Hi!
Marcus Jansen schrieb:
DeepMind als Firma ist bestrebt Ihre Betriebsgeheimnisse für sich zu behalten.
Deep Mind ist das wissenschaftliche Projekt von Google, das die Daten, die zur Veröffentlichung gesammelt und dokumentiert wurden, als ziemlich unwissenschaftliches Preprint nach einem ersten SF- Match online gestellt hat und dann erst fast ein Jahr später endlich um Daten eines zweiten Matches bereichert, das schon kurz nach dem ersten abgehalten worden war, in Science definitiv veröffentlich hat.
In diesem Zusammenhang von Betriebsgeheimnissen zu reden, passt zwar auch meiner Meinung nach faktisch, allerdings nicht zum behaupteten Zweck der wissenschaftlichen Publikation, um die es von Anfang an angeblich gegangen sein soll.
Marcus Jansen schrieb:
Das Knowhow ist gewissermaßen das Betriebskapital, das künftig "teuer" verkauft wird.
Die Beteiligung an Beantwortung von Fragen, wie du sie aufwirfst, wäre pro bono Arbeit.
Darauf hoffen nur Träumer wie ich, dass da noch ein Angebot an Schachspieler auf kommerzieller Basis kommen könnte, sei's über die neue Streaming- Konsole Yeti, die Google schon eine Weile in der Pipeline hat und den Spielekonsolen Konkurrenz machen soll, sei's über Mietmodelle von Cloud- Anwendungen, die Frage ist allerdings, ob sich am, an sich ja nicht gerade schwach dotierten Spielemarkt, mit Schach auch wirklich Geld verdienen lässt.
Vorläufig gibt's nur ein Buch mit gesammelten A0- Stockfish- Partien, das demnächst erscheinen soll.
Und am größten ist die Wahrscheinlichkeit, wie du ja auch sinngemäß meinst, dass das Ganze nur ein Werbegag für Google als KI- Mogul sein soll und auf Sachen wie selbsttätig gesteuerte Drohnen und Autos Publicity einspielen, und da kann man einerseits mit wissenschaftlichen Publikationen schon irgendwie Eindruck machen, aber halt nur mit den Daten, die wirklich beeindruckend sind. Partien, die gegen SF mit Cerebellum- Unterstützung nicht ganz so tolle Statistiken hatten und wohl auch zeigen würden, wie A0 mit herkömmlichen Eröffnungen umgeht, gehören da halt nicht dazu. Mehr als sie zu veröffentlichen, bräuchte es allerdings an pro bono- Arbeit da sonst nicht mehr.
Marcus Jansen schrieb:
Es werden aber über die schon existierenden Ansätze hinaus andere kommen, die mit diesem Basiswissen und der schon von der Industrie verfügbaren Hardware die noch fehlenden Mosaiksteine ergänzen werden. Vielleicht ist das dann sogar der Reiz, um mit den KI Schachprogrammen in Wettbewerb zu treten.
Ein gut programmiertes KI System lernt mit jedem Spiel von ganz alleine dazu, ein Stockfish nicht. Von daher kann es keinen fertig trainierten NN geben. Allerdings spielt auch hier der abnehmbare Grenznutzen, wie ich es auf den Folien des Vortrages gesehen habe, eine Rolle.
Und was bringt UNS das Ganze. Schachlich gesehen rein gar nichts.
Auf die über das Existierende hinaus gehende Ansätze hoffe ich eben auch. Dass ein noch so gut programmiertes KI- System mit jedem Spiel von ganz allein dazu lernt, ist allerdings ein bisschen fromm als Wunsch, rein so auch ein bisschen quantitativ betrachtet, wenn man bedenkt, wieviele Partien jetzt schon gespielt wurden, und was für bestimmte Fehler immer noch immer und immer wieder vorkommen. Zumindest was die angeht, lernt das KI- System nur dann etwas, wenn es sie als Fehler erkennt, und das ist bei reinem Selfplay halt nicht gesagt.
Dass SF nicht auch bei jedem Spiel dazu lernen kann, stimmt so auch einfach nicht, Hashlernen kann diese gerade darin auch sehr gute Engine immer noch ein gutes Stück besser, sag ich mal, als LC0. Buchlernen ist eine GUI- Aufgabe, zählt aber auch, Lerndateien hat's immer wieder bei den verschiedensten Programmen gegeben, bei SF sowieso auch, Marco Zerbinati hat sich dieses Zweiges zuletzt angenommen, leider auch schon wieder etwas ins Stocken geraten, das Projekt, aber Persistent Hash im weiteren Sinne gibt's bei einigen Fischen auch schon wieder lange.
Was das gezielte Lernen von Stellungen aus der Eröffnungstheorie bis ins Mittelspie hinein angeht (im Endspiel bringt's ja eh schon Früchte bei LC"0", mehr als die tbs gebracht haben) bin ich vielleicht einfach etwas ungeduldig, mag sein, aber SF und Konsorten und vor allem die riesigen Partie- und Eröffnungsdatenbanken geben halt dem verwöhnten Computerschachspieler heutzutage auch eine gewisse Messlatte vor, die zu überbieten genügt es zumindest mir nicht, die Elo gegen SF allein unter günstigen Bedingungen annähernd zu erreichen oder auch nicht ganz, sie knapp zu übertreffen auch nicht, wenn's nur funktioniert, wenn die Eröffnungen kurz genug sind, SF ohne eigenes Buch spielt und ohne Endspieldatenbanken und keine weiteren Engines im Rating- Pool mitspielen dürfen.
Weil da, so wie es beim Engine- Testen anhand von Ranglistenmatches bisher immer üblich war, dass ein bunter Mix aus starken und nicht ganz so starken mitspielen musste, bei solchen Bewerben zeigt sich da nämlich dann bei LC0 (bei A0 wird man's nie erfahren) auch noch, dass die Schwächen, die die NN- Engine noch hat, gegen schwächere Gegner relativ mehr an Performance kosten, vereinfacht ausgedrückt, die Fallen, die LC0 stellt und in die er sie es dann doch auch immer wieder mal selbst tappt, sind nicht besser, nur weil die Gegner schwächer sind, die Elo kosten sie aber gegen schwächere Gegner relativ mehr.
Und von längerer Bedenkzeit profiertiert LC0 eben, wie Kai Laskos recht gut gezeigt hat, da auch weniger als z.B. Stockfish.
Was wir momentan hauptsächlich haben, ist ein Testdilemma, ab der Grenze, die momentan erreicht werden muss, wird die Luft ohnehin so dünn, dass die Bedingungen, unter denen gespielt wird, immer mehr Rolle spielen, NN- Engines stellen da aber noch einmal eine bisher unbekannte Qualität an Schwervergleichbarkeit dar, so kann man ständig mit neuen Meldungen über Elo- Höhenflüge und andererseits mit ernüchternden Ergebnissen in Turnieren wie TCEC und CCCC die Foren füllen, gut für uns Foristen einerseits, andererseits kann's halt auch ein bisschen ermüdend werden. Und der viel zitierte Remistod im Eng-Eng-Schach auch schon bei kurzen TCs ist dadurch, dass man jetzt entweder immer von der Grundstellung aus spielen lassen muss oder die Ergebnisse allein von den Eröffnungen abhängen, auch noch nicht wirklich der Kampf angesagt.
Im Gegenteil ist logischer Weise eigentlich zu erwarten, dass, je stärker die NNs werden, im Lernen immer mehr Remis- Immanenz im Spiel selbst erkannt und gespeichert werden wird.
Beim Fernschach kann ich mit dem Remistod besser leben, weil ich selbst das Risiko bestimmen kann, das ich nehmen will, halt eventuell auch zu verlieren oder wenigstens selbst dafür zu sorgen, dass es kein langweiliges Remis wird sondern ein spannendes.
Engines die gegen sich selbst allein und gegen andere Engines nur mehr Remis spielen, hat schon Chrilly Donninger nachvollziehbar an Unterhaltungswert verglichen mit dem Zuschauen beim Wäschewaschen durch die Waschmaschine.
Und dass das Alles für uns Menschen absolut gar nichts mehr bringen soll, wie du schreibst, damit will und kann ich mich einfach noch nicht so einfach als uralter (keine Sorge, ich mache da keinen Wettbewerb draus, deine 30 Jahre sind schon was, Thorstens 40 haben mich aber seinerseits auch schon kalt gelassen, da halte ich auch noch locker mit
) Computerschachspieler nicht abfinden.
Dass das einzige, was die Maschine, die die Kartoffeln anbaut, erntet, kocht, schält und aufisst, noch von derartigen Maschinen unterscheiden soll, die mit ihr in Konkurrenz treten, die Menge an Kartoffeln, die sie in der Zeiteinheit anbaut und aufisst, sein soll, das scheint mir einfach allen Ernstes etwas zu unökologisch in Zeiten wie diesen.
Ich höre ständig, ja, nein, als Analyseengine ist's halt noch nicht verwendbar, für's Fernschach höchstens als Ideenlieferant für die Eröffnung und das frühe Mittelspiel, weil beim Übergang ins Endspiel muss man schon ständig damit rechnen, dass die angerechneten und angespielten Stellungen bis zur Vergasung für gewonnen gehalten werden, auch wenn sie schon lang tot remis sind.
Und taktisch übersieht's halt immer wieder mal was, damit muss man leben.
Mit alledem muss man bei SF aber nicht leben, warum soll ich mich also bei der Schachrevolution der Neuzeit dann damit abfinden?
Ich finde nicht, dass der Anspruch, etwas auch als Mensch als Analysewerkzeug verwenden zu können, besser als SF oder wenigstens halbwegs gleich verlässlich, vielleicht sogar mal eine knifflige Studie, die ich als Mensch ja meistens auch nicht gleich auf Anhieb durchschaue, darin aber doch auch noch ein Refugium gegenüber den Engines habe, wenn ich weiß, es ist eine Studie, wenn ich mit einer Engine auch mal so etwas rechnerisch überprüfen können will, alles das finde ich eigentlich nicht soo unbescheiden, wenn ich von SF et al heutzutage einfach gewöhnt bin, dass das in aller Regel irgendwie klappt.
Ich würde im Gegenteil sagen, wenn's noch nicht einmal ein für menschliche Bedürfnisse und für menschliches Schachwissen voll taugliches Werkzeug zur Analyse ist, wenigstens so gut wie SF, dann ist der ganze übrige Hype, was es gegen sich selbst und gegen SF unter den richtigen Bedingungen an Elo erspielt, eigentlich schon noch ziemlich viel heiße Luft und Zweckoptimismus, nein?
Wie gesagt, alter Miesmacher ich halt.