Silvio Zschako schrieb:
Für alle, die den Wettlauf der Engines zum Volkssport erhoben haben und die Qualität einer Engine nach Sekunden bemessen, hier gern noch ein Link.
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http://karlonline.org/alt201_1.htm'>http://karlonline.org/alt201_1.htm</a>
Ein Essay von Ernst Strouhal „Schach im Zeitalter der Ungeduld“. Dieser hat zwar nicht direkt mit Computerschach zu tun, aber da die Grenzen keine festen sind, hat er indirekt eben DOCH damit zu tun.
Ein sehr lesenswerter Artikel, Silvio, danke für den Link!
Den Vergleich mit der Musik finde ich besonders gut, gerade auch mit dem Jazz. Dirigierte Musik ist wieder etwas Anderes, aber das Tempo hat sowohl da wie im Schach eine Eigenbedeutung.
Um mich in deinen Streit mit Walter möglichst wenig einzumischen, aber doch was dazu zu sagen, finde ich halt, das Messen von Zeitleistungen und das Spielen nach strengen Timecontrols hat die Schachmaschine mit ihrem CPU- Takt schon per se eine Nummer strenger gemacht, und die Anwendung Schach ist für die Hardwarehersteller auch deshalb immer so ein liebes Kind gewesen, weil sich mit schachlichen Leistungen eines Rechners immer schon hervorragend protzen ließ.
Das Image von Schach ist das von zwei Leuten, die sich stundenlang an einem Brett gegenübersitzen, immer knapp vorm Einschlafen des Publikums einen Zug machen und dann zum Schluss eventuell noch in heftiges Rudern im Kampf um die Schachuhr verfallen. Figuren fliegen durch die Luft, dann plötzlich wieder alles aus, einer bricht zusammen, der andere triumphiert, keiner kennt sich aus, worum es ging.
Im Fernschach lassen die einen die engines allein Tage und Nächte lang laufen, die anderen sitzen mit 5 Rechnern, 20 engines und 3 Internetzugängen an 10 Partien gleichzeitig stundenlang vor dem Bildschirm, die Ergebnisse sind bei beiden sehr ähnlich, nämlich im überaus häufigen Fall Remis.
Dass du im Fernschach beliebig viel Zeit hast, ist eben auch überhaupt nicht so, wie du weißt, wenn du ein paar schwere Partien gleichzeitig spielst, hast du mit dem Sichten der Partiebeispiele in den Datenbanken schon so viel zu tun, bevor es überhaupt richtig losgeht mit dem Rechnen und den engines, dass ein bisschen kurz Antesten bestimmter Varianten und einzelner engines, auch da sehr hilfreich ist, bevor du dich entscheidest, welcher engine mit welchem Zeitaufwand du übherhaupt wie sehr vertraust. Ich traue mich wetten, du hast da für dein Repertoire und deinen engine- Park und deine Datenbanken auch deine eigenen Methoden entwickelt, wie du möglichst viel Zeit sparst, und dann kommst du trotzdem immer wieder mal auch im Fernschach in Zeitnot, einen Zug abgeben zu müssen, oder auch nicht einmal das, sondern einfach irgendwann endlich die Entscheidung zu fällen, bevor dein persönliches Fähnchen fällt, nicht wahnsinnig zu werden über einer einzelnen Stellung, während das Leben einfach weiter geht.
Ich glaube, du kennst Walter schon lange und wenn du ein Problem mit seinem Posting hast, hat sich, vermute ich einfach mal, da im Lauf der Zeit schon früher irgendwas aufgestaut. Dass man sich persönlich gekränkt fühlt, wenn etwas, was man sehr schätzt, kritisiert wird, kann ich durchaus verstehen, in der Musik nehme ich da übrigens selbst genau so Dinge persönlich wie im Schach. Wenn du aber auch weißt, was er schon alles zusammengetragen hat an wirklich selektiven Teststellungen, und was er schon alles veröffentlich hat an Besprechungen von Büchern und von Software, kannst du ihm Ungeduld in schachlicher Hinsicht eigentlich auch nicht wirklich vorwerfen.
Und wenn du auch Walters Glarean Magazin ein bisschen kennst, wirst du wissen, dass er von Musik auch einiges versteht, sieh seine Artikel und Postings vielleicht einfach mehr aus der Sicht eines speziell gebildeten Publikums als eines sportlichen Gegners, dann ist das mit der Zeit und der Ungeduld im Lauf der Zeit vielleicht auch weniger dringend.
Um eines beneide ich die Blechis gerade beim Schach schon immer besonders, so sehr sie auch im Spiel gegeneinander in Zeitnot kommen können, sie unter Zeitdruck zu setzen, so wie wir Menschen den zeitweise empfinden, gelingt anscheinend einfach nicht, so sehr man es auch versucht.