Hallo Frank!
[quote="Frank Quisinsky"]
ich weiß jetzt nicht genau was Du meinst, z. B. ELO in EUR und so weiter. Blicke auch nicht so ganz durch mit welchen Sinnhaftigkeiten dies oder jenes begründet wird um sich vielleicht selbst zu rechtfertigen?
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Da hab ich endlich mal eine klare und kurze Antwort und ich muss nicht einmal viel nachdenken:
Ja.
[quote="Frank Quisinsky"]
Fest steht doch:
Es gibt schier unglaublich viel Lagerdenken.
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Und auch da hast du einfach vollkommen recht, und wenn ich jetzt im wieder nüchternen Zustand (so viel war's gar nicht, der Sturm ist nur heuer um Einiges stärker als sonst, oder ich war gestern schwächer
) darüber nachdenke, schaut mir das eine, dass ich mich in erster Linie selbst rechtfertigen wollte (Wofür doch eigentlich noch gleich? Dazu später noch einmal.) und das andere mit dem Lagerdenken doch sehr verdächtig nach Rechtfertigungsversuch für Lagerdenken aus und dafür, dass du mir das geholfen hast, klarer zu sehen, danke Frank.
Wahrscheinlich wäre es mir mit drüber Schlafen allein auch klar geworden, war es mir ja auch schon früher mal.
[quote="Frank Quisinsky"]
Ein paar Beispiele:
- mich interessiert alles, unabhängig von der Quelle
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hätte aber für meinen persönlichen Fall schon gereicht.
[quote="Frank Quisinsky"]
- mich interessiert alles was gegen moralische Regeln verstößt es recht, z. B. weil ich A oder B nicht mag.
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und so ist es jetzt eigentlich, sofern man sich selbst und die eigenen Motive überhaupt kennt, wieder nicht bei mir, (mehr als bei den meisten Anderen?) hoffe ich doch nicht, oder doch?
Nein, Frank, so ist das nicht, sieht man mal von der Neigung des Menschen, das Grausige, das Gefährliche, das Böse sehen zu wollen, Edgar Allan Poe nennt es The Impulse of Perverseness, dahinter steckt außer dunklen Trieben und Instinkten aber oft genug auch einfach die Angst, von etwas überrascht zu werden, was man bei entsprechender Vorsicht hätte wahrnehmen können und auch sollen.
Insbesonders beim Computerschach ist das bei mir aber absolut nicht vorrangig, es sei denn es scheint mir bei manchen moralischen Regeln, wie du das nennst, besonders fragwürdig, wie moralisch und wie regelrecht die wirklich sind, wer die Regeln aufgestellt hat und wie allgemein gültig die Moralbegriffe, um die es da wem geht, wirklich sind oder gemacht werden sollen, zum Schein, zum Anschein, zur Scheinheiligkeit erdacht.
Und dann räume ich diesem Verdacht von dir noch folgendes ein: als Schachspieler gewinnen zu wollen, mag die Frage nach der Quelle von Schachzügen manchmal hinter den Antrieb, gewinnen zu wollen, zurück treten, dazu aber unter uns: (
) ist das für dich wirklich so eine Frage der Moral, dass du jeden Schachspieler, der (auch!) spielt, um zu gewinnen, als unmoralisch verurteilen würdest?
Wohl nein und wir sind wieder bei der rein subjektiven Bewertung, wie sehr darf jemand mit was alles für Mitteln bei irgendwas, und sei's beim Schachspiel, gewinnen wollen?
Das wird aber vollends zu kompliziert und drum ist diese spezielle Computerschachfrage letzten Endes halbwegs objektiv nur mit schachlichen und mit programmiertechnischen Mitteln zu beantworten.
[quote="Frank Quisinsky"]
Wenn ich Lagerdenken A oder B unterstütze, könnte das nicht dazu führen das ich mich selbst um wirkliche Errungenschaften betrüge?
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Hier wieder einfach ja.
[quote="Frank Quisinsky"]
Entwicklung = Fortschritt
Also die Frage ...
Was ist Entwicklung?
...
Es gibt immer Momente das steht eine Entwicklung oder eine Entwicklung geht untypische Wege bzw. wird abschließend optimiert.
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Abschließend optimiert find ich auch sehr gut, woher weiß man aber, dass was optimal ist, und kann es damit abschließen, solange man nicht weiter probiert hat, es weiter zu verbessern?
[quote="Frank Quisinsky"]
Selbst bin ich mir unsicher ob der Aufhänger "Entwicklung" heute überhaupt noch maßgebend ist. Je weiter eine Entwicklung voran schreitet desto mehr Bäume (vergleichbar wie der Suchbaum einer Engine) bzw. Abzweigungen entstehen. Die verschiedenen Richtungen gefallen meist nicht, denn User können nicht alle Dinge mitgehen, konzentrieren sich meist auf die eigenen Interessen.
Also unterliegt das ganze Thema hier einer Art Steuerung. Und hier liegt ein maßgebliches Problem, welches Computerschach derzeit bzw. schon längere Zeit hat. Es wird nicht einheitlich gesteuert, weil zu viele Individualisten, Interessenslagen vorhanden sind. Die Steuerung selbst ist sich selbst überlassen bzw. wird zum Selbstläufer. Mit anderen Worten, jeder macht was er will ... Stärke und Einheit wird nicht mehr demonstriert. Ein Konzept bricht zusammen, neue Konzepte gehen parallel eigene Wege.
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Hier kommen wir dem Kern immer näher.
Wissen die Entwickler selbst schon nicht mehr, was sie in welche Richtung wie am besten weiterentwickeln sollen, wer von ihnen welche Entwicklung zuletzt wie sehr eigenständig weiter gebracht hat, dann sind die user natürlich vollends überfordert und die Grauzone der unabhängigen Tester wird immer grauer und die Tests immer gräulicher, weil kein klarer Auftrag von Seiten bestimmter bekannter Entwickler mehr da ist und die user planlos nach noch und noch Tests verlangen, ohne natürlich erst recht selbst zu wissen, wozu.
Außerdem, was du so mit Stärek und Einheit beschreibst...
[quote="Frank Quisinsky"]
Viele kommerzielle Anbieter suchten Möglichkeiten das zu verhindern. In Zeiten als die Kompatibilitätsfragen das Thema waren. Es gab immer mehr Amteurentwicklungen, immer mehr offene Sourcen und alle unterstützen letztendlich die freien Protokolle. Dafür benötigte es viele Schubser, denn Personen vereinigt Euch zur Kompatibilität war ein großes Thema. Bis mal Hiarcs, Junior, ChessTiger, Nimzo, Shredder kompatibel geworden sind benötigte es viel Zeit und Grabenkämpfe.
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...erinnere ich mich auch noch gut an die Zeit, als man gar nicht glauben konnte, dass man plötzlich verschiedene engines unter einem gemeinsamen GUI direkt gegeneinander spielen lassen konnte.
Die Stärke und die Einheit war da dann aber diesbezüglich ab diesem bestimmten Zeitpunkt einfach gefordert und überlebenswichtig, um überhaupt weiter mitspielen zu können. Einheit und Stärke aufgrund wirtschaftlicher, wissenschaftlicher oder politischer, sozialer Notwendigkeit, dass die dann mehr und mehr fehlt, wenn es nichts mehr gemeinsam zu gewinnen gibt...?
[quote="Frank Quisinsky"]
Der Selbstläufer freies Protokoll sorgte dafür das Steuerung nicht mehr möglich war. Ist Steuerung nicht mehr möglich gleitet Personen die steuern möchten alles mögliche aus der Hand.
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Damit verteilst du jetzt die Schuldfrage aber schon auch wieder ziemlich einseitig auf Leute wie Hyatt, Letouzey, Romstad, und andere, die ich persönlich eher als die Helden und die Pioniere gesehen hätte, nicht nur und nicht immer aber ihr Beitrag für mich prinzipiell schon ein sehr überwiegend positiver.
Selbstläufer freies Protokoll als Steuerungsdefekt? Ja, wenn du die willkürliche, manipulative und geheim gehaltene Steuerung durch unfreie Protokolle als Gegensteuerung siehst, muss ich nochmal drüber nachdenken, Frank, solltest du vielleicht auch tun.
So gesehen könntest du z.B. auch SMK einen Rebellen der Computerschachsteuerung nennen, weil der UCI- Protokoll mit zu dem gemacht hat, was es heute ist.
Sicher auch ein Selbstläufer, was daraus geworden ist, aber für mich ist sowas eher ein Lenkrad, als eine Bremse, wenn du trotzdem ins Schleudern kommst, hast du vielleicht einfach zuviel Gas gegeben oder kannst einfach nicht Autofahren, dann solltest du aber einfach nicht hinters Steuer.
[quote="Frank Quisinsky"]
Hier ist die Frage:
Benötigen wir Steuerungen?
Klar benötigt der Mensch Steuerungen!
Stelle Dir mal vor ein Land ohne Gesetze, Ordnung und Regeln.
Nur wer darf steuern im Bereich Computerschach!
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Einig im Verlangen von Steuerrädern, wahrscheinlich nicht in Allem bei der Antwort auf die konkrete letzte Frage.
[quote="Frank Quisinsky"]
Darüber gab es nie Einigkeit weil wie gesagt, Individualisten, eigene Interessen etc. immer im Vordergrund standen. Für jeden der selbst irgend etwas macht und denkt was er macht ist richtig und gut.
Computerschach heute ist ein heilloses durcheinander.
Es gibt zu viele unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Auffassungen.
Moral, Recht und Ordnung ...
Nicht mehr vorhanden!
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Jetzt reitest du wieder etwas zu weit aus, Frank, für mein Gefühl, ich würde sogar sagen, da geht jetzt das Pferd wieder durch mit dir, vielleicht hast du irrtümlich versucht, ein Auto mit hüh- hott oder ein Pferd mit Steuerrad zu lenken.
[quote="Frank Quisinsky"]
Und meines Erachtens sind es alle schuld. Auch die Programmierer die frei großartiges zur Verfügung stellen. Es werden sich immer Personen finden die solche Dinge missbrauchen, trotz GPL oder sonstiger Regelungen die nicht wirklich irgend etwas schützen. Wer daran glaubt, der unterschätzt den Menschen in seinem Handeln.
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Natürlich kann man das so verallgemeinern, im Speziellen hilft aber gerade das eben am Wenigsten weiter.
http://www.talkchess.com/forum/viewtopic.php?topic_view=threads&p=429564&t=40788&sid=8cc64728b52209ac5a9fedd9bd9e53a5und daraus von diesem Fernando (ich liebe einfach immer wieder mal seine literarische Art, wenngleich sie auch oft außer für mich guter Unterhaltung beiträgt):
Well, all this discussion about clones got me bored to death. I cannot care less even if I am treated as a thief supporting other thieves. Fact is: I do not believe nobody has copied to the last each piece of software here. I bet it is something like one chunk here, an idea there and the main point is still: who makes the best overall thing with all that.
Besides, this is not literature, for God sake. it is just about machines and tools...
Was noch?
Wieder einmal sorry for mich zu sehr Einmischen und mich dann darüber beklagen, dass ich mitten im Sumpf stehe und nicht sauber geblieben bin.
Aber: wenn die Pauschalverurteilungen, Verwechslungen zwischen programmiertechnischen Details, fehlender wissenschaftlicher Ehrlichkeit und Genauigkeit, mangelnder Rechtschaffenheit im Umgang mit dem geisten Eigentum Anderer und
Recht und Moral nicht langsam wieder auf ein erträgliches Maß zurückgehen, freut's mich einfach nicht mehr, darüber zu lesen und zu schreiben, Schachspielen kann ich trotzdem immer noch gern.
Trotzdem:
Aus Trotz ist mir da gestern wohl wieder eine etwas zu klare Haltung passiert, das kommt aber eben dabei heraus, wenn man nur klar, nur einfach, nur kurz und nur plakativ argumentiert.
Natürlich könnte ich mich ruhig auf diesen Rechtsstandpunkt zurückziehen als Käufer, als Konsument, als user, als unbescholtener Bürger.
Burgeois wäre es aber eben auch.
Stur bis ignorant wäre es, will ich nicht sein, nein, nein.
Daher lieber weiter mithelfen, im eigenen bescheidenen Rahmen, wenn man schon Schach spielt, und es ja doch nicht weniger als früher mit dem Computer, ein bisschen überlegen, was kann welches Programm eigentlich wirklich und vielleicht aufgrund welcher Ideen von welchem Programmierer, wenn man irgendwo halbweg sicher meint, etwas entdeckt zu haben, veröffentlichen, wenn man sich nicht sicher ist, Maul halten.
Sicher bin ich mir aber eigentlich schon, dass man die juristische Seite, als eine der wenigen, die ja doch irgendwie durch Zuziehen von Professionisten beurteilt werden könnte, nicht immer nur so unterschwellig mitschwingen lassen sollte.
Wenn sich da jetzt doch langsam einfach durch Aussitzen mehr und mehr heraustellt, auch die FSF klagt nicht öffentlich rechtlich die sourcen von Fruit ein, dann sollte man daraus schon auch folgern dürfen, ob für die eigene Rechtfertigung oder die Anderer, die Kriminalisierung, die dann oft gleich hinter der Moralkeule lauert, dient einer sachlichen Diskussion nicht.
Mag sein, ich nehme da was zu persönlich und trotze immer noch unnötig rum, aber das nächste Mal, dass ich als user hinter den Klonern jemanden haltet den Dieb rufen höre und auch nur den Verdacht habe, er meint mich und andere Leute, die er auch überhaupt nicht kennt, wird's vielleicht wieder mit mir durchgehen, auch wenn ich jetzt sicher wieder länger etwas nüchterner sein werde und hoffentlich auch wirklich wieder etwas stiller in Sachen, von denen ich nicht so viel verstehe, wie ich sollte, wenn ich wollte, dass...
Schon gut, Frank.