SWCR: Unterschied Rybka 3 zu SF 1.7.1, Spielstil ...

By Frank Quisinsky Date 2010-05-01 11:42 Edited 2010-05-01 11:47

Hi zusammen,

nachdem ich nun in den letzten Tagen so viele Partien verfolgt habe, mir schon ganz schwindelig vom Zusehen ist wollte ich noch etwas zu meinen Eindrücken von Stockfish 1.7.1 JA schreiben bzw. diese ein wenig mit Rybka 3 vergleichen.

Stockfish baut sich als schwarzer bei passiveren Eröffnungssystemen absolut sicher auf. Dabei ist es schon fantastisch zu sehen, wie aus passiven dann aktive Stellungen werden. Und schon sind wir auch bei der Stärke von Stockfish. Stockfish öffnet Linien spielt permanent druckvoll, gerade nach den Buchzügen. Oftmals werden schon nach wenigen Züge entscheidende Vorteile gegen die SWCR Nummern 5-21 erzielt. Diese Engines blicken auch erst Züge später durch und ahnen das Unheil nicht. Keine andere Engine spielt derart druckvoll und auf Linienöffnung bedacht wie Stockfish. Im späten Mittelspiel liegt dann auch die evtl. Schwäche. Durch die offenen Positionen erreichen die Gegner dann auch schon mal bessere Postionen und schlagen taktisch zu. Taktisch habe ich auch einige Verlustpartien gesehen. Meist gegen die gleiche Gruppe von Engines. Spark, Rybka, Naum sind in der Lage Stockfish taktisch im späten Mittelspiel dann zu bezwingen. Hiarcs und Shredder sind hierzu nicht unbedingt in der Lage aber in der Lage nach überstandener Eröffnungsphase Remis Postionen zu halten. Bei Sjeng blitzt die Taktik immer mal wieder auf und es gelingen auch Sjeng hin- und wieder sehenswerte Partien gegen Stockfish. Im Endspiel spielt Stockfish dann wieder übermächtig, ja führt sämtliche Engines regelrecht vor und das ohne Table-Bases. Selbst die KD-KT Mattführung wird errechnet.

Der Schwachpunkt bei Stockfish liegt also im Mittelspiel. Die Stärke wird zum Schwachpunkt, je nach Gegner. Dabei sind die Verlustpartien dann meist auf schwache Bauernketten zurückzuführen, also durch Bauernzüge entstanden die eigentlich die Stellung öffnen sollten. Sehr schön demonstriert das Rybka 3. Im späten Mittelspiel ist Rybka 3 Stockfish im positionellen Bereich (ich schätze sinnbildlich) um ca. 50-75 ELO überlegen. In allen anderen Partiephasen ist Stockfish Rybka überlegen, auch im Endspiel. Die Statistiken von Stockfish sind hierbei beeindruckend. Die Statistik aller Gewinnpartien ist durchschnittlich um 5 Züge niedriger als bei Rybka 3 !!!

Wenn sich Stockfish jetzt nochmals um 100 ELO verbessert (was ja möglich sein soll, denn die neuen Bewertungsfunktionen sind noch gar nicht optimiert) dann müssen wir auf Gegner-Suche gehen. Die Nummer 11-20 der SWCR gegen Stockfish dann noch antreten zu lassen würde bedeuten das 37:3 Ergebnisse an der Tagesordnung sind. Die Top 20 der SWCR bilden dann schon eine Zwei-Klassen Gesellschaft.

Eine Engine wie von einem anderen Stern, die bei längeren Bedenkzeiten minimal besser wird als im direkten Vergleich zu Rybka. Vermutlich liegt Rybka 3 bei 64-Bit 15-20 ELO vor. Je größer die Bedenkzeit desto weniger wird es. Bei 32-Bit liegt Stockfish 1.7.1 vorne. Ich denke wir können ganz nüchtern von einer neuen Nummer 1 reden, denn für Analysezwecke ist Stockfish, bis auf das späte Mittelspiel, deutlich besser geeignet als Rybka 3.

Soweit mein Fazit nach meinen Eindrücken, kurz zusammengefasst.

Gruß
Frank

By Frank Rahde Date 2010-05-01 12:13

Hallo Frank,

ich möchte mich spontan bedanken für die Darlegung Deiner interessanten und hilfreichen Beobachtungen bzw. Erkenntnisse, da ich ich v.a. gern Stockfish für Fernschachanalysen einsetze.

Gruß, Frank

By Frank Quisinsky Date 2010-05-02 12:41

Hallo,

kein Problem, vielleicht ja wirklich hilfreich. Also ich hatte noch nie zuvor mit so großer Begeisterung einer Engine beim Spielen zugesehen. Muss ich auch ehrlich dabei schreiben. Mit anderen Worten es gab noch nie ein Schachprogramm, welches mich mehr begeistert / überzeugt hat.

Denke für Analysen Bestens geeignet. Würde im Fernschach dennoch Shredder, Fritz oder auch Taktiker wie Spark hinzuziehen. Rybka 3 halte ich Fernschachanalysen maximal im späten Mittelspiel bzw. beim Übergang zum Endspiel für interessant.

Gruß
Frank

By Benno Hartwig Date 2010-05-01 13:04

[quote="Frank Quisinsky"]Diese Engines blicken auch erst Züge später durch und ahnen das Unheil nicht.[/quote]Thanx, Frank, für deine Einschätzungen.

Schon bei den letzten Versionen hatte ich bei Stockfish gegen verschiedene Gegner gesehen, dass die Stockfish-Stellungsbewertung auf einmal um einen halben Bauern und mehr nach oben schnellt, während die Wertung des Gegners sich kaum ändert. Und erst gut 4 volle Züge später kommt Stockfish so richtig in Vorteil, was auch beide Engines anzeigen.
Stockfish scheint da was erfolgversprechendes gesehen zu haben, was der Gegner noch nicht erkannte, und Stockfish hällt daran fest, um später (recht oft) den Sieg einzuheimsen.

Auch gegen Rybka3 war sowas immer wieder zu beobachten. Häufig aber auch bricht der vermeintliche Vorteil wieder zusammen, und ggf. kommt dann auch wieder Rybka3 in Vorteil. Das, was Stockfish sah, hat wohl einen noch etwas spekulativen Charakter, eine Spekulation die gegen viele Gegner und oft auch gegen Rybka3 auch sehr erfolgreich ist.

Was Stockfish aber da so als erfolgversprechend erkannte, etwas was dann weder Rybka noch andere Gegner wahrnahmen, habe ich nie erkannt.

Benno

By Frank Quisinsky Date 2010-05-02 12:38

Hi Benno,

sehr richtig, kann das alles bestätigen.

Es entsteht der Eindruck das Stockfish sehr spekulativ rechnet und dadurch gerade Opferzüge übersieht bzw. das auch der Grund für Anfälligkeiten bei taktischen Züge ist. Auf der anderen Seite scheint dieses spekulative Spiel auch eine Stärke zu sein, denn es werden dadurch deutlich mehr Partien gewonnen als verloren. Also wird eine Stärke teils auch zur Schwäche und gerade das wirkt sich dann im späten Mittelspiel aus. Hier sehe ich wie beschrieben dann Rybka 3 vorne.

Viele Grüße
Frank