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Up Topic Hauptforen / CSS-Forum / Lc0 auf schwachem System
- - By Benno Hartwig Date 2019-05-21 22:40 Edited 2019-05-21 22:45
Bei TCEC wird ja bekanntlich saustarke Hardware eingesetzt.
Finde ich auch klasse so: Computerschach auf absoluten top-Niveau eben!
Und Lc0 scheint hier sogar an Stockfish vorbei gekommen zu sein. (so nach gut der Hälfte der Distanz)

Aber wie sieht es aus, wenn es um vergleichsweise schwache Systeme geht?
Stockfish ist bekanntlich auch auf einem Kern schon saustark (also ca. 1/40 CPU-Leistung).
Wie würde Lc0 damit zurecht kommen, wenn ihm nur 1/40 der Rechenleistung angeboten würde?
Würden die Spielstärkeverhältnisse dann ähnlich bleiben?

Hintergrund ist die Frage:
Ist saustarke Hardware notwendig für den sinnvollen Einsatz von Lc0,
musste saustarke Hardware also erst verfügbar sein, damit Lc0 wirklich kommen konnte,
oder hätte diese Idee auch schon auf viel früheren Systemen mit vergleichbarem relativen Erfolg verwirklicht werden können?

Benno
Parent - - By Olaf Jenkner Date 2019-05-21 22:54
Da haben wir das alte Problem der Vergleichbarkeit.
Bei so unterschiedlicher Technik kann ein einigermaßen gerechter Vergleich meiner Meinung nach nur über die Gesamtkosten das Systems gehen, also Hardwarekosten plus Stromkosten über einen angenommenen Nutzungszeitraum.
CPUs mit einem Kern gibt es praktisch keine mehr. Da NN-Engines auf Grafikkarten angewiesen sind, haben wir schon mal einen Mindestbetrag, den so ein System kosten darf. Darunter ist kein fairer Vergleich möglich.
Man müßte also ein möglichst billiges, für Lc0 aber akzeptables System hernehmen und in diesem Kostenbereich eine möglichst starke CPU in Betracht ziehen.
Die Stromkosten sind in diese Überlegungen noch gar nicht eingeflossen.
Parent - By Thomas Plaschke Date 2019-05-22 09:28
Kosten für Anschaffung der Komponenten (GraKa, CPU, übrige Hardware) scheint mir kein so guter Ansatz zu sein. Bei der Markteinführung kosten diese Sachen idR mehr als zum Ende ihrer Marktverfügbarkeit. Ein altes Gerät wäre wegen seines Alters nicht mit einem identisch ausgestatteten, jüngerem Geräte in diesem Sinne vergleichbar.
Stromkosten sind von Land zu Land und Anbieter zu Anbieter unterschiedlich und können sich jederzeit ändern. Für die Vergleichbarkeit scheinen Sie mir auch nicht tauglich.

Wegen der Einflüsse des Marktes und der landesspezifisch unterschiedlichen Preise scheinen mir Kosten generell kein taugliches Kriterium zum Vergleich zu sein.

Die reine Leistungsaufnahme (in Watt) in Relation zur Knotenleistung schien mir auf den ersten Blick für Vergleiche infrage zu kommen. Aber wäre dann nicht eine 2060 höher einzuschätzen als eine 2080ti und eine 6-Core-Strom-spar-Notebook-CPU besser als die gleiche, aber höher getaktete Desktop-CPU (mit höherem Stromverbrauch steigen die nps ja lange nicht genauso flott)? Zu betrachten wären auch die Fälle, dass unterschiedliche Programme die Komponenten unterschiedlich (gut) nutzen könnten (bspw. mit einem anderen Ansatz als LC0). Scorpio ist, glaube ich, ein weiteres Programm, das NN nutzt, aber dafür keine Grafikkarte benötigt. Was das nächste Problemfeld eröffnet: Vergleichbarkeit von Ansätzen (bspw. Bewertungsfunktion vs. NN).

In der alten Zeit, in der vieles anders, manches einfacher und nur die Zukunft besser war, stellte sich auch das Problem, unterschiedliche CPUs zu vergleichen (6502, 1802, 68000, ARM etc.). Letztlich blieben auch damals Äpfel Äpfel und Birnen Birnen.

Viele Grüße
Th. Plaschke
Parent - - By Thomas Lagershausen Date 2019-05-22 09:20
Sehr schöne Frage und eine Frage die schon längst hätte gestellt werden müßen.

Denn soll Computerschach in Zukunft nur noch etwas für Besserverdiener sein?

Ich bin skeptisch bei Neuralen Netzwerken was die Zukunft für die breite Masse angeht.

Das finde ich schade, denn einen neuen Spielstil finde ich natürlich interessant.

Daher bin ich aufgeschlossen und lasse mich gerne von einem Hardwareexperten eines Besseren belehren.

Gibt es so einen Experten?

Gruß
Parent - By Peter Martan Date 2019-05-22 09:36 Edited 2019-05-22 09:40
Thomas Lagershausen schrieb:

Gibt es so einen Experten?

Bin neugierig, wer sich da aller melden mag.
Mit mir schon mal ein erstes leuchtendes Beispiel.

Nein, im Ernst, ich glaube nicht, dass GPUs, die für Leela taugen, teurer sind als CPUs für SF.
Was Benno aber vielleicht auch gemeint hat, sind die Entwicklungskosten der Software.

Wenn da mit Leela, so wie's derzeit läuft, noch viel (Beweisbares) weitergehen soll, wird sich die Hardware- Strom- Manpower- Leistung ziemlich summieren (tut sie ja jetzt schon).
Wenn die weiter von einer großen Fangemeinde finanziert wird, sehe ich für den kleinen User zu Hause kein Problem.

Ob die Weiterentwicklung einer A-B-Engine wie SF viel weniger Testarbeit  gemacht hat und machen wird, sei dahingestellt, aber die kommt ja jetzt mal für eine Weile doch noch dazu, oder will einer der Leela- Fans hier wirklich schon auf SF als Vergleichsengine und als Analyseengine verzichten?

Und der schwierigste Punkt: ob es nicht doch noch allemal ökonomischer und ölologischer ist, "händisch" an Parametern zu schrauben, als das "Lernen" weiterhin und irgendwann nur mehr und ganz an die Hardware- Zeit- Strom- Leistung zu delegieren?

Nur so ein paar zusätzliche Gedanken meinerseits zum Thema Preis- Leistungs- Vergleich.

Da sollte man schon auch zusätzlich zu den Entwicklungskosten, die etwas bisher gemacht hat (wenn man da die Google- Investitionen und das Jahr LC0 zusammenrechnet, kommt schon auch einiges zusammen vermutlich) die vermutlichen Weiterentwicklungskosten pro gesichertem Elozuwachs dazurechnen, finde ich.

Natürlich erst recht schwierig zu berechnen, vor langer Zeit hat sich sowas alles irgendwie über den "Markt" geregelt, aber der ist ja nicht nur beim Computerschach schon länger fest in AI- Hand.
Kein Smiley, dazu ist das zu traurig, das Thema.
Parent - - By Lothar Jung Date 2019-05-22 10:23 Edited 2019-05-22 10:29
1. Das TCEC-Beispiel hinkt, da dort die Hardware von den Kosten zu Ungunsten von LC0 sehr unausgeglichen ist. Ich hatte dazu schon geschrieben.

2. Ein PC mit einer RTX 2070 kriegt man für 1.000 €:
https://www.agando-shop.de/product_info.php/info/p109702

3. 20xx-GPU-Preise werden sinken, wenn AMD mit seiner neuen Grafikkarte „Navi“ rauskommt und Intel 2020 in den GPU-Markt einsteigt.

4. Spiele-PCs für Heranwachsende, sind nicht immer auf Besserverdienende gezielt, der Konkurrenzdruck ist groß.

5. Teuere Grafikarten sind in erster Linie auf Spiele ausgerichtet und stehen damit in einem indirekten Wettbewerbsverhältnis zu Konsolen (XBOX, PlayStation).
Parent - By Eduard Nemeth Date 2019-05-22 10:46
Der Link ist gut, danke. Guter Preis!
Parent - - By Lothar Jung Date 2019-05-22 11:41
6. Stefan Pohls Tuniere auf einem RTX-2060 (runtergetaktet) Notebook (für Besserverdienende?) gegen 1 PC-Kern für SF, zeigen die Leistungsfähigkeit von LC0-Netzen.

7. Großmeister können sich auf einem sehr preiswerten PC ohne GPU mit den komprimierten Netzen von Dietrich Kappe auseinander setzen.
Parent - By Stefan Pohl Date 2019-05-22 12:31
Lothar Jung schrieb:

6. Stefan Pohls Tuniere auf einem RTX-2060 (runtergetaktet) Notebook (für Besserverdienende?) gegen 1 PC-Kern für SF, zeigen die Leistungsfähigkeit von LC0-Netzen.

1 PC Kern ???

Wer lesen kann ist klar im Vorteil, dazu stehen die Testbedingungen ja auf der Website:

Hardware: i7-8750H (Hexacore) Notebook with RTX 2060 GPU, Windows 10 64bit, 16GB RAM
CPU-Speed: Stockfish with 97% CPU-Speed (to switch off the Intel Turbo Boost): 7.5 MN/s in starting-position, running on 11 threads.
GPU (used by LC Zero): Nvidia RTX 2060 (6GB). LC Zero calculates around 11500 n/s in the starting position (I used the MSI-Afterburner-tool to reduce the speed of the RTX-Card as far as possible)

https://www.sp-cc.de/lc0-testing.htm
Parent - By Stefan Pohl Date 2019-05-22 12:35 Edited 2019-05-22 12:42
Thomas Lagershausen schrieb:

Sehr schöne Frage und eine Frage die schon längst hätte gestellt werden müßen.

Denn soll Computerschach in Zukunft nur noch etwas für Besserverdiener sein?



Ich benutze ein handelsübliches Notebook für meine LC0-Tests. Mit RTX 2060 und Hexacore-CPU. OK, es ist nicht ganz billig gewesen, aber Besserverdiener bin ich sicher nicht und das konnte ich mir schon noch leisten.

https://www.sp-cc.de/lc0-testing.htm

Sicher, eine RTX-Karte muß es schon sein, damit lc0 richtig auf Touren kommt, alles andere ist momentan so viel langsamer, daß es keinen Sinn macht. Aber sooooo teuer sind die RTX-Karten ja nun nicht. Man sollte nur nicht den Fehler machen, die ganz teuren RTX 2080 (Ti) High-End Karten zu kaufen, wenn man einen KlotzPC hat. Das beste Preis/Leistungsverhältnis hat man dort mit einer RTX 2070. Aber das gilt ja eigentlich bei Computertechnik immer: HighEnd ist meist unverhältnimäßig teuer - am besten fährt man in der ordentlichen Mittelklasse, wenn man möglichst viel Leistung pro Euro will.
Parent - - By Clemens Keck Date 2019-05-24 08:57
muß man für eine 350€ GraKa ein Besserverdiener sein?
Mit ner RTX 2060 hat man Lc0 bereits auf top level.

C.K.

Thomas Lagershausen schrieb:

Sehr schöne Frage und eine Frage die schon längst hätte gestellt werden müßen.

Denn soll Computerschach in Zukunft nur noch etwas für Besserverdiener sein?

Ich bin skeptisch bei Neuralen Netzwerken was die Zukunft für die breite Masse angeht.

Das finde ich schade, denn einen neuen Spielstil finde ich natürlich interessant.

Daher bin ich aufgeschlossen und lasse mich gerne von einem Hardwareexperten eines Besseren belehren.

Gibt es so einen Experten?

Gruß
Parent - By Florian Wieting Date 2019-05-24 11:32
Ja!
Parent - - By dkappe Date 2019-05-24 04:08
Nochmal die wiki Seite für die destillierten Netze. https://github.com/dkappe/leela-chess-weights/wiki/Distilled-Networks

Man kann auch gegen zwei cpu Gegner auf lichess antreten:

- leela2200 das mit dem 11258-112x9-se Netz auf cpu spielt. https://lichess.org/@/leela2200
- MiniHuman das mit dem 11258-48x5-se Netz auf einem raspberry pi 3 nur mit 8 nodes pro Zug spielt. https://lichess.org/@/MiniHuman

Ich spiele des öfteren gegen ein schwaches leela Netz. Im Gegensatz zu stockfish wird meine Spielweise dadurch besser, nicht schlechter.
Parent - - By Peter Martan Date 2019-05-24 05:55 Edited 2019-05-24 05:57
Vielen Dank mal wieder, Dietrich!
Ich habe auf schwacher Hardware viel Spaß mit deinen Destillaten. Jetzt gibt's ja auch schon Android- Ansätze von Leela,
http://talkchess.com/forum3/viewtopic.php?f=2&t=70804&sid=dac760180c8bbb47a8e3da290c891f4a
, für die wären sie sicher auch gut, oder?
Parent - - By dkappe Date 2019-05-24 06:16 Upvotes 1
Peter Martan schrieb:

Jetzt gibt's ja auch schon Android- Ansätze von Leela,
<a class='ura' href='http://talkchess.com/forum3/viewtopic.php?f=2&t=70804&sid=dac760180c8bbb47a8e3da290c891f4a'>http://talkchess.com/forum3/viewtopic.php?f=2&t=70804&sid=dac760180c8bbb47a8e3da290c891f4a</a>
, für die wären sie sicher auch gut, oder?


Das hängt alles von der Kraft des Rechners ab. 48x5 spielt fast überall ok. Die größeren „kleinen Netze“ dagegen brauchen schon einen normalen cpu. Probieren geht über studieren.
Parent - By Peter Martan Date 2019-05-24 06:46 Edited 2019-05-24 07:11
dkappe schrieb:

Die größeren „kleinen Netze“ dagegen brauchen schon einen normalen cpu. Probieren geht über studieren.

Am meisten Erfahrung habe ich mit deinem 32930-112x9-se und dem 12-Kern-CPU-Rechner, der keine verwendbare GPU hat (alte von AMD, wird von LC0 gar nicht unterstüzt, bzw. LC0 nicht von der GPU). Mit dem erreiche ich doch auch mal 1 oder sogar 2 kn/s mit dem destillierten Netz und 24 Threads, vor allem auch halbwegs time to depth, und im Spiel gegen eine schwache GPU und den nicht- destillierten Netzen kann er so durchaus mithalten.

Ich habe vor allem den Eindruck, dass auf schwacher Hardware das Backward von Lines, deren Anfangszüge knifflig sind, sodass sie nicht sofort von selbst gefunden werden, besser klappt.
Das ist mit Leela meiner bescheidenen Erfahrung nach (bescheiden, halt vor allem auch, was die Hardware angeht ) relativ zu SF immer noch a pain in the ass, wie der Engländer so schön sagt, mit dem destillierten Netz ist das "Hashlernen" besser. Schon allein deshalb, weil es nicht immer ewig dauert, bis überhaupt wieder ein Output kommt nach dem nächsten ply backwards.

Sehr schön lässt sich das übrigens zeigen an der Teststellung, die Horst gerade in diesem Thread gebracht hat,

http://forum.computerschach.de/cgi-bin/mwf/topic_show.pl?pid=121976#pid121976

Das gilt für mich erst als gelöst, wenn das 40.Dxh4 im Output ist und die Eval eine klare +-, also mindestens 1.8.
Horst hat sogar extra die Folgestellung, auf die's beim Lösen der ersten ankommt, in einem zweiten Thread gebracht:

http://forum.computerschach.de/cgi-bin/mwf/topic_show.pl?pid=121980#pid121980

Die Lösezeiten von SF und von Leela auf guter Hardware im Standrechnen sind vergleichbar, aber wenn man das SF "zeigt" bis zum 40., also von der zweiten zur ersten Teststellung backward geht, ist das für SF ein blitzschnelles "Aha- Erlebnis", mit Leela auf schwacher Hardware, wie vorhin auf Englisch gesagt.
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