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- - By Clemens Keck Date 2013-03-24 09:24
HAllo zusammen

hat jemand eine Idee - oder weis es sogar, es geht um "vesteckte Varianten" im Buch. Ein Beispiel:

In meinem Buch befinden sich im 8. Zug zu einer Stellung 5 verschiedene Züge zur Auswahl einer darunter wird von meiner Engine bevorzugt in der Analyse. Dummerweise wird dieser Zug als nur 3 Mal gespielt angezeigt und dazu noch 3 Mal verloren, also 0%.
Wenn ich nun diesem Zug im Buch folge erscheinen schon im 9. Zug 5 Abspiele (und nicht 3) und weiterführend sogar einige Hundert.
Ich habe das nun schon sehr oft beobachtet, und es ist nicht sonderlich hilfreich bei der Auswahl von Buchvarianten wenn man auch etwas nach der Buchstatistik gehen will.

Also, kennt diese Problem jemand, und wie erklärt sich das bzw. kann man was sinnvolles dagegen tun?

MfG Clemens Keck
Parent - By Kurt Utzinger Date 2013-03-24 10:16
Hi Clemens
Schon sehr komisch ... sowas darf doch nicht passieren. Da
ich nicht mehr mit CB-Programmen arbeite, kann ich dazu
allerdings keine Erfahrungen beisteuern, obwohl ich - Irrtum
vorbehalten - im Hinterkopf habe, dass mir das bei ChessBase
früher auch schon aufgefallen ist.
Mfg
Kurt
Parent - By Michael Scheidl Date 2013-03-24 10:20
Das geht zweifellos auf eine Zugumstellung zurück. D.h. die Variante mündet (im Buch) in häufiger vorkommende Varianten, die ihrerseits jedoch einer anderen Abfolge derselben Züge entsprangen.
Parent - - By Michael Bechmann Date 2013-03-24 13:33 Edited 2013-03-24 13:43
Der beobachtete Effekt ist relativ einfach zu erklären und sie ist sehr häufig anzutreffen.
Eigentlich ist das auch kein Effekt der Schachprogramme und auch kein Fehler sondern ein folgerichtiger rein theoretischer Effekt, den man im PC eben
sehr plastisch sehen kann. Der Fachbegriff zu diesem Effekt heißt "Zugumstellung": Man hat mit einer "unüblichen" Zugfolge eine Stellung erreicht, die ab dann viele Fortsetzungen im Eröffnungsbuch folgen.

Vergleich: Wenn Sie auf dem Petersplatz im Vatikan stehen ist eigentlich egal, ob Sie bis dorthin auf breiten Autobahnen oder auf Feldwegen und Umwegen hingefahren sind. 
Jedenfalls stehen Sie nun dort (in Ihrem Beispiel am 9.Zug) und sie haben Hunderte Partien - "Es fahren auch viele Wege nicht nur nach Rom sondern auch hinaus".

Noch ein Beispiel - 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 --> viele Partien in den einzelnen Halbzügen, denn das ist eine bekannte Eröffnung.
Man kann die Stellung aber auch anders ansteuern: 1.Sf3 Sc6 2.e4 e5 --> "unüblicher Weg", auch nicht optimal, denn schon 1..Sc6 ist fragwürdig. Man wird bis dorthin nur wenige Partien im Eröffnungsbuch treffen.
Aber nach dem 2.Zug ist man wieder auf der "Hauptstraße" und man sieht genau die Fortsetzungen wie nach 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6.
Parent - By Michael Bechmann Date 2013-03-24 13:46 Edited 2013-03-24 13:55
Hier wird deutlich, dass der Begriff "Eröffnungsbaum" mathematisch-topologisch eigentlich falsch ist. Im Geäst eines Baumes laufen Äste oder Zweige nicht irgendwo wieder zusammen, wenn sie sich erstmal abgespaltet haben.
Ich würde "Eröffnungsnetz" treffender finden. Dann würde man sich auch nicht über den beschriebenen Effekt wundern, sondern man würde ihn als notwendige Folge der Netzstruktur erkennen.
Parent - By Ludwig Buergin Date 2013-03-24 16:37
Hallo Clemens

Aus mehreren Zuschriften wurde  das Problem gut erklärt.
.Allerdings  sind bis jetzt noch keine Vorschläge zur etwaigen Vermeidung oder Minderung solcher Buchstellen gekommen.Der Vergleich mit Rom ist soweit zutreffend,dass es völlig egal ist wie man in die Stadt reinkommt,aber um die Reise gut fortsetzen zu können,gibt es eben nur eine Strasse, die Vorteilhaft raus führt.
.Der letzte Satz ist Computerschachlich zu verstehen.

Gruß Ludwig
Parent - - By Michael Bechmann Date 2013-03-25 22:12 Edited 2013-03-25 22:18
Zur Vermeidung oder Korrektur:
Man könnte (bewusst mit Konjunktiv!) die Lernwerte (Wichtungen) in den Zügen der Zugumstellungen senken.

Sinnvoll ist es nicht:
1. Man müsste alle Zugumstellungen bei jedem Halbzug die Wichtungen senken. Das ist bei einem großen Eröffnungsbich eine "Sysyphus-Arbeit", denn schon die Kombinatorik lehrt,
dass es bis nur zum 5. Zug (also 10 Halbzüge) bis zu über 3,6 Mill. Zugumstellungsvarianten mit jeweils 10 Halbzügen zu korrigieren gilt.
Wohlgemerkt nur bei einer einzigen Eröffnung, wie etwa der bekannten "B90" 1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 a6". 
Fast alle dieser Zugumstellungen sind nicht zweckmäßig, meist auch grob nachteilig. Genau deswegen bekommt man im Eröffnungsbuch kaum Partien in der Zugumstellung zu sehen.
Wenn man manuell korrigieren möchte, kann niemand bestimmen, wie weit man die Wichtungen senken sollte (nur -1 oder bis -125).

Es wäre auch falsch, weil in den einzelnen Halbzügen auch andere Fortsetzungen eingetragen sind und deren Wahrscheinlichkeiten "verfälscht" werden.
Beispiel: 1.e4 c5 2.Sf3 d6 ... . Man könnte in der Zugumstellung 1.e4 d6 2.Sf3 c5 den Halbzug 1..d6 auf -125 senken. Möglicherweise würde dann 1..d6 nicht mehr ausgespielt (kommt auf das Eröffnungsbuch an).
Offenbar hat man das erreicht, was man wollte: 1..d6 spielt Fritz nicht mehr.
Dann vergisst man aber, dass 1.e4 d6 sehr wohl auch eine bekannte Eröffnung ist, die in den nächsten Zügen nur meist eben nicht auf die Zugumstellung "B90" endet,
weil man nach 1.e4 d6 bessere Alternativen hat - etwa 2.d4 Sf6 3.Sf3 g6...

2. wesentlich sinnvollere Variante - und auch die einfachste:
Nichts künstlich korrigieren! Bei einem guten Eröffnungsbuch sorgt bereits die Anzahl der Fortsetzungen - also genau das, was Sie festgestellt haben - dass man beim Ausspielen von Engines keine nachteiligen Zugumstellungen bekommt, weil die Anzahl die
wichtigste Komponente zur Bestimmung der Eröffnungswahrscheinlichkeit ist.
Auch hier ein Beispiel: 1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 und dann 4.Sc3 (statt erst im 5.Zug wie in der Hauptvariante, vgl. oben).
Hier wäre es höchst bedenklich, wenn 4.Sc3 mit vielen Partien (womöglich mehr als 4.Sxd4!) im Eröffnungsbuch stehen würden, denn das ist eines der vielen grob nachteiligen Zugumstellungen und es gibt keinen Sinn einem groben Fehler künstlich
höhere Ausspielwahrscheinlichkeit zu verschaffen.
Oder andersherum zu argumentieren: Wenn man innerhalb einer Zugumstellung nur wenige eingetragene Partien sieht (etwa nur 0 Partien oder möglicherweise in grauer Schrift [das ist dann eine Zugumstellung, wenn man die Option "ungespielte Zugumstellungen" aktiviert], dann kann man sich auch darauf verlassen, dass die Zugumstellung tatsächlich schlecht ist, denn sonst würden die meisten sie wählen - Tun sie aber eben nicht, sie wählen in diesem Bsp. eben tunlichst nicht 4.Sc3 ("Feldweg mit Fallgrube") sondern doch
die "Hauptstraße" 4.Sc3.  

Parent - By Ludwig Buergin Date 2013-03-27 12:44
Hallo Michael

Danke Dir für Deine sehr ausführliche Beschreibung der Möglichkeiten zum Umgehen des von Clemens geschilderten Problemes.
.Dass Du bis jetzt keine Antworten auf Deine Darstellung von den möglichen auftretenden Schwierigkeiten der Anfangzügen bekommen hast,kann an der Komplixität  dieses speziellen Teiles vom Schach liegen.

Gruß Ludwig
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