Nachdem ich mich hier ja schon über die haarsträubenden Defizite der LC0-Engine aufgeregt habe:
http://forum.computerschach.de/cgi-bin/mwf/topic_show.pl?tid=9915 (ff.)
... besänftigte mich ein näherer Blick auf seine sog. "positionellen" Stärken.
Mit diesen entschädigt mich Leela für manche taktischen Kinderkrankheiten...
Ich habe zwei Segmente näher untersucht (anhand der jüngsten TCEC-Partien):
Die
Entwicklung & das
Spiel auf starken FeldernIn beiden Bereichen zeigt LC0 ein Schach, das tatsächlich so weit nicht mehr
vom Human Touch entfernt ist...
Nur zwei Beispiele:
In der folgenden Stellung...
r1bqk1nr/1p3pp1/2pp3p/p1b5/3pP3/P2P4/BPP2PPP/RNBQ1RK1 w kq...holt das Programm das fulminante
f2-f4 hervor, stellt damit die Figurenentwicklung für einen Moment zurück,
um dann nach diesem Räumungs-/Ramm-/Sperr-Zug umso wirkungsvoller die Mobilisierung voranzutreiben.
Analyse & PGN:
http://view.chessbase.com/cbreader/2018/8/27/Game393166046.htmlDie nächste Position...
2rr4/3nnpk1/2p2q1p/1p3p2/pP1P2pP/P3P1P1/3N1PB1/Q1RR2K1 w... demonstriert eine vielzügige Springerwanderung von der Peripherie ins Zentrum auf starken Feldern. Wer will kann das ruhig
einen strategischen Zug nennen - wiewohl das letzlich nur auf Schachsprachspiele (frei nach Wittgenstein) hinausliefe...
Analyse & PGN:
http://view.chessbase.com/cbreader/2018/8/27/Game393266515.htmlSolche "menschlichen" Züge dürften jedenfalls der Grund sein, warum LC0 mittlerweile ein Top-Five-Programm ist - ungeachtet seiner
aktuell noch anfälligen Taktik. Wenn dieses NN-Projekt nicht noch ins Stocken gerät, ist bald mit dem Schlimmsten zu rechnen
für Stockfish und seine AB-Freunde...
PS: Wer die beiden Stellungen bzw. Züge mit den Engines testen will, sollte nicht nur auf den "Lösungszug" achten,
sondern auf den ganzen Output-String...
Gruss: Walter
.