Ich wollte Mal fragen, wer hier das schachähnliche Spiel "Arimaa" kennt, schonmal gespielt hat und vielleicht sogar ein wenig über grundlegende strategische Überlegungen in diesem Spiel sprechen kann.

Ich hatte bis zum vergangenen Sonntag noch nie etwas davon gehört. Dabei passt das eigentlich sehr gut in die Richtung Computerschach&Spiele, was ja auch andere ähnliche Dinge mit einschließen sollte.
Das Wort "Arimaa" wurde jedoch hier laut Suchfunktion bisher ganze 4 Mal jemals erwähnt und war auch noch nie Threadtitel. Daher vermute ich fast, dass es für die meisten Anderen genauso neu ist wie für mich bis Sonntag.

Für die, die es nicht wissen, Arimaa wurde 2002 erfunden und designed unter dem Aspekt, dass man es auf einem Schachbrett mit Schachfiguren spielen kann, es jedoch bei gleichzeitig einfach erlernbaren Regeln einen sehr, sehr viel tieferen Suchbaum ergibt als Schach um die Computerprogrammierung zu erschweren.
Weiterhin sind Remise sehr selten und es gibt einen sehr interessanten Ansatz um den Vorteil des Anziehenden zu relativieren.
Herausgekommen ist ein überraschen Andersartiges Spiel, mit äußerst interessanten Aspekten.
Für mehr Infos dazu einfach mal googlen.

Zur Zeit laufen die Vorbereitungen zur alljährlichen "Challenge".

Die Challenge besteht darin, dass zuerst die Top 3 der menschlichen Spieler gekürt wird und ganz nebenbei auch der Weltmeister.
Dann sind die Computer dran um in einem weiteren Turnier festzulegen, wer von den Engines die Top 3 der Menschen herausfordern darf.

Der Erfinder von Arimaa wettet, dass es bis 2020 kein Computerprogramm schafft alle 3 der Top 3 der Menschen zu besiegen.

Was ich sehr interessant finde, ist dass die in der WM verwendeten Zeiten wesentlich Zuschauerfreundlicher sind. Ich glaube es war sowas wie eine Minute pro Zug + 4 Minuten Reserve und alles was man schneller ist, als die eine Minute wird der Reserve hinzugefügt. Dadurch ist das Zuschauen sehr kurzweilig.

Der noch offene Kampf Mensch gegen Maschine übt zusätzlich einen Reiz aus, den es bei Schach leider nicht mehr so wirklich gibt, wo wir uns den Maschinen schon vor über 15 Jahren geschlagen geben mussten.

Wie gesagt, das Spiel ist einfach zu erlernen. Und vielleicht kann ich mit diesem Thread ja ein paar Leute erreichen, die sich ebenfalls den Verlauf der diesjährigen Challenge anschauen wollen. 

So ganz aktuell scheint das nicht mehr zu sein.
Ich denke in dieser Hinsicht ist erwähnenswert, dass 2011 ein Arimaa-Programm von David Wu erstmalig einen der 3 "Verteidiger der Menschheit" geschlagen hat.
Auch in der ELO-Rangliste ist das stärkste Programm mittlerweile auf Rang 4, hat also wirklich bis auf 3 alle Menschen überflügelt.
Wobei da sicherlich auch der extrem geringe Bekanntheitsgrad des Spiels ein entscheidender Faktor ist. Wenn nur 10.000 von 7 Mrd. Menschen das Spiel überhaupt kennen, und sich davon wiederum nur Wenige so stark mit dem Spiel beschäftigen, dass sie wirklich gut darin werden, dann ist die Auswahl an möglichen Aspiranten äußerst gering.
Soweit ich weiß wurden für diese Challenge die 22 besten der Rangliste eingeladen, von denen 20 auch zugesagt haben. Die ELO-Differenzen zwischen denen sind auf Grund der geringen Gesamtspielerzahl auch extrem. Bei dem Spiel was ich vorgestern geschaut habe, musste ein 1800er gegen einen 2300er antreten und wurde dementsprechend auch ziemlich hart düpiert (soweit ich das mit meinen geringen Kenntnissen beurteilen kann).

@Peter: Schön, dass es dir gefällt. Die grobe Gemeinsamkeit zu Schach ist halt auchnoch, dass es sich um ein abstraktes Strategiespiel mit vollständigen Informationen handelt. Was mir an dem Spiel momentan wirklich Spaß macht, ist, dass es dort noch so viel zu Entdecken gibt und man eben nicht diese gigantische Fülle an Lehrmaterial hat, wie das Spiel gespielt werden sollte.
Das Verhältnis zwischen langfristiger Strategie und kurzfristigen Taktiken scheint auch viel eher in Richtung Strategie zu gehen. Solche taktischen Berechnung wie "der schlägt den, dann schlägt der den, und wenn dann der den schlagen würde, hätte man hier eine Gabel" gibt es dort halt nicht. Stattdessen muss man schauen, wie man Kontrolle über Fallen bekommt oder hält und ob und wo es sinnvoll ist gegnerische Figuren festzusetzen.

Übrigens Mal eine kleiner Statistikvergleich:

Bei Schach sieht es etwa so aus:
Sieg Weiß: 37.41%
Sieg Schwarz: 27.46%
Unentschieden: 35.12%
(Quelle: http://www.chessgames.com/chessstats.html )

Bei Arimaa hingegen so:
Sieg Gold: 50.16%
Sieg Silber: 49.84%
Unentschieden: 0%*
(Quelle: http://arimaa.com/arimaa/forum/cgi/YaBB.cgi?board=talk;action=display;num=1163650023;start=31 )

*2008 wurde durch eine Regeländerung die einzige Möglichkeit Unentschieden zu spielen abgeschafft. Davor wurde genau eine gewertete Partie unentschieden gespielt.

Formate wie "Single Elimination" und "Best of Three" wären im Schach völlig undenkbar. In Arimaa ist das selbst in der Weltmeisterschaft völlig normal.

In Punkto Balance und Tauglichkeit für viele verschiedene Wettbewerbsformate ist Arimaa dem Klassiker also um Einiges voraus.

Unter den Leuten, die Beides kennen wird auch beim Vergleich als einziger Nachteil die mangelnde Bekanntheit genannt:

http://www.convinceme.net/debates/5991/Arimaa-vs-Chess.html

Zwischen 2014 und 2015 konnte David Wu, der Programmierer von "Sharp" unglaubliche 400 ELO im "Selfplay" gegen die Vorgängerversion rausholen und gewann damit nicht nur Haushoch die Computermeisterschaft sondern eben auch die Challenge gegen die Menschen.

Die menschliche Überlegenheit ist nun also nichtig.

Äußerst interessant sind seine Ausführungen dazu, wie er die 400 ELO rausholen konnte.

http://arimaa.com/arimaa/forum/cgi/YaBB.cgi?board=devTalk;action=display;num=1429402345

Es wurde fast alles über Stellungsbewertung gemacht.
"Wie verteile ich meine Figuren strategisch sinnvoll auf dem Brett." quasi.
Suchtiefe ist verglichen mit Schach geradezu lächerlich niedrig. Relativ gesehen könnte man sagen: Die findet noch nichtmal sicher ein "Matt in 3 Zügen".

Das Pruning ist so extrem, dass nur grob 2% der möglichen Züge weiterverfolgt werden.

Es gibt einen zusätzlichen Zuggenerator, der garnicht alle sondern nur "taktisch relevante" Züge generiert.

Insgesamt gesehen kann man sagen: Es ist sehr offensichtlich, dass diese KI noch meilenweit von "perfektem Spiel" entfernt ist. Aber für Menschen reicht's halt.