsfeldern umzugehen:
A) "Vorrücken" B) "Linienöffnung" C) "Schwäche" D) "Gegenchancen"
Gesetzt den Fall, man könnte diese vier (alltagssprachlich ja unmissverständlichen,
trotzdem konkret schwer definierbaren) Begriffe fürs Schachprogramm formalisieren,
wäre dann Meister Aronins Kommentar grundsätzlich auch einem Programm möglich?
Oder wie sind bei sowas eigentlich die aktuell diskutierten Ansätze der Computerlingustik?
(Wenn wir denn schon mal einen Schachspieler als Vertreter dieser Disziplin hier haben
Gruss: Walter
.