Hallo zusammen,
als einer der Teilnehmer vor Ort möchte ich es euch nicht vorenthalten, einige Eindrücke zu schildern:
1) Peking ist mir nach 1,5 Tagen Aufenthalt als Stadt ebenso sympathisch geworden, wie es nachwievor total fremd ist. Selbst in einer Weltstadt wie dieser hat man oft Probleme, einen Chinesen zu finden, mit dem man sich einigermaßen auf Englisch verständigen kann. Auch an der Rezeption des Hotels, das zugegebenermaßen ein wenig außerhalb des Stadtkerns liegt und sich wohl hauptsächlich an chinesische Geschäftsleute richtet, hatten Johannes Zwanzger und ich Probleme, uns bei der Ankunft verständlich zu machen. Zwar sind alle Angestellten bemüht und äußerst freundlich (Lächeln zählt hier noch zum guten Ton!), doch wenn in einem Hotel der Page besser Englisch spricht als die Leute an der Rezeption, kann irgendetwas nicht stimmen...
Ansonsten ist die Stadt (von der ich bislang ja erst wenig sehen konnte) absolut beeindruckend! Zwar habe ich noch keine historischen Sehenswürdigkeiten von Innen sehen können (aus dem Taxi die Verbotene Stadt und die Große Mauer aus dem Flugzeug), aber auch der Rest ist schon so überwältigend, dass mir als ehemaliger Dorfbewohner (inzwischen Hamburger) oft die Sprache verschlägt. Die Nachteile sind ganz klar, dass offenbar vieles angefangen und nicht richtig beendet wird (bzw. zuende gedacht wird). Beispiele: Eine nagelneue Straße hat teilweise noch riesige Löcher drin, so dass alle Fahrzeuge großräumig ausweichen müssen. / Die Hotelanlage ist ziemlich neu, doch teilweise sind die Dinge schon vollkommen abgenutzt bzw. von so schlechter Qualität, das es alt aussieht (z.B. durch den billigen Anstrich des Balkongeländers kommt der Rost durch, Teppich ausgefranzt und schief abgeschnitten, Metallstreben in der Duschwand verrostet). / Die Gartenanlage auf der einen Seite top geplegt und an jeder Ecke steht Personal, auf der anderen Seite liegen verrostete Metallteile einfach auf dem Rasen herum. / Der künstliche See, um den die Hotelanlage aufgebaut ist, scheint teilweise ausgetrocknet und eine furchtbare Brühe befindet sich darin.... Auch der Straßenverkehr ist jedesmal wieder sehr spannend, denn alle fahren offenbar so, wie es ihnen passt (rechts überholen, bei 3 Spuren manchmal 4- oder sogar 5-spurig fahren, Anschnallmöglichkeiten in den Taxis fehlen meistens). Außerdem sind hier Fahrzeuge unterwegs, die in Deutschland nicht mal mehr einen Schrottwert hätten. Dann aber auch wieder viele BMWs, Audis und VWs. Die Schere zwischen arm und reich klafft hier einfach noch viel weiter auseinander als in Europa...
2) Was das ICGA-Event angeht, kann man einerseits sagen, dass es natürlich toll ist, hier in Peking sein zu dürfen. Ich bin David Levy und seinem chinesischen Kollegen Prof. Xinhe Xu sehr dankbar, dass es möglich ist, die Computerschach-WM bzw. Computer-Olympiade hier auszutragen. Das Hotel ist (abgesehen von den o.b. kleinen Makeln) wirklich sehr schön und der Spielort im Golf Club ist einfach bombastisch. ABER: Es hakt mal wieder an den Details! Denn erstens ist der Spielraum zu klein für alle, es herrscht oft ein heiloses Durcheinander. Zweitens sind die Spieltische ein wenig unpraktisch und eignen sich nicht gut für Schach (zu klein). Drittens ist, wie bereits von einigen anderen erwähnt, die Internetverbindung instabil. Bei den ersten Tests heute Morgen lief praktisch kaum etwas. Nach dem Players Meeting, auf dem dann auch bekannt gegeben wurde, dass Diep und A rear guard nicht teilnehmen werden, konnte man dann helfend eingreifen, indem die Computerschach-Spieler exklusiven Zugang bekamen (MAC-Filter). Danach lief es zumindest so stabil, dass ein Spiel via Remote-Desktop möglich war (bei kurzen Unterbrechungen verbindet sich der RDP-Client ja wieder automatisch neu). Die Leute, die per ssh spielen (z.B. Hiarcs und Deep Sjeng) hatten aber weiterhin das Problem, dass sie bei den kurzen Unterbrechungen ihre Engine neu starten mussten, was natürlich zu einem Verlust aller Hash-Werte führt und außerdem Zeit kostet. Morgen wird es bestimmt das Problem geben, dass auch die Teilnehmer der anderen Spiele (vor allem GO) Internetverbindung benötigen. Dann könnte die Ausfallrate wieder größer werden. Notfalls müssen wir dann in unser Hotel umziehen, in welchem die Verbindung ziemlich stabil zu sein scheint. Schau'n mer mal...
3) Eigentlich wollte ich auf CSS-Online jeden Tag einen kleinen Bericht mit Fotos veröffentlichen. Leider kann ich mich hier aus dem Hotel nicht im Joomla-System anmelden, der Grund dafür ist unbekannt. Vom GOlf Club aus habe ich es noch nicht probiert, mal schauen, ob das morgen klappt. Auch wenn die CSS-Online Berichterstattung aus o.g. technischen Problemen also erstmal ausfällt, möchte ich euch ein paar Fotos nicht vorenthalten:
Peking bei Nacht:
http://www.computerschach.de/images/stories/cssonline/200802/peking/P1010053.JPGDer Golf Club von außen:
http://www.computerschach.de/images/stories/cssonline/200802/peking/P1010057.JPGEingang zum Golf Club:
http://www.computerschach.de/images/stories/cssonline/200802/peking/P1010058.JPGDie Organisatoren (v.l.n.r. David Levy, Xinhe Xu, Jaap van den Herik, Vertreterin des Sponsors "Longlife Group"):
http://www.computerschach.de/images/stories/cssonline/200802/peking/P1010062.JPGDie erste Runde, Falcon vs. Mobile Chess:
http://www.computerschach.de/images/stories/cssonline/200802/peking/P1010072.JPGShredder vs. Junior
http://www.computerschach.de/images/stories/cssonline/200802/peking/P1010077.JPGJonny vs. Deep Sjeng
http://www.computerschach.de/images/stories/cssonline/200802/peking/P1010080.JPGRybka vs. The Baron
http://www.computerschach.de/images/stories/cssonline/200802/peking/P1010078.JPGCluster Toga vs. Hiarcs
http://www.computerschach.de/images/stories/cssonline/200802/peking/P1010081.JPGMehr folgt morgen. Obwohl es hier erst 21 Uhr ist, werde ich wohl gleich ins Bett gehen. Hab in den letzten drei Tagen nur ca. 8h insgesamt geschlafen und möchte morgen fit sein. Die Partien beginnen voraussichtlich um 10 Uhr Ortszeit, d.h. um 4 Uhr MEZ. Die Paarungen für morgen kenne ich noch nicht, Jaap wollte sie mir mitteilen, aber irgendwie ist das in dem ganzen Getümmel untergegangen.
Viele Grüße aus Beijing,
Timo
P.S.: @Thomas Lagershausen - Wir haben keine Hardwareprobleme, aber danke für die Nachfrage. Worauf beruhte denn diese Annahme? Ich hoffe nicht, dass du time-to-depth zwischen der normalen Toga-Version und Cluster Toga verglichen hast und dadurch meinst, dein Heimrechner sei gar nicht viel langsamer. Du solltest diese beiden Programme nicht miteinander vergleichen, da bei Cluster Toga einiges anders ist als im Standard-Toga. Selbst die kN/s lassen sich nicht vergleichen, da sie bei Cluster Toga technisch bedingt nicht alle gezählt werden können. Trotzdem ist ein Vergleich natürlich erlaubt: Cluster Toga rechnet mit 1024MB Hash nach ca. 3min aus der Grundstellung heraus mit der Hardware, die wir für Peking verwenden, ca. 18.000 kN/s...