By Michael Waesch
Date 2010-06-06 22:27
Stockfish mag zu Pommes passen, aber wenig zu den "Klonen". Allerdings erwarte ich auch für die nächste Zeit, vor allem im CCC, Ankündigungen wie: "Krächzevogel 1.0 ist da! Neue weltklasse Engine! 5000 Elo! 100 x besser als Rybka!". Und wenn man dann mal ein kurzes Bullet damit ansetzt, kommt das übliche Ergebnis dabei raus: Gegen Rybka getunt, keine neuen weltbewegenden Algorithmen. Elo-Zugewinn gegen Uralt-Igorrit = -50.
Es war einmal ein Klon ... Laßt euch von Onkel Mike mal ein Märchen erzählen:
Es war einmal ein kleines schüchternes Programmiererlein, das gern Schach spielte und weil es nicht viel Geld hatte, spielte es mit dem einzigen Programm daß es zur Verfügung hatte. Es hieß "Fruchtfleisch 2" und stammte von einer völlig verstaubten und kaum noch zu gebrauchenden Diskette und das Programmiererlein hatte sehr viel Mühe gehabt, es auf eine feste Platte zu spielen und funktionstüchtig zu machen. Viele hundert Stunden brachte das Programmierlein damit zu, gegen das Programm Schach zu spielen, als er bemerkte, daß man an dem Programm vielleicht noch etwas verbessern könnte. Flugs schaute er in die Dateien und stellte fest, daß der Basiscode ebenfalls dabei war und da freute sich das Programmiererlein sehr. Nun brachte das Programmiererlein viele tausend Stunden damit zu, den Basiscode zu verändern und eigene Gedanken einfließen zu lassen und träumte davon eines Tages in die Gilde der ordentlichen Programmierer aufgenommen zu werden. Das war schon immer sein Traum gewesen - und die Anforderungen hätte er auch mit Leichtigkeit erfüllen können, doch er war arm und konnte sich die Gilde-Gebühren nicht leisten - und so mußte er als Programmiererlein mit Ausbesserungsarbeiten, die man Entwanzen nannte, sein kärglich Brot verdienen. Aber die Arbeit an Fruchtfleisch 2 machte ihm in seiner Freizeit viel Spaß und bald wurde das Programm immer stärker und stärker. Und als es an dem Programm kaum noch etwas zu verbessern gab, schaute er sich auch noch die "LiesmichgefälligstduTrottel"-Datei an, wo er erfuhr, daß es erlaubt sei, den Code nach Belieben zu verändern, solange man für das Ergebnis kein Geld verlange. Auch da freute sich das Programmiererlein sehr, denn Geld wollte er damit ja auch nicht verdienen. Er wollte es kostenlos an alle Schachfreunde verteilen und als richtiger Programmierer anerkannt werden. Doch dann drangen die bösen Brecher in seinen Computer ein und stahlen ihm das Programm und gaben es als eigene Erfindung aus. Und in ihrer Arroganz nannten sie es "Brecheron 1.1" und wurden dadurch sehr bekannt. Viele Tage nun saß das Programmiererlein in seinem Kämmerchen und dachte darüber nach, wie man gegen eine solche Ungerechtigkeit wohl angehen könnte, vor allem, wenn man arm ist und nicht viel Geld besitzt. Er was so traurig, daß er nicht einmal mehr gegen sein Programm spielen wollte und als er am nächsten Tage wieder für andere entwanzen mußte, erfuhr er, daß weitere Programme auf den Markt gekommen waren, die alle ähnlich spielten, wie das Programm, das man ihm gestohlen hatte und man die Programmierer als "C&P Kopierer" beschimpfte. Da freute sich das Programmiererlein sehr, daß man erkannt hatte, daß es sich vermutlich nicht um eine eigene Geistesleistung handelte und vielleicht ein unbekannter, aber sehr versierter Programmierer dahinter steckte - und daß nur er das Original besitze. Schon sah er sich mit Pauken und Trompeten in die Gilde der ordentlichen Programmierer aufgenommen, als ihm klar wurde, daß man auch ihm nicht glauben würde, daß man auch ihn als "C&P Kopierer" beschimpfen würde, weil er nicht beweisen konnte, daß sein Programm das Original ist - und selbst wenn er Aussicht hatte, durch erneutes verbessern seines Programmes zu zeigen, daß sein Programm das Original ist, wäre es doch ein langer und schmerzhafter Prozeß, den er sich weder leisten konnte, noch wollte. Was nützte ihm schon sein Recht, wenn dies die üblen Anschuldigungen nicht verhindern konnte? Was nützte ihm sein Recht, wenn nicht genug Geld hatte, um es durchzusetzen? Das alles machte das Programmiererlein wieder sehr traurig und er beschloß, sein Hobby aufzugeben. Hilflos mußte er fortan zusehen, wie eine leicht veränderte Kopie nach der anderen auf den Markt kam und es wurde ihm auch klar, daß nicht nur er betrogen wurde, sondern auch der Ursprungsprogrammierer, der Fruchtfleisch 2 geschrieben hatte. Also versuchte das Programmiererlein den Programmierer von Fruchtfleisch 2 zu finden und als er es nach sehr lange Zeit schaffte, mußte er feststellen, daß er richtig gemutmaßt hatte und es seinem Kollegen auch nicht besser erging. Er stand schon vor der Hütte seines Kollegen und traute sich nicht anzuklopfen - und gerade, als er wieder umkehren wollte, öffnete sich die Tür und da stand die schöste junge Frau, die er je in seinem Leben gesehen hatte. Hilflos und mit hochrotem Kopf stammelte er: "Äh, ich würde gerne den Programmierer von Fruchtfleisch 2 sprechen! A-a-ber der ist wohl grad nicht da. Äh, ich komm später noch mal vorbei!". Sprachs und wollte weg, als die junge Frau sagte: "Ich bin der Programmierer, den du suchst.". Jetzt noch hifloser als vorher krächzte er: "A-ber, du bist eine Frau!". "Schön, daß du das bemerkt hast", entgegnete die junge Frau mit einem spitzbübischen Lächeln. "I-ich versteh das nicht! Wie kannst du ...". "Na hör mal", unterbrach sie ihn, "heutzutage kann auch eine Frau program ... Moment mal! Kann es vielleicht sein ... Eine Frage: Wieso stürzt Brecheron 1.1 ab, wenn die Blitztabellen eine Zugrücknahme durchlaufen?". "Ach, das ist leicht!", antwortete das Programmiererlein, diesmal ohne zu stottern, "Das ist ein simpler Vektorfehler, der zu einer verzögerten Antwort and die Erwartungsinstanz führt.". "So ist es!", entgegnete die junge Frau, "aber das bedeutet, daß du der Originalprogrammier sein mußt!". "Wie bitte?", entfuhr es dem Programmiererlein, "wie kommst du denn jetzt da drauf?". "Na, ganz einfach.", grinste die junge Frau, "es gibt nur 2 Personen, die wissen können, was du mir eben gesagt hast. Die eine bin ich - und der andere muß der Originalprogrammierer von Brecheron sein.". "Aber da gibt es noch die Kopierer!", gab das Programmiererlein zu bedenken! "Das schon!", antwortete sie, "aber deren Programm stürzt ab, was nicht der Fall wäre, wenn sie wüßten, woran das liegt! Und jetzt komm rein! Wir haben zu reden!". Stunden und Stunden vergingen, von die junge Programmiererin und das Programmiererlein über Fruchtfleisch, Brecheron, Schach und schließlich über die Ungerechtigkeit des Lebens philosophierten. Auch zu Zweit fanden sie keine Lösung, wie man gegen die Kopierer vorgehen konnte, aber sie erinnerten sich an Dinge, die sie zu Zweit machen konnten - und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch immer. Irgendwo da draußen!
Onkel Mike