[quote="Stefan Pohl"]
Und auf halbwegs moderner Hardware (also seit es Schach auf dem PC gibt) gilt m.E.
folgenendes Gesetz: Je länger die Bedenkzeit bei einem Test von Engine A gegen B auf Hardware X ist, desto mehr nähert sich das Ergebnis der 50%-Marke an - einfach weil das schachliche Niveau auf beiden Seiten steigt (immer vorausgesetzt es werden mindestens 50 Partien gespielt und es gibt vorgegebene Eröffnungen, die jeweils mit vertauschten Farben wiederholt werden). Damit steigt zwangsläufig die Remisquote. Daher scheint es immer so zu sein, daß das beim Blitzen schwächere Programm mit längeren Bedenkzeiten besser wird. Das ist aber einfach nicht der Fall, sondern es steigt nur das allgemeine schachliche Niveau, es ist also sozusagen eine statistische Sinnestäuschung, um einen neuen Begriff im Computerschach zu formen...Dieser Effekt wird schon seit Jahren benutzt, um zu "erklären", warum die persönliche Lieblingsengine gegen die Nummer 1 so schlecht aussieht, nach dem Motto: "Bei längeren Bedenkzeiten wird das Ergebnis immer besser - im Turnierschach oder im Fernschach würde mein Liebling die Nummer 1 glatt überholen und wäre besser, wenn doch alle Ranglisten nur im Fernschachtempo geführt würden..."
Wenn also jemand die Zeit hat und Firebird 1.2 mit Triplebases gegen Rybka 3 mp x64 mit 90'+30'' mindestens 50 Partien mit Eröffnungsvorgabe spielen zu lassen, dann wette ich, daß Firebird auch diesen Wettkampf gewinnen wird, wenn auch näher an der 50%-Marke.
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Hallo Stefan!
Ich kann die statistische Sinnestäuschung nicht sehen, es sei denn, du meinst diejenige, der man sich hingibt, wenn man die ziemlich kurzen, recht kurzen und wirklich kurzen Bedenkzeiten und die
Eolunterschiede, die dabei exprimiert werden, als das Maß der aboluten Spielstärken ansieht.
Wenn du selbst beobachtest, dass zwar die Ränge der engines bei längeren Bedenkzeiten gleich bleiben, die Remishäufigkeit aber mit dem allgemein steigenden Niveau steigt, heißt das für mich eigentlich, vergiß die im Blitzen erspielten Elo endgültig, bzw. nimm sie als das, was sie wirklich sind, reine relative Maßzahlen, die man genau so gut mit Ranglistenplätzen wiedergeben könnte. Nimm von mir aus eine hunderttausender Skala, wenn du weiter jeden clone eines clones reihen willst und spiele die hunderttausend Plätze ruhig auch im 1sec.+0 Takt aus, du wirst sonst nix brauchen, um herauszufinden, welche engine am schnellsten und ökonomischsten spielt.
Hör aber dann bitte auf, daraus Eloberechnungen zur Verwirrung des elogläubigen Publikums zu erstellen, wenn du genau weißt, dass die Unterschiede, wenn sie auch erhalten bleiben in der Rangordnung, bei vernünftigen und langen Bedenkzeiten weniger und weniger zählen.
Ist ja auch völlig klar, dass ein 16Kern- Rechner, der eine Stunde pro Zug rechnet mit Crafty 35.02 einfach genau so gut oder genau so schlecht Schach spielt wie Firebird 5.5, je nachdem, was du ihm für Eröffnungen oder Teststellungen vorsetzt.
Ich formuliere jetzt überspitzt, um klar zu machen, worauf ich hinaus will. Wir wissen alle, dass für Fernschach Bedenkzeiten reiner engine- Züge ab einer Viertel- bis einer halben Stunde, wurscht auf welcher halbwegs zeitgemäßen hardware anfangen, verwertbar zu sein für ein gutes Fernschachniveau in der Fortsetzung von Eröffnungsvarianten, vorausgesetzt, die Stellung ist nicht zu früh in der Eröffnung. Länger als ein paar Stunden bringt dann auch wieder weniger als interaktive Analyse eines guten Fernschachspielers mit guter Datenbank in sehr viel kürzerer Zeit im entsprechend weiten vor- und zurück in den relevanten Varianten Gehen. Dieses Niveau, hier allein spielen zu können gegen ein gutes Mensch- Maschine- Team, erreicht engine allein immer noch lange nicht, und das was engine allein da erreichen kann, ist in dieser Partiephase bei noch ökonomischen Bedenkzeiten aber schon so etwas von gleich mies, in dem, was du dich absolut gesehen darauf verlassen kannst, zwischen den sagen wir mal Top- 50 engines, dass es einfach praktisch wirklich wurscht ist, ob du da jetzt noch ein Robi und noch ein Rübi mit hineinnimmst.
Wo es dann interessant wird, ist, was für Ideen welche engine im Mittelspiel taktisch bei entsprechend langer Rechenzeit liefert, die du selber einfach allein nicht siehst, dass sie dann von einer annähnernd gleich guten engine, die auch beliebig lang nachdenken kann, entschärfend beantwortet wird, weil sie einen Halbzug tiefer die taktische Finesse auch erkennt, kannst du wieder annehmen, da zählt dann einfach wieder nur, wie schnell liefert sie dir im Variantendschungel interaktiv verlässliche Fortsetzungen, wenn du einen eigenen Plan 20 Züge weiter daraufhin abklopfst, was sie aushalten, hier wären Fernschach- Ranglisten unter den engines tatsächlich interssant, nur würden sie noch so viel mehr von den Ausgangsstellungen abhängen, als sie das ohnehin schon tun, dass sie mal ganz abgesehen von den Zeitaufwänden für den einzelnen Fernschachspieler, den gerade ein ganz anderes Eröffnungssystem und ganz andere Mittelspielstellungen interessieren, als den anderen, auch wieder absolut nichtssagend wären, daher erstellt sich die ohnehin sinnvoller Weise ein jeder selbst für seine eigenen Bedürfnisse.
Dem einzigen Zweck, dem Ranglisten dienen, dem Ausloten der kleinen und kleinsten Unterschiede zwischen nahe verwandten engines, dient man höchstwahrscheinlich mit ultrakurzen Bedenkzeiten genau so gut oder besser, die merkst du nämlich bei längeren einfach gar nicht oder jedenfalls erst viel später.
So gesehen fehlt Glutvogel vielleicht etwas in den großen Listen, mir ist's eigentlich wurscht, ob ich mir jetzt einfach noch einen Platz an der Spitze dazu denke und sonst bleibt alles gleich drunter.
Wie Ingo Bauer gern sagt, zählen tut, was hinten (in dem Fall unten) dabei raus kommt.