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Up Topic Hauptforen / CSS-Forum / Capablanca-Bernstein (1-) PGN kommentiert (09)
- - By Kurt Utzinger Date 2012-04-07 21:21
Liebe Schachfreunde

Hier eine weitere kommentierte Capablanca-Partie. Sie zeigt vor allem,
dass frühere Kommentare sich viel zu stark vom Ausgang der Partie
haben leiten lassen und das Spiel von Capablanca unnötig in den Himmel
gelobt worden ist. Und ferner ergibt sich im Lichte der modernen Analyse,
dass dem Verlierer eine Reihe von kritisierten Zügen nicht angelastet
werden dürfen. Interessant ist vor allem das Studium der teilweise
stark unterschiedlichen Kommentare von H.Golombek, Euwe/Prins und von
Gary Kasparov. Aus der Vergangenheit gibt es (leider) sehr viele solche
Partien, die sich einem nur erschliessen, wenn sie genauer und tiefer
untersucht werden. Natürlich haben wir es heute mit Unterstützung der
starken Computerprogramme viel einfacher, Fehler zu bemerken und
Verbesserungen zu finden. Aber ... man muss sich die Mühe machen.
Die wichtigsten Momente der Partie sind in Diagrammen festgehalten.
Die Partie selbst ist als reine, nachspielbare PGN und auch stark
kommentiert vorhanden.

Gruss
Kurt

Stellung nach 13...Tb8
Dank harmlosen, weissen Eröffnungszügen hat Schwarz fast ausgeglichen


Stellung bevor dem unnötig kritisierten Zug 17...Da5


Stellung nach dem hoch gelobten 22.Se2 und vor 22...Dxa2


Stellung vor dem Verlustzug 25...Th8?, dabei hätte Schwarz mit
22...g5! wohl das Remis sichern können, und wenn das stimmt, dann
wäre die vorhergehende Kritik an den schwarzen Zügen falsch


Stellung nach 28.Sfxg7! mit Gewinn bringendem Angriff


Schluss-Stellung


Event:
Ort:
Datum:

Weiss:
Schwarz:

Ergebnis
Board


[Event "San Sebastian"]
[Site "?"]
[Date "1911.02.20"]
[Round "1"]
[White "Capablanca, Jose"]
[Black "Bernstein, Ossip"]
[Result "1-0"]
[ECO "C65"]
[EventDate "1911.02.20"]
[PlyCount "69"]
[Annotator "Utzinger,K"]

1. e4 e5 2. Nf3 Nc6 3. Bb5 Nf6 4. O-O Be7
    {Diese Einleitung zur so genannten Steinitz-Verteidigung der
    Spanischen Partie bietet dem Weissen eine besondere Chance, wie aus
    dem sechsten Zug von Weiss hervorgeht (Euwe/Prins). Heutzutage gross
    in Mode ist die so genannte Berliner-Verteidigung 4...Sxe4
    (Utzinger,K). }
5. Nc3
    {Eine solide Fortsetzung, die aber nicht so energisch ist wie 5.d4
    (Golombek,H). Als beliebteste Fortsetzung wird heute 5.Te1 gespielt
    (Utzinger,K).  }
5. ... d6 6. Bxc6+
    {Die beste Antwort waere wiederum 6.d4. Der Tausch von Laeufer gegen
    Springer nimmt dem Schwarzen eines seiner Entwicklungsprobleme ab
    (Golombek,H). Zu seiner Zeit genuegten Capablanca meistens auch die
    zweitbesten Eroeffnungszuege, um Erfolg zu haben, weil er seinen
    Gegnern vor allem im Mittelspiel einfach [stark] ueberlegen war
    (Utzinger,K).  }
6. ... bxc6 7. d4 exd4
    {Der Tausch ist inkonsequent und unnoetig. Schwarz haette sich mit
    7...Sd7 im Zentrum behaupten sollen (Euwe/Prins). Eine m.E. zu scharfe
    Kritik, denn m.W. gilt heute der Textzug als beste Wahl (Utzinger,K).
    }
8. Nxd4 Bd7 9. Bg5
    {Die schaerfste Behandlung der Eroeffnung ist nie ein Hauptfaktor in
    Capablancas Spiel gewesen. Mit 9.Df3 [Keres] wuerde er seine
    vorhergehende Strategie gerechtfertigt und gekroent und einen kleinen,
    aber dauerhaften Eroeffnungsvorteil errungen haben (Euwe/Prins).  }
9. ... O-O
    {Jetzt wuerde auf 10.Dd3 einfach 10...Sg4 folgen. Man beachte, dass
    das schwarze Spiel die Abwicklung 9...Sxe4, 10.Lxe7 Sxc3, 11.Lxd8
    Sxd1, 12.Lxc7 Sxb2, 13.Tfe1+ um Haaresbreite nicht vertragen wuerde
    (Euwe/Prins).  }
10. Re1
    {Es drohte 10...Sxe4, 11.Lxe7 Sxc3. Eine kraeftigere Methode, zum
    Angriff zu gelangen, bestand jedoch in 10.Dd3, gefolgt von Tae1 und
    f2-f4, wobei beide Tuerme zum Koenigsangriff verwendet wuerden
    (Golombek,H). }
10. ... h6 11. Bh4 Nh7
    {Die beste Methode, Ausgleich zu erzielen, zeigt die 3. Matchpartie
    zwischen Capablanca und Lasker 1921, wo der letztere wie folgt
    fortsetzte: 11...Te8, 12.Dd3 Sh7, 13.Lxe7 Txe7, 14.Te3 Db8, 15.b3 Db6
    (Golombek,H). }
12. Bxe7
    {Mancheiner wuerde 12.Lg3 in Betracht gezogen haben, doch das wuerde
    nicht zu Capablancas Stil passen (Euwe/Prins). }
12. ... Qxe7 13. Qd3
    {Weiss konnte den Sh7 daran hindern, ueber g5 wieder ins Spiel zu
    kommen, indem er 13.f4 fortsetzte. Ein solcher Zug wuerde jedoch nicht
    im Einklang mit der Stellung des Turms auf e1 - anstatt f1 - stehen
    (Golombek,H). }
13. ... Rab8
    {Schwarz bereitet sorgfaeltig einen Plan zum Gegenangriff auf dem
    Damenfluegel vor; so sorgfaeltig er plant, so sieht er doch nicht weit
    genug, und seine Politik ist eine verfehlte. Der Textzug ist an und
    fuer sich nicht schlecht, da er eine Figur mit Tempogewinn ins Spiel
    bringt - das Manoever, das er vorbereitet, ist falsch (Golombek,H).
    Die meisten Kommentare zu dieser Partie fallen recht einseitig aus und
    sind stark beeinflusst vom Ausgang der Partie, die m.E. zu Unrecht
    einen Schoenheitspreis erhalten hat. Ich kann keinen Makel am
    geschehenen Textzug 13...Tab8 finden und die von Golombek angeblich
    zum Ausgleich fuehrende Variante 13...Tfe8, 14.Te3 Sf8, 15.Tae1 stellt
    keinen Gegenbeweis dar (Utzinger,K).  }
14. b3 Ng5
    {Dieser und die drei naechsten Zuege sind Teile eines Planes. Klueger
    waere das defensive, aber sichere 14...Tfe8, gefolgt von Sf8
    (Golombek,H). }
15. Rad1
    {Um Da6 spielen zu koennen, ohne die Variante 15.Da6 De5, 16.Sxc6
    Dxc3, 17.Sxb8 Txb8, 18.Dxa7 Te8 beruecksichtigen zu muessen, in der
    Schwarz das bessere Spiel erhielte. Ueberzeugender waere jedoch die
    von Tarrasch angegebene Folge 15.f4! Se6, 16.Sf5 Df6, 17.e5 dxe5,
    18.fxe5 Dd8, 19.Tad1 mit sehr schoenem Spiel (Golombek,H). Dr.
    Tarrasch gibt 13.f4 als das Staerkste an. Eine Frage des Geschmacks,
    wie mir scheint. Weiss steht auch nach dem Textzug immer noch etwas
    besser als Schwarz (Euwe/Prins).  }
15. ... Qe5
    {Teilweise um 16.Da6 mit Dc5 beantworten zu koennen, aber auch mit
    einem Hintergedanken (Golombek,H). }
16. Qe3 Ne6 17. Nce2 Qa5
    {Diese Entfernung der schwarzen Hauptfigur vom Koenigsfluegel, um
    einen Bauern zu bedrohen, ist positionell ungerechtfertigt und kann
    nur psychologisch erklaert werden; Schwarz unterschaetzt
    offensichtlich seinen jugendlichen und verhaeltnismaessig unbekannten
    Kontrahenten. Am besten war das einfache 17...Sxd4, um sofort einen
    der drohenden Springer abzutauschen und die Diagonale des Laeufers zu
    oeffnen zur Kontrolle ueber den Punkt f5 (Golombek,H). Der Beginn
    strategischer Irrungen, die die Grundlage des Partieverlustes bilden.
    Schwarz haette sich anstrengen sollen, den kleinen Eroeffnungsnachteil
    wettzumachen und haette den Dingen nicht mit Achtlosigkeit begegnen
    duerfen. Richtig war 17...Sxd4, 18.Sxd4 Tfe8, und behutsam weiter auf
    dem Wege zum Ausgleich. Durch den Textzug kommt Weiss zu seinem ersten
    strategischen Erfolg: Springer auf f5 (Euwe/Prins). }
18. Nf5
    {! (Golombek,H) }
18. ... Nc5
    {So ist eine weitere Figur vom Koenigsfluegel abgelenkt worden.
    Schwarz darf den a2-Bauern nicht schlagen wegen 18...Dxa2, 19.Dc3 Da6,
    20.Sf4! mit der eventuellen, von Capablanca angegebenen
    Gewinnfortsetzung 20...f6, 21.Dg3 g5, 22.Sg6 Tf7, 23.Sxh6 Kg7, 24.Sxf7
    Kxg6, 25.Sxd6 cxd6, 26.Txd6 Tb7, 27.e5 (Golombek,H). Besser als das
    Dezentralisieren auch noch des Springers waere jedoch 18...Tfe8
    gewesen. Jetzt wird die schwarze Lage miserabel (Euwe/Prins).  }
19. Ned4
    {Droht Sxc6, aber ach Dg3 (Euwe/Prins). }
19. ... Kh7
    {Weiss drohte 20.Sxc6 Lxc6, 21.Se7+ nebst Sxc6 (Golombek,H). }
20. g4
    {Eine sehr interessante Art, den Angriff fortzusetzen; Weiss sichert
    zunaechst seinen Vorposten auf f5, um den anderen Springer ueber e2
    und g3 nach h5 herumzubringen. Der direkte Angriff durch 20.Dg3 g6,
    21.Se7 ergibt nach 21...Tbe8!, 22.Sxc6 Db6, 23.Dc3 Sxe4, 24.Da5 nicht
    mehr als Ausgleich (Golombek,H). Ein typischer Capablanca-Zug, der
    vollkommen mit der sichtbaren Leichtigkeit harmoniert, mit der Weiss
    die ganze Stellung aufgebaut hat. In dieser offensichtlichen
    Leichtigkeit liegt natuerlich die Gefahr, in Schematismus zu
    verfallen, aber eine der phaenomenalen Eigenschaften des Kubaners war
    gerade seine selten versagende Intuition beim Erkennen solcher
    Situationen, in denen "Ausspannung" an die Stelle von Anstrengung
    treten musste. Man wird zugeben muessen, dass Lasker, Aljechin oder
    Keres einen Zug wie den Textzug nicht so leicht ausgefuehrt haetten.
    Sie haetten wahrscheinlich nach dem c-Bauer gegriffen [c2-c3], und der
    Objektivitaet willen muss gesagt werden, dass dies die Entscheidung
    zugunsten des Weissen wohl beschleunigt haben wuerde (Euwe/Prins). }
20. ... Rbe8
    {Dass 20...Dxa2?? wegen 21.Ta1 Db2, 22.Teb1 mit Damenfang nicht
    moeglich ist, sieht ein Blinder (Utzinger,K). }
21. f3 Ne6 22. Ne2
    {Ein glanzvolles Opfer zweier Bauern fuer einen tiefgruendig erdachten
    Koenigsangriff (Golombek,H). Rein intuitiv wird der Bauer a2 geopfert,
    um einen Angriff auf den Koenig starten zu koennen. Saemtliche
    Kommentatoren, angefangen von Capablanca selbst, hielten dieses Opfer
    fuer mehr als richtig, doch ob das zutrifft, werden wir gleich sehen
    (Kasparov,G). }
22. ... Qxa2
    {Verzeihlich, dass Bernstein den wahren Kern der weissen Plaene nicht
    erkennt, da er moeglicherweise noch immer nicht ueber das Kaliber des
    Gegners im klaren ist. Richtig war 22...Db6, und obwohl Schwarz nach
    23.Kg2 Dxe3, 24.Sxe3 gefolgt von 25.c4 schlechter steht, sind Chancen
    auf Rettung vorhanden (Golombek,H). ? Eine bezeichnende Erscheinung.
    Schwarz hat die groessten Gefahren ueberwunden und geht jetzt voellig
    zu unrecht auf Raub aus. Das Turnierbuch gibt mit Recht 22...Db6 als
    staerkste Fortsetzung an [23.Dxb6 axb6 24.e5? Sg5]. Wahrscheinlich
    haette Capablanca 23.Kg2 erwidert. In solchen Endspielen - andauernde,
    wenn auch geringe Initiative; kein Risiko - war er in seinem Element.
    Man betrachte in diesem Zusammenhang seine Leistung gegen Bogoljubow,
    New York 1924. Ob die Partie nach 22...Db6, 23.Kg2 fuer Weiss
    tatsaechlich auf Gewinn steht? Da ein Beweis hierfuer doch keinefalls
    zu erbringen waere, uebergehen wir diese Frage stillschweigend. Die
    Frage, ob die Partie nach 22...Dxa2 fuer Weiss auf Gewinn steht,
    beantwortet sich aus dem weiteren Verlauf und den Anmerkungen von
    selbst (Euwe/Prins). Tarrasch empfahl 22...Db6. Vielleicht hat Weiss
    nach 23.Kg2 Dxe3 24.Sxe3 einen winzigen Vorteil, doch das muss sich
    erst noch zeigen. Heute wuerde wohl nicht nur Kortschnoi den Bauern
    schlagen, schliesslich eroeffnen sich zu diesem Zeitpunkt keine
    weiteren, konkreten Drohungen (Kasparov,G). }
23. Neg3 Qxc2
    {Zu gierig; eine bessere Verteidigung bestand in 23...f6, falls dann
    24.Sh5, so Tf7 (Golombek,H). Hier versaeumt Schwarz die letzte
    Gelegenheit, wenigstens zu einem Endspiel zu kommen. Es haette
    23...Da5, 24.Ta1 Db6, 25. Txa7 Dxe3 geschehen muessen, wonach Schwarz
    zwar schlecht steht [und niemand wird je wissen, wie sicher sich
    Capablanca gefuehlt haben mag, diese Stellung zu gewinnen] sich aber
    noch wehren kann. Es bestehen genug Gruende, dafuer anzunehmen, dass
    der Weisse das Endspiel nach 23...Da5 24.Ta1 der Fortsetzung 23...Da5
    24.Kg2 Db6 a) 25.Dd2 oder b) 25.Dc3 vorgezogen haette, obwohl er, wenn
    er so spielen wuerde, trotz des Minusbauern gleichfalls vorzuegliche
    Gewinnchancen behalten haette (Euwe/Prins). Hinter diesen Zug setzten
    viele Kommentatoren ein Fragezeichen. Laut Lasker war 23...f6!? 24.Sh5
    Tf7 notwendig. Dem stimme ich zu. Diese Variante ist nicht schlecht,
    weil Schwarz nach 25.Sxh6 gxh6, 26.Dc3 Da3, 27.Sxf6 Txf6, 28.Dxf6
    Dc5+, 29.Kh1 Sg7 nichts zu befuerchten hat (Kasparov,G). }
24. Rc1
    {Damit wird die Drohung Dc5 pariert. Angesichts der grossen Probleme,
    vor denen Weiss steht, bietet sich die unklare Variante 24.Sh5 Dc5,
    25.e5! [nicht aber Dxc5 Sxc5, Sfxg7 Tb8] 25...Dxe3, 26.Txe3 Sc5,
    27.Sfxg7!? an (Kasparov,G). In dieser Variante kann Schwarz jedoch die
    fuer ihn nach wie vor vorteilhaftere Verbesserung 26...Lc8! anbringen
    (Utzinger,K).  }
24. ... Qb2 25. Nh5
    {Die Manoever des Springers sind wahrlich erstaunlich. Es scheint, als
    waeren sie relativ ungefaehrlich, in Wirklichkeit aber werden sie
    ueber den Ausgang der Partie entscheiden (Capablanca). Doch dies liegt
    vor allem am schwachen Verteidigungsspiel des Gegners (Kasparov,G). }
25. ... Rh8
    {Nicht in Frage kommt 25...g6, 26.Dxh6 Kg8, 27.e5 gxh5, 28.gxh5 Dxb3,
    29.Te2 nebst Tg2+; Capablanca fuehrt jedoch selbst aus, dass eine
    ausreichende Verteidigung in 25...g5! zu Gebote stand. Darauf wuerde
    26.e5 Sf4 guenstig fuer Schwarz ausfallen, so dass Weiss am besten
    tut, das ewige Schach nach 26.Tc3 Sf4, 27.Sxf4 gxf4, 28.Dxf4 Dxc3,
    29.Dxh6 anzusteuern (Golombek,H). Nach 25...Lc8 haette 26.e5 Dxe5,
    27.Dd2 Dd5, 28.Sf6 gxf6, 29.Dxh6 Kg8, 30.Txe6 den Ausschlag gegeben.
    Diese letzte Variante will Schwarz mit dem Textzug verhindern, doch
    damit hebt er wiederum die urspruengliche Drohung nicht auf. Kurzum:
    es war keine Rettung mehr moeglich (Euwe/Prins). Etwas Besseres gibt
    es nicht ... Wenn 25...g5, dann 26.e5 f6, 27.Dd3 und Weiss muesste bei
    richtigem Spiel den Sieg davontragen. Es gibt noch andere Varianten,
    doch diese waeren zu lang und zu kompliziert (Capablanca). Eine
    charakteristische Bemerkung: Der dritte Weltmeister scheute keineswegs
    lange und komplizierte Varianten. Und doch zeigte bisher niemand, wie
    Weiss nach 25...g5, 26.e5 f6, 27.Dd3 Kh8! gewinnen kann. Und niemand
    merkte an, wie Weiss nach dem Schlag 26...Sf4! [statt 26...f6]
    gewinnen koennte, z. B. 27.Sxf4 Txe5, 28.Sd3 Txe3, 29.Sxb2 Txb3 mit
    exzellentem Spiel fuer Schwarz. Ich moechte hinzufuegen, dass Weiss im
    Falle des vorsichtigeren 25...Tg8, 26.Te2 De5, 27.f4 Db5, 28.Sfxg7
    Txg7, 29.Sf6 Kh8, 30.f5 Sg5 wohl nur noch die eigene Rettung zum Ziel
    haben duerfte. Das ist sie nun, die "tiefe Kombination". Man muss
    jedoch einraeumen, dass die meisten Grossmeister jener Zeit ueber
    keine wesentlich staerkere Verteidigung verfuegten als Bernstein.
    Deshalb waren Capablancas Fantasien, die mit den Jahren immer seltener
    vorkamen, gewoehnlich unwiderlegt geblieben (Kasparov,G). Offenbar war
    sich Capablanca in spaeteren Jahren bewusst, dass 25...g5 zum Remis
    ausreicht, weil von ihm - wie erwaehnt - verschiedene Aussagen zu
    dieser Stellung vorliegen (Utzinger,K).  }
26. Re2 Qe5 27. f4 Qb5
    {Endlich ist die Dame von dem lebenswichtigen Punkt g7 vertrieben
    worden, und der Sturm bricht los (Golombek,H). }
28. Nfxg7
    {! Wenn es den sein muss (Euwe/Prins). }
28. ... Nc5
    {Die Preisgabe des Turmes ist gleichbedeutend mit Aufgabe der Partie.
    Andere Fortsetzungen leisten zwar etwas mehr Widerstand, verlieren
    schliesslich aber auch (Golombek,H). Doch ist auch die Variante
    28...Td8, 29.f5 Sf8, 30.Dc3 Dc5+, 31.Dxc5 dxc5, 32.e5 eine Lust fuer
    das Auge. Die einzige Moeglichkeit, das fliehende Leben noch etwas zu
    verlaengern, bestand wie schon vorher, in 28....Db6 (Euwe/Prins).  Die
    letzte Bemerkung muss reinem Wunschdenken entspringen, denn Weiss
    wuerde problemelos gewinnen mit 29.Sxe8 gefolgt von e4-e5. Aber auch
    die von Panow propagierte Verbesserung 28...Td8 vermag die Partie
    nicht mehr zu retten, wie Kasparov,G in einer Analyse festgestellt hat
    (Utzinger,K). }
29. Nxe8
    {Nun steht es endgueltig +- (Utzinger,K). }
29. ... Bxe8 30. Qc3
    {Ein einfacher Gewinnzug, der Matt auf g7 droht. Dass 30.e5 gar noch
    etwas staerker ist, spielt keine Rolle mehr (Utzinger,K). }
30. ... f6
    {Chancenlos ist auch a) 30...Tg8, 31.Sf6+ Kg7, 32.Te3 oder b)
    30...Se6, 31.Sf6+ Kg6, 32.f5+ Kg5, 33.h4+ Kxh4, 34.Th2+ Kg5, 35.Th5
    mit schnellem Matt (Kasparov.G). }
31. Nxf6+ Kg6 32. Nh5 Rg8 33. f5+ Kg5
    {Schwarz "vergisst" aufzugeben (Kasparov,G). }
34. Qe3+
    {Schwarz gibt auf. Weniger, weil diese Partie den Schoenheitspreis
    errang, habe ich sie angefuehrt, sondern weil sie fuer den Kubaner in
    hoechstem Masse charakteristisch ist: strikt, solange es geht -
    freizuegig, sobald es sein muss (Euwe/Prins). }
34. ... Kh4 35. Qg3+
    {Fuer diese komplizierte, keineswegs fehlerfreie Partie, die jedoch
    einige hintergruendige und tiefe Kombinationen enthaelt, wurde
    Capablanca der erste Schoenheitspreis zuerkannt (Golombek,H). }
1-0
Parent - - By Peter Martan Date 2012-04-08 07:17
Hallo Kurt!

[quote="Kurt Utzinger"]
Stellung vor dem Verlustzug 25...Th8?, dabei hätte Schwarz mit
22...g5! wohl das Remis sichern können, und wenn das stimmt, dann
wäre die vorhergehende Kritik an den schwarzen Zügen falsch

[/quote]

Sehr schön von dir wieder, danke!

Lustig, die direkt exotisch anmutende historische Spanierpartie 100 Jahre später mit dem momentanen Stand der Theorie zu vergleichen.
Romantisch, wie Meister Capa (für mich schon eines des echten Genies im Schach) sich um die allerallerbesten Züge in der Eröffnung scheinbar gar nicht kümmern musste, natürlich war das damals wahrscheinlich einfach noch leichter möglich.

Ich hab mal nur über Nacht Houdini rückwärts nachschauen lassen und aus Faulheit alle seine Bewertungen und Abweichungen drin gelassen, das macht es etwas unübersichtlich, erhebt ja aber auch keinen Anspruch, deine ohnehin schon sehr kompletten Kommentare aufzuwerten, daführ sieht man wenigstens gleich, was von Houdini ist.

[Event "San Sebastian"]
[Site "?"]
[Date "1911.02.20"]
[Round "1"]
[White "Capablanca, Jose"]
[Black "Bernstein, Ossip"]
[Result "1-0"]
[ECO "C66"]
[Annotator "Utzinger,K"]
[PlyCount "55"]
[EventDate "1911.02.20"]

1. e4 e5 2. Nf3 Nc6 3. Bb5 Nf6 4. O-O Be7 {Diese Einleitung zur so genannten
Steinitz-Verteidigung der Spanischen Partie bietet dem Weissen eine besondere
Chance, wie aus dem sechsten Zug von Weiss hervorgeht (Euwe/Prins). Heutzutage
gross in Mode ist die so genannte Berliner-Verteidigung 4...Sxe4 (Utzinger,K).}
5. Nc3 {Eine solide Fortsetzung, die aber nicht so energisch ist wie 5.d4
(Golombek,H). Als beliebteste Fortsetzung wird heute 5.Te1 gespielt (Utzinger,
K).} d6 6. Bxc6+ {Die beste Antwort waere wiederum 6.d4. Der Tausch von
Laeufer gegen Springer nimmt dem Schwarzen eines seiner Entwicklungsprobleme
ab (Golombek,H). Zu seiner Zeit genuegten Capablanca meistens auch die
zweitbesten Eroeffnungszuege, um Erfolg zu haben, weil er seinen Gegnern vor
allem im Mittelspiel einfach [stark] ueberlegen war (Utzinger,K).} bxc6 7. d4
exd4 {Der Tausch ist inkonsequent und unnoetig. Schwarz haette sich mit 7...
Sd7 im Zentrum behaupten sollen (Euwe/Prins). Eine m.E. zu scharfe Kritik,
denn m.W. gilt heute der Textzug als beste Wahl (Utzinger,K).} 8. Nxd4 Bd7 9.
Bg5 {Die schaerfste Behandlung der Eroeffnung ist nie ein Hauptfaktor in
Capablancas Spiel gewesen. Mit 9.Df3 [Keres] wuerde er seine vorhergehende
Strategie gerechtfertigt und gekroent und einen kleinen, aber dauerhaften
Eroeffnungsvorteil errungen haben (Euwe/Prins).} O-O {Jetzt wuerde auf 10.Dd3
einfach 10...Sg4 folgen. Man beachte, dass das schwarze Spiel die Abwicklung 9.
..Sxe4, 10.Lxe7 Sxc3, 11.Lxd8 Sxd1, 12.Lxc7 Sxb2, 13.Tfe1+ um Haaresbreite
nicht vertragen wuerde (Euwe/Prins).} 10. Re1 {Es drohte 10...Sxe4, 11.Lxe7
Sxc3. Eine kraeftigere Methode, zum Angriff zu gelangen, bestand jedoch in 10.
Dd3, gefolgt von Tae1 und f2-f4, wobei beide Tuerme zum Koenigsangriff
verwendet wuerden (Golombek,H).} h6 11. Bh4 Nh7 {Die beste Methode, Ausgleich
zu erzielen, zeigt die 3. Matchpartie zwischen Capablanca und Lasker 1921, wo
der letztere wie folgt fortsetzte: 11...Te8, 12.Dd3 Sh7, 13.Lxe7 Txe7, 14.Te3
Db8, 15.b3 Db6 (Golombek,H).} 12. Bxe7 {Mancheiner wuerde 12.Lg3 in Betracht
gezogen haben, doch das wuerde nicht zu Capablancas Stil passen (Euwe/Prins).}
Qxe7 13. Qd3 {Weiss konnte den Sh7 daran hindern, ueber g5 wieder ins Spiel zu
kommen, indem er 13.f4 fortsetzte. Ein solcher Zug wuerde jedoch nicht im
Einklang mit der Stellung des Turms auf e1 - anstatt f1 - stehen (Golombek,H).}
Rab8 {Schwarz bereitet sorgfaeltig einen Plan zum Gegenangriff auf dem
Damenfluegel vor; so sorgfaeltig er plant, so sieht er doch nicht weit genug,
und seine Politik ist eine verfehlte. Der Textzug ist an und fuer sich nicht
schlecht, da er eine Figur mit Tempogewinn ins Spiel bringt - das Manoever,
das er vorbereitet, ist falsch (Golombek,H). Die meisten Kommentare zu dieser
Partie fallen recht einseitig aus und sind stark beeinflusst vom Ausgang der
Partie, die m.E. zu Unrecht einen Schoenheitspreis erhalten hat. Ich kann
keinen Makel am geschehenen Textzug 13...Tab8 finden und die von Golombek
angeblich zum Ausgleich fuehrende Variante 13...Tfe8, 14.Te3 Sf8, 15.Tae1
stellt keinen Gegenbeweis dar (Utzinger,K).} (13... Rfe8 14. Re3 (14. Qa6 {0.
29/23 20}) 14... Nf8 (14... Qg5 {0.15/21 24}) 15. Qc4 (15. Rae1 Ng6 {0.15/21 11
}) (15. Rd1 {0.16/22 38}) 15... c5 16. Nd5 (16. Nf3 {0.01/22 10}) 16... Qe5 17.
Nb3 (17. Nf5 {-0.13/22 9}) 17... Be6 18. Qe2 $6 (18. Qa4 {-0.15/25 31}) 18...
Qxb2 19. c4 Qxe2 20. Rxe2) 14. b3 Ng5 {Dieser und die drei naechsten Zuege
sind Teile eines Planes. Klueger waere das defensive, aber sichere 14...Tfe8,
gefolgt von Sf8 (Golombek,H).} (14... Rfe8 15. Re3 c5 16. Nf5 Bxf5 17. exf5 Qd7
18. Rae1 Nf6 19. Ne4 Nxe4 20. Rxe4) 15. Rad1 {Um Da6 spielen zu koennen, ohne
die Variante 15.Da6 De5, 16.Sxc6 Dxc3, 17.Sxb8 Txb8, 18.Dxa7 Te8
beruecksichtigen zu muessen, in der Schwarz das bessere Spiel erhielte.
Ueberzeugender waere jedoch die von Tarrasch angegebene Folge 15.f4! Se6, 16.
Sf5 Df6, 17.e5 dxe5, 18.fxe5 Dd8, 19.Tad1 mit sehr schoenem Spiel (Golombek,H).
Dr. Tarrasch gibt 13.f4 als das Staerkste an. Eine Frage des Geschmacks, wie
mir scheint. Weiss steht auch nach dem Textzug immer noch etwas besser als
Schwarz (Euwe/Prins).} (15. Qc4 {0.24/22 24}) (15. f4 Ne6 {0.15/20 7} 16. Nf5
Qf6 17. e5 {0.51/21 5} dxe5 {0.54/21 2} 18. fxe5 {0.54/21 2} Qd8 $6 {warum
dann nicht schon an 16...?} (18... Qg5 {0.55/21 5}) 19. Rad1 (19. Ne4 {2.10/23
36}) (19. Ne4 {2.29/25 22})) 15... Qe5 {Teilweise um 16.Da6 mit Dc5
beantworten zu koennen, aber auch mit einem Hintergedanken (Golombek,H).} 16.
Qe3 Ne6 17. Nce2 Qa5 {0.19/27 Diese Entfernung der schwarzen Hauptfigur vom
Koenigsfluegel, um einen Bauern zu bedrohen, ist positionell ungerechtfertigt
und kann nur psychologisch erklaert werden; Schwarz unterschaetzt
offensichtlich seinen jugendlichen und verhaeltnismaessig unbekannten
Kontrahenten. Am besten war das einfache 17...Sxd4, um sofort einen der
drohenden Springer abzutauschen und die Diagonale des Laeufers zu oeffnen zur
Kontrolle ueber den Punkt f5 (Golombek,H). Der Beginn strategischer Irrungen,
die die Grundlage des Partieverlustes bilden. Schwarz haette sich anstrengen
sollen, den kleinen Eroeffnungsnachteil wettzumachen und haette den Dingen
nicht mit Achtlosigkeit begegnen duerfen. Richtig war 17...Sxd4, 18.Sxd4 Tfe8,
und behutsam weiter auf dem Wege zum Ausgleich. Durch den Textzug kommt Weiss
zu seinem ersten strategischen Erfolg: Springer auf f5 (Euwe/Prins). letzter
Buchzug} (17... Nxd4 {0.13/24 41}) 18. Nf5 {0.20/28 ! (Golombek,H)} Nc5 {0.52/
27 So ist eine weitere Figur vom Koenigsfluegel abgelenkt worden. Schwarz darf
den a2-Bauern nicht schlagen wegen 18...Dxa2, 19.Dc3 Da6, 20.Sf4! mit der
eventuellen, von Capablanca angegebenen Gewinnfortsetzung 20...f6, 21.Dg3 g5,
22.Sg6 Tf7, 23.Sxh6 Kg7, 24.Sxf7 Kxg6, 25.Sxd6 cxd6, 26.Txd6 Tb7, 27.e5
(Golombek,H). Besser als das Dezentralisieren auch noch des Springers waere
jedoch 18...Tfe8 gewesen. Jetzt wird die schwarze Lage miserabel (Euwe/Prins).}
({Houdini 2.0c Pro x64L:} 18... Rfe8 19. Neg3 Nf8 20. Qd4 Bxf5 21. Nxf5 Ne6 22.
Qb2 Rb5 23. g3 Rc5 24. c4 Rb8 25. Qc2 Re8 26. Kg2 Kh7 27. Qb2 Rb8 28. Qa1 Qa3
29. Re2 Re8 30. Nd4 Nxd4 31. Qxd4 Rce5 32. f4 c5 33. Qd3 R5e6 34. Qd5 Kg8 35.
e5 dxe5 36. fxe5 {0.20/28}) 19. Ned4 {0.43/28 Droht Sxc6, aber ach Dg3 (Euwe/
Prins).} (19. Ne7+ {0.52/23 44}) 19... Kh7 {0.42/25 Weiss drohte 20.Sxc6 Lxc6,
21.Se7+ nebst Sxc6 (Golombek,H).} 20. g4 {0.05/26 Eine sehr interessante Art,
den Angriff fortzusetzen; Weiss sichert zunaechst seinen Vorposten auf f5, um
den anderen Springer ueber e2 und g3 nach h5 herumzubringen. Der direkte
Angriff durch 20.Dg3 g6, 21.Se7 ergibt nach 21...Tbe8!, 22.Sxc6 Db6, 23.Dc3
Sxe4, 24.Da5 nicht mehr als Ausgleich (Golombek,H). Ein typischer
Capablanca-Zug, der vollkommen mit der sichtbaren Leichtigkeit harmoniert, mit
der Weiss die ganze Stellung aufgebaut hat. In dieser offensichtlichen
Leichtigkeit liegt natuerlich die Gefahr, in Schematismus zu verfallen, aber
eine der phaenomenalen Eigenschaften des Kubaners war gerade seine selten
versagende Intuition beim Erkennen solcher Situationen, in denen "Ausspannung"
an die Stelle von Anstrengung treten musste. Man wird zugeben muessen, dass
Lasker, Aljechin oder Keres einen Zug wie den Textzug nicht so leicht
ausgefuehrt haetten. Sie haetten wahrscheinlich nach dem c-Bauer gegriffen
[c2-c3], und der Objektivitaet willen muss gesagt werden, dass dies die
Entscheidung zugunsten des Weissen wohl beschleunigt haben wuerde (Euwe/Prins).
} ({Houdini 2.0c Pro x64L:} 20. c3 Qa6 21. Qg3 Rg8 22. b4 Ne6 23. e5 d5 24. h3
Rbe8 25. Nxe6 Rxe6 26. Nd4 Re7 27. a4 Qc4 28. Qd3+ Qxd3 29. Rxd3 Rge8 30. Rde3
h5 31. a5 g6 32. f4 Kg7 33. Kf2 h4 34. Rd1 {0.42/25}) (20. e5 {0.44/22 41})
20... Rbe8 {0.09/28 Dass 20...Dxa2?? wegen 21.Ta1 Db2, 22.Teb1 mit Damenfang
nicht moeglich ist, sieht ein Blinder (Utzinger,K).} ({Houdini 2.0c Pro x64L:}
20... Ne6 21. f3 c5 22. Ne2 Qxa2 23. Qc3 Qa6 24. Nf4 f6 25. Nd5 Qb7 26. Kh1
Rbe8 27. Qd2 Bc6 28. Ra1 a6 29. h4 Rf7 30. Ra5 Kg8 31. Raa1 Kh8 32. Kg2 Qa7 33.
Rad1 Kg8 34. c3 Qb7 {0.05/26}) 21. f3 {0.11/27} Ne6 {0.04/25} 22. Ne2 {0.04/27
Ein glanzvolles Opfer zweier Bauern fuer einen tiefgruendig erdachten
Koenigsangriff (Golombek,H). Rein intuitiv wird der Bauer a2 geopfert, um
einen Angriff auf den Koenig starten zu koennen. Saemtliche Kommentatoren,
angefangen von Capablanca selbst, hielten dieses Opfer fuer mehr als richtig,
doch ob das zutrifft, werden wir gleich sehen (Kasparov,G).} (22. Kg2 {0.10/21
24}) 22... Qxa2 {-0.01/26 Verzeihlich, dass Bernstein den wahren Kern der
weissen Plaene nicht erkennt, da er moeglicherweise noch immer nicht ueber das
Kaliber des Gegners im klaren ist. Richtig war 22...Db6, und obwohl Schwarz
nach 23.Kg2 Dxe3, 24.Sxe3 gefolgt von 25.c4 schlechter steht, sind Chancen auf
Rettung vorhanden (Golombek,H). ? Eine bezeichnende Erscheinung. Schwarz hat
die groessten Gefahren ueberwunden und geht jetzt voellig zu unrecht auf Raub
aus. Das Turnierbuch gibt mit Recht 22...Db6 als staerkste Fortsetzung an [23.
Dxb6 axb6 24.e5? Sg5]. Wahrscheinlich haette Capablanca 23.Kg2 erwidert. In
solchen Endspielen - andauernde, wenn auch geringe Initiative; kein Risiko -
war er in seinem Element. Man betrachte in diesem Zusammenhang seine Leistung
gegen Bogoljubow, New York 1924. Ob die Partie nach 22...Db6, 23.Kg2 fuer
Weiss tatsaechlich auf Gewinn steht? Da ein Beweis hierfuer doch keinefalls zu
erbringen waere, uebergehen wir diese Frage stillschweigend. Die Frage, ob die
Partie nach 22...Dxa2 fuer Weiss auf Gewinn steht, beantwortet sich aus dem
weiteren Verlauf und den Anmerkungen von selbst (Euwe/Prins). Tarrasch empfahl
22...Db6. Vielleicht hat Weiss nach 23.Kg2 Dxe3 24.Sxe3 einen winzigen Vorteil,
doch das muss sich erst noch zeigen. Heute wuerde wohl nicht nur Kortschnoi
den Bauern schlagen, schliesslich eroeffnen sich zu diesem Zeitpunkt keine
weiteren, konkreten Drohungen (Kasparov,G).} (22... Qb6 {Welches Turnierbuch
gibt das an?} 23. Kg2 {0.23/21 8}) 23. Neg3 {-0.29/28} ({Houdini 2.0c Pro x64L:
} 23. Qc3 Qa6 24. Neg3 Qb6+ 25. Kh1 f6 26. Nh5 Rf7 27. Nfxg7 Nxg7 28. Nxf6+
Rxf6 29. Qxf6 Qf2 30. Rg1 Kg8 31. Qc3 Rf8 32. Rgf1 Qh4 33. Ra1 Qh3 34. Qc4+ d5
35. Qd3 Ne6 36. Rf2 Qh4 37. Rd2 Ng5 38. Rf1 Qh3 39. Rdf2 Be6 40. e5 Kg7 {-0.01/
26}) 23... Qxc2 {-0.37/28 Zu gierig; eine bessere Verteidigung bestand in 23...
f6, falls dann 24.Sh5, so Tf7 (Golombek,H). Hier versaeumt Schwarz die letzte
Gelegenheit, wenigstens zu einem Endspiel zu kommen. Es haette 23...Da5, 24.
Ta1 Db6, 25. Txa7 Dxe3 geschehen muessen, wonach Schwarz zwar schlecht steht
[und niemand wird je wissen, wie sicher sich Capablanca gefuehlt haben mag,
diese Stellung zu gewinnen] sich aber noch wehren kann. Es bestehen genug
Gruende, dafuer anzunehmen, dass der Weisse das Endspiel nach 23...Da5 24.Ta1
der Fortsetzung 23...Da5 24.Kg2 Db6 a) 25.Dd2 oder b) 25.Dc3 vorgezogen haette,
obwohl er, wenn er so spielen wuerde, trotz des Minusbauern gleichfalls
vorzuegliche Gewinnchancen behalten haette (Euwe/Prins). Hinter diesen Zug
setzten viele Kommentatoren ein Fragezeichen. Laut Lasker war 23...f6!? 24.Sh5
Tf7 notwendig. Dem stimme ich zu. Diese Variante ist nicht schlecht, weil
Schwarz nach 25.Sxh6 gxh6, 26.Dc3 Da3, 27.Sxf6 Txf6, 28.Dxf6 Dc5+, 29.Kh1 Sg7
nichts zu befuerchten hat (Kasparov,G).} 24. Rc1 {-0.44/29 Damit wird die
Drohung Dc5 pariert. Angesichts der grossen Probleme, vor denen Weiss steht,
bietet sich die unklare Variante 24.Sh5 Dc5, 25.e5! [nicht aber Dxc5 Sxc5,
Sfxg7 Tb8] 25...Dxe3, 26.Txe3 Sc5, 27.Sfxg7!? an (Kasparov,G). In dieser
Variante kann Schwarz jedoch die fuer ihn nach wie vor vorteilhaftere
Verbesserung 26...Lc8! anbringen (Utzinger,K).} Qb2 {-0.42/27} 25. Nh5 {-0.42/
26 Die Manoever des Springers sind wahrlich erstaunlich. Es scheint, als
waeren sie relativ ungefaehrlich, in Wirklichkeit aber werden sie ueber den
Ausgang der Partie entscheiden (Capablanca). Doch dies liegt vor allem am
schwachen Verteidigungsspiel des Gegners (Kasparov,G).} Rh8 {0.69/28 Nicht in
Frage kommt 25...g6, 26.Dxh6 Kg8, 27.e5 gxh5, 28.gxh5 Dxb3, 29.Te2 nebst Tg2+;
Capablanca fuehrt jedoch selbst aus, dass eine ausreichende Verteidigung in 25.
..g5! zu Gebote stand. Darauf wuerde 26.e5 Sf4 guenstig fuer Schwarz ausfallen,
so dass Weiss am besten tut, das ewige Schach nach 26.Tc3 Sf4, 27.Sxf4 gxf4,
28.Dxf4 Dxc3, 29.Dxh6 anzusteuern (Golombek,H). Nach 25...Lc8 haette 26.e5
Dxe5, 27.Dd2 Dd5, 28.Sf6 gxf6, 29.Dxh6 Kg8, 30.Txe6 den Ausschlag gegeben.
Diese letzte Variante will Schwarz mit dem Textzug verhindern, doch damit hebt
er wiederum die urspruengliche Drohung nicht auf. Kurzum: es war keine Rettung
mehr moeglich (Euwe/Prins). Etwas Besseres gibt es nicht ... Wenn 25...g5,
dann 26.e5 f6, 27.Dd3 und Weiss muesste bei richtigem Spiel den Sieg
davontragen. Es gibt noch andere Varianten, doch diese waeren zu lang und zu
kompliziert (Capablanca). Eine charakteristische Bemerkung: Der dritte
Weltmeister scheute keineswegs lange und komplizierte Varianten. Und doch
zeigte bisher niemand, wie Weiss nach 25...g5, 26.e5 f6, 27.Dd3 Kh8! gewinnen
kann. Und niemand merkte an, wie Weiss nach dem Schlag 26...Sf4! [statt 26...
f6] gewinnen koennte, z. B. 27.Sxf4 Txe5, 28.Sd3 Txe3, 29.Sxb2 Txb3 mit
exzellentem Spiel fuer Schwarz. Ich moechte hinzufuegen, dass Weiss im Falle
des vorsichtigeren 25...Tg8, 26.Te2 De5, 27.f4 Db5, 28.Sfxg7 Txg7, 29.Sf6 Kh8,
30.f5 Sg5 wohl nur noch die eigene Rettung zum Ziel haben duerfte. Das ist sie
nun, die "tiefe Kombination". Man muss jedoch einraeumen, dass die meisten
Grossmeister jener Zeit ueber keine wesentlich staerkere Verteidigung
verfuegten als Bernstein. Deshalb waren Capablancas Fantasien, die mit den
Jahren immer seltener vorkamen, gewoehnlich unwiderlegt geblieben (Kasparov,G).
Offenbar war sich Capablanca in spaeteren Jahren bewusst, dass 25...g5 zum
Remis ausreicht, weil von ihm - wie erwaehnt - verschiedene Aussagen zu dieser
Stellung vorliegen (Utzinger,K).} ({Houdini 2.0c Pro x64L:} 25... g5 26. e5 (
26. h4 {-0.44/22 112}) (26. Rc3 f6 27. h4 Nf4 28. Nxf4 Bxf5 29. Nh5 Bg6 30.
Rxc6 Rf7 31. hxg5 Bxh5 32. gxh5 fxg5 33. Rec1 Ree7 34. R6c3 Kg8 35. R1c2 Qa1+
36. Kg2 Qa5 37. Qd4 Qb6 38. Qd3 c5 39. Rd2 Rf6 40. Qc4+ Ref7 41. Kg1 a5 {-0.42/
26}) 26... f6 (26... Nf4 {-0.47/26 63} 27. Nxf4 {-0.47/26 14} Rxe5 {Kurts Zug}
(27... Bxf5 {-0.46/25 6} 28. Nd3 {-0.46/25 8} Bxd3 {-0.46/23 4} 29. Qxd3+ {-0.
45/24 7} Kg7 {-0.42/25 8}) 28. Nd3 {-0.09/26 23} Rxe3 {-0.11/27 29} 29. Nxb2 {
-0.10/27 12}) 27. Qd3 Kh8 {0.60/22 14}) (25... Rg8 {-0.24/23 48}) 26. Re2 {0.
66/28} Qe5 {0.72/27} 27. f4 {0.87/27} Qb5 {1.41/24 Endlich ist die Dame von
dem lebenswichtigen Punkt g7 vertrieben worden, und der Sturm bricht los
(Golombek,H).} ({Houdini 2.0c Pro x64L:} 27... Nxf4 28. Nxf4 Rhg8 29. b4 a5 30.
bxa5 Qxa5 31. Nh5 Qe5 32. Rf1 Re6 33. h3 Rg6 34. Ref2 f6 35. Ra2 Bxf5 36. Rxf5
Qe7 37. Ra6 Rg5 38. Rxg5 hxg5 39. Rxc6 Rb8 40. Qc3 Rb7 41. Ng3 Qf7 42. Qc2 g6
43. Kg2 Kg7 44. Ne2 {0.87/27}) 28. Nfxg7 {1.42/25 ! Wenn es den sein muss
(Euwe/Prins).} 1-0

Das endet hier deshalb, weil ich Houdini erst ab da darauf angesetzt habe, immerhin war die Partie hier ja auch schon ziemlich entschieden.
Ferner muss ich mein posting hier demnächst erst mal beenden, weil eine weitere gleich lange .pgn verkraftet es nicht mehr.

Dort, wo auch die von dir zitierten Kommentatoren die Partie wesentlich anders gespielt hätten, hab ich deren Varianten zusätzlich eingespielt. (Das gefällt mir sehr, wie du das immer mitnimmst und Metaanalysen dazu schreibst )
Verwöhnt wie man da von dir wird, könnte man sich ja überhaupt noch wünschen, du würdest die Kommentarvarianten auch noch gleich nachspielbar machen, was dabei herauskäme, sieht man aber jetzt eh bei meiner überdrüberbespielten Version, sorry nochmals für das Durcheinander, man wird halt durch den Umgang mit der EDV gerade auch im Schach nicht unbedingt ein ordentlicherer Mensch.
Parent - By Peter Martan Date 2012-04-08 07:18
Das Diagramm von dir, dass ich oben zitiert habe, ist wohl die interessanteste Stelle der Partie, man sieht ja auch an deinen und den zitierten Kommentaren, dass der weitere Verlauf da absolut unklar ist, weil dort die Lesbarkeit ohne Programm jetzt in meiner Wurst völlig fehlt, hier noch einmal das 25...g5 als HV von dieser Stelle weg, mit dem, was Houdini nach der Rückwärtsnacht dazu erdacht hat und einer Alternativfortsetzung zu deinem 26...Sf4!, das Houdini dann auch machen würde, fände er 26.e5 schon vor, selbst als Weißer zieht er 26.Tc3 oder h4 vor.

[Event "San Sebastian"]
[Site "?"]
[Date "1911.02.20"]
[Round "1"]
[White "Capablanca, Jose"]
[Black "Bernstein, Ossip"]
[Result "1-0"]
[ECO "C66"]
[Annotator "Utzinger,K"]
[PlyCount "57"]
[EventDate "1911.02.20"]

1. e4 e5 2. Nf3 Nc6 3. Bb5 Nf6 4. O-O Be7 {Diese Einleitung zur so genannten
Steinitz-Verteidigung der Spanischen Partie bietet dem Weissen eine besondere
Chance, wie aus dem sechsten Zug von Weiss hervorgeht (Euwe/Prins). Heutzutage
gross in Mode ist die so genannte Berliner-Verteidigung 4...Sxe4 (Utzinger,K).}
5. Nc3 {Eine solide Fortsetzung, die aber nicht so energisch ist wie 5.d4
(Golombek,H). Als beliebteste Fortsetzung wird heute 5.Te1 gespielt (Utzinger,
K).} d6 6. Bxc6+ {Die beste Antwort waere wiederum 6.d4. Der Tausch von
Laeufer gegen Springer nimmt dem Schwarzen eines seiner Entwicklungsprobleme
ab (Golombek,H). Zu seiner Zeit genuegten Capablanca meistens auch die
zweitbesten Eroeffnungszuege, um Erfolg zu haben, weil er seinen Gegnern vor
allem im Mittelspiel einfach [stark] ueberlegen war (Utzinger,K).} bxc6 7. d4
exd4 {Der Tausch ist inkonsequent und unnoetig. Schwarz haette sich mit 7...
Sd7 im Zentrum behaupten sollen (Euwe/Prins). Eine m.E. zu scharfe Kritik,
denn m.W. gilt heute der Textzug als beste Wahl (Utzinger,K).} 8. Nxd4 Bd7 9.
Bg5 {Die schaerfste Behandlung der Eroeffnung ist nie ein Hauptfaktor in
Capablancas Spiel gewesen. Mit 9.Df3 [Keres] wuerde er seine vorhergehende
Strategie gerechtfertigt und gekroent und einen kleinen, aber dauerhaften
Eroeffnungsvorteil errungen haben (Euwe/Prins).} O-O {Jetzt wuerde auf 10.Dd3
einfach 10...Sg4 folgen. Man beachte, dass das schwarze Spiel die Abwicklung 9.
..Sxe4, 10.Lxe7 Sxc3, 11.Lxd8 Sxd1, 12.Lxc7 Sxb2, 13.Tfe1+ um Haaresbreite
nicht vertragen wuerde (Euwe/Prins).} 10. Re1 {Es drohte 10...Sxe4, 11.Lxe7
Sxc3. Eine kraeftigere Methode, zum Angriff zu gelangen, bestand jedoch in 10.
Dd3, gefolgt von Tae1 und f2-f4, wobei beide Tuerme zum Koenigsangriff
verwendet wuerden (Golombek,H).} h6 11. Bh4 Nh7 {Die beste Methode, Ausgleich
zu erzielen, zeigt die 3. Matchpartie zwischen Capablanca und Lasker 1921, wo
der letztere wie folgt fortsetzte: 11...Te8, 12.Dd3 Sh7, 13.Lxe7 Txe7, 14.Te3
Db8, 15.b3 Db6 (Golombek,H).} 12. Bxe7 {Mancheiner wuerde 12.Lg3 in Betracht
gezogen haben, doch das wuerde nicht zu Capablancas Stil passen (Euwe/Prins).}
Qxe7 13. Qd3 {Weiss konnte den Sh7 daran hindern, ueber g5 wieder ins Spiel zu
kommen, indem er 13.f4 fortsetzte. Ein solcher Zug wuerde jedoch nicht im
Einklang mit der Stellung des Turms auf e1 - anstatt f1 - stehen (Golombek,H).}
Rab8 {Schwarz bereitet sorgfaeltig einen Plan zum Gegenangriff auf dem
Damenfluegel vor; so sorgfaeltig er plant, so sieht er doch nicht weit genug,
und seine Politik ist eine verfehlte. Der Textzug ist an und fuer sich nicht
schlecht, da er eine Figur mit Tempogewinn ins Spiel bringt - das Manoever,
das er vorbereitet, ist falsch (Golombek,H). Die meisten Kommentare zu dieser
Partie fallen recht einseitig aus und sind stark beeinflusst vom Ausgang der
Partie, die m.E. zu Unrecht einen Schoenheitspreis erhalten hat. Ich kann
keinen Makel am geschehenen Textzug 13...Tab8 finden und die von Golombek
angeblich zum Ausgleich fuehrende Variante 13...Tfe8, 14.Te3 Sf8, 15.Tae1
stellt keinen Gegenbeweis dar (Utzinger,K).} (13... Rfe8 14. Re3 (14. Qa6 {0.
29/23 20}) 14... Nf8 (14... Qg5 {0.15/21 24}) 15. Qc4 (15. Rae1 Ng6 {0.15/21 11
}) (15. Rd1 {0.16/22 38}) 15... c5 16. Nd5 (16. Nf3 {0.01/22 10}) 16... Qe5 17.
Nb3 (17. Nf5 {-0.13/22 9}) 17... Be6 18. Qe2 $6 (18. Qa4 {-0.15/25 31}) 18...
Qxb2 19. c4 Qxe2 20. Rxe2) 14. b3 Ng5 {Dieser und die drei naechsten Zuege
sind Teile eines Planes. Klueger waere das defensive, aber sichere 14...Tfe8,
gefolgt von Sf8 (Golombek,H).} (14... Rfe8 15. Re3 c5 16. Nf5 Bxf5 17. exf5 Qd7
18. Rae1 Nf6 19. Ne4 Nxe4 20. Rxe4) 15. Rad1 {Um Da6 spielen zu koennen, ohne
die Variante 15.Da6 De5, 16.Sxc6 Dxc3, 17.Sxb8 Txb8, 18.Dxa7 Te8
beruecksichtigen zu muessen, in der Schwarz das bessere Spiel erhielte.
Ueberzeugender waere jedoch die von Tarrasch angegebene Folge 15.f4! Se6, 16.
Sf5 Df6, 17.e5 dxe5, 18.fxe5 Dd8, 19.Tad1 mit sehr schoenem Spiel (Golombek,H).
Dr. Tarrasch gibt 13.f4 als das Staerkste an. Eine Frage des Geschmacks, wie
mir scheint. Weiss steht auch nach dem Textzug immer noch etwas besser als
Schwarz (Euwe/Prins).} (15. Qc4 {0.24/22 24}) (15. f4 Ne6 {0.15/20 7} 16. Nf5
Qf6 17. e5 {0.51/21 5} dxe5 {0.54/21 2} 18. fxe5 {0.54/21 2} Qd8 $6 {warum
dann nicht schon an 16...?} (18... Qg5 {0.55/21 5}) 19. Rad1 (19. Ne4 {2.10/23
36}) (19. Ne4 {2.29/25 22})) 15... Qe5 {Teilweise um 16.Da6 mit Dc5
beantworten zu koennen, aber auch mit einem Hintergedanken (Golombek,H).} 16.
Qe3 Ne6 17. Nce2 Qa5 {0.19/27 Diese Entfernung der schwarzen Hauptfigur vom
Koenigsfluegel, um einen Bauern zu bedrohen, ist positionell ungerechtfertigt
und kann nur psychologisch erklaert werden; Schwarz unterschaetzt
offensichtlich seinen jugendlichen und verhaeltnismaessig unbekannten
Kontrahenten. Am besten war das einfache 17...Sxd4, um sofort einen der
drohenden Springer abzutauschen und die Diagonale des Laeufers zu oeffnen zur
Kontrolle ueber den Punkt f5 (Golombek,H). Der Beginn strategischer Irrungen,
die die Grundlage des Partieverlustes bilden. Schwarz haette sich anstrengen
sollen, den kleinen Eroeffnungsnachteil wettzumachen und haette den Dingen
nicht mit Achtlosigkeit begegnen duerfen. Richtig war 17...Sxd4, 18.Sxd4 Tfe8,
und behutsam weiter auf dem Wege zum Ausgleich. Durch den Textzug kommt Weiss
zu seinem ersten strategischen Erfolg: Springer auf f5 (Euwe/Prins). letzter
Buchzug} (17... Nxd4 {0.13/24 41}) 18. Nf5 {0.20/28 ! (Golombek,H)} Nc5 {0.52/
27 So ist eine weitere Figur vom Koenigsfluegel abgelenkt worden. Schwarz darf
den a2-Bauern nicht schlagen wegen 18...Dxa2, 19.Dc3 Da6, 20.Sf4! mit der
eventuellen, von Capablanca angegebenen Gewinnfortsetzung 20...f6, 21.Dg3 g5,
22.Sg6 Tf7, 23.Sxh6 Kg7, 24.Sxf7 Kxg6, 25.Sxd6 cxd6, 26.Txd6 Tb7, 27.e5
(Golombek,H). Besser als das Dezentralisieren auch noch des Springers waere
jedoch 18...Tfe8 gewesen. Jetzt wird die schwarze Lage miserabel (Euwe/Prins).}
({Houdini 2.0c Pro x64L:} 18... Rfe8 19. Neg3 Nf8 20. Qd4 Bxf5 21. Nxf5 Ne6 22.
Qb2 Rb5 23. g3 Rc5 24. c4 Rb8 25. Qc2 Re8 26. Kg2 Kh7 27. Qb2 Rb8 28. Qa1 Qa3
29. Re2 Re8 30. Nd4 Nxd4 31. Qxd4 Rce5 32. f4 c5 33. Qd3 R5e6 34. Qd5 Kg8 35.
e5 dxe5 36. fxe5 {0.20/28}) 19. Ned4 {0.43/28 Droht Sxc6, aber ach Dg3 (Euwe/
Prins).} (19. Ne7+ {0.52/23 44}) 19... Kh7 {0.42/25 Weiss drohte 20.Sxc6 Lxc6,
21.Se7+ nebst Sxc6 (Golombek,H).} 20. g4 {0.05/26 Eine sehr interessante Art,
den Angriff fortzusetzen; Weiss sichert zunaechst seinen Vorposten auf f5, um
den anderen Springer ueber e2 und g3 nach h5 herumzubringen. Der direkte
Angriff durch 20.Dg3 g6, 21.Se7 ergibt nach 21...Tbe8!, 22.Sxc6 Db6, 23.Dc3
Sxe4, 24.Da5 nicht mehr als Ausgleich (Golombek,H). Ein typischer
Capablanca-Zug, der vollkommen mit der sichtbaren Leichtigkeit harmoniert, mit
der Weiss die ganze Stellung aufgebaut hat. In dieser offensichtlichen
Leichtigkeit liegt natuerlich die Gefahr, in Schematismus zu verfallen, aber
eine der phaenomenalen Eigenschaften des Kubaners war gerade seine selten
versagende Intuition beim Erkennen solcher Situationen, in denen "Ausspannung"
an die Stelle von Anstrengung treten musste. Man wird zugeben muessen, dass
Lasker, Aljechin oder Keres einen Zug wie den Textzug nicht so leicht
ausgefuehrt haetten. Sie haetten wahrscheinlich nach dem c-Bauer gegriffen
[c2-c3], und der Objektivitaet willen muss gesagt werden, dass dies die
Entscheidung zugunsten des Weissen wohl beschleunigt haben wuerde (Euwe/Prins).
} ({Houdini 2.0c Pro x64L:} 20. c3 Qa6 21. Qg3 Rg8 22. b4 Ne6 23. e5 d5 24. h3
Rbe8 25. Nxe6 Rxe6 26. Nd4 Re7 27. a4 Qc4 28. Qd3+ Qxd3 29. Rxd3 Rge8 30. Rde3
h5 31. a5 g6 32. f4 Kg7 33. Kf2 h4 34. Rd1 {0.42/25}) (20. e5 {0.44/22 41})
20... Rbe8 {0.09/28 Dass 20...Dxa2?? wegen 21.Ta1 Db2, 22.Teb1 mit Damenfang
nicht moeglich ist, sieht ein Blinder (Utzinger,K).} ({Houdini 2.0c Pro x64L:}
20... Ne6 21. f3 c5 22. Ne2 Qxa2 23. Qc3 Qa6 24. Nf4 f6 25. Nd5 Qb7 26. Kh1
Rbe8 27. Qd2 Bc6 28. Ra1 a6 29. h4 Rf7 30. Ra5 Kg8 31. Raa1 Kh8 32. Kg2 Qa7 33.
Rad1 Kg8 34. c3 Qb7 {0.05/26}) 21. f3 {0.11/27} Ne6 {0.04/25} 22. Ne2 {0.04/27
Ein glanzvolles Opfer zweier Bauern fuer einen tiefgruendig erdachten
Koenigsangriff (Golombek,H). Rein intuitiv wird der Bauer a2 geopfert, um
einen Angriff auf den Koenig starten zu koennen. Saemtliche Kommentatoren,
angefangen von Capablanca selbst, hielten dieses Opfer fuer mehr als richtig,
doch ob das zutrifft, werden wir gleich sehen (Kasparov,G).} (22. Kg2 {0.10/21
24}) 22... Qxa2 {-0.01/26 Verzeihlich, dass Bernstein den wahren Kern der
weissen Plaene nicht erkennt, da er moeglicherweise noch immer nicht ueber das
Kaliber des Gegners im klaren ist. Richtig war 22...Db6, und obwohl Schwarz
nach 23.Kg2 Dxe3, 24.Sxe3 gefolgt von 25.c4 schlechter steht, sind Chancen auf
Rettung vorhanden (Golombek,H). ? Eine bezeichnende Erscheinung. Schwarz hat
die groessten Gefahren ueberwunden und geht jetzt voellig zu unrecht auf Raub
aus. Das Turnierbuch gibt mit Recht 22...Db6 als staerkste Fortsetzung an [23.
Dxb6 axb6 24.e5? Sg5]. Wahrscheinlich haette Capablanca 23.Kg2 erwidert. In
solchen Endspielen - andauernde, wenn auch geringe Initiative; kein Risiko -
war er in seinem Element. Man betrachte in diesem Zusammenhang seine Leistung
gegen Bogoljubow, New York 1924. Ob die Partie nach 22...Db6, 23.Kg2 fuer
Weiss tatsaechlich auf Gewinn steht? Da ein Beweis hierfuer doch keinefalls zu
erbringen waere, uebergehen wir diese Frage stillschweigend. Die Frage, ob die
Partie nach 22...Dxa2 fuer Weiss auf Gewinn steht, beantwortet sich aus dem
weiteren Verlauf und den Anmerkungen von selbst (Euwe/Prins). Tarrasch empfahl
22...Db6. Vielleicht hat Weiss nach 23.Kg2 Dxe3 24.Sxe3 einen winzigen Vorteil,
doch das muss sich erst noch zeigen. Heute wuerde wohl nicht nur Kortschnoi
den Bauern schlagen, schliesslich eroeffnen sich zu diesem Zeitpunkt keine
weiteren, konkreten Drohungen (Kasparov,G).} (22... Qb6 {Welches Turnierbuch
gibt das an?} 23. Kg2 {0.23/21 8}) 23. Neg3 {-0.29/28} ({Houdini 2.0c Pro x64L:
} 23. Qc3 Qa6 24. Neg3 Qb6+ 25. Kh1 f6 26. Nh5 Rf7 27. Nfxg7 Nxg7 28. Nxf6+
Rxf6 29. Qxf6 Qf2 30. Rg1 Kg8 31. Qc3 Rf8 32. Rgf1 Qh4 33. Ra1 Qh3 34. Qc4+ d5
35. Qd3 Ne6 36. Rf2 Qh4 37. Rd2 Ng5 38. Rf1 Qh3 39. Rdf2 Be6 40. e5 Kg7 {-0.01/
26}) 23... Qxc2 {-0.37/28 Zu gierig; eine bessere Verteidigung bestand in 23...
f6, falls dann 24.Sh5, so Tf7 (Golombek,H). Hier versaeumt Schwarz die letzte
Gelegenheit, wenigstens zu einem Endspiel zu kommen. Es haette 23...Da5, 24.
Ta1 Db6, 25. Txa7 Dxe3 geschehen muessen, wonach Schwarz zwar schlecht steht
[und niemand wird je wissen, wie sicher sich Capablanca gefuehlt haben mag,
diese Stellung zu gewinnen] sich aber noch wehren kann. Es bestehen genug
Gruende, dafuer anzunehmen, dass der Weisse das Endspiel nach 23...Da5 24.Ta1
der Fortsetzung 23...Da5 24.Kg2 Db6 a) 25.Dd2 oder b) 25.Dc3 vorgezogen haette,
obwohl er, wenn er so spielen wuerde, trotz des Minusbauern gleichfalls
vorzuegliche Gewinnchancen behalten haette (Euwe/Prins). Hinter diesen Zug
setzten viele Kommentatoren ein Fragezeichen. Laut Lasker war 23...f6!? 24.Sh5
Tf7 notwendig. Dem stimme ich zu. Diese Variante ist nicht schlecht, weil
Schwarz nach 25.Sxh6 gxh6, 26.Dc3 Da3, 27.Sxf6 Txf6, 28.Dxf6 Dc5+, 29.Kh1 Sg7
nichts zu befuerchten hat (Kasparov,G).} 24. Rc1 {-0.44/29 Damit wird die
Drohung Dc5 pariert. Angesichts der grossen Probleme, vor denen Weiss steht,
bietet sich die unklare Variante 24.Sh5 Dc5, 25.e5! [nicht aber Dxc5 Sxc5,
Sfxg7 Tb8] 25...Dxe3, 26.Txe3 Sc5, 27.Sfxg7!? an (Kasparov,G). In dieser
Variante kann Schwarz jedoch die fuer ihn nach wie vor vorteilhaftere
Verbesserung 26...Lc8! anbringen (Utzinger,K).} Qb2 {-0.42/27} 25. Nh5 {-0.42/
26 Die Manoever des Springers sind wahrlich erstaunlich. Es scheint, als
waeren sie relativ ungefaehrlich, in Wirklichkeit aber werden sie ueber den
Ausgang der Partie entscheiden (Capablanca). Doch dies liegt vor allem am
schwachen Verteidigungsspiel des Gegners (Kasparov,G).} {Houdini 2.0c Pro x64L:
} g5 (25... Rg8 {-0.24/23 48}) 26. e5 (26. h4 {-0.44/22 112}) (26. Rc3 {
Houdinis automatisch im backward solving generierter  weiterer output} f6 27.
h4 Nf4 28. Nxf4 Bxf5 29. Nh5 Bg6 30. Rxc6 Rf7 31. hxg5 Bxh5 32. gxh5 fxg5 33.
Rec1 Ree7 34. R6c3 Kg8 35. R1c2 Qa1+ 36. Kg2 Qa5 37. Qd4 Qb6 38. Qd3 c5 39. Rd2
Rf6 40. Qc4+ Ref7 41. Kg1 a5 {-0.42/26}) 26... Nf4 {-0.47/26 63} (26... f6 $6 {
verdient sich, auch wenn große Namen hinter diesem Kommentarzug stehen, wohl
frecher Weise wirklich ein ?!} 27. Qd3 Kh8 {0.60/22 14}) 27. Nxf4 {-0.47/26 14}
Rxe5 {Kurts Zug} (27... Bxf5 {-0.46/25 6} 28. Nd3 {-0.46/25 8} Bxd3 {-0.46/23 4
} 29. Qxd3+ {-0.45/24 7} Kg7 {-0.42/25 8}) 28. Nd3 {-0.09/26 23} Rxe3 {-0.11/
27 29} 29. Nxb2 {-0.10/27 12} 1-0

Dann weicht er von deinem 27...Txe5 mit Lxf5 ab, ist sich aber jedenfalls in der eval mit dir einig, dass Weiß keine gemähte Wiese mehr vorfindet.


Wie das wohl weiter ginge, wäre vielleicht weiterer Analysen wert, Michael Scheidl würde es aber wohl ergebnisoffen nennen.
Parent - - By Kurt Utzinger Date 2012-04-08 11:12
Hi Peter

Danke für Deine Ergänzungen. Hier nun eine "lesbare" Darstellung, wie das eben (offenbar)
nur das Gratis-Datenbankprogramm Scid produzieren kann. Ich finde es schade, dass andere
Programme dieses Feature nicht haben, um Partien mit Kommentaren und Varianten sauber
darzustellen.

Gruss
Kurt

[Event "San Sebastian"]
[Site "?"]
[Date "1911.02.20"]
[Round "1"]
[White "Capablanca, Jose"]
[Black "Bernstein, Ossip"]
[Result "1-0"]
[ECO "C66"]
[EventDate "1911.02.20"]
[Annotator "Utzinger,K"]
[PlyCount "55"]

1. e4 e5 2. Nf3 Nc6 3. Bb5 Nf6 4. O-O Be7
    {Diese Einleitung zur so genannten Steinitz-Verteidigung der
    Spanischen Partie bietet dem Weissen eine besondere Chance, wie aus
    dem sechsten Zug von Weiss hervorgeht (Euwe/Prins). Heutzutage gross
    in Mode ist die so genannte Berliner-Verteidigung 4...Sxe4
    (Utzinger,K).}
5. Nc3
    {Eine solide Fortsetzung, die aber nicht so energisch ist wie 5.d4
    (Golombek,H). Als beliebteste Fortsetzung wird heute 5.Te1 gespielt
    (Utzinger, K).}
5. ... d6 6. Bxc6+
    {Die beste Antwort waere wiederum 6.d4. Der Tausch von Laeufer gegen
    Springer nimmt dem Schwarzen eines seiner Entwicklungsprobleme ab
    (Golombek,H). Zu seiner Zeit genuegten Capablanca meistens auch die
    zweitbesten Eroeffnungszuege, um Erfolg zu haben, weil er seinen
    Gegnern vor allem im Mittelspiel einfach [stark] ueberlegen war
    (Utzinger,K).}
6. ... bxc6 7. d4 exd4
    {Der Tausch ist inkonsequent und unnoetig. Schwarz haette sich mit
    7... Sd7 im Zentrum behaupten sollen (Euwe/Prins). Eine m.E. zu
    scharfe Kritik, denn m.W. gilt heute der Textzug als beste Wahl
    (Utzinger,K).}
8. Nxd4 Bd7 9. Bg5
    {Die schaerfste Behandlung der Eroeffnung ist nie ein Hauptfaktor in
    Capablancas Spiel gewesen. Mit 9.Df3 [Keres] wuerde er seine
    vorhergehende Strategie gerechtfertigt und gekroent und einen kleinen,
    aber dauerhaften Eroeffnungsvorteil errungen haben (Euwe/Prins).}
9. ... O-O
    {Jetzt wuerde auf 10.Dd3 einfach 10...Sg4 folgen. Man beachte, dass
    das schwarze Spiel die Abwicklung 9. ..Sxe4, 10.Lxe7 Sxc3, 11.Lxd8
    Sxd1, 12.Lxc7 Sxb2, 13.Tfe1+ um Haaresbreite nicht vertragen wuerde
    (Euwe/Prins).}
10. Re1
    {Es drohte 10...Sxe4, 11.Lxe7 Sxc3. Eine kraeftigere Methode, zum
    Angriff zu gelangen, bestand jedoch in 10. Dd3, gefolgt von Tae1 und
    f2-f4, wobei beide Tuerme zum Koenigsangriff verwendet wuerden
    (Golombek,H).}
10. ... h6 11. Bh4 Nh7
    {Die beste Methode, Ausgleich zu erzielen, zeigt die 3. Matchpartie
    zwischen Capablanca und Lasker 1921, wo der letztere wie folgt
    fortsetzte: 11...Te8, 12.Dd3 Sh7, 13.Lxe7 Txe7, 14.Te3 Db8, 15.b3 Db6
    (Golombek,H).}
12. Bxe7
    {Mancheiner wuerde 12.Lg3 in Betracht gezogen haben, doch das wuerde
    nicht zu Capablancas Stil passen (Euwe/Prins).}
12. ... Qxe7 13. Qd3
    {Weiss konnte den Sh7 daran hindern, ueber g5 wieder ins Spiel zu
    kommen, indem er 13.f4 fortsetzte. Ein solcher Zug wuerde jedoch nicht
    im Einklang mit der Stellung des Turms auf e1 - anstatt f1 - stehen
    (Golombek,H).}
13. ... Rab8
    {Schwarz bereitet sorgfaeltig einen Plan zum Gegenangriff auf dem
    Damenfluegel vor; so sorgfaeltig er plant, so sieht er doch nicht weit
    genug, und seine Politik ist eine verfehlte. Der Textzug ist an und
    fuer sich nicht schlecht, da er eine Figur mit Tempogewinn ins Spiel
    bringt - das Manoever, das er vorbereitet, ist falsch (Golombek,H).
    Die meisten Kommentare zu dieser Partie fallen recht einseitig aus und
    sind stark beeinflusst vom Ausgang der Partie, die m.E. zu Unrecht
    einen Schoenheitspreis erhalten hat. Ich kann keinen Makel am
    geschehenen Textzug 13...Tab8 finden und die von Golombek angeblich
    zum Ausgleich fuehrende Variante 13...Tfe8, 14.Te3 Sf8, 15.Tae1 stellt
    keinen Gegenbeweis dar (Utzinger,K).}
    ( 13. ... Rfe8 14. Re3
        ( 14. Qa6 {0. 29/23 20} )
    14. ... Nf8
        ( 14. ... Qg5 {0.15/21 24} )
    15. Qc4
        ( 15. Rae1 Ng6 {0.15/21 11} )
        ( 15. Rd1 {0.16/22 38} )
    15. ... c5 16. Nd5
        ( 16. Nf3 {0.01/22 10} )
    16. ... Qe5 17. Nb3
        ( 17. Nf5 {-0.13/22 9} )
    17. ... Be6 18. Qe2 $6
        ( 18. Qa4 {-0.15/25 31} )
    18. ... Qxb2 19. c4 Qxe2 20. Rxe2 )
14. b3 Ng5
    {Dieser und die drei naechsten Zuege sind Teile eines Planes. Klueger
    waere das defensive, aber sichere 14...Tfe8, gefolgt von Sf8
    (Golombek,H).}
    ( 14. ... Rfe8 15. Re3 c5 16. Nf5 Bxf5 17. exf5 Qd7 18. Rae1 Nf6 19.
    Ne4 Nxe4 20. Rxe4 )
15. Rad1
    {Um Da6 spielen zu koennen, ohne die Variante 15.Da6 De5, 16.Sxc6
    Dxc3, 17.Sxb8 Txb8, 18.Dxa7 Te8 beruecksichtigen zu muessen, in der
    Schwarz das bessere Spiel erhielte. Ueberzeugender waere jedoch die
    von Tarrasch angegebene Folge 15.f4! Se6, 16. Sf5 Df6, 17.e5 dxe5,
    18.fxe5 Dd8, 19.Tad1 mit sehr schoenem Spiel (Golombek,H). Dr.
    Tarrasch gibt 13.f4 als das Staerkste an. Eine Frage des Geschmacks,
    wie mir scheint. Weiss steht auch nach dem Textzug immer noch etwas
    besser als Schwarz (Euwe/Prins).}
    ( 15. Qc4 {0.24/22 24} )
    ( 15. f4 Ne6 {0.15/20 7} 16. Nf5 Qf6 17. e5 {0.51/21 5} 17. ... dxe5 {
    0.54/21 2} 18. fxe5 {0.54/21 2} 18. ... Qd8 $6 {warum dann nicht schon
    an 16...?}
        ( 18. ... Qg5 {0.55/21 5} )
    19. Rad1
        ( 19. Ne4 {2.10/23 36} )
        ( 19. Ne4 {2.29/25 22} )
    )
15. ... Qe5
    {Teilweise um 16.Da6 mit Dc5 beantworten zu koennen, aber auch mit
    einem Hintergedanken (Golombek,H).}
16. Qe3 Ne6 17. Nce2 Qa5
    {0.19/27 Diese Entfernung der schwarzen Hauptfigur vom Koenigsfluegel,
    um einen Bauern zu bedrohen, ist positionell ungerechtfertigt und kann
    nur psychologisch erklaert werden; Schwarz unterschaetzt
    offensichtlich seinen jugendlichen und verhaeltnismaessig unbekannten
    Kontrahenten. Am besten war das einfache 17...Sxd4, um sofort einen
    der drohenden Springer abzutauschen und die Diagonale des Laeufers zu
    oeffnen zur Kontrolle ueber den Punkt f5 (Golombek,H). Der Beginn
    strategischer Irrungen, die die Grundlage des Partieverlustes bilden.
    Schwarz haette sich anstrengen sollen, den kleinen Eroeffnungsnachteil
    wettzumachen und haette den Dingen nicht mit Achtlosigkeit begegnen
    duerfen. Richtig war 17...Sxd4, 18.Sxd4 Tfe8, und behutsam weiter auf
    dem Wege zum Ausgleich. Durch den Textzug kommt Weiss zu seinem ersten
    strategischen Erfolg: Springer auf f5 (Euwe/Prins). letzter Buchzug}
    ( 17. ... Nxd4 {0.13/24 41} )
18. Nf5
    {0.20/28 ! (Golombek,H)}
18. ... Nc5
    {0.52/ 27 So ist eine weitere Figur vom Koenigsfluegel abgelenkt
    worden. Schwarz darf den a2-Bauern nicht schlagen wegen 18...Dxa2,
    19.Dc3 Da6, 20.Sf4! mit der eventuellen, von Capablanca angegebenen
    Gewinnfortsetzung 20...f6, 21.Dg3 g5, 22.Sg6 Tf7, 23.Sxh6 Kg7, 24.Sxf7
    Kxg6, 25.Sxd6 cxd6, 26.Txd6 Tb7, 27.e5 (Golombek,H). Besser als das
    Dezentralisieren auch noch des Springers waere jedoch 18...Tfe8
    gewesen. Jetzt wird die schwarze Lage miserabel (Euwe/Prins).}
    ( {Houdini 2.0c Pro x64L:} 18. ... Rfe8 19. Neg3 Nf8 20. Qd4 Bxf5 21.
    Nxf5 Ne6 22. Qb2 Rb5 23. g3 Rc5 24. c4 Rb8 25. Qc2 Re8 26. Kg2 Kh7 27.
     Qb2 Rb8 28. Qa1 Qa3 29. Re2 Re8 30. Nd4 Nxd4 31. Qxd4 Rce5 32. f4 c5
    33. Qd3 R5e6 34. Qd5 Kg8 35. e5 dxe5 36. fxe5 {0.20/28} )
19. Ned4
    {0.43/28 Droht Sxc6, aber ach Dg3 (Euwe/ Prins).}
    ( 19. Ne7+ {0.52/23 44} )
19. ... Kh7
    {0.42/25 Weiss drohte 20.Sxc6 Lxc6, 21.Se7+ nebst Sxc6 (Golombek,H).}
20. g4
    {0.05/26 Eine sehr interessante Art, den Angriff fortzusetzen; Weiss
    sichert zunaechst seinen Vorposten auf f5, um den anderen Springer
    ueber e2 und g3 nach h5 herumzubringen. Der direkte Angriff durch
    20.Dg3 g6, 21.Se7 ergibt nach 21...Tbe8!, 22.Sxc6 Db6, 23.Dc3 Sxe4,
    24.Da5 nicht mehr als Ausgleich (Golombek,H). Ein typischer
    Capablanca-Zug, der vollkommen mit der sichtbaren Leichtigkeit
    harmoniert, mit der Weiss die ganze Stellung aufgebaut hat. In dieser
    offensichtlichen Leichtigkeit liegt natuerlich die Gefahr, in
    Schematismus zu verfallen, aber eine der phaenomenalen Eigenschaften
    des Kubaners war gerade seine selten versagende Intuition beim
    Erkennen solcher Situationen, in denen "Ausspannung" an die Stelle von
    Anstrengung treten musste. Man wird zugeben muessen, dass Lasker,
    Aljechin oder Keres einen Zug wie den Textzug nicht so leicht
    ausgefuehrt haetten. Sie haetten wahrscheinlich nach dem c-Bauer
    gegriffen [c2-c3], und der Objektivitaet willen muss gesagt werden,
    dass dies die Entscheidung zugunsten des Weissen wohl beschleunigt
    haben wuerde (Euwe/Prins).}
    ( {Houdini 2.0c Pro x64L:} 20. c3 Qa6 21. Qg3 Rg8 22. b4 Ne6 23. e5 d5
    24. h3 Rbe8 25. Nxe6 Rxe6 26. Nd4 Re7 27. a4 Qc4 28. Qd3+ Qxd3 29.
    Rxd3 Rge8 30. Rde3 h5 31. a5 g6 32. f4 Kg7 33. Kf2 h4 34. Rd1 {0.42/25
    } )
    ( 20. e5 {0.44/22 41} )
20. ... Rbe8
    {0.09/28 Dass 20...Dxa2?? wegen 21.Ta1 Db2, 22.Teb1 mit Damenfang
    nicht moeglich ist, sieht ein Blinder (Utzinger,K).}
    ( {Houdini 2.0c Pro x64L:} 20. ... Ne6 21. f3 c5 22. Ne2 Qxa2 23. Qc3
    Qa6 24. Nf4 f6 25. Nd5 Qb7 26. Kh1 Rbe8 27. Qd2 Bc6 28. Ra1 a6 29. h4
    Rf7 30. Ra5 Kg8 31. Raa1 Kh8 32. Kg2 Qa7 33. Rad1 Kg8 34. c3 Qb7 {
    0.05/26} )
21. f3
    {0.11/27}
21. ... Ne6
    {0.04/25}
22. Ne2
    {0.04/27 Ein glanzvolles Opfer zweier Bauern fuer einen tiefgruendig
    erdachten Koenigsangriff (Golombek,H). Rein intuitiv wird der Bauer a2
    geopfert, um einen Angriff auf den Koenig starten zu koennen.
    Saemtliche Kommentatoren, angefangen von Capablanca selbst, hielten
    dieses Opfer fuer mehr als richtig, doch ob das zutrifft, werden wir
    gleich sehen (Kasparov,G).}
    ( 22. Kg2 {0.10/21 24} )
22. ... Qxa2
    {-0.01/26 Verzeihlich, dass Bernstein den wahren Kern der weissen
    Plaene nicht erkennt, da er moeglicherweise noch immer nicht ueber das
    Kaliber des Gegners im klaren ist. Richtig war 22...Db6, und obwohl
    Schwarz nach 23.Kg2 Dxe3, 24.Sxe3 gefolgt von 25.c4 schlechter steht,
    sind Chancen auf Rettung vorhanden (Golombek,H). ? Eine bezeichnende
    Erscheinung. Schwarz hat die groessten Gefahren ueberwunden und geht
    jetzt voellig zu unrecht auf Raub aus. Das Turnierbuch gibt mit Recht
    22...Db6 als staerkste Fortsetzung an [23. Dxb6 axb6 24.e5? Sg5].
    Wahrscheinlich haette Capablanca 23.Kg2 erwidert. In solchen
    Endspielen - andauernde, wenn auch geringe Initiative; kein Risiko -
    war er in seinem Element. Man betrachte in diesem Zusammenhang seine
    Leistung gegen Bogoljubow, New York 1924. Ob die Partie nach 22...Db6,
    23.Kg2 fuer Weiss tatsaechlich auf Gewinn steht? Da ein Beweis
    hierfuer doch keinefalls zu erbringen waere, uebergehen wir diese
    Frage stillschweigend. Die Frage, ob die Partie nach 22...Dxa2 fuer
    Weiss auf Gewinn steht, beantwortet sich aus dem weiteren Verlauf und
    den Anmerkungen von selbst (Euwe/Prins). Tarrasch empfahl 22...Db6.
    Vielleicht hat Weiss nach 23.Kg2 Dxe3 24.Sxe3 einen winzigen Vorteil,
    doch das muss sich erst noch zeigen. Heute wuerde wohl nicht nur
    Kortschnoi den Bauern schlagen, schliesslich eroeffnen sich zu diesem
    Zeitpunkt keine weiteren, konkreten Drohungen (Kasparov,G).}
    ( 22. ... Qb6 {Welches Turnierbuch gibt das an?} 23. Kg2 {0.23/21 8} )
23. Neg3
    {-0.29/28}
    ( {Houdini 2.0c Pro x64L:} 23. Qc3 Qa6 24. Neg3 Qb6+ 25. Kh1 f6 26.
    Nh5 Rf7 27. Nfxg7 Nxg7 28. Nxf6+ Rxf6 29. Qxf6 Qf2 30. Rg1 Kg8 31. Qc3
    Rf8 32. Rgf1 Qh4 33. Ra1 Qh3 34. Qc4+ d5 35. Qd3 Ne6 36. Rf2 Qh4 37.
    Rd2 Ng5 38. Rf1 Qh3 39. Rdf2 Be6 40. e5 Kg7 {-0.01/ 26} )
23. ... Qxc2
    {-0.37/28 Zu gierig; eine bessere Verteidigung bestand in 23... f6,
    falls dann 24.Sh5, so Tf7 (Golombek,H). Hier versaeumt Schwarz die
    letzte Gelegenheit, wenigstens zu einem Endspiel zu kommen. Es haette
    23...Da5, 24. Ta1 Db6, 25. Txa7 Dxe3 geschehen muessen, wonach Schwarz
    zwar schlecht steht [und niemand wird je wissen, wie sicher sich
    Capablanca gefuehlt haben mag, diese Stellung zu gewinnen] sich aber
    noch wehren kann. Es bestehen genug Gruende, dafuer anzunehmen, dass
    der Weisse das Endspiel nach 23...Da5 24.Ta1 der Fortsetzung 23...Da5
    24.Kg2 Db6 a) 25.Dd2 oder b) 25.Dc3 vorgezogen haette, obwohl er, wenn
    er so spielen wuerde, trotz des Minusbauern gleichfalls vorzuegliche
    Gewinnchancen behalten haette (Euwe/Prins). Hinter diesen Zug setzten
    viele Kommentatoren ein Fragezeichen. Laut Lasker war 23...f6!? 24.Sh5
    Tf7 notwendig. Dem stimme ich zu. Diese Variante ist nicht schlecht,
    weil Schwarz nach 25.Sxh6 gxh6, 26.Dc3 Da3, 27.Sxf6 Txf6, 28.Dxf6
    Dc5+, 29.Kh1 Sg7 nichts zu befuerchten hat (Kasparov,G).}
24. Rc1
    {-0.44/29 Damit wird die Drohung Dc5 pariert. Angesichts der grossen
    Probleme, vor denen Weiss steht, bietet sich die unklare Variante
    24.Sh5 Dc5, 25.e5! [nicht aber Dxc5 Sxc5, Sfxg7 Tb8] 25...Dxe3,
    26.Txe3 Sc5, 27.Sfxg7!? an (Kasparov,G). In dieser Variante kann
    Schwarz jedoch die fuer ihn nach wie vor vorteilhaftere Verbesserung
    26...Lc8! anbringen (Utzinger,K).}
24. ... Qb2
    {-0.42/27}
25. Nh5
    {-0.42/ 26 Die Manoever des Springers sind wahrlich erstaunlich. Es
    scheint, als waeren sie relativ ungefaehrlich, in Wirklichkeit aber
    werden sie ueber den Ausgang der Partie entscheiden (Capablanca). Doch
    dies liegt vor allem am schwachen Verteidigungsspiel des Gegners
    (Kasparov,G).}
25. ... Rh8
    {0.69/28 Nicht in Frage kommt 25...g6, 26.Dxh6 Kg8, 27.e5 gxh5,
    28.gxh5 Dxb3, 29.Te2 nebst Tg2+; Capablanca fuehrt jedoch selbst aus,
    dass eine ausreichende Verteidigung in 25. ..g5! zu Gebote stand.
    Darauf wuerde 26.e5 Sf4 guenstig fuer Schwarz ausfallen, so dass Weiss
    am besten tut, das ewige Schach nach 26.Tc3 Sf4, 27.Sxf4 gxf4, 28.Dxf4
    Dxc3, 29.Dxh6 anzusteuern (Golombek,H). Nach 25...Lc8 haette 26.e5
    Dxe5, 27.Dd2 Dd5, 28.Sf6 gxf6, 29.Dxh6 Kg8, 30.Txe6 den Ausschlag
    gegeben. Diese letzte Variante will Schwarz mit dem Textzug
    verhindern, doch damit hebt er wiederum die urspruengliche Drohung
    nicht auf. Kurzum: es war keine Rettung mehr moeglich (Euwe/Prins).
    Etwas Besseres gibt es nicht ... Wenn 25...g5, dann 26.e5 f6, 27.Dd3
    und Weiss muesste bei richtigem Spiel den Sieg davontragen. Es gibt
    noch andere Varianten, doch diese waeren zu lang und zu kompliziert
    (Capablanca). Eine charakteristische Bemerkung: Der dritte Weltmeister
    scheute keineswegs lange und komplizierte Varianten. Und doch zeigte
    bisher niemand, wie Weiss nach 25...g5, 26.e5 f6, 27.Dd3 Kh8! gewinnen
    kann. Und niemand merkte an, wie Weiss nach dem Schlag 26...Sf4!
    [statt 26... f6] gewinnen koennte, z. B. 27.Sxf4 Txe5, 28.Sd3 Txe3,
    29.Sxb2 Txb3 mit exzellentem Spiel fuer Schwarz. Ich moechte
    hinzufuegen, dass Weiss im Falle des vorsichtigeren 25...Tg8, 26.Te2
    De5, 27.f4 Db5, 28.Sfxg7 Txg7, 29.Sf6 Kh8, 30.f5 Sg5 wohl nur noch die
    eigene Rettung zum Ziel haben duerfte. Das ist sie nun, die "tiefe
    Kombination". Man muss jedoch einraeumen, dass die meisten
    Grossmeister jener Zeit ueber keine wesentlich staerkere Verteidigung
    verfuegten als Bernstein. Deshalb waren Capablancas Fantasien, die mit
    den Jahren immer seltener vorkamen, gewoehnlich unwiderlegt geblieben
    (Kasparov,G). Offenbar war sich Capablanca in spaeteren Jahren
    bewusst, dass 25...g5 zum Remis ausreicht, weil von ihm - wie erwaehnt
    - verschiedene Aussagen zu dieser Stellung vorliegen (Utzinger,K).}
    ( {Houdini 2.0c Pro x64L:} 25. ... g5 26. e5
        ( 26. h4 {-0.44/22 112} )
        ( 26. Rc3 f6 27. h4 Nf4 28. Nxf4 Bxf5 29. Nh5 Bg6 30. Rxc6 Rf7 31.
         hxg5 Bxh5 32. gxh5 fxg5 33. Rec1 Ree7 34. R6c3 Kg8 35. R1c2 Qa1+
        36. Kg2 Qa5 37. Qd4 Qb6 38. Qd3 c5 39. Rd2 Rf6 40. Qc4+ Ref7 41.
        Kg1 a5 {-0.42/ 26} )
    26. ... f6
        ( 26. ... Nf4 {-0.47/26 63} 27. Nxf4 {-0.47/26 14} 27. ... Rxe5 {
        Kurts Zug}
            ( 27. ... Bxf5 {-0.46/25 6} 28. Nd3 {-0.46/25 8} 28. ... Bxd3
            {-0.46/23 4} 29. Qxd3+ {-0. 45/24 7} 29. ... Kg7 {-0.42/25 8}
            )
        28. Nd3 {-0.09/26 23} 28. ... Rxe3 {-0.11/27 29} 29. Nxb2 {
        -0.10/27 12} )
    27. Qd3 Kh8 {0.60/22 14} )
    ( 25. ... Rg8 {-0.24/23 48} )
26. Re2
    {0. 66/28}
26. ... Qe5
    {0.72/27}
27. f4
    {0.87/27}
27. ... Qb5
    {1.41/24 Endlich ist die Dame von dem lebenswichtigen Punkt g7
    vertrieben worden, und der Sturm bricht los (Golombek,H).}
    ( {Houdini 2.0c Pro x64L:} 27. ... Nxf4 28. Nxf4 Rhg8 29. b4 a5 30.
    bxa5 Qxa5 31. Nh5 Qe5 32. Rf1 Re6 33. h3 Rg6 34. Ref2 f6 35. Ra2 Bxf5
    36. Rxf5 Qe7 37. Ra6 Rg5 38. Rxg5 hxg5 39. Rxc6 Rb8 40. Qc3 Rb7 41.
    Ng3 Qf7 42. Qc2 g6 43. Kg2 Kg7 44. Ne2 {0.87/27} )
28. Nfxg7
    {1.42/25 ! Wenn es den sein muss (Euwe/Prins).}
1-0
Parent - By Werner Mueller Date 2012-04-08 11:58
[quote="Kurt Utzinger"]
Hier nun eine "lesbare" Darstellung, ...
[/quote]
Meinst Du im Ernst, das könnte hier (und nicht nur hier) irgendeiner 'vom Blatt' und ohne pgn-Reader lesen?!?
Und für den pgn-Reader ist die eine Darstellung so gut wie die andere.

btw. (weil es sozusagen inhaltlich damit zu tun hat)

[quote="Peter Martan"]
Verwöhnt wie man da von dir wird, könnte man sich ja überhaupt noch wünschen, du würdest die Kommentarvarianten auch noch gleich nachspielbar machen, ...
[/quote]
Peters Wunsch könnte ich mich anschließen wollen. 

Ansonsten (weil ja gelegentlich Zweifel bei Dir auftauchen): Deine kommentierten Partien - ganz tolle Sache. Danke.
Parent - - By Chrischan Date 2012-05-02 15:40
Lieber Kurt,

nein, wir haben noch nicht Weihnachten, aber ich stehe für viele stille Leser und möchte dir danken, vielleicht gelingt es meiner kleinen Bibliothek deine Fragen zu beantworten, hier also einige Ergänzungen zu der Partie:

vor dem 1. Zug:

"Eine jener Partien, wo der tatsächliche Verlauf ( und sogar der äußere Glanz ) gar nichts, während der psychologische Rahmen alles bedeuten dürfte! Daß der Ruf, der dem jungen 23jährigen Kubaner vor seinem ersten europäischen Auftreten und überhaupt ersten Turnier auf Grund seines Matches mit Marshall und seiner Simultanspielerfolge voranging, keineswegs übertrieben war und der neue Schachstern allen anderen Meistern an Können, Wissen und sogar Routine ( ! ) keineswegs nachstand - dies mußte schon in der 1. Runde Bernstein zu seinem Leidwesen erfahren und die Unterschätzung des Partners, die tatsächlich aus seiner ganzen Partieführung spricht, mit einer Niederlage büßen. Über den inneren Wert der betreffenden Partie sind die Ansichten der Kenner und Schachästheten verschieden. Die Moral von der ganzen Geschichte ist aber die, daß mancher "homo novus" auch ein "homo fortis" sein kann!

[Tartakower, Moderne Schachstrategie, Breslau 1930 ]

6. Bxc6 "Dieser Abtausch ist spielbar, aber nicht empfehlenswert, weil er Schwarz entwickelt"

[Lasker "Schach für Jedermann" Berlin, 1929]

7. ... exd4 "Er gibt den Zentrumshalt kampflos auf. In Betracht kommt hier die Anwendung des Tschigorinschen Manövers 7. ...Sd7, wodurch der Punkt e5 bis auf weiteres behauptet wäre."

[Tartakower "Moderne Schachstrategie"  Breslau 1930 ]

9. Bg5 "Ein nicht unbeliebter Fesselungsgedanke, der speziell im Wettkampf Lasker-Janowski zur Anwendung kam. 
Eine andere Entwicklungsidee des Damenläufers wäre 9. b3 nebst Bb2, was allerlei Geheimspannungen beinhaltet und durch die Partie Tarrasch-Blackburne, Manchester 1890, inauguriert wurde."

[Tartakower, ebd.]

13. ... Rab8 " Ein beliebtes Intermezzo. Unter Verzicht auf dasselbe und unter Vornahme von Umgruppierungen hinter der Front entrollte sich eine Gastpartie Bernstein-Lasker, Moskau 1914: 13. ...Rfe8 14. Re3 ( Oder die 1. Matchpartie Schlechter -Lasker, Wien 1910: 14. Rad1 Nf8 15. h3 Ng6 16. Qg3 mit baldigem Damentausch und gleichstehenden Endspiel.)  ... Nf8 15. Qc4 ( Ein verfrühter Angriff. Besser 15. Rae1 ) 15. ... c5 16. Nd5 Qe5 17. Nb3 Be6 18. Qe2 ( Am Besten war 18. Qa4 ) 18. ... Qxb2 19. c4 ( 19. Nxc7 Bxb3! ) 19. ... Qxe2 20. Rxe2 Bd5 21. exd a5 usw. mit behaupteter Bauernbeute von Schwarz."

[Tartakower, ebd. ]

Anmerkung zur Computervariante:  "15. f4 Ne6 16. Nf5 Qf6 17. e5 dxe5 18. fxe5 Qd8 , wonach Schwarz unterentwickelt und schlecht steht."

[ Tarrasch, "Die moderne Schachpartie", Leipzig 1916 ]

17. ...Qa5 " Bedenkliche Damenablenkung, die dem noch bedenklicheren Bauernraub dienen soll.
Nach Tarrasch war hier wohl 17. ... Nc5 ausgleichend, z. B. 18. Ng3 Rfe8, da der Vorstoß f2-f4 für Weiß nicht ohne Risiko wäre.
Nach Lasker hingegen war 17. ...Nxd4 das Einfachste, um die Diagonale des Läufer d7 zu entlasten sowie die Aufstellung der Türme auf der e-Linie vorzubereiten."

[Tartakower, "Moderne Schachstrategie" Breslau 1930 ]

20. g4 ( Einwurf von Christian nebenbei: Sehr viele Kommentare von Tartakower wurden in leicht veränderter Form von Golombek aus dem obigen Buch vermutlich "entnommen". Als Beispiel stellvertretend die Anmerkung nach dem 20. Zug) "Mit der Idee, nicht vorbeizumarschieren, sondern den eroberten Punkt f5 noch weiter zu befestigen. Der Kampf zwischen den beiden Großtaktikern, wird wie man sieht, mit seltener Stärke geführt. Ob die von Tarrasch vorgeschlagene reine Figurenstrategie: 20. Qg3 g6 21. Ne7 wirksamer wäre, die mag dahingestellt bleiben, denn es folgt dann nicht etwa 21. ..Qb6 22. e5 d5 23. e6 und gewinnt, sondern viel großzügiger 21. ...Rbe8!"

[Tartakower, ebd.]

22. Ne2 "Die Idee, zwei Bauern einstehen zu lassen, um zu einem kombinierten Angriff der beiden Springer zu gelangen, ist jedenfalls kühn und zeigt die natürlichen Gaben des Kubaners in bestem Lichte."

[Tartakower, ebd.]

22. ...Qxa2 "Unterschätzung! Ein Defensivgeist würde mit dem naheliegenden 22. ...Qb6 den Damentausch herbeiführen, um nach etwa 23. Kg2 Qxe3 24. Nxe3 usw. ziemlich mühelos den Ausgleich zu erreichen."

[Tartakower, ebd.]

23. ...Qxc2 " Um zum Damenopponieren 24. ...Qc5 zu kommen, was jedoch vorsichtiger durch 23. ...Qa5 als durch das Schlagen eines zweiten Bauern anzustreben war."

[Tartakower,ebd. ]

25. ... Rfh8 "...Wenig einladend sieht auch 25. ... g5 aus, da darauf 26. e5! f6 27. Nxf6+ Rxf6 28. exf Qxf6 29. Qxa7 usw. dem Nachziehenden keine entsprechende Kompensation für die verlorene Qualität bieten würde."

[Tartakower, ebd.]

27. Qb5 "Endlich ist die schwarze Dame von den kritischen Punkten g7 und f6 abgedrängt, wo sich nunmehr grausame Eregnisse abspielen werden.  In spieltechnischer Beziehung sei der von Weiß erreichten Stellung Beachtung geschenkt: Ganz vorne die eng zusammenarbeitende Kavallerie ( Sf5 und h5 ), dann die durch drei mutige Musketiere ( e4,g4,f4 ) vertretende Infanterie, endlich der in rückwärtigen Mulden verborgene Artilleriepark - dies alles zum konzentrischen Angriff gegen die feindliche Rochadestellung vorbereitet." Anm. Christian: Aus dieser Aussage erschließt sich auch warum seinerzeit der Schönheitspreis vergeben wurde. Schönheit muß nicht unbedingt zwingend zum Siege führen sondern kann auch ästhetisch wahrgenommen werden.

[Tartakower,ebd.]

28. Nfxg7 " Naheliegend und doch seit lange geplant. Ob jedoch hiermit die natürliche Verteidigungskraft der Stellung von Schwarz bereits endgültig erschüttert ist, dies ist eine andere Frage."

[Tartakower,ebd.]

28. ... Nc5? "Unnötige Preisgabe der Qualität. Ganz hübsch war freilich die von Weiß ausgedachte Hauptvariante des Sieges:  28. ... Nxg7 29. Nf6+ Kg6 30. Nxd7 ( nun droht gar 31. f5+ Kh7? 32. Nf6#) 30. ... f6 31. e5 (Zertrümmerungstendenz) 31. ... Kf7 32. Nxf6 Re7 33. Ne4 dxe 34. fxe und die Stellung von Schwarz wird unhaltbar. Mehr Unklarheiten bot schon 28. ... Qb6, am allerbesten war jedoch 28. ...Rd8, wodurch nicht nur der angegriffene Turm weggezogen, sondern auch der gefährdete Läufer gedeckt wird. Weiß würde dann zwar seinen Angriff mittels 29. f5 fortsetzen, müßte jedoch nach 29. ...Nf8 ( Freilich nicht 29. ...Nxg7 wegen des eleganten Mattes 30 . Nf6# ) 30. g5! Qb6 ( Verinfachungstendenz ) 31. gxh Qxe3+ 32. Rxe3 Kxh6 unter erschwerten Umständen arbeiten.Immerhin folgt dann am feinsten 33. Kf2! und der schwarze König wird von den weißen Türmen auf der g-Linie und h-Linie umstellt. Jedenfalls würde dabei der auf g7 eingenistete Springer auch dem Anziehenden selbst manche Sorge verursachen, was jedoch nach dem entgegenkommenden Textzuge des Gegners nicht mehr der Fall sein wird."

[Tartakower, ebd. ]

Schlußsatz: " Die flotte Partie wurde mit einem Schönheitspreis ausgezeichnet. In ritterlicher Anerkennung der gegnerischen Leistung meint Bernstein, daß sein Hauptfehler darin bestand, diese ruhige Variante der spanischen Partie unbedingt verwickeln zu wollen. ( also 14. ... Ng5 statt etwa 14. ... Rfe8 nebst Nf8.)

"Alles schon mal dagewesen." laßt es euch allen gut gehen

Christian
Parent - - By Kurt Utzinger Date 2012-05-03 10:29
Hallo Christian

Vielen Dank für Deine Ergänzungen. Wie man sieht, wurde schon
sehr viel über diese Partie geschrieben.

Gruss
Kurt
Parent - - By Ludwig Bürgin Date 2012-05-03 17:34
Hallo Kurt

Meine Analyse mit Houdini fällt kurz aus.Zug 25 Schwarz müsste g5 gespielt werden.Zug 28 Schwarz Tef8 könnte vieleicht Remis halten ?

Gruß Ludwig
Parent - By Kurt Utzinger Date 2012-05-03 20:04
[quote="Ludwig Bürgin"]
Hallo Kurt

Meine Analyse mit Houdini fällt kurz aus.Zug 25 Schwarz müsste g5 gespielt werden.Zug 28 Schwarz Tef8 könnte vieleicht Remis halten ?

Gruß Ludwig
[/quote]

Hallo Ludwig

Du bestätigst mit 25...g5! die Einschätzung in meiner kommentierten Partie. Dass 28...Tef8 die Partie noch retten
kann, bezweifle ich nach 29.f5 De5, 30.fxe6 fxe6, 31.Tf1!

Mfg
Kurt
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