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Up Topic Hauptforen / CSS-Forum / Man vs Machine, Alte Zeiten (03)
- - By Kurt Utzinger Date 2016-07-28 20:11 Edited 2016-07-28 20:13 Upvotes 1
Liebe Schachfreunde

Gerne beschäftige ich mich mit den alten Zeiten des Computerschachs.
Und für Interessierte lasse ich das hier etwas aufleben. Gut in Erinnerung
geblieben sind mir die Einsätze von Schachcomputern an unseren internen
Klub-Turnieren. Machen wir also eine Reise zu diesen alten Partien, die ich
alle kommentiert habe.

Hier die 3. Partie des Jahres 1986
1. Partie http://forum.computerschach.de/cgi-bin/mwf/topic_show.pl?pid=102282#pid102282
2. Partie http://forum.computerschach.de/cgi-bin/mwf/topic_show.pl?tid=9051%5b/url%5d

Schluss-Stellung
Andreas Scheidegger - Mephisto Amsterdam 16bit


Event:
Ort:
Datum:

Weiss:
Schwarz:

Ergebnis
Board


[Event "VM 120'/40"]
[Site "Pfaeffikon"]
[Date "1986.??.??"]
[Round "3"]
[White "Scheidegger, Andreas"]
[Black "Mephisto Amsterdam 16bit"]
[Result "0-1"]
[WhiteElo "1989"]
[BlackElo "2000"]
[ECO "C47"]
[Annotator "Utzinger,K"]

1.e4
    {Andreas Scheidegger, ELO 1989, pflegt einen aktiven, dynamischen Stil}
1...e5
    {Wie froh war ich, dass Mephisto Amsterdam nicht die Sizilianische Verteidigung waehlte gegen einen Spezialisten des Morra-Gambits}
2.Nf3 Nc6 3.Nc3 Nf6 4.d4 exd4 5.Nd5
    {Das so genannte Belgrader-Gambit im Vierspringer-Spiel, falls Schwarz auf e4 schlaegt. Die Annahme kann man nur jenen empfehlen, welche diese Variante studiert haben, ansonsten die Gefahr eines raschen Untergangs gross ist.}
5...Be7
    {Gluecklicherweise verzichtet das Computerprogramm auf das scharfe und von Weiss anvisierte 5...Sxe4}
6.Bc4 O-O 7.O-O d6 8.Nxd4 Nxd4 9.Qxd4 Nxd5
    {Der Mephisto Amsterdam hat das Gambit nicht angenommen und soeben den letzten Zug aus der Bibliothek gespielt.}
10.Bxd5 Bf6
    {Logisch, dass Schwarz seinen Laeufer auf die gute Diagonale stellt.}
11.Qd3 Qe7 12.c3
    {Hebt den Druck gegen b2 auf und schraenkt damit auch die Beweglichkeit des gegnerischen Lf6 ein.}
12...Re8
    {Druck gegen den weissen e4-Bauer, ein guter Zug von Mephisto Amsterdam.}
13.Bf4 a6
    {Dient keinem besonderen Zweck. Wenn schon ein Zug mit dem a-Bauer, dann war 13...a5 gut, um dem raumgreifenden b2-b4 des Gegners zu begegnen. Gut war aber einfach 13...Tb8, damit b7 deckend zur Vorbereitung der Entwicklung des weissfeldrigen Laeufers.}
    ( 13...c6 {?! verliert einen Bauer nach} 14.Bxd6 Qd8
        ( 14...Qxd6 {??} 15.Bxf7+ Kxf7 16.Qxd6 {und die schwarze Dame ist futsch.} )
    15.Bb3 Be6 16.Bc2 g6 )
14.Rae1 Rb8
    {Der Lc8 soll endlich zur Entwicklung gelangen.}
15.Bb3 Be6
    {Trotz des getadelten 13...a6 hat Schwarz die Eroeffnung gut gemeistert und eine fast gleichwertige Stellung erlangt.}
16.Bc2
    {Mit dem toedlichen Plan e4-e5 mit Angriff auf den Lf6 und Mattdrohung.}
16...Be5
    {Geht so den unguenstigen Verwicklungen nach ...Lxa2 aus dem Weg. Eine gute Alternative war hier jedoch auch 16...g6, womit gleichzeitig dem Koenig ein Luftloch geoeffnet wird.}
    ( 16...Bxa2 {?!} 17.b3 {schliesst den Laeufer ein} 17...Be5 18.Bxe5 Qxe5 19.Qd2 Qe6 20.Qd5 Qxd5 21.exd5 Rxe1 22.Rxe1 {bald gefolgt von Te1-a1, was Schwarz zwingt, den Laeufer mit Lxb3 herzugeben.} )
17.Bc1 Bxa2
    {? Bis zum 16.Zug hatte Mephisto Amsterdam 33 Min. verbraucht, weshalb es nicht verstaendlich ist, einen derart waghalsigen Bauerngewinn innert 99 Sekunden auszuspielen. Die folgende weisse Antwort lag auf der Hand, auch musste stets der Laeuferfang mit b3 usw. untersucht werden}
18.f4 Qe6
    {à tempo}
19.b3
    {Weiss stand vor einer schwierigen Wahl und er entscheidet sich, den gegnerischen Laeufer einzuschliessen. }
    ( 19.fxe5 {!?} 19...Bc4 20.Qd1 Bxf1 21.Rxf1 Qxe5 {mit einer schwer abschaetzbaren Stellung; materiell herrscht Gleichstand, denn fuer die verlorene Qualitaet hat Schwarz zwei Bauern, doch besitzt Weiss das Laeuferpaar und ich tendiere auf weissen Vorteil.} )
19...Bxb3 20.Bxb3 Qxb3 21.fxe5 Rxe5
    {Nach beendeter Schlaegerei besitzt Mephisto Amsterdam drei Bauern fuer die Figur; Weiss versucht nun einen Koenigsangriff, wobei er viel Zeit fuer die einzelnen Zuege investiert. Schon hier zeichnet sich ab, dass die komplexe Partie wohl kaum mit Remis ausgehen duerfte.}
22.Bf4
    {Wie die Alternative 22.Le3 zu bewerten ist, vermoegen nur tiefere Analysen zu zeigen.}
22...Rc5
    {Mit Doppelangriff auf den c3-Bauer. Es herrscht Hochspannung auf dem Brett. Die Klubmitglieder verfolgten den weiteren Gang der Dinge mit grossem Interesse. In dieser komplizierten Stellung schlagen die heutigen Schachprogramme des Jahres 2016 den Bauernvorstoss 23.e5 vor.
    }
23.Re3
    {Ein verstaendliches Manoever, mit dem der c3-Bauer gedeckt und der moegliche Turmschwenk nach g3 oder h3 vorbereitet wird.}
    ( {[Stockfish 7 64 BMI2] 32:+1.12} 23.e5 Rxc3 24.Qf5 Rf8 25.exd6 cxd6 26.Rb1 Qe6 27.Qxe6 fxe6 28.Rxb7 e5 29.Bg3 )
    ( {[Komodo 9.3 64-bit ] 27:+1.04} 23.e5 Qxc3 24.Qe2 dxe5 25.Bxe5 Qc4 26.Qf2 f6 27.Bf4 Rd5 28.Re7 Rbd8 29.Rxc7 Qb5 30.h3 R5d7 31.Rfc1 Rxc7 32.Rxc7 Rd1+ 33.Kh2 Qb1 34.Qe2 h6 35.Qc4+ Kh8 36.Bc1 Qb6 37.Rc8+ Rd8 38.Bf4 Rxc8 39.Qxc8+ Kh7 40.Qf5+ Kh8 41.Qc2 Qc6 )
23...Qb6
    {Weshalb nicht das noch bessere 23...Dc4?}
24.Kh1
    {Dass Weiss den Damentausch nach 24.Dd4 Tb5 vermeiden will, ist erklaerbar, denn Weiss traeumt vom Koenigsangriff. Objektiv betrachtet ist 24.Kh1 aber die schliesslich schlechtere Wahl, denn eigentlich verfehlt Weiss mit diesem Zug seinen Wunsch, den Damentausch zu vermeiden, den Schwarz nun mit ...Db5 haette erzwingen koennen.}
    ( {Mit} 24.Rb1 Rxc3
        ( 24...Rb5 25.Rxb5 axb5 26.e5 dxe5 27.Bxe5 {wenigstens +=} )
        ( 24...Qc6 25.e5 dxe5 26.Bxe5 Re8 27.Rbe1 {wenigstens +=} )
    25.Rxb6 Rxd3 26.Rxd3 cxb6 27.Rxd6 {konnte Weiss noch immer das bessere Spiel haben. Doch fuer A.Scheidegger war der Wegzug seines Turms von der halboffenen f-Linie und der Uebergang in ein Endspiel keine erstrebenswerte Option.} )
    ( 24.Qd4 Rb5 25.Qxb6 Rxb6 26.e5 d5 {zumindest unklar} )
24...Re8
    ( 24...Qb5 25.Qd1 Re8 {macht einen gar noch besseren Eindruck} )
25.Rh3
    {? Damit geraet Weiss auf die schiefe Bahn. Es gab nur zwei Optionen, um den Kampf gleichwertig zu gestalten, naemlich 25.e5 und 25.Tg3.}
25...Qb5 26.Qf3
    {? Andreas Scheidegger war mit seiner Stellung zufrieden, uebersah jedoch, dass die weisse Dame an die Deckung des wTf1 gebunden ist, was der Gegner zu einem erneuten Bauerngewinn nutzt. Deshalb haette Weiss die Damen tauschen und in ein schwieriges Endspiel einklenken sollen.}
26...Rxc3
    {Das haette Schwarz nicht haben duerfen}
27.Be3
    {Natuerlich nicht Dxc3 Dxf1 Matt}
27...Qc4
    {? Mit Doppelangriff auf e4, aber dieser Damenzug ist nicht gut und raeumt dem Gegner wieder gute Remischancen ein. Deshalb haette Schwarz zu dem die f-Linie blockierenden Bauernzug 27...f6! greifen muessen.}
28.Qf5 h6
    {?! Eine unbedachte Verteidigung anstelle von 28...Kf8. Nun herrscht das Gefuehl vor, als ob die schwarze Koenigsstellung kurz vor dem Zusammenbruch steht. Es gelingt dem Weissen allerdings nicht, die Entscheidung zu erzwingen, zudem kam er langsam in Zeitnot und schon hier spuerte man, dass sich bald ein Drama abspielen wird ...}
29.Rf4
    {?! Verpasst die letzte Ueberlebenschance mit 29.Tg3.}
    ( 29.Rg3 Qe6
        ( 29...Rxe4 30.Qf6
            ( 30.Qc8+ Kh7 31.Qf5+ Kg8 32.Qc8+ Kh7 33.Qf5+ Kg8 34.Qc8+ {Remis 3x} )
        30...Qxf1+
            ( 30...g6 31.Rxg6+ )
        31.Qxf1 Rexe3 32.Rxe3 Rxe3 33.Kg1 Re6 {unklar} )
    30.Rxg7+ Kxg7 31.Bd4+ Kf8 32.Bxc3 Qxf5 33.exf5 {und in diesem Endspiel koennte noch alles passieren.} )
29...Rb3
    {? Wirft die Fruechte des Spiels wieder weg.}
    ( {Nach} 29...Qe6 30.Qh5 Qb3 {bliebe Schwarz am Druecker} )
30.Rg3
    {Droht gewaltig Df6, so dass die folgende Antwort erzwungen ist.}
30...Qe6 31.Qh5 Rb1+
    {Nach einem ruhigen Zug oeffnet Weiss fuer seinen Koenig ein Luftloch und dann werden die Drohungen gegen den schwarzen Koenig wieder sehr real, so dass Schwarz bereits um das Remis kaempfen muesste. Eine Beispielvariante unten.}
    ( 31...b5 32.h3 c5 33.Rfg4 Rxe3 {erzwungen} 34.Rxe3 {und Weiss hat einen Turm fuer vier Bauern mit guten Gewinnchancen.} 34...Re7 35.Reg3 Qe5 36.Rxg7+ Qxg7 37.Rxg7+ Kxg7 38.Qg4+ Kf8 39.Qc8+ Kg7 40.Qxa6 Re6 41.Qxb5 Rxe4 42.Kg1 Re6 43.Kf2 Kh7 44.Qb8 Kg7 45.Kf3 Rg6 46.Ke4 Re6+ 47.Kd5 Rg6 48.Qb2+ Kg8 49.h4 Re6 50.h5 Kh7 51.g4 Kg8 52.Qb8+ Kg7 53.Qa8 Kh7 54.Qf8 Rf6 55.Ke4 Re6+ 56.Kf5 Re5+ 57.Kf6 Rg5 58.Qxf7+ Kh8 59.Qe6 Kh7 60.Kf7 Rg7+ 61.Kf8 Rg5 62.Qe4+ Kh8 63.Qg6 Rxg6 64.hxg6 h5 65.g7+ Kh7 66.g8=Q+ Kh6 67.g5# )
32.Bg1 Rb4
    ( 32...Rb5 {war die klar bessere Wahl, denn nach dem Textzug haette Weiss mit geschicktem Figurenspiel das Gleichgewicht halten koennen ... wenn nur die Zeitnot nicht gewesen waere.} )
33.Rfg4
    {Noch findet Weiss die staerkste Fortsetzung.}
33...g5
    {?? Ein wahnsinniger Zug, den sich das Computerprogramm hier leistet. Dass dieser die schwarze Koenigsstellung schwaechende Sperrzug nicht einfach zu widerlegen ist, mag den Weissen zusaetzlich irritiert haben. Das Blaettchen an der Uhr des menschlichen Spielers bewegte sich unaufhaltsam nach oben. Die folgenden Zuege spielte Weiss beinahe à tempo, was in so komplexen Situationen natuerlich kein gutes Ende findet. Die einfachste Verteidigung fuer Schwarz bestand in 33...Df6 mit noch immer kompliziertem Spiel.}
    ( 33...Qf6 34.Qa5 Rexe4 35.Rxe4 Rxe4 36.Qxc7 Re1 37.Rf3 Qe7 38.Qc8+ Kh7 {und nun war Remis durch dreifache Zugwiederholung moeglich, falls Weiss nicht auf Gewinn spielen will} 39.Qf5+ Kg8 40.Qc8+ Kh7 41.Qf5+ Kg8 42.Qc8+ )
34.Rh3
    {? Nach dieser Zeitnot bedingten Ungenauigkeit verschlechtert sich die weisse Stellung. Dabei haette Weiss mit dem logischen Bauernvorstoss 34.h4! dem Gegner echte Probleme bereiten koennen.}
    ( 34.h4 Qg6 {erzwungen} 35.Rxg5 {huebsch, wenn auch offensichtlich} 35...hxg5 36.Rxg5 Re6 37.e5
        ( 37.Rxg6+ fxg6 38.Qa5 Rbxe4 39.Bf2 Re7 {unklar} )
    37...dxe5 38.Rxg6+ fxg6 39.Qg5 Kf7 40.h5 {zumindest sehr unklar} )
34...Kg7 35.Rxg5+
    {Ein verzweifelter, letzter und erfolgloser Versuch}
35...hxg5 36.Qh7+
    ( {Besser, aber ebenso hoffnungslos fuer Weiss ist} 36.Qxg5+ Qg6 37.Qc1 Rbxe4 38.Qxc7 b5 )
36...Kf8
    {Der Rest ist Schweigen.}
37.Rh6 Qe5 38.Rh5 Re6 39.h4 Rb1 40.Rxg5
    {Nach der folgenden Antwort gab Weiss wegen weiterem Materialverlust oder noch schlimmer auf. Ein spannender Kampf mit einem fuer Weiss unerwarteten Ende. Aber eben, die Fuehrung von unklaren Angriffen erfordert Zeit, die dann im richtigen Moment in der Partie nicht mehr zur Verfuegung steht. Im Klubturnier hat nun der Computerschach-Weltmeister einen Punkt aus drei Partien.}
40...Qd4

    {Nach diesem letzten Schock gab Weiss auf.}
0-1
Parent - By Peter Martan Date 2016-07-28 21:21
Danke, Kurt!
Parent - - By Tommy Tulpe Date 2016-07-28 22:29
Eine lebhafte, interessante Partie, Kurt. Danke für die Kommentare.
In meinen Fernpartien geht es in letzter Zeir in der Regel langweiliger zu, aber das ist wieder mal ein anderes Thema... "Remistod im Fernschach"...

Gruß,

Ulrich
Parent - - By Kurt Utzinger Date 2016-07-28 23:10
Tommy Tulpe schrieb:

Eine lebhafte, interessante Partie, Kurt. Danke für die Kommentare.
In meinen Fernpartien geht es in letzter Zeir in der Regel langweiliger zu, aber das ist wieder mal ein anderes Thema... "Remistod im Fernschach"...

Gruß,

Ulrich


Hallo Tommy

Mir geht es ähnlich in einem FS-Turnier mit 11 Spielern und 10 Partien.
Seit anfangs Oktober sind bereits 8 Games mit Remis zu Ende gegangen.
Eine ist noch völlig offen, kann alles passieren. Und eine werde ich wohl
verlieren, weil ich mich erdreistet habe, Skandinavisch mit 3...Dd8 zu spielen.
Muss mir ernsthaft überlegen, ob ich FS aufgeben soll. Der Aufwand
v.a. in der Eröffnungsphase - um wenigstens gleiches Spiel zu erhalten -
dünkt mich enorm, zumal die vorhandenen Statistiken mit Gewinnquoten
bei weitem nicht immer das Gelbe vom Ei sind. Und irgendwie ist es nicht
mehr lustig, wenn die Partien erst zwischen dem 20. und 30. Zug "beginnen",
selbständig zu werden.

Mfg
Kurt
Parent - - By Tommy Tulpe Date 2016-07-29 10:02
Kurt Utzinger schrieb:

Mir geht es ähnlich in einem FS-Turnier mit 11 Spielern und 10 Partien.
Seit anfangs Oktober sind bereits 8 Games mit Remis zu Ende gegangen.
Eine ist noch völlig offen, kann alles passieren. Und eine werde ich wohl
verlieren, weil ich mich erdreistet habe, Skandinavisch mit 3...Dd8 zu spielen.
Muss mir ernsthaft überlegen, ob ich FS aufgeben soll. Der Aufwand
v.a. in der Eröffnungsphase - um wenigstens gleiches Spiel zu erhalten -
dünkt mich enorm, zumal die vorhandenen Statistiken mit Gewinnquoten
bei weitem nicht immer das Gelbe vom Ei sind. Und irgendwie ist es nicht
mehr lustig, wenn die Partien erst zwischen dem 20. und 30. Zug "beginnen",
selbständig zu werden.

Mfg
Kurt


Hallo Schachfreund Kurt,
Fernschach aufgeben - nein, mach es nicht!
Meines Erachtens muss man die gesamte Power in die Eröffnung legen. Wie du korrekt feststellst, sagen die Eröffnungsstatistiken wenig aus. Eine einzige Partie kann einen Zug widerlegen, und das kommt in den Statistiken nicht zur Geltung. Also muss man viele/alle Partien zu einer bestimmten Stellung durchforsten, grade auch Fernpartien, um Ideen zu erhalten. Das ist enorm zeitaufwendig. Aber nach meinen Erfahrungen gilt: Wenn bis zum 20. Zug keiner einen Vorteil hat, endet die Partie remis. Die Engines sind so stark geworden, dass sie fast immer den halben Punkt holen, wenn man ausgeglichen aus der Eröffnung kommt.
Insofern möchte ich deiner Äußerung höflich widersprechen, die Fernpartien "beginnen" erst im 20. oder 30. Zug. Im Gegenteil: Zu diesem Zeitpunkt sind sie immer häufiger bereits gelaufen, und zwar schnurstracks Richtung Punkteteilung...

Ich selbst spiele grade das Kandidatenfinale zur LSS-Weltmeisterschaft 2015
http://www.chess-server.net/tournaments/crosstable/tourid/35064
Ebenfalls fast ausschließlich Punkteteilungen in diesem Turnier... Ich hoffe aber noch auf zwei Siege und fürchte eine Niederlage, meine Remisquote wird also hoffentlich noch sinken.

Nette Grüße

Ulrich
Parent - - By Kurt Utzinger Date 2016-07-29 11:35 Edited 2016-07-29 11:38
Tommy Tulpe schrieb:

Hallo Schachfreund Kurt,
Fernschach aufgeben - nein, mach es nicht!
Meines Erachtens muss man die gesamte Power in die Eröffnung legen. Wie du korrekt feststellst, sagen die Eröffnungsstatistiken wenig aus. Eine einzige Partie kann einen Zug widerlegen, und das kommt in den Statistiken nicht zur Geltung. Also muss man viele/alle Partien zu einer bestimmten Stellung durchforsten, grade auch Fernpartien, um Ideen zu erhalten. Das ist enorm zeitaufwendig. Aber nach meinen Erfahrungen gilt: Wenn bis zum 20. Zug keiner einen Vorteil hat, endet die Partie remis. Die Engines sind so stark geworden, dass sie fast immer den halben Punkt holen, wenn man ausgeglichen aus der Eröffnung kommt.
Insofern möchte ich deiner Äußerung höflich widersprechen, die Fernpartien "beginnen" erst im 20. oder 30. Zug. Im Gegenteil: Zu diesem Zeitpunkt sind sie immer häufiger bereits gelaufen, und zwar schnurstracks Richtung Punkteteilung...

Ich selbst spiele grade das Kandidatenfinale zur LSS-Weltmeisterschaft 2015
<a class='urs' href='http://www.chess-server.net/tournaments/crosstable/tourid/35064'>http://www.chess-server.net/tournaments/crosstable/tourid/35064</a>
Ebenfalls fast ausschließlich Punkteteilungen in diesem Turnier... Ich hoffe aber noch auf zwei Siege und fürchte eine Niederlage, meine Remisquote wird also hoffentlich noch sinken.

Nette Grüße

Ulrich


Hallo Ulrich

Da war ich wohl doch etwas voreilig. Habe nun die laufenden Partien meines Turniers
angeschaut und bezüglich Neuerungen sieht es so aus:

7 x Gegner im 12. / 17. / 18. / 11. / 10. / 14. / 16. Zug
3 x Kurt im 9. / 16. / 11. Zug

also keine Partie ist erst nach dem 20. Zug "los gegangen" und demgemäss
darf/muss man deine Aussage
Meines Erachtens muss man die gesamte Power in die Eröffnung legen.
als zutreffend bezeichnen. Ebenfalls zutreffend ist, dass all diese Partien sich
mit einer Ausnahme um den 20. Zug herum im Gleichgewicht befanden und
deshalb Remis wurden/werden.

So betrachtet ist Fernschach "nur" noch eim Kampf der "Eröffnungs-Gurus" und
die Frage stellt sich mir trotzdem: Will ich mir das antun und jeweils Hunderte
bis Tausende Partien anschauen, um irgendwann eine (starke) Neuerung
anzubringen oder selbst unangenehm auf eine solche Neuerung reagieren
zu müssen.

Herzliche Grüsse
Kurt
Parent - - By Ingo Althöfer Date 2016-07-29 11:54
Lieber Herr Utzinger, lieber Herr Haug,

aus Ihren sehr interessanten Postings habe ich hier mal nur
die Stellen zitiert, die mir am wichtigsten erscheinen.

Kurt Utzinger schrieb:

Tommy Tulpe schrieb:

Meines Erachtens muss man die gesamte Power in die Eröffnung legen.
... nach meinen Erfahrungen gilt: Wenn bis zum 20. Zug keiner einen Vorteil
hat, endet die Partie remis. Die Engines sind so stark geworden, dass sie fast
immer den halben Punkt holen, wenn man ausgeglichen aus der Eröffnung kommt...


... Habe nun die laufenden Partien meines Turniers
angeschaut und bezüglich Neuerungen sieht es so aus:

7 x Gegner im 12. / 17. / 18. / 11. / 10. / 14. / 16. Zug
3 x Kurt im 9. / 16. / 11. Zug

also keine Partie ist erst nach dem 20. Zug "los gegangen" und demgemäss
darf/muss man deine Aussage
Meines Erachtens muss man die gesamte Power in die Eröffnung legen.
als zutreffend bezeichnen. Ebenfalls zutreffend ist, dass all diese Partien sich
mit einer Ausnahme um den 20. Zug herum im Gleichgewicht befanden und
deshalb Remis wurden/werden.

So betrachtet ist Fernschach "nur" noch eim Kampf der "Eröffnungs-Gurus"


Eine ähnliche Entwicklung hatte es in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
beim englischen 8x8-Dame-Spiel gegeben, allerdings zunächst ohne
Computer-Einsatz: Es wurden - auch bei Weltmeisterschaften - "interessante"
Eröffnungsstellungen vorgegeben, damit es zumindest eine kleine Chance
auf "Nicht-Remisen" gab.

Das Ganze kann man in Jonathan Schaeffers wunderbarem Buch "One Jump
ahead" nachlesen, wo er beschreibt, was für ein Aufwand es bei seinem
Programm Chinook war, einige wenige Siege gegen die Topspieler zu er-
reichen.

Glücklicherweise ist die Situation beim 10x10-Dame (Draughts), wo aktuell
Fabien Letouzey das stärkste Programm hat, noch anders.

Ingo Althöfer.
Parent - By Kurt Utzinger Date 2016-07-29 12:42
Lieber Herr Althöfer

Interessant diese Entwicklung auch beim englischen 8x8-Dame-Spiel
zu vernehmen. Das war mir nicht bewusst.

Mfg
Kurt Utzinger
Parent - By Tom Paul Date 2016-07-29 12:33
Kurt Utzinger schrieb:

Tommy Tulpe schrieb:

Eine lebhafte, interessante Partie, Kurt. Danke für die Kommentare.
In meinen Fernpartien geht es in letzter Zeir in der Regel langweiliger zu, aber das ist wieder mal ein anderes Thema... "Remistod im Fernschach"...

Gruß,

Ulrich


Hallo Tommy

Mir geht es ähnlich in einem FS-Turnier mit 11 Spielern und 10 Partien.
Seit anfangs Oktober sind bereits 8 Games mit Remis zu Ende gegangen.
Eine ist noch völlig offen, kann alles passieren. Und eine werde ich wohl
verlieren, weil ich mich erdreistet habe, Skandinavisch mit 3...Dd8 zu spielen.
Muss mir ernsthaft überlegen, ob ich FS aufgeben soll. Der Aufwand
v.a. in der Eröffnungsphase - um wenigstens gleiches Spiel zu erhalten -
dünkt mich enorm, zumal die vorhandenen Statistiken mit Gewinnquoten
bei weitem nicht immer das Gelbe vom Ei sind. Und irgendwie ist es nicht
mehr lustig, wenn die Partien erst zwischen dem 20. und 30. Zug "beginnen",
selbständig zu werden.

Mfg
Kurt


Das verstehe ich gut, in ~ einem Jahr werden die Partien zwischen dem 30 und 40 Zug beginnen.
Und wenn Stockfish noch den Code "Eröffnungsphase" einbaut, dann gibt es nur noch zu 99,9% Unentschieden.
Ich gewinne zwar mit meinem Buch ~ so viele Partien wie ich remis spiele und ich verliere so gut wie nie aber trotzdem macht es keinen Spaß mehr ständig die gleichen Züge zu sehen.
Manchmal denkt Stockfish nicht einmal nach weil die Partie komplett im Buch ist.
Bald müssen wir uns alle ein neues Hobby suchen.
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