Lieber Herr Ozymandias,
Zitat:
...habe wohl auch gemeint, daß eine dritte elektronische
Instanz (und nicht ein Mensch) die eigentliche Entscheidung
unter den Vorschlägen trifft. War das übrigens nicht sogar
einmal ein Versuch von Stefan Meyer-Kahlen?
Er hat es versucht, war aber nicht durchschlagend erfolgreich.
Deutlich besser lief es bei Helmut Weigel, wobei seine grosse
Zeit vorbei war, als Rybka aufkam und deutlich stärker war
als die anderen Programme. Da hatte er keine gleichstarken
Engines mehr, aus deren Vorschlägen ausgewählt wurde.
Zitat:
Zitat:
Allerdings sind (a) reine Schachstärke im computerlosen Spiel und
(b) Schachverständnis im computer-unterstützten Spiel zwei deutlich
verschiedene Sachen.
Diese Aussage ist für mich ziemlich überraschend:
Wodurch genau unterscheidet
sich die Schachstärke im computerlosen Spiel vom Schachverständnis im
computerunterstützten Spiel?
Vollkommen erklären kann ich es nicht. Aber sicher spielt eine
Rolle, dass Nahschachspieler stärker vom taktischen Verständnis
abhängen und auch von ihrer Stress-Resistenz in Zeitnotphasen.
Ein Vergleich: Im Nahschach bin ich (mit DWZ 1970 in besten Zeiten) nie
auch nur annähernd an die Stärke von Barbara Hund (DWZ/Elo über 2300
zu ihren Glanzzeiten) herangekommen. Im Fernschach haben wir aber
bei der Endrunde der 17. Deutschen Jugendmeisterschaft (im Jahr 1981/82)
den geteilten 5. Rang belegt. - Damals passierte das Fernschach noch ganz
ohne Computerhilfe.
Zitat:
Die Aufgabe ist doch - unabhängig vom Engine-Einsatz - immer,
in jeder Partie, den jeweils besten Zug oder einen Näherungswert davon zu finden.
Aber die äusseren Bedingungen sind verschieden.
Zitat:
... muß doch folglich auch sein
Spielverständnis, sein spielerisches Vermögen, den Ausschlag für die Entscheidung geben.
Anscheinend habe ich ein ziemlich gutes strategisches
Verständnis, aber deutliche Schwächen bei de Taktik.
Insoweit haben mir Computer als Berater sehr geholfen.
Ich erinnere mich auch noch an eine Diskussion vor etwa 5 Jahren,
als ein gestandener GM und ich zusammen beim WM-Kampf Leko-Kramnik
kibitzten (ich glaube, in Runde 5). Der GM hielt das Endspiel noch für
klar remislich, während ich (auch damals ganz ohne Computerhilfe)
schon irgendwie spürte - und auch sagte - dass Leko das wohl gewinnen
könne.
Zitat:
Ihre Erklärung ist:
Zitat:
Andere Spieler mit Elo-Zahlen um die 2300 haben auch 3-Hirn-Experimente
gemacht, allerdings mit deutlich weniger Erfolg als ich, obwohl sie als
Solospieler so viel stärker waren. Meine Erklärung dafür: Ihr Ego war zu
gross. Es ist nämlich eine schwere Disziplinprüfung, nur aus wenigen
Computer-Vorschlägen auszuwählen, ohne impulsiv überzureagieren.
Das sei jetzt erst einmal dahingestellt, zumal ich nicht mit einer besseren Erklärung
dienen kann. Aber so ganz will's mir noch nicht einleuchten, weil das erfolgreichere
Spiel
Ihres 'Dreihirns' ja nun auch (vermutlich) Ergebnis eines langwierigen
Lernprozesses war.
Richtig, insgesamt 13 Jahre. Wobei mein Verständnis für das System
langsam mit der Stärke der Computer wachsen konnte.
Die beiden 2300er, die es probieren wollten, haben nach einigen
wenigen nicht erfolgreichen Partien das Handtuch geworfen.
Zitat:
Will meinen: Ein entsprechend geschulter GM dürfte nach
Absolvieren eines spezifischen Dreihirn-Entscheidungstrainings wiederum
deutlich im Vorteil sein.
Vielleicht. Möglicherweise hätte bei solch einer Entwicklung aber seine
klassische Schachstärke Schaden genommen. Dazu einfach mal ein Bild
aus einem anderen Bereich: Wer viel Auto fährt, wird vielleicht ein guter
Rennfahrer, verliert normalerweise dabei aber seine Fähigkeiten als
menschlicher Leichtathlet.
Ingo Althöfer