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Up Topic Hauptforen / CSS-Forum / Houdini 3 : ClusterRybka Game 4 Was ich bisher spannend fand
- - By Marcus Jansen Date 2012-12-06 20:07
Hallo,

da sich die meisten Postings zu der 4. Partie mit irgenwelchen Übertragungsrechten beschäftigen, die ich in der Tiefe nicht wirklich spannend finde, habe ich mich entschlossen, hier ein neues Thread zu öffnen.

Das war das erste mal, dass ich große Teile der letzeten Partie live verfolgt habe und diese mit Houdini auf meinem Notebook mit analysiert habe:
Meine Eindrücke zu der Partie selbst:
1. Die Anmerkungen zu der Partie selbst, welcher Art auch immer, sind 24 Stunden danach erstaunlich spärlich. Was ist los? Sind hier etwa alle vor Ehrfurcht erstarrt? Dann mache ich mal eben den Anfang.
2. Ich habe gesehen, der Rechner macht stellenweise 34 Mio Züge in der Sekunde. Ich finde, die Diskussion ob es tatsächlich so viele sind oder weniger/mehr nicht so von Bedeutung. Was wichtig ist, ist die Relation. Auf meinem Notebook macht Houdini (eigentlich müßte das Programm nach der dritten gewonnenen Partie HAUdini heissen) ca. 5 Mio Züge in der Sekunde. Also ein Faktor von ca. 7. Dann hat es mich interessiert, was so eine Maschine kostet. Hier gibt es einen Hinweis:
http://www.slashcam.de/news/single/2-x-8-Core-Xeon-System--Die-Mac-Pro-Alternative--9929.html
Nicht gerade ein Rechner von der Stange, ich war allerdings schon überrascht, dass es inzwischen nur ein kleines Vermögen kosten würde.
3. Damit komme ich zum nächsten Punkt. Bei einigen Zügen hatte ich festgestellt, dass mein Rechner anders gezogen hätte als im Spiel tatsächlich passiert. Als ich den Zug ausgeführt habe, sank die Bewertung um bis zu einem halben Punkt. Es war allerdings nur eine Frage der Zeit, mal bis 15-20 Min bis sich die Bewertung erholt hatte bzw. sogar weiter gestiegen ist. Siehe Punkt 2.
4. Das führt mich zu der Überzeugung, dass wir noch lange nicht am Ende der Fahnenstange sind, was die Steigerung der Computer-Spielstärke in der Zukunft angeht. Die ersten Untersuchungen zu der abnehmenden Grenz-Spielstärke mit jedem weiteren Ply hat schon Ken Thompson vorgenommen, Stefan Meyer-Kahlen hat dazu vor mehreren Jahren auch eine Untersuchung gemacht. Gerade gestern habe ich auch ein interessantes Posting dazu hier im Forum gesehen.
Man muß kein Mathematiker sein, um zu verstehen, dass es diesen abnehmenden Grenznutzen geben muss. Ich glaube aber, dass die Computer noch lange nicht soweit in die Tiefe werden schauen können, damit es unwichtig wird 1 Ply weiter zu rechnen.
5. Ich weiß nicht, wie es anderen gegangen ist. Ich habe lange gebraucht um zu erahnen, dass weiß tatsächlich besser steht.
Diese chirurgische Präzision, mit der Houdini Rybka zur Strecke gebracht hat bzw. die hartnäckige Verteidigung von Rybka ist sowieso jenseits meines Horizonts. Und wenn ich es faszienierend finde, habe ich keine Zeit und auch nicht wirklich die Motivation die Analyse in der Tiefe (26-27 Ply) durchzuführen. Ich werfe mal eine Zahl. Ich schätze ein GM bräuchte mit einem schnellen Computer ca. einen Tag, um so eine Partie gebührend zu analysieren. Damit meine ich herauszufinden, wo die Partie definitiv gekippt ist, also nicht mehr in der Remisbreite, und ggf, wo man besser, hartnäckiger verteidigen könnte.
Jedenfalls bitte nicht das übliche Gerede, die Partie wäre ab da im höheren Sinn verloren.
6. Es ergibt sich zwangsläufig die Frage, die hin und wieder auf die letzten Tage aufgetaucht war, was kann der Mensch im Fernschach noch besser machen, angesichts dieser "rohen Gewalt". Ich persönlich glaube, nicht mehr viel.
Ich fände, es wäre ein interessantes Experiment, mit so einer Maschine im Fernschach gegen einen GM anzutreten, der genau die gleiche Maschine und das gleiche Programm zur Verfügung hätte in einem Match aus z. B. 10 Partien. Ich weiss, egal wie der Ausgang wäre, statistisch hätte so ein Ergebnis keine Aussagekraft. Ich glaube aber, dass das Gespann aus Mensch und Maschine, wenn überhaupt, inzwischen nur ganz leichte Vorteile hätte. Wieso das? Diese Stellungen, die der Mensch besser als Computer versteht sind zweifellos vorhanden. Nur die Anzahl ist überschaubar (gemessen an allen Stellungen, die im Spiel vorkommen können), diese werden von Jahr zu Jahr ohnehin weniger und das wichtigste ist, es ist eine Mär zu glauben, der Mensch hätte großen Spielraum, diese im Spiel herbeizuführen. Es dürfte inzwischen sehr, sehr selten vorkommen und demzufolge für den Ausgang eines solchen Matches nicht wirklich relevant sein.

Gruß
Marcus Jansen
Parent - - By Michael Scheidl Date 2012-12-06 21:27
Ich befürchte daß mittlerweile, aktuellen Stand der Technik-Ausrüstung vorausgesetzt, Mensch+Maschine schwächer ist als die Maschine alleine. Vielleicht ausgenommen gute GMs.

Zitat:
Man muß kein Mathematiker sein, um zu verstehen, dass es diesen abnehmenden Grenznutzen geben muss.

Die Erfahrung spricht - zu meiner eigenen Überraschung - dagegen. Bis jetzt ist höhere RT. immer stärker, auch in Dimensionen von 30+. Das wirft ein interessantes Bild auf das Schachspiel, für dessen Interpretation erstrangige Schach-Kompetente sorgen sollten...
Parent - By Benno Hartwig Date 2012-12-07 11:20
[quote="Michael Scheidl"]Ich befürchte daß mittlerweile, aktuellen Stand der Technik-Ausrüstung vorausgesetzt, Mensch+Maschine schwächer ist als die Maschine alleine. [/quote]Streng genommen, kann das so nicht stimmen, denn der 'beteiligte' Mensch könnte immer die Strategie verfolgen, der Engine nie reinzuquatschen.

Wenn ich dich aber recht verstehe, dann gilt deiner Meinung nach folgendes:
Code:
Wenn ein im Schach und Ciomputerschach recht versierter Mensch sich auch nur einmal in der Partie anmaßt, einen Zug der Engine zu überstimmen, dann wird i.A. eine schwächere Partie dabei herauskommen.

Falls ich dich so richtig verstand: wie begründest du solch eine These?
Dass es ggf. unklug ist, es bei jedem 2. Zug besser wissen zu wollen als die Engine, mag ja angehen.

Benno
Parent - - By Patrick Götz (Mod.) Date 2012-12-07 01:57
Hallo Marcus,

Zu 1) Ich konnte nicht viel dazu schreiben, weil es mir so ging wie Dir: ohne die Bewertung der Computer hätte ich lange Zeit keine Ahnung gehabt, dass Weiß die Partie (sicher) gewinnen würde.
Ich denke Dein Beitrag drückt aus, was viele hier fühlen, prima, dass Du es hier mal so deutlich geschrieben hast. Vielleicht kommen jetzt noch ein paar Wortmeldungen.

Zu 2) 5000-6000 Euro ist eine Nummer, aber man kann auch einen 500 Euro Quad-Rechner (Intel i5) einfach ca. doppelt so lange rechnen lassen um auf die gleiche Spielstärke zu kommen, zumindest für's Fernschach wäre das eine sinnvolle Option, da dann auch die Stromkosten niedriger ausfallen. ( Rechnung: Gewinn von 4 Core auf 8 Core (ca. 1,5) * 8 Core auf 16 Core (ca.1,4) = 1,5*1,4= 2,1  )

Zu 4) Da kann ich Dir gerne noch mehr Daten liefern, ich habe dazu gerade ein Thema eröffnet.

Zu 5) So ging es mir auch. Während des Spiels hat glaube ich Michael Scheidl im Chat sogar noch bei Bewertungen über +500 geschrieben, das er noch an ein Remis glaubt, weil er keinen Vorteil auf dem Brett für Weiß sehen kann. Ich denke außer die Computer hat fast keiner so richtig verstanden was wirklich gerade auf dem Brett vor sich ging.

Zu 6) Wie in Punkt 2) beschrieben reicht fürs Fernschach ein durchschnittlicher Quad-Core-Rechner von der Stange. Ich sehe es so wie Du und wenn Du mitmachst bin ich dabei  (siehe mein Beitrag "Fernschach und Computer" ) . 

Gruß
Patrick
Parent - - By Michael Scheidl Date 2012-12-07 02:16
Zitat:
Während des Spiels hat glaube ich Michael Scheidl im Chat sogar noch bei Bewertungen über +500 geschrieben, das er noch an ein Remis glaubt, weil er keinen Vorteil auf dem Brett für Weiß sehen kann.

Nicht mehr bei +5, aber noch bei +2...2.99 bin ich das Risiko eingegangen zu behaupten: Das ist nur ein Bewertungsvorteil, kein echter! Welch ein Irrtum. Zudem bin ich ja nur Hobbyspieler und kein GM. Tatsache war jedoch, in diesen Phasen war es leicht "banale" schwarze Schwächen aufzuzählen, aber ebenso leicht weiße Schwächen aufzuzählen. Im Chat konnte niemand darlegen worin konkret der weiße Vorteil bestand.

Doch sämtliche Engines waren mehr oder weniger derselben Meinung, und der Partieverlauf gab ihnen recht.
Parent - By Benno Hartwig Date 2012-12-07 11:32
[quote="Michael Scheidl"]Doch sämtliche Engines waren mehr oder weniger derselben Meinung, und der Partieverlauf gab ihnen recht.[/quote]Die eigentliche positionelle Bewertung der Engines mag deutlich schlechter sein als die sehr viele Menschen und erst recht als die der GMs. Aber sie bewerten in dieser Weise die Stellungen, die 15 oder 20 Plys in der Zukunft liegen(!), und sie führen die fehlerfrei(!) gemäß minimax-Idee auf die Zugauswahl in der aktuellen Stellung zurück. Das hat dann auch Qualität.

"Vielleicht sind meine Waffen nicht so wirkungsvoll wie deine. Aber sie machen nette kleine Löcher und ich finde, das hat auch was für sich." sagte ja bereits Frank seinerzeit.

Benno
Parent - - By Horst Sikorsky Date 2012-12-07 08:14
Hallo Patrick,
die guten Fernschach GMs haben für so einen Wettkampf (selbst bei 2Partien) keine Zeit oder keine Lust.
Oder es müsste sehr viel Antrittsgeld gezahlt werden (und mit ICCF Bedenkzeit gespielt werden).
Sie sind aber, bei gleicher Technik-Ausrüstung gegenüber Rechenknechten im Vorteil.
im Fernschach werden viele Varianten "für den Papierkorb" Analysiert, was aus meiner Sicht
nachteilig für den Rechenknecht ist!!
Gruß Horst
Parent - By Patrick Götz (Mod.) Date 2012-12-07 10:06
Hallo Horst,

[quote="Horst Sikorsky"]
die guten Fernschach GMs haben für so einen Wettkampf (selbst bei 2Partien) keine Zeit oder keine Lust.
[/quote]
bis jetzt war es eher so, das die Schwierigkeit darin lag die freiwilligen Engine-Spieler zu finden.

[quote="Horst Sikorsky"]
Im Fernschach werden viele Varianten "für den Papierkorb" Analysiert, was aus meiner Sicht
nachteilig für den Rechenknecht ist!!
[/quote]
Für mich wiederum  scheint eine Fernschachanalyse, aus technischer Sicht, ineffizienter zu sein.
1. Weil in Fernschachspieler in die Varianten geht und dabei einige (entschiedene) Varianten vernachlässigt oder gar nicht behandeln kann.
2. Weil der Fernschachspieler durch das hin und hergehen in den Varianten viele Knoten (in der Suche) x-fach berechnen lassen muss (=ineffizient)

Gruß
Patrick
Parent - - By Benno Hartwig Date 2012-12-07 11:24
[quote="Horst Sikorsky"]die guten Fernschach GMs haben für so einen Wettkampf (selbst bei 2Partien) keine Zeit oder keine Lust.[/quote]Und sie haben akzeptiert, dass in computerschachinteressierten Kreisen meist die These vertreten und akzeptiert wird, dass auch Top-GMs mit den aktuellen Engines auf aktueller Hardware nicht oder sogar bei weitem nicht mithalten können.
Der Beweis wird aber wohl auf lange Sicht nicht (nie?) gegeben.
Benno
Parent - - By Horst Sikorsky Date 2012-12-07 18:00
[quote="Benno Hartwig"]
Und sie haben akzeptiert, dass in computerschachinteressierten Kreisen meist die These vertreten und akzeptiert wird, dass auch Top-GMs mit den aktuellen Engines auf aktueller Hardware nicht oder sogar bei weitem nicht mithalten können.
Der Beweis wird aber wohl auf lange Sicht nicht (nie?) gegeben.
Benno
[/quote]
Bei gleich guter Hard und Software?
Das ist ein Witz oder?
Horst
Parent - By Benno Hartwig Date 2012-12-07 18:41
[quote="Horst Sikorsky"]Bei gleich guter Hard und Software?
Das ist ein Witz oder?[/quote]Ich verstehe jetzt deine Pointe nicht.
Ich beschrieb, dass GMs den aktuellen Engines auf aktueller Hardware untelegen sein könnten. Dass das zumindest sehr oft so vermutetet wird.
Welche 'gleich gute Hard- und Software' hast du in diesem Zusammenhang im Sinn?
Benno
(ich möchte halt mitlachen können)
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