Roland Riener schrieb:
Zitat:
Ich bezweifle ein wenig, ob "Spielen wie Lasker" in diesem Fall ein sicherer Qualitätsbeweis ist.
Lasker wurde nachgesagt, er suche nicht immer den besten Zug, sondern den für den jeweiligen Gegner unangenehmsten. Daher hat es mich überrascht, daß in dieser Stellung doch die stärksten Engines diesen Weg wählen.
Grüße, Roland
Na ja, wenn Lasker aus taktischen Erwägungen nicht immer den besten Zug spielte, muss es ja nicht überraschen, wenn er das doch mitunter tat
Als Ergänzung zu den Partie- und Engineanalysen noch ein paar Anmerkungen für schachhistorisch Interessierte.
Das Mokauer Turnier 1925In dem legendären Turnier traten die stärksten Spieler des Landes gegen die führenden internationalen Meister an. Wie sich herausstellte, konnte die damalige Schachelite Russlands bzw. der neu gegründeten Sowjetunion, - ein paar Jahre nach der bolschewistischen Revolution 1917 (Oktoberrevolution) unter Lenins Führung -, leistungsmäßig bei weitem noch nicht an die spätere Schachgroßmacht Russland bzw. UdSSR heranreichen..
Bogoljubow gewann zwar das Turnier, aber die anderen russischen Teilnehmer bis auf Romanovsky und Laskers Gegner Iljini Zhenevsky (Schenewski) landeten in der unteren Tabellenhälfte. Kein Wunder bei Weltmeistern und internationalen Stars wie Jose Raul Capablanca (3), Emanuel Lasker (2), Frank James Marschall (4), Savielly Tartakower (5), Carlos Torre, Richard Reti, Ernst Grünfeld, Rudolf Spielmann, Akiba Rubinstein, Frederick Yates und Fritz Saemisch. Insofern auch eine sehr populäre Auswahl, da jeder von ihnen zugleich auch Namensgeber einer oder mehrerer bekannter Eröffnungen oder Eröffnungsvarianten ist.
Alexander Aljechin fehlte bei den Russen, weil er inzwischen als sowjetfeindlicher Ausländer galt, wie später auch Bogoljubow, der nach dem Ersten Weltkrieg in Deutschland geblieben ist. Hier eine ausführliche Besprechung des Turniers und der Teilnehmer mit Tabelle:
https://de.chessbase.com/post/moskau-1925-ein-land-im-schachfieberLasker, der Psychologe, oder doch nicht ?Inwieweit die Erfindung des“ psychologischen Schach“, im speziellen die Taktik des für den „Gegner unangenehmsten Zuges“ authentisch Emanuel Lasker zuzuschreiben ist, scheint heutzutage nicht ganz unumstritten. Was ist Legendenbildung, was wurde und wird ungeprüft übernommen, zitiert, was ist eindeutig durch seriöse Quellen belegt ? Titel für einen Doktorarbeit.
W i k i p e d i a:
Für Tarrasch hatte Lasker schlicht Glück, Réti fand Laskers Spiel psychologisch. Mangels eindeutiger eigener Aussagen Laskers wird in diesem Zusammenhang oft ein Satz aus der Biographie von Hannak zitiert: Lasker „hat nicht der wissenschaftlich richtige Zug, sondern immer nur der für den konkreten Gegner unangenehmste Zug interessiert“. Dieses Verdikt ist seitdem eng mit dem Namen Laskers verbunden, wobei in letzter Zeit vor allem von Robert Hübner Versuche unternommen wurden zu erklären, wieso es seinerzeit zu solchen Urteilen kam.
Hübner argumentiert, dass es auf Meisterebene nur einen sehr geringen Spielraum für psychologische Überlegungen gebe und nicht stellungsgemäße Züge in der Regel widerlegt würden. Bei Réti, der gegen Lasker meist chancenlos war, sei daher von einer Projektion seiner eigenen Ängste auszugehen.
Als Beispiel für die Auffassung, Laskers Stil sei psychologischer Natur, wird oft seine Partie gegen Capablanca beim Turnier in St. Petersburg 1914 angeführt. Diese musste er unbedingt gewinnen, um noch Turniersieger werden zu können. Zur Überraschung seines Gegners wählte Lasker die als harmlos geltende Spanische Abtauschvariante. Capablanca war darauf nicht eingestellt und verlor die Partie.https://de.wikipedia.org/wiki/Emanuel_LaskerNa ja, da gäbe es aber noch einige andere Gründe, warum Lasker diese Variante wählte, oder?
Psychologische Kriegsführung soll es auch gewesen sein, daß Lasker während der Partien Zigarren von absichtlich schlechter Qualität rauchte, wohl um mit dem stinkenden Qualm die Sinne des Gegners zu vernebeln. Diese Heimtücke wäre dann wohl eher dem Bereich Promi-Anekdoten zuzuordnen.
Der allseits bekannte Internationale Großmeister, Arzt, Psychotherapeut, Schachpublizist und Fernsehexperte Dr. med. Helmut Pfleger hingegen steht auch 2018 nach wie vor in einem Artikel auf aerztelatt.de voll zu Laskers traditioneller Typisierung :
Lasker meinte, es gebe so viele gute Züge wie verschiedene Gegner. „Dieser Zug ist gegen Tarrasch sehr gut, gegen Janowski wäre er ein grober Fehler“, soll er einmal gesagt haben . https://www.aerzteblatt.de/blog/95884/Die-Sphinx-Emanuel-Lasker, Noch ein ZitatNach wie vor bleibt die Frage, was ist Wahrheit, was hat Lasker wirklich gesagt, was ist Interpretation, Idealisierung oder schlichtweg Erfindung ?
Auch jener Spruch wird sehr oft Emanuel Lasker zugeschrieben:
Allerdings wird auch die deutsche Schach-Ikone Siegbert Tarrasch für dieses Zitat bemüht und das sogar in der etwas ausführlicheren Form:
If you see a good move, sit on your hands and see if you can find a better one. Mir erscheint die Tarraschvariante plausibler, da ja gerade der Lasker dafür steht, nicht immer den besten Zug zu suchen, sondern, -dito-, die für den Gegner unangenehmsten. Der 'Best Move-Fanatiker' war authentisch und nachweisbar in seinen Werken und Aussagen Siegbert Tarrasch. Und deshalb bekommt hier der gebürtige Breslauer, Schachtheoretiker, Weltklassespieler, praktizierende Arzt und Wahlmünchner den Zuschlag.
Zu allem Überfluß bzw. Überdruss gibt es noch eine dritte Variante! Wikipedia:
Als frühes Beispiel für die Schachpsychologie kann ein Diktum Damiano de Odemiras gelten: „Wenn Du über einen guten Zug verfügst, achte darauf, ob es nicht noch einen besseren gibt.
Man sieht, wer auf Meinungsvielfalt Wert legt, wird schachhistorisch bestens bedient
Gruß Rainer
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