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Up Topic Hauptforen / CSS-Forum / Svetozar Gligoric 02.02.1923 - 14.08.2012
- - By Chrischan Date 2012-08-14 21:27
Einer der letzten Zeitzeugen einer immer kleiner werdenden Schachclique ist heute verstorben. Ruhe sanft und meine Mitgefühl den Hinterbliebenen.
Viele werden wohl jetzt von mir eine eine schöne Partie erwarten um sie dann mit Houdini zu zerlegen.

In einem mir inzwischen liebgewordenen Buch wurden 3 Fragen an viele Schachmeister gestellt. Auch Gligoric äußerte sich, wie ich finde ein durchaus möglicher Nachruf.

1. Was verstehen sie unter Schönheit des Schachs?

2. Nennen sie eine ihrer Partien, die ihnen den höchsten ästhetischen Genuß verschaffte!

3. Welche Partie bzw. Kombination ihrer Zeitgenossen oder eines Schachspielers der Vergangenheit hat sie am stärksten beeindruckt? Was bewundern sie an diesem Werk?

Gligoric Antworten am 25.12.1981

zu 1. Die gesamte Schachpartie mit allen ihren Phasen stellt eine geschlossene Einheit dar. In diesem Kampf um Raum und Zeit, in dem die Figuren eine maximale Wirkung erzielen sollen, geht nichts zufällig vor sich. Im Schach tritt die Schönheit der Logik und die Dialektik der Erhaltung oder Störung des anfänglichen Gleichgewichts imposant in Erscheinung. So oder so, es ist das Ergebnis tiefgründiger Gesetzmäßigkeiten, die mit unerbittlicher Gerechtigkeit auf dem Brett herrschen. Das Endziel, ungeachtet der Kräfteverteilung den Gegner matt zu setzen, bereichert das schachliche Denken mit einer unerschöpflichen Pracht an schöpferischen Möglichkeiten. So wird im Wettkampf- und Schaffensprozeß eine neue Kunstsphäre geboren, die in vollem Glanz den Reichtum und die ästethische Erfüllung des menschlichen Denkens widerspiegelt.

zu 2. Es fällt mir schwer, nur eine auszuwählen. Zu meinen besten Partien zähle ich die gegen Smyslow ( Kiew 1959 ), Portisch (Manila 1974 ), Yanofsky ( Saltsjöbaden 1948 ), Botwinnik ( Hamburg 1965 ), Najdorf ( Mar del Plata 1953 ), Petrosjan ( Zagreb 1970 )

zu 3. Botwinnik - Capablanca ( AVRO 1938 ) wegen ihrer tiefgründigen Strategie, die mit einer herrlichen Kombination gekrönt wird; Fischer-Gheorghiu ( Buenos Aires 1970 ) wegen der lehrbuchmäßigen Verwertung eines geringen Raumvorteils; Fischer - Petrosjan ( 7. Matchpartie 1971 ) wegen der vollendeten Ökonomie der Zeit ( der Tempi ) und dem logisch geführten Endspiel; Tal-Botwinnik ( 1. Matchpartie 1960 ) wegen der hervorragenden Konzentration aller Figuren auf den Angriff; Karpow - Spasski ( 9. Matchpartie 1974 ) wegen der überraschenden, feinfühligen Manöver, dem Gipfel des Positionsspiels!

Machs gut Svetozar
Parent - By Arno Nickel Date 2012-08-15 02:01
Danke für diese wundervolle Homage.
Gligoric war wirklich einer der ganz Großen in seinen Glanzzeiten, und was mich auch beeindruckt hat - menschlich - er hat als Partisan für die Befreiung seiner Heimat gegen Hitler-Deutschland gekämpft.
Viele waren von ihm auch als Gentleman beeindruckt.
Es lohnt sich, gerade in der heutigen Zeit, sich noch einmal auf seine Spuren zu begeben.
Parent - By Peter Martan Date 2012-08-17 07:15 Edited 2012-08-17 07:23
Nachruf bei chessbase auf Deutsch
http://www.chessbase.de/nachrichten.asp?newsid=13268
und auf Englisch
http://www.chessbase.com/newsdetail.asp?newsid=8411
Die Bilder darin sind aus der Chess Notes site von Edward Winter:
http://www.chesshistory.com/winter/extra/gligoric.html
Ich weiß nicht, wer das gesagt hat, ich gebe es als Zitat eines Zitates an, weil ich nichts besseres zu sagen weiß, aber auch nicht still sein will:
"Die größte Tragödie ist, wenn ein Mensch die Musik, die ihm gegeben ist, mit ins Grab nimmt."
Gligoric war es gegeben, einen Teil seiner Musik bei uns zu lassen.
Ich kannte ihn nicht persönlich, er soll ja auch ein Musiker gewesen sein, aber auch das ist das Schöne an der Musik, (die ich auch im Schach höre manchmal) die uns bleibt: es kommt nicht so sehr darauf an, wer sie komponiert hat, wir müssen sie nur verstehen und schön finden.
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