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Up Topic Hauptforen / CSS-Forum / Alternative Idee zu Patt- sowie zu Beraubungssieg
- - By Michael Scheidl Date 2012-04-20 15:41
Man könnte die (Haupt-)Punktevergabe unverändert lassen, aber bei einer Feinwertung á la Sonneborn-Berger ein Partieende durch Patt, oder sogar auch wenn eine "Beraubungssituation" remis wurde, für den einen Spieler wie einen Sieg werten. Wobei ich aber f.d. Feinwertung des anderen nichts ändern, also das wie bisher als remis mitrechnen würde.

Klar, daß das bei Buchholz nichts bringt; ich weiß nicht ob letzteres im Fernschach eine Rolle spielt. Jedenfalls, wenn es in einem kompletten Rundenturnier sehr knapp zugeht, könnte obiges bestimmt mitunter über Platzierungen mitentscheiden. Das ganze hängt natürlich vom jeweiligen Reglement an sich ab, d.h. ob und welche Feinwertung, oder werden Tiebreak-Partien benötigt (im Fernschach vermutlich unüblich?).

Wobei ich diesen Vorschlag als eine allgemeine Option sehe, welche ein Turnierveranstalter umsetzen könnte oder auch nicht, nicht nur beim Fernschach sondern z.B. auch beim Freestyle, oder überhaupt überall. Denn da sich an der wesentlichen Punktevergabe nichts änderte, rechne ich damit daß das "Spiel an sich" wie bisher geführt wird und die ganze Endspieltheorie, Studien und sämtliche Engines, Tablebases usw. ihre "Gültigkeit" behalten, was mir ehrlich gesagt sehr angenehm wäre...
Parent - - By Roland del Rio Date 2012-04-20 18:18
Der Ansatz sieht auf den ersten Blick aus wie eine Abschwächung der Wirkung zugunsten besserer Verträglichkeit, wofür vieles spräche.
Könnte man auch als Testphase sehen, an die sich, falls von Erfolg gekrönt, ein Hochziehen in die Partiewertung anschließt.
Zumindest Fernschachspieler schätze ich allerdings so ein, dass sie, wenn es auch nur um die Feinwertung geht, genauso hart kämpfen, als ginge es um die Partiewertung.
Somit in der Praxis dort eher gleicher Verträglichkeit/Widerstand/Aufwand  bei aber garantiert schwächerer Wirkung?
Der Ansatz gefällt mir aber sehr gut. Vielleicht lohnt es sich nach Wegen zu suchen, die eine breitere Akzeptanz finden und testweise einen ersten Schritt in Richtung Remisquotensenkung darstellen.

Viele Grüße
Roland
Parent - By Michael Scheidl Date 2012-04-20 20:05
Ja eben; ich habe mir gedacht das wäre ein Kompromiß. Zwar mit weniger Nutzen für's Patt, aber sozusagen auch mit weniger Schaden am klassischen Schach mit seinen schon so lange eingewurzelten Regeln.

Wir hier sind allerdings hautpsächlich (obgleich nicht nur!) ein Computerschachforum und mich würde interessieren wie diesbezügliche Diskussionen auf allgemeinen Schach- oder auf Fernschachforen ablaufen - falls es die gibt?
Parent - - By Peter Martan Date 2012-04-20 19:04 Edited 2012-04-20 19:11
[quote="Michael Scheidl"]
..., rechne ich damit daß das "Spiel an sich" wie bisher geführt wird und die ganze Endspieltheorie, Studien und sämtliche Engines, Tablebases usw. ihre "Gültigkeit" behalten, was mir ehrlich gesagt sehr angenehm wäre...
[/quote]

Hallo Michael!

Über deinen Vorschlag könnte man sicher auch nachdenken, dass sich durch eine Pattsiegregel, wie sie Arno propagiert, am Spiel an sich aber mehr ändern würde, als beabsichtigt, glaube ich eigentlich auch nicht mehr.

Ob überhaupt und in welchen Partien welche Gegner mehr Anreiz fänden, auf Pattsieg zu spielen, kann man nur durch Versuch und Irrtum herausfinden. Studien, die engines und die tablebases können meiner Meinung nach auch nicht wirklich anders werden, weil die Gewinnpunkte andere sind und für die engines die evals der Endstellungen verändert werden.

Natürlich müssten auch Studienkomponisten nicht wirklich alle bisherigen Pattstudien in "Weiß gewinnt einen Viertelpunkt"- Studien umbenennen, die Gefahr, dass weiterhin ein "Weiß hält Remis" auch mit Pattsiegregel kein gültiges mehr ist, liegt eigentlich auch nur dann vor, wenn das Remis sowohl durch Patt als auch anders erreicht wird, das ist aber im Sinn eines geschlossenen Themas einer Studie sowieso zumindest unschön.
Im Gegenteil, eine Pattstudie, die bisher ein Loch hatte, weil das Remis auch auf anderem Weg als dem Lösungsweg erreichbar war, wäre mit der Zusatzregel plötzlich dicht, wenn das Patt nur auf einem Weg geht, schafft also nur Erleichterung, es gäbe eben eine Studienart mehr, niemand muss sowas zu komponieren versuchen, wenn aber jemand eine ansonsten auch witzige Studie dadurch schafft, auch einfach mal schauen, ob's irgendeinen Preis kriegt.

Es muss ja vor Allem überhaupt niemand irgendwas Neues ausprobieren, wovor ihm graust, es muss ja auch niemand Chess960 spielen, der an der Eröffnungstheorie hängt.
Parent - - By Peter Martan Date 2012-04-20 19:17 Edited 2012-04-20 19:19
[quote="Peter Martan"]
..., es muss ja auch niemand Chess960 spielen, der an der Eröffnungstheorie hängt.
[/quote]

Schlechtes Beispiel, das ist ja wirklich ein anderes Schach, beim Pattsieg hingegen würde mich gerade von den Blechis interessieren, ob der sehr dominante Einheitswinorsavedrawalgorithmus der Neuzeit nicht vielleicht doch auch etwas mehr Punkte einfahren würde, automatisch, ansonsten ganz wie ist, nur durch die eval- Veränderungen von ein paar Endstellungen, was meinst du?
Im Zeitalter des Automatenschachs ließe sich das jedenfalls am schnellsten und am einfachsten ausprobieren, glaube ich.
Parent - - By Michael Scheidl Date 2012-04-20 20:27
Was das konkret in der Schachpraxis bedeuten würde, kann ich zugegebener Maßen nicht so recht einschätzen. Vielleicht ist der "ordinäre" Dreisteiner KB-K der wesentlichste, denn offensichtlich wären bisherige Remisstellungen dann 0,75 Punkte wert wenn der Einzelkönig den Bauern nicht gleich schlagen kann. Doch vermutlich gibt es noch eine Fantastillion anderer Fälle die umbewertet werden müßten...

Obigen Vorschlag habe ich aus zwei Gründen entworfen: Erstens, um eine gewisse geistige Beweglichkeit zu demonstrieren obwohl ich fest am klassischen Schach festhalte, und zweitens weil das Thema hier so viel Interesse fand: Etwas uninteressantes bewirkt keine Threads mit 70+ Postings.

Somit kann das CSS-Forum als Seismograph für wirklich Erschütterndes dienen...
Parent - - By Ingo Bauer Date 2012-04-20 20:47 Edited 2012-04-20 20:50
Moin,

[quote="Michael Scheidl"]
... und zweitens weil das Thema hier so viel Interesse fand: Etwas uninteressantes bewirkt keine Threads mit 70+ Postings.
[/quote]

Ist wirklich die Anzahl an Postings ein Maßstab oder sollte, wenn man zu solchen Mitteln greifen muß, nicht eher die Anzahl an individuellen Schreibern mit einer Meinung das Kriterium sein?

Auch die Tatsache das ansonsten gerade nichts los ist könnte eine höhere Beteiligung provozieren ... Ich jedenfalls Probleme die Masse an Postings als irgeneinen Hinweis zu deuten.

Gruß
Ingo
Parent - By Michael Scheidl Date 2012-04-20 21:33
Da hast Du wohl recht. "Major releases", wie Hiarcs 14 oder Komodo 4 MP, lassen auf sich warten und zweit- oder drittrangige Engines finden traditionell wenig Interesse vor.

Leider kann man die Anzahl and individuellen Schreibern nicht bequem ablesen.
Parent - - By Ingo Althöfer Date 2012-04-20 20:46
Lieber Herr Scheidl,

mir gefällt die Idee ausgezeichnet, gerade auch,
weil Spieler automatisch vom frühen Remismachen abkommen
dürften, wenn sie die Chance auf einen Pattsieg sehen.

Ingo Althöfer.
Parent - - By Michael Scheidl Date 2012-04-20 21:38
Mich freut Ihre Zustimmung und ich denke, dieser Vorschlag hätte vermutlich gerade im Fernschach Chancen falls sehr viele Leute unzufrieden sind, wenn ein ein höchst geistreich erarbeiterter Materialvorteil nicht mehr als 0,5 Punkte erzielt.

Es macht sicher einen Unterschied wieviel Zeit man für eine Schachpartie aufwendet. In meiner persönlichen Hobbypraxis mit Online-Blitzpartien ist mir das völlig wurscht...
Parent - By Ingo Althöfer Date 2012-04-20 22:20
[quote="Michael Scheidl"]
Mich freut Ihre Zustimmung und ich denke, dieser Vorschlag hätte vermutlich
gerade im Fernschach Chancen ...
[/quote]

Helfen könnte die Tiebreak-Regel auch bei Matches,
zum Beispiel bei so etwas wie der kommenden WM.

Ingo Althöfer.
Parent - - By Peter Martan Date 2012-04-20 22:39 Edited 2012-04-20 22:46
Wie gesagt, durchaus diplomatischer Vorschlag, wo genau ist aber jetzt doch noch gleich der Unterschied außer in der quantititav anderen Bewertung?

Das Patt wird nicht mehr automatisch als Remis gewertet, mit wievielen Punkten und ob in der Haupt- oder der Feinbewertung, spielt natürlich auch eine Rolle, dass es nicht mehr einfach als Remis gilt, ist aber doch das Wesentliche, nein?

Ich meine in der Grundidee, die elementaren Endspiele mit nicht mehr umwandelbarem Mehrbauern aufzuwerten, und das Patt zum Unterschied von jetzt an- und ausspielenswert zu machen.
Ich glaube halt, wenn man das ausprobieren will, sind Turniere, unter welchen Bedingungen auch sonst immer, dann bald mal aussagekräftig, wenn sie in absehbarer Zeit gewisse vergleichbare Ergebnisse auch in Zahl bringen, unabhängig von den Punkten, wenn die zählen, was die Erfahrung damit angeht, dann wohl wieder je deutlicher, desto besser, nein?

Mich beschäftigt daher mehr und mehr die Frage, ob das für die engine- Programmierung eine schwierige oder leichte Aufgabe wäre, und ob sich dadurch an den Partien und den Ergebnissen im engine- engine- Schach etwas änderte.
Parent - By Michael Scheidl Date 2012-04-21 05:00 Edited 2012-04-21 05:04
Die plausible Erwartung geht natürlich dahin, daß die Remisquote sinken würde. Es ist mir unklar, um wieviel. Jedenfalls würde die Änderung praktisch nur das späte Endspiel betreffen, oder evtl. Übergänge in selbiges. Der Vergleich würde sicherlich durch Konfigurationsdetails wie mit/ohne Tablebases, welche Tablebases, mit/ohne Remisvereinbarung usw. beeinflußt.

Ob die Auswirkung bei Eng-Eng etwas über eine zu erwartende Auswirkung in Menschenpartien aussagt, steht m.E. auch in Frage. Es scheint einen bestimmten Reifegrad zu geben, den Engines nicht erreichen bzw. der ihnen von den Programmieren nicht zur Verfügung gestellt wird, vermutlich weil er keine meßbaren Elo bringt und/oder zuviel Rechenzeit verschlingt.

Typisches Beispiel: Ungleichfarbige Läufer mit daher wertlosen Mehrbauern. Das wird seit jeher von Engines "ungläubig" bis zum 50 Züge-Remis dahingeschleppt. Eine Schande die jedoch, soweit mir bekannt(?),  bis vor kurzem kein Schachprogrammierer der Mühe wert fand sie loszuwerden. Die optionale Verkürzung der 50er-Distanz ist zwar ein guter neuer Schritt in diese Richtung, aber das ist eher nur ein Analysefeature... Engine-Testpartien werden traditionell fast nur mit Defaultsettings gespielt, d.h. über die Auswirkung dessen in praktischen Partien wird man, fürchte ich, nie etwas statistisch relevantes erfahren.
Parent - - By Arno Nickel Date 2012-04-21 18:00
Ich begrüße diesen Vorschlag ebenfalls wärmstens - quasi als Minimalvorschlag. Das ins Tie-break eingehende Patt wäre dann so eine Art "remis plus".
Die geärnderte Tie.break-Regel setzt eine gewisse innere Dynamik frei, denn man muss versuchen, pattzusetzen, wenn die Chance dazu (aber nicht zu mehr) besteht, da einem sonst am Ende des Turniers, bei Punktgleichheit, die schlechtere Wertung droht.
Beim Austesten dieser gemässigten Variante kann sich dann, ohne allzu große Änderungen verursacht zu haben, zeigen, wie gut sie funktioniert und wie sie den Spielern zusagt. Ich kann mir vorstellen, dass manche Spieler, die den "radikalen" Wechsel, wie von mir vorgeschlagen, ablehnen bzw. ihm skeptisch gegenüberstehen, zu einem solchen begrenzteren Test bereit sind.
Parent - By Michael Scheidl Date 2012-04-21 19:39
Es freut mich, offenbar einen quasi "tragfähigen" Kompromißvorschlag gefunden zu haben.

Das weitere bleibt abzuwarten...
Parent - - By Roland del Rio Date 2012-04-24 17:41
Hallo Arno.

Da ich sehe, dass du dich hier im Thread vermutlich mit Abstand am meisten mit dem Thema auseinandergesetzt hast, würde mich deine Meinung zu einer Idee interessieren, die mir kürzlich zu dem Thema "Remistod im Fernschach" kam.
Ich greife dein Reti-Zitat auf, denn genau darum geht es mir:

Zitat:
Heute, wo die Schachtechnik sich so verfeinert hat, heute kommt es auf diese Sekunde an. Was ist da natürlicher, als daß man wieder zu den ursprünglichen Regeln zurückkehrt. Lasker hat diesen Vorschlag gemacht, dem wir uns mit ganzer Überzeugung anschließen. Um den Remistod des Schachspiels zu verhindern, müssen feinere Nuancen des Unterschiedes der Spielführung sich im Resultate zeigen, muß man den Beraubungssieg und Pattsieg wiedereinführen, natürlich in der Punktebewertung für Turnierzwecke diese Siege geringer bewerten als den Mattsieg.


So oder so denke ich, dass man alles daran setzen sollte eine Regeländerung möglichst "haltbar" zu machen, sprich sie nicht nur als Brücke für ein paar Jahre zu konstruieren.
Meine grundsätzlichen Bedenken an einer Regeländerung habe ich ja schon kundgetan und hier möchte ich nun inhaltlich zum Pattsieg Kritik anbringen und eben einen Alternativvorschlag machen.
Wie ich schon sagte, bezieht sich mein Vorschlag (vorerst oder auch dauerhaft, dass muss man dann eben sehen) nur auf bestimmte Fernschachturniere, die nach diesen Regeln ausgeschrieben und gespielt werden.

Es geht mir hier um zwei Dinge:

1.) Die Remisquote/-bandbreite weiter zu verringern, als beim Pattsieg, mit dem Ziel die "Haltbarkeit" einer Regeländerung nochmals zu steigern.
2.) Dem hier ja schon geäußerten "Gerechtigkeits"-Aspekt vielleicht noch ein bischen wenig mehr nachzukommen.

Der Pattsieg liegt in der Bewertung punktemäßig genau in der Mitte zwischen Remis und Matt. Somit wären 2 Pattsiege gleichzusetzen mit 1x Remis und 1x Matt. Betrachten das die meisten als gerecht? Oder ist es viel einfacher zwei Pattsiege zu erreichen, als
einmal einen "echten" (Matt-)Sieg zu erringen und ein zweites Mal ein echtes Remis. Falls dem so ist, könnte man Gefahr laufen, das Spiel insofern zu beeinflussen, als dass man lieber gezielt auf kleine Vorteile mit dem Ziel Mehrbauer spielt, anstatt versucht dem eigentlichen Spielziel Matt nachzustreben. Und wir wollen ja wohl eigentlich "nur" die Partieauswertung beeinträchtigen, aber nicht das Spielen selbst. Weiterhin bezieht sich meine Sympathie für den Pattsieg gemäß den Worten Retis tatsächlich aus der Tatsache, dass man mit für einen erspielten materiellen Vorteil auch ohne Erreichen des Matts, belohnt werden sollte. Und hier setzt meine Idee an, denn ich finde es gefühlt dann nicht in Ordnung, dass man mit K+Bauer vs K 75% der Punkte einfährt, aber mit K+Springer vs. K oder sogar K+S+S vs. K. mit leeren Händen dasteht. Auch dem noch weit von der Umwandlung entfernten Bauern käme im Endspiel plötzlich eine völlig neue Bewertung zu und es könnte sinnvoll sein eine Figur dafür zu opfern, nur um dem Pattsieg zu vermeiden.
Meine Idee hierzu wäre also folgende (geht sicherlich in Richtung Beraubungssieg):
Eine Partie endet wie üblich durch die "50"-Züge-Regel, eine dreifache Stellungswiederholung, ein Matt, ein Patt oder die Übereinkunft der Gegner über das Spielergebnis, was lediglich als Zeitersparnis durch Vorwegnahme eines der anderen Ergebnisse anzusehen ist.
Nach Ende der Partie wird über die Vergabe des Punktes in der Form abgerechnet, als dass man z.B. sagt:
- Bei gleichem Material endet die Partie 0.5-0.5
- Bei ungleichem Material wird gemäß dem Wert auf dem Brett verbliebenen Figuren bilanziert
  Das könnte nur zum Beispiel so aussehen:
  Bauer 0.1 Punkte
  Leichtfigur 0.2 Punkte
  Turm 0.3 Punkte
  Dame 0.5 Punkte
Das Spielergebnis wäre also im Falle eines Pattsieges mit K+Bauer vs. K: 0.6-0.4, mit K+Läufer/Springer vs. K: 0.7-0.3 und bspw. K+Turm vs. K+Läufer: 0.6-0.4. Natürlich wäre über die genaue Vergabe der Punktes noch nachzudenken.
Es entsteht ein System, das sich gemäß dem Wert der Figuren bemisst, also vermeintlich "gerecht" wirkt und es nicht ganz so verlockend erscheinen läßt, im späten Endspiel lieber auf Bauernmehrheit und Pattsieg zu spielen, als Richtung Matt zu steuern.
Stattdessen wird vermutlich konsequent in Richtung Materialvermehrung gespielt, was sich m.E. besser mit den Ziel Matt deckten könnte.
Man könnte als Nachteil des Systems anführen, dass es nun viele mögliche Spielergebnisse gibt, ich denke aber, dass man im Sport durchaus mit einer Nachkommastelle leben kann, da gibt es genügend Beispiele.
Man könnte kritisieren, dass in diesem System die Folgen für das Spiel vielleicht noch unvorhersehbarer als beim Pattsieg, aber wir sind uns ja ohnehin einig, dass man ein System ohnehin testen muss.

So, und jetzt bin ich mal gespannt, was ich alles nicht bedacht habe, aber bitte keine Antworten in Richtung genereller Verweigerung einer Regeländerung. Diese Meinung hinreichend geäußert und akzeptiert.

Viele Grüße
Roland



Parent - By Chess Player Date 2012-04-24 18:41
Hi,
ich schrieb hier schon mal dazu, dass es viele Möglichkeiten der Verbesserungen geben könnte und man es ausprobieren muss da es sich nicht vorhersagen lässt wie sich solche Änderungen auswirken! Es sind zu viele Parameter an denen man gleichzeitig herumschraubt, daher würde ich es einfach lassen!
Parent - - By Arno Nickel Date 2012-04-24 23:23
Hallo Roland,
um es gleich vorweg zu sagen, ich bin schon der Meinung, dass zwei Pattsiege als gleichwertig gegenüber einem Mattsieg und einem Remis betrachtet werden können, weil ich nämlich davon ausgehe, dass die Aufgabenstellung, ein entsprechendes Übergewicht zu erlangen, keineswegs gering erachtet werden sollte und durch vordergründiges Spiel auf Materialgewinn in der Regel nicht erfüllt werden kann.
In der Tat wäre letzteres die einzige Achillesferse der Pattsieg-Regel, die ich bisher ernsthaft hypothetisch erwogen habe, wenn nämlich jemand nachwiese: jawohl, das edle Schachspiel verkommt zur reinen Materialschlacht und entfernt sich vom Ziel des Matts.
Der frühere Beraubungssieg bezog sich ja auf den blanken König und wurde etwas geringer geachtet als  der Pattsieg. Was Du vorschlägst, ist eine Art Bilanzierung, die auch bei beiderseits noch vorhandenem Material zur Anwendung kommt. Das würde zu Recht sehr schnell in den Verruf einer "Erbsenzählerei" kommen, da positionelle Merkmale keine Rolle mehr spielen. Der relative Wert der Figuren im Verhältnis zur Stellung geht dabei verloren. Ich bin ja durchaus der Meinung, dass jemand mit weniger Material zu Recht ein Remis verlangen kann, wenn er den anderen durch sein aktives Spiel daran hindert, einen Pattsieg (z.B. durch die Abwicklung in ein einfaches Bauernendspiel) zu erlangen. Wir hatten schon festgestellt, dass viele Turmendspiele mit Mehrbauer nicht vorteilhaft in ein Bauernendspiel transformiert werden können, und das finde ich auch richtig so.
Der Umstand, dass sich mit König + Leichtfigur gegen König kein Patt erzwingen lässt, mag auf den ersten Blick irritierend wirken, weil doch andererseits ein Bauer diesen Zweck unbedingt erfüllt und oft sogar noch mehr... Nun ist das aber wiederum ein guter Hinweis auf den relativen Wert des Bauern im Endspiel, der sich durch die Möglichkeit der Umwandlung ergibt. Der Bauer ist zwar nach wie vor in seiner Gangart sehr beschränkt, aber ihm fällt die edle Aufgabe zu, in eine andere Figur der freien Wahl umgewandelt werden zu können. Nur daraus bezieht das Endspiel seinen Sinn, wenn wir einmal die reinen und eher seltenen Figurenendspiele außer Acht lassen. Philidor hat sicherlich an das Endspiel gedacht, als er sagte: "Der Bauer ist die Seele des Schachspiels."  
Insofern habe ich kein Problem damit, dass ein Mehrbauer im Endspiel prinzipiell mehr wert ist als eine Leichtfigur, die als nutzloser "Single" daherkommt. (Übrigens sollten 2 Springer doch immer wenigstens ein Patt erzwingen können; sie können sogar mattsetzen, wenn sich der Gegner dumm anstellt. Und mit einer Leichtfigur ist auch noch ein Patt möglich, nur kann es selten erzwungen werden.)
Ich frage mich, nebenbei gesagt, in welcher Form früher der Beraubungssieg festgestellt wurde, und es beschleicht mich der Verdacht, dass man - zumindest mancherorts - schlichtweg die Partie beendet hat, wenn die andere Seite nur noch den blanken König hatte, egal welche Möglichkeiten die überlegene Seite beim Weiterspielen gehabt hätte; quasi nach dem Motto "Es schickt sich nicht, gegen einen König ohne Streitmacht weiterzuspielen." Man gewährt ihm die Ehre, nicht mattgesetzt worden zu sein. Er bleibt gewissermaßen von höchstem Adel, auch wenn er per Beraubung besiegt wurde. Demnach könnte der Pattsieg aber nur gegen einen König erzielt worden sein, der noch über Streitkräfte verfügte, wie reduziert auch immer. Dadurch erhielte die Höherwertigkeit des Pattsieges gegenüber dem Beraubungssieg eine Rechtfertigung.
Für unsere Diskussion sind solche Überlegungen allerdings rein akademischer und historischer Natur. Natürlich muss man, wenn man von einer "Rückkehr" zu den alten Regeln, egal ob zum Beraubungssieg (was ich, wie mehrfach dargelegt, für wenig sinnvoll halte) oder zum Pattsieg (was meines Erachtens in der Logik des Spiels liegt) spricht, berücksichtigen, dass sich das Spiel durch die Reform im 15./16. Jahrhundert grundlegend gewandelt hat. Das haben Lasker und Réti leider nicht genügend getan, d.h. sie haben nur allgemein diskutiert und nicht die konkrete Umsetzung thematisiert.
Viele Grüße,
Arno
Parent - - By Roland del Rio Date 2012-04-25 18:26
Hallo Arno.

Zitat:
Der relative Wert der Figuren im Verhältnis zur Stellung geht dabei verloren.


Interessante Argumentation, der ich folgen kann. Es kann niemals erwünscht sein, dass man z.B. in einem Turmendspiel mit Minusbauer, dafür aber aktivem Turm, mit weniger als einem halben Punkt rausgeht, wenn die Partei mit dem Mehrbauern nicht weiter vorankommt, ohne sich von dem Bauern wieder zu trennen. Um ein prominentes Beispiel zu nennen. Das hatte ich auch nicht im Sinn. Um eine Grenze zu ziehen, fällt mir aber nicht viel anderes ein, als ein Ausspielen der Stellung anzusetzen.
Damit wären wir dann vermutlich genau beim Beraubungssieg, die Geschichte hätte uns eingeholt. Die Argumentation gilt für K+B vs. K aber nur dann nicht in gleicher Weise, wenn man neben dem Matt, das Patt "offiziell" als zweites Spielziel ansieht, zu dessen Erreichung eben der relative Wert des Bauern nicht ebenso gleich null ist wie fürs Matt. Aber gut, das ist/war ja eben auch der Gedanke mit dem es sich anzufreunden gilt.
Was mir nach wie vor nicht geheuer ist, bleibt die in meinen Augen sehr hoch angesetzte Punktausbeute von 0.75. Wie erwähnt sehe ich das als reale Gefahr, dass die beiden nicht konformen Ziele Matt und Patt dann zuviel Einfluß nehmen könnten.
Ein Möglichkeit wäre es statt der 0.75 eben weniger, z.B. nur 0.6 Punkt zu vergeben. Eine andere Möglichkeit stellt die hier im Thread von Michael vorgeschlagenen Variante des Pattsiegs als Feinwertung dar. Im Prinzip geht es darum festzulegen, vielviele
Pattsiege einem echten Mattsieg gleichzusetzen sind. 2x Patt = 1x Matt wäre 0.75 Punkte, 5x Patt = 1x Matt wären 0.6 Punkt oder aber "1x Matt ist durch nichts zu ersetzen", wäre die Feinwertungsvariante. Nur als Feinwertung fand ich den Pattsieg
zuerst vielleicht nicht durchschlagend genug, je länger ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir die Variante aber. Wir sprechen ja von dem Problem zuvieler Remisen. Infolgedessen enden Turniere ja eben in großen Gruppen von Spielern mit
gleichvielen Punkten. Und genau dort wäre die Feinwertungsvariante ja ausschlaggebend.
Neben der besseren Verträglichkeit der Feinwertungsversion bei den Pattsieggegnern, hätte sie auch den Vorteil nicht von dem 1/0.5/0-Partiewertungschema abrücken zu müssen, was bzgl. Öffentlichkeitswirkung des Schachs auch nicht zu verachten ist.
Man würde lediglich eine Feinwertung, die kein Nichtschachspieler versteht, durch eine Andere ersetzen, für die vermutlich gleiches gilt. Pattsieg als Wertung, wäre vermutlich sogar leichter zu verkaufen.
Wenn man sich mit dem Patt als Sekundärziel auch nur ein wenig anfreunden kann, wäre es als Feinwertung durch den direkten Bezug zu den eigenen Partien ohnehin besser als (Wertungs-)Zünglein an der Waage geeignet, als z.B. Sonneborn-Berger und Berliner-Wertung. Über Bucholz wäre zu diskutieren.

Viele Grüße
Roland
Parent - By Arno Nickel Date 2012-04-25 22:28
Hallo Roland,

Zitat:
Man würde lediglich eine Feinwertung, die kein Nichtschachspieler versteht, durch eine Andere ersetzen, für die vermutlich gleiches gilt. Pattsieg als Wertung, wäre vermutlich sogar leichter zu verkaufen.


Schön gesagt. Ja, das ist die Minimallösung, für die ich ein wenig trommeln will. Hauptsächlich kommt es jetzt darauf an, praktische Erfahrungen anhand von Partien, Wettkämpfen und Turnieren zu sammeln. Dazu demnächst mehr.

Beste Grüße,
Arno
Parent - - By Werner Mueller Date 2012-04-21 00:43
[quote="Michael Scheidl"]
Man könnte die (Haupt-)Punktevergabe unverändert lassen, aber bei einer Feinwertung á la Sonneborn-Berger ein Partieende durch Patt, oder sogar auch wenn eine "Beraubungssituation" remis wurde, für den einen Spieler wie einen Sieg werten. Wobei ich aber f.d. Feinwertung des anderen nichts ändern, also das wie bisher als remis mitrechnen würde.

Klar, daß das bei Buchholz nichts bringt; ich weiß nicht ob letzteres im Fernschach eine Rolle spielt. Jedenfalls, wenn es in einem kompletten Rundenturnier sehr knapp zugeht, könnte obiges bestimmt mitunter über Platzierungen mitentscheiden. Das ganze hängt natürlich vom jeweiligen Reglement an sich ab, d.h. ob und welche Feinwertung, oder werden Tiebreak-Partien benötigt (im Fernschach vermutlich unüblich?).

Wobei ich diesen Vorschlag als eine allgemeine Option sehe, welche ein Turnierveranstalter umsetzen könnte oder auch nicht, nicht nur beim Fernschach sondern z.B. auch beim Freestyle, oder überhaupt überall. Denn da sich an der wesentlichen Punktevergabe nichts änderte, rechne ich damit daß das "Spiel an sich" wie bisher geführt wird und die ganze Endspieltheorie, Studien und sämtliche Engines, Tablebases usw. ihre "Gültigkeit" behalten, was mir ehrlich gesagt sehr angenehm wäre...
[/quote]
Bevor Du die ganze Schachwelt in ein Wertungswirrwarr stürzt, sollte man erst die Frage lösen: wer hat eigentlich ein 'Remisproblem'.

Vorab ein einfaches Exempel: eine ELO-Differenz von 100 Punkten ergibt eine Gewinnerwartung von knapp 2/3. Der im Sinne eines 'Remisproblems' worst case wäre, dass nur jede dritte Partie entschieden würde.

Ob Hobbyspieler, Vereinsspieler, ob echter oder gefühlter FM, ob IM oder gemeiner GM ... alle haben es in ihrer Praxis i.d.R. mit einer Gegnerschaft +- 200 ELO (der Hobbyspieler natürlich nur virtuell) zu tun - bei einer ELO-Differenz von 200 Punkten wäre der worst case übrigens, dass nur jede zweite Partie entschieden wird.
Oder um es klarer auszudrücken: bei einer ELO-Differenz von 200 Punkten ist (selbstverständlich nur statistisch) garantiert, dass mindestens jede zweite Partie entschieden wird.

Für 99,999999% der Schachspieler ist also das 'Remisproblem' höchstens theoretischer Natur.
Die Anzahl der Neunen habe ich nicht zufällig gewählt, sondern der Einfachheit halber 12 Mio Schachspieler weltweit angenommen (wahrscheinlich viel zu wenig) und sie ins Verhältnis gesetzt zu dem vielleicht knapp ein Dutzend Spieler umfassenden elitären Kreis der absoluten Top-Spieler, welcher natürlich vornehmlich im Blickpunkt der (blutrünstigen) Schachöffentlichkeit steht.

Dass in diesem elitären Kreis mit einer max. ELO-Differenz von vielleicht gerade mal 50 Punkten (für alle Nicht-Praktiker: in einer konkreten Partie schmelzen 50 Punkte auf gefühlte 0 Punkte) nicht jede Partie entschieden werden kann, liegt in der Natur der Sache. Das hier zitierte Kandidatenturnier 2011 ist sicher kein rühmliches Beispiel, aber doch eher die Ausnahme als die Regel. Und Tatsache ist, dass auf diesem Top-Niveau die Remisquote im Vergleich zu etwa vor 50 Jahren deutlich gesunken ist.
Alles in allem sehe ich auch hier das 'Remisproblem' eher in den Köpfen eines blutrünstigen Publikums.
Btw.: wenn Kramnik - wie in einem Parallelthread gelesen - in dieser Richtung tatsächlich Bauchschmerzen angedeutet haben sollte, dann kann man nur feststellen, dass er sie 2008 in Bonn sicher liebend gern gehabt hätte ... womit mir der elegante Übergang zu den Engine-Rittern gelungen wäre.

Wenn ich zuerst bei den Engines anfange, dann stelle ich mit einem Blick z.B. in die IPON Rating List fest, dass mit einer Remisquote zwischen 30-40% - also mit deutlich mehr als der Hälfte entschieden Partien (Houdini entscheidet 3 von 4 Partien) - das 'Remisproblem' auch kein (und schon gar kein prinzipielles) Problem des Engine-Schachs sein kann.

Bleibt das (im weitesten Sinne) sog. Advanced Chess, insbesondere auch das Fernschach.
Worauf ich mit meiner ellenlangen Einleitung hinaus will, sollte bereits klar sein: das 'Remisproblem' ist im Wesentlichen nicht schachlicher Natur, sondern kann theoretisch (und natürlich auch praktisch) überhaupt nur auftreten, wenn eine zu geringe Spielstärke-Differenz zwischen den Kontrahenten besteht.

Dass der Einsatz von Engines sich nivellierend auswirkt ist klar, aber wenn aus Angst vor dem 'Remistod' des Fernschachs - und es ist ja nicht die Angst vor dem Remis mit einem 'gleichwertigen' Gegner, sondern die Angst vor dem schachlichen Nobody mit lediglich dem notwendigen Equipment - der Ruf nach (quasi) einem Beraubungssieg laut wird, dann ist das doch mehr oder weniger das Eingeständnis, dass die bei anderer Gelegenheit immer wieder hervorgehobene Eigenleistung ... ... ich will es mal ganz böse mit Mieses sagen: "Patt, Sir!" - "Patzer yourself". 
Parent - - By Michael Scheidl Date 2012-04-21 10:53
Das heißt also, was wir sozusagen aus der Masse der (Hobby- und Amateur-)Schachspieler den Profis zurufen sollten ist:

Findet Euch gefälligst mit der Remis-Bandbreite im Schach ab.

Wobei es mich wundert daß Änderungswünsche aus dem Fernschachsektor kommen, wo es wohl um kein Geld geht, und nicht aus dem Nahschachsektor wo es u.U. um Millionen geht...
Parent - - By Werner Mueller Date 2012-04-21 12:01
[quote="Michael Scheidl"]
Das heißt also, was wir sozusagen aus der Masse der (Hobby- und Amateur-)Schachspieler den Profis zurufen sollten ist:

Findet Euch gefälligst mit der Remis-Bandbreite im Schach ab.

Wobei es mich wundert daß Änderungswünsche aus dem Fernschachsektor kommen, wo es wohl um kein Geld geht, und nicht aus dem Nahschachsektor wo es u.U. um Millionen geht...
[/quote]
Ich glaube Du hast mein Posting nur flüchtig überlesen (wenn Dich ausgerechnet das wundert, was ich ellenlang versucht habe zu begründen). Insbesondere auch was ich zum (Profi-)Schach auf Top-Niveau geschrieben haben.
Parent - - By Peter Martan Date 2012-04-21 16:58 Edited 2012-04-21 17:04
Vielleicht könnt ihr euch alle mal wieder etwas zu wundern aufhören, wenn ihr euch vor Augen haltet, dass die Fernschachspieler diejenigen sind, die mit den riesigen Datenmengen an Eröffnungstheorie arbeiten müssen, die es heutzutage gibt, das ist übrigens genau das notwendige Equipment, von dem du schreibst, Zugang zu Datenbanken.
Dass engines allein mit willkürlich zu Testzwecken kastrierten Büchern nicht dasselbe Problem haben, insbesondere wenn die Partien ohnehin niemanden interessieren, ist wohl auch kein Wunder.

Selbst die wirklich starken over the board Spieler können nur das an Eröffnungstheorie beherrschen, was für die entsprechenden Gegner, auf die sie sich vorbereitet haben, in die Köpfe passt, wenn du aber Fernschach spielst, und nicht wirklich alles gebunkerte, was schon mal zur gewählten Eröffnung auf's Brett gekommen ist, abfragst, brauchst du mit noch so gutem übrigen Equipment erst gar nicht antreten.

Kann man sich als Nichtfernschachspieler dann vielleicht doch auch vorstellen, dass das Remisproblem, das natürlich nicht eines der explodierten engines- Spielstärke, sondern der ausgeuferten gespeicherten Theorie ist, an dieser Front etwas dramatischer gewachsen ist, als an den wenigen echten Spielwiesen, die noch geblieben sind?

Natürlich ist das, was sich ein Nahschach- GM alles merken muss heutzutage, auch schlimm, aber das blutrünstige Publikum, so es denn nicht auch dort in erster Linie einfach schönes Schach sehen will, erwartet sich in diesem Zirkus von diesen Gladiatoren ja auch Nervenkriege, Fernschach ist Schach pur.

Das Fernschachpublikum, so es überhaupt neben den Spielern selbst eines gibt, als blutrünstig zu bezeichnen, finde ich noch lustiger als das zugegeben witzige "Patt Sir!"


P.S. Dass gerade du, Werner, vor einem Wertungswirrwarr warnst, in das ausgerechnet die Fernschachspieler die Welt stürzen könnten, find ich auch gut. Ich dachte gerade du hättest den Moment, an dem es mit Elo wem Elo gebührt vorbei war, nicht ganz so verpasst, wie ein paar andere und würdest dich der Elosion als solcher schon länger nicht mehr ganz so träumerisch hingeben, oder habe ich dich da jetzt wieder mit dem anderen Müller verwechselt?
Parent - By Michael Scheidl Date 2012-04-21 18:59
Zitat:
(...) die Fernschachspieler diejenigen sind, die mit den riesigen Datenmengen an Eröffnungstheorie arbeiten müssen

Wobei man diese nicht idealisieren muß. Ich habe versucht, mir aus einer großen IECG-Datenbank die - nach Rating - besten 30.000 Partien heraus zu filtern, und darunter findet man Schmuckstücke wie folgendes (man beachte die Elozahlen)...

[Event "CP.1997.P.00022"]
[Site "IECG"]
[Date "1997.11.19"]
[Round "1"]
[White "N.N."]
[Black "X.Y."]
[Result "0-1"]
[ECO "B01"]
[WhiteElo "2496"]
[BlackElo "2207"]
[PlyCount "22"]
[EventDate "1997.10.27"]
[EventType "corr"]

1. e4 d5 2. exd5 Nf6 3. d4 Bg4 4. f3 Bf5 5. c4 e6 6. dxe6 Nc6 7. exf7+ Kxf7 8.
Be3 Bb4+ 9. Nc3 Re8 10. Kf2 Rxe3 11. Kxe3 Bc2 $3 0-1

11...Lc2!! war allerdings gut; m.E. ein typischer Computerzug. Aber was macht der König eines 2496 Elo-Spielers im 11. Zug auf e3?! - Arbeiten mit Datenmengen an Eröffnungstheorie...? Das "gemeine Fritzbuch" weiß daß 7.exf7+ schlecht ist, und gibt sogar auch 5.c4 ein Fragezeichen.

Wenn das die Standards sind, brauch selbst ich nur einen Quad-Xeon um auf 2600 im Fernschach zu kommen. Sorry wenn ich nicht den angemessenen Respekt entwickle.
Parent - - By Werner Mueller Date 2012-04-22 09:31
[quote="Peter Martan"]
Vielleicht könnt ihr euch alle mal wieder etwas zu wundern aufhören, wenn ihr euch vor Augen haltet, dass die Fernschachspieler diejenigen sind, die mit den riesigen Datenmengen an Eröffnungstheorie arbeiten müssen, die es heutzutage gibt, das ist übrigens genau das notwendige Equipment, von dem du schreibst, Zugang zu Datenbanken.
Dass engines allein mit willkürlich zu Testzwecken kastrierten Büchern nicht dasselbe Problem haben, insbesondere wenn die Partien ohnehin niemanden interessieren, ist wohl auch kein Wunder.

Selbst die wirklich starken over the board Spieler können nur das an Eröffnungstheorie beherrschen, was für die entsprechenden Gegner, auf die sie sich vorbereitet haben, in die Köpfe passt, wenn du aber Fernschach spielst, und nicht wirklich alles gebunkerte, was schon mal zur gewählten Eröffnung auf's Brett gekommen ist, abfragst, brauchst du mit noch so gutem übrigen Equipment erst gar nicht antreten.

Kann man sich als Nichtfernschachspieler dann vielleicht doch auch vorstellen, dass das Remisproblem, das natürlich nicht eines der explodierten engines- Spielstärke, sondern der ausgeuferten gespeicherten Theorie ist, an dieser Front etwas dramatischer gewachsen ist, als an den wenigen echten Spielwiesen, die noch geblieben sind?

Natürlich ist das, was sich ein Nahschach- GM alles merken muss heutzutage, auch schlimm, aber das blutrünstige Publikum, so es denn nicht auch dort in erster Linie einfach schönes Schach sehen will, erwartet sich in diesem Zirkus von diesen Gladiatoren ja auch Nervenkriege, Fernschach ist Schach pur.

Das Fernschachpublikum, so es überhaupt neben den Spielern selbst eines gibt, als blutrünstig zu bezeichnen, finde ich noch lustiger als das zugegeben witzige "Patt Sir!"


P.S. Dass gerade du, Werner, vor einem Wertungswirrwarr warnst, in das ausgerechnet die Fernschachspieler die Welt stürzen könnten, find ich auch gut. Ich dachte gerade du hättest den Moment, an dem es mit Elo wem Elo gebührt vorbei war, nicht ganz so verpasst, wie ein paar andere und würdest dich der Elosion als solcher schon länger nicht mehr ganz so träumerisch hingeben, oder habe ich dich da jetzt wieder mit dem anderen Müller verwechselt?
[/quote]
Zweimal hast Du falsch gelesen:
1) Fernschach hat kein blutrünstiges Publikum, weil klein und sachkundig nicht mit blutrünstig zusammengeht. Und geschrieben habe ich das schon gar nicht.
2) Wertung hat nicht immer was mit Elo zu tun (auch wenn es dein absolutes Lieblingsthema ist). Hier geht es um die Feinwertung bei Punktegleichstand.

Dein Argument mit den kastrierten Eröffnungsbüchern muss ich gelten lassen, insofern als mein Argument nicht ganz stichhaltig war.

ABER:
http://www.iccf-webchess.com/EventCrossTable.aspx?id=13581
Schau Dir doch mal die Tabelle der WC23 an: der Sieger hat 7 Siege aus 16 - also fast die Hälfte der Partien entschieden. Was gibt es denn da (bei einem FS-Turnier auf allerhöchstem Niveau(!)) zu meckern? Ein 'Remisproblem' sieht m.E. anders aus.

Das Problem des Fernschachs ist eher, dass auch und bereits auf weniger hohem Niveau, 'das Gebunkerte' nicht nur 'abgefragt' sondern mit vergleichbarer (wenn nicht mit derselben) Intensität und Phantasie beackert werden muss - um eben nicht Remispartien am laufenden Meter zu produzieren.
Das Argument, dass man einer schachlichen Dumpfbacke mit fernschachlicher Routine nicht so einfach beikommt, kann ich jedenfalls nicht gelten lassen.
Parent - - By Peter Martan Date 2012-04-22 10:47 Edited 2012-04-22 10:55
[quote="Werner Mueller"]
Zweimal hast Du falsch gelesen:
1) Fernschach hat kein blutrünstiges Publikum, weil klein und sachkundig nicht mit blutrünstig zusammengeht. Und geschrieben habe ich das schon gar nicht.
2) Wertung hat nicht immer was mit Elo zu tun (auch wenn es dein absolutes Lieblingsthema ist). Hier geht es um die Feinwertung bei Punktegleichstand.
[/quote]

Das erste hab ich nicht falsch gelesen, sondern ehrlich gesagt ein bisschen absichtlich böswillig interpretiert, bzw. so verstehen wollen, das, was du vom blutrünstigen Publikum geschrieben hast, und dass es halt ums Fernschach auch oder in erste Linie ging, man es also durchaus so verallgemeinernd hätte verstehen können.
Wenn du meinst, klein und sachkundig und blutrünstig ginge nicht zusammen, dann kann das Schachpublikum ganz allgemein auch nicht gemeint gewesen sein, weil groß ist das Schachpublikum sowieso nicht im Vergleich zu anderen Öffentlichkeiten, schon gar nicht das s(ch)achkundige solche, Schach als Breitensport ist schon ein Witz an sich und Schach als Massenspektakulum, wenn nicht gerade Fischer (USA) gegen Spasski (UdSSR) spielt, naja.

[quote="Werner Mueller"]
Dein Argument mit den kastrierten Eröffnungsbüchern muss ich gelten lassen, insofern als mein Argument nicht ganz stichhaltig war.
[/quote]

Das gefällt mir immer wieder so an dir.


[quote="Werner Mueller"]

ABER:
http://www.iccf-webchess.com/EventCrossTable.aspx?id=13581
Schau Dir doch mal die Tabelle der WC23 an: der Sieger hat 7 Siege aus 16 - also fast die Hälfte der Partien entschieden. Was gibt es denn da (bei einem FS-Turnier auf allerhöchstem Niveau(!)) zu meckern? Ein 'Remisproblem' sieht m.E. anders aus.
[/quote]

Hier enttäuscht mich jetzt wieder der Statistiker in dir, ständig wird auf Partienzahlen herumgeritten, da kommst du mit einer Kreuztabelle von gerade mal 17 Paarungen und willst damit was demonstrieren, pfui, das ist ähnlich polemisch wie das eine Partiebeispiel von Michael zum Niveau des Fernschachs
;(

[quote="Werner Mueller"]
Das Problem des Fernschachs ist eher, dass auch und bereits auf weniger hohem Niveau, 'das Gebunkerte' nicht nur 'abgefragt' sondern mit vergleichbarer (wenn nicht mit derselben) Intensität und Phantasie beackert werden muss - um eben nicht Remispartien am laufenden Meter zu produzieren.
Das Argument, dass man einer schachlichen Dumpfbacke mit fernschachlicher Routine nicht so einfach beikommt, kann ich jedenfalls nicht gelten lassen.
[/quote]

Wann habe ich gesagt, dass es leicht oder schwer ist, einer schachlichen Dumpfbacke mit fernschachlicher Routine beizukommen.
Ganz abgesehen davon, dass du hier irgendwo mehr grammatikalische Hifsmittel hättest einsetzen müssen, um nicht einen letzten Rest von Unklarheit zu riskieren, in dem, was genau du sagen wolltest (nur weil mir sowas immer sofort vorgeworfen wird von den Herren Oberlehrern hier ):
Einer schachlichen Dumpfbacke, die fernschachliche Routine hat, beikommen zu wollen, ist sicher etwas anderes, als mit der eigenen fernschachlichen Routine einer schachlichen Dumpfbacke, je nachdem vor allem, wie groß deren und die eigene schachliche Dumpfbackigkeit und die ebensolche Fernschachroutine ist.

Was ich eigentlich nur sagen hatte wollen, war, dass ich mir gut vorstellen kann, nach dem bisschen, was ich da praktisch kenne, dass die Eröffnungsdatenbanken in ihrer enormen Größe, Zahl und Zugänglichkeit im Zeitalter des Internets (das hat sicher mehr verschuldet und geleistet in dieser Hinsicht als die Rechenprogramme selbst), das Fernschachspielen selbst zu einer solchen verwalterischen und wirklich wissenschaftlichen Spezialaufgabe machen heutzutage, dass allein dadurch die Remishäufigkeit steigt und steigt, nein, steigen und steigen könnte.
Ich verlasse mich da letzlich auch einfach auf das, was die Fernschachspieler beitragen, bei denen ist's, wie sie das sehen, ja durchaus auch unterschiedlich, jemand wie Arno weiß aber wohl, warum er sich für etwas einsetzt, was natürlich nicht ganz ohne Widerspruch bleibt, gut so.
Wie Michael aber auch schon meinte, es macht sicher einen Unterschied wieviel Zeit man für eine Schachpartie aufwendet, vielleicht ärgert es einen dann einfach mehr, wenn man am Ende einer sehr langen furchtbaren Schlacht mit dem mühsam durchgekämpften Mehrbauern wieder nur mit Remis dasteht.

Und mehr noch als das, um noch einmal auf die Verwirrung zwischen Turnierwertung und Elo zurückzukommen, die durchaus nicht nur meine eigene ist, dass sie eines meiner Lieblingsthemen bleibt, liegt in der Natur der Verwirrung, die das immer noch bei Anderen stiftet:

Weder in der Haupt- noch in der Feinwertung eines einzelnen Turnieres, noch in der Auswirkung auf das Ranking von Spielern (menschlichen oder maschinellen oder Centauren) darf man aus den Augen verlieren folgenden Unterschied:

Egal, wie was gezählt und gewertet wird an Partieergebnissen, was der eigentliche Inhalt dahinter ist, und ich meine doch auch der Sinn des Spielens (man könnte ja sonst auch einfach irgendwas zählen, rote Autos auf einer bestimmten Straße in einer bestimmten Zeit, ich erspare dem P.T. Publikum weitere Beispiele), ist der Partieverlauf, das Spiel selbst, die Züge, die Stellungen, was man sich so alles als Spieler und als Publikum, blutrünstig oder nicht, es ist ja ein Kriegsspiel, dazu überlegen kann.

Die Auswirkung einer Pattsiegregel, mal ganz abgesehen von den Punkten, die sie bringt, auf den Partieverlauf und den Spass und den Siegeswillen bei Spielern und mitfiebernden Zuschauern, darum ging's doch, nein?
Die einen machen sich immer noch große Sorgen, dass ihr geliebtes Schach nicht mehr das sein werde, was es war, und die anderen sind schon wieder nur mehr damit beschäftigt, sich auszurechnen, wie das im Detail in welchen Turnieren durchgeplant und gerechnet werden könnte.
Ich meine nach wie vor nur, ausprobieren, warum nicht auch ruhig gleich anhand der geliebten geduldigen Rechenknechte, einem gestandenen Programmierer kann das kein erstzunehmendes Problem sein, einen bestimmten Endstellungstyp neu zu bewerten, noch dazu, wenn danach absolut keine weiteren Rechnungen mehr anzustellen sind, weil's eben nur die Endstellungen sind.

Ausprobieren, wenn man's wissen will, was sich dadurch an den Partien ändert, und wenn selbst die zahlenmäßigen Ergebnisse genau gleich bleiben in Summe, auch völlig wurscht, wenn's wieder mehr Spass macht und irgendwen motiviert, was weiterzuspielen, was sonst schon aus wäre, sich noch was zu überlegen, wenn's sonst schon ausgemacht wäre, dass es eh Remis ist...
Das gerade beim Fernschach auszuprobieren, naja, warum nicht, wird halt am längsten dauern, bis sich was zeigt und zählen lässt, wenn jetzt die ewig langen Partien noch um ein paar noch längere Endspiele noch länger dauern werden.

Dafür sieht man vielleicht gerade beim Fernschach, wo ja wenigstens genug Bedenkzeit sein sollte, ob auch nur in einer bestimmten Partie, einer bestimmten Mittelspielstellung oder sogar einer bestimmten Eröffnung irgendwie andere Überlegungen, andere Varianten, andere Züge anders zu bewerten wären.
Interessiert dich das gar nicht? Du hast doch auch die witzige Bemerkung im anderen thread über das Stellungsproblem vom bei_ungleichen_Läufern_Bauern_zählen_Sieg gemacht, hat mir gut gefallen, wenn's halt ganz so einfach wäre...


P.S. Kann übrigens durchaus sein, es ist so einfach, und es ist praktisch relevant eh nur das, bisher nicht mehr umwandelbare Mehrbauern zählen jetzt dann irgendwas anders als bisher.
Dass es ganz so einfach ist, hat man aber in dem Stellungsproblemthread gesehen, Festung bleibt eben Festung, auch wenn zwei Mehrbauern der Reihe nach geopfert werden, um die 50 Züge noch einmal von vorn anzufangen, Remis bleibt Remis, genau das ist mein momentanes Credo in der Sache, der einzige Unterschied, wo's, wenn man will, nicht mehr Remis wäre: Patt, Sir!
Parent - - By Peter Martan Date 2012-04-22 10:59
[quote="Peter Martan"]
Dass es ganz so einfach ist, hat man aber in dem Stellungsproblemthread gesehen,
[/quote]

Da kann man noch so viel Editieren, zum Schluss ist die Zeit um.
;(
Obiges hätte natürlich heißen soll, Dass es ganz so einfach nicht ist...
Parent - - By Frank Rahde Date 2012-04-22 11:13
Hi Peter, es gibt nicht umsonst die Vorschaufunktion. 
Parent - By Peter Martan Date 2012-04-22 11:37
Dank, Frank, vielen Dank!

In der schaut nur immer alles so anders aus, für mich jedenfalls, ob du's glaubst oder nicht.
Auch weiß ich halt oft erst, was ich meine, wenn ich lese, was ich schreibe, oft genug sogar erst dann, wenn ich's auch schon abgeschickt habe.
Parent - - By Werner Mueller Date 2012-04-22 11:29
Hallo Peter,
ein nicht untypischer Martan: würde man den Fehler begehen allzu intensiv zu lesen - man hätte hinterher einen Knoten im Gehirn.

Zu dem was ich so mitbekommen habe:

1) Jetzt lass doch einfach mal das Ergebnis der WC23 gelten. Du kannst doch nicht an alles nur mit Statistiken herangehen wollen.

2) Ja, das muss man präziser formulieren (für die, die es missverstehen wollen) - also extra für Dich (nein - ich kann Flachs schon als solchen erkennen ):
Das Argument, dass man einer schachlichen Dumpfbacke mittels fernschachlicher Routine nicht so einfach beikommt - und deshalb das Ziel des Schachspiel abzuändern ist, kann ich nicht gelten lassen.

3) An irgendeiner Stelle fragst Du, ob mich das nicht interessiert. Schlichte Antwort: nein. 
Parent - By Peter Martan Date 2012-04-22 13:03
[quote="Werner Mueller"]
3) An irgendeiner Stelle fragst Du, ob mich das nicht interessiert. Schlichte Antwort: nein. 
[/quote]


Kann ich übrigens auch ganz gut verstehen, ehrlich gesagt schwindet mein Interesse, je mehr ich mich damit beschäftige, auch wieder zusehends, und um noch ehrlicher zu sein, ich frage mich vor allem wieder mehr und mehr:
Schach ist ohnehin kompliziert genug, soll man es wirklich noch komplizierter machen, wenn auch nicht um viel?

Mal schauen, was Arno so erreicht, ich will jedenfalls nicht bremsen und habe meinen Teil höchstens  wieder mal über Gebühr beigetragen.
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