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Up Topic Hauptforen / CSS-Forum / Der alte Fritz ...
- By Michael Waesch Date 2010-02-14 03:21
Aus den Umfragen entnehme ich, daß durchaus Interesse an Berichten über Schach-Programme besteht - und eine natürlich Neugier, wie andere Schach in ihr Leben integriert haben, schildere ich doch jetzt einfach mal, wie das bei mir war:

Ich hatte schon im zarten Alter von 7 Jahren Interesse an Schach und es war damals nicht viel anders als heute: Andere nicht - und so fand ich auch kaum Spielpartner und man mußte mir im Laufe der folgenden Jahre dann wohl oder übel einen kleinen Tisch-Schachcomputer spendieren, mit dem ich auch durchaus regelmäßig spielte. Ich war weder damals, noch heute wirklich gut darin, lernte aber das Schach als gute Gelegenheit "den Geist wach zu halten" sehr zu schätzen. Meine heutige Spielstärke dürfte zwischen 1200 und 2100 Elo liegen, stark schwankend von absoluten Anfängerfehlern (Dame eingestellt, Figur hängen lassen, übersehen usw) bis hin weit stärkere Spieler zur "Verzweiflung" zu bringen. Wenn ich nun mit Beständigkeit spielen müßte, also regelmäßige Turniere, dann würde sich alles in allem wohl auf ca. 1700 einpendeln, der Standard-Patzer eben.

Als private Probleme und erste Erkrankungen sich in den Vordergund schoben und Schulabschluß und Gedanken über die eigene Zukunft, trat das Schach mehr und mehr in den Hintergrund. Meinen damaligen Schachclub "Stuttgart Ost I" mußte ich verlassen, aufgrund von Schichtdienst (in einem Rechenzentrum), sowie meiner Frustration darüber, daß dort weder "Jugendförderung", noch irgendwelche anderen Extras gab, weil auch niemand sich bereit fand, mal den Lehrer zu geben - und als ich soweit war, das selber zu machen, ging es, wegen äußerer Einflüsse nicht mehr.

Mit Mitte 20 durchstöberte ich nach Dienstschluß (der Frühschicht versteht sich) gerne die Spieleabteilungen der großen Warenhäuser und blieb schließlich vor einem spottbilligen Exemplar von Fritz 7 stehen - und kaufte es schließlich, weil ich dachte, es würde mir helfen, mein Schach wieder aufleben zu lassen. Die Installation war dann auch mit Hilfe der CD eine Kleinigkeit und schon eine Stunde später hatte Fritz mir klar gemacht, daß ich von Schach keine Ahnung habe. Seine "dummen" Sprüche hatte ich schon längst abgeschaltet und auch herausgefunden, wie man ihn in seiner Spielstärke drosseln konnte. Aber auch da war das "Teil" noch ein gefährlicher Gegener und ich beschloß erst einmal darüber nachzudenken, ob Schach, nach dieser "Packung" überhaupt noch das Richtige für mich ist.

Es kam dann, wie es kommen mußte: Ich fand die Online-Optionen, kam auf Playchess, fand heraus, wie man das "Teil" selber spielen lassen konnte - und befand mich Ruck-Zuck im Bann des Computerschachs. Ich baute dann eine Webseite, um all jenen, die neu hinzukamen, das Umschiffen vieler Klippen zu erleichtern, stellte Datenbanken Online und sorgte dafür, daß JEDER ein halbwegs brauchbares Buch haben konnte - sehr zum Mißfallen der "Alteingesessenen" und später ganz besonders von einem, aber sei´s drum.

Als ich in der Engine-Szene dann eine schillernde Größe war, die immer für Nachschub an Partie/Datenbank-Futter sorgte, Tips und Tricks veröffentliche im Hardware, aber vor allem Software- und Buch-Tuning-Bereich, sowie der Schrecken aller Sysops, veränderte sich die Szene. Aus unmutigen "Alteingesessenen" wurden vielfach wahre Feinde, da ich doch ihre Chancen auf eine Super-Duper-Computerwertung unterlief und die "Normalos" wurden zu Heuschrecken, die meine Seite regelrecht auffrassen (zumindest was die Bandbreite betraf) und am Schluß sogar argumentierten, daß sie ein Recht darauf hätten, daß ich für sie den kostenlosen "Futter-Ranschaffer" spiele.

Der Gipfel war es dann, daß ich 3 Monate gesperrt wurde, als ich veröffentlichte, daß es Leute auf Playchess gäbe, die die Ränge Läufer bis Dame zu Unrecht nach den Statuten von Chessbase besäßen. Für das Veröffentlichen der Wahrheit wurde ich rausgeschmissen. Es war Zeit zum Umdenken. Ich hatte das alles längst geahnt und war schon 3 Wochen lang auf ICC ausgewichen - und konnte problemlos mein "Hobby" weiterbetreiben. Aber es war nicht mehr dasselbe. Nicht etwa, weil ich Playchess vermisst hätte, sondern weil mir die ganze Sache klar gemacht hatte, welchen Belanglosigkeiten ich mich hingegeben hatte. Und in der Zeit, als ich bei Playchess gesperrt war - und öffentlich um Unterstützung bat (ich hatte ja nur die Wahrheit gesagt), lernte ich, wie schnell einen die Menschen fallen lassen und einfach wegschauen. Später sollte sich diese Erfahrungen aufs Neue bestätigen, als man mich unterzuckert nicht nur auf der Straße liegen ließ und mir keinen Arzt besorgte, nein, mich sogar noch beschimpfte.

Also focht ich meinen letzten Kampf - und hier wirklich eindeutig gegen Chessbase und den betreffenden Sysop gerichtet - der über ein Jahr lang tobte und in der Tat die "Zuschauer" polarisierte. Die einen hielten mich für ein kleines, trotziges Kind - und die anderen für einen der letzten "Helden" dieser Welt. Im Zuge dieser Entwicklung gab ich dann auch meinen privaten kleinen "Auto-Kiebitzer" frei - um zumindest all die E-Mail-Anfragen loszuwerden, was dann, nachdem es jeder hatte, zu einem erschwerten Zugang (Rang Bauer) zum Maschinenraum führte. Man fürchtete wohl, daß all die automatischen Programme den Server in die Knie zwingen könnte, zumal nun einige "Schlaue" wohl auf die Idee kamen, das Teil auch auf die regulären Räume anzuwenden. Schließlich gestatte man den Gebrauch und die massive Verfügbarkeit von Partie-Daten führte zu einem "Quantensprung" in allen verwendeten Eröffnungsbüchern. Während früher nach 3-5 Zügen die Engine weitermachen mußte, konnten die neuen Bücher nun bis zu 50 Zügen standhalten und ein neues "Massenhobby" war entstanden: Das Tunen von Eröffnungsbüchern, um möglichst hohe Wertungen zu erzielen.

Durch mein Beispiel ermutigt, waren immer mehr Leute nun bereit den Mund aufzumachen und nicht mehr stillzuhalten und alles einfach hinzunehmen. Selbst in den Foren, die bekannt dafür waren, daß sie Chessbase-kritische Äußerungen nicht nur klar zensierten, sondern auch mit Löschungen und Sperrungen arbeiteten, konnten noch dagegen an und mußten schließlich zugeben, daß da "schon etwas" dran sein und wenn jemand seine Aussagen beweisen könne, müsse man es wohl auch gelten lassen.

Schließlich bot man mir an, "Frieden" zu schließen und mir einen lebenslangen Zugang zu Playchess zu gewähren, der im Rahmen der technischen Möglichkeiten, jedes Jahr manuell erneuert werden müßte. Ich war einverstanden. Meine letzte Schlacht sollte schließlich nicht ewig dauern. Nach Ablauf besagten ersten Jahres, trat ich nie wieder an Chessbase oder einen der Sysops heran, um sie an ihr Versprechen zu erinnern - und gebe seither jedes Jahr wie jeder andere wieder eine Serien-Nummer ein. Ein Jahr haben sie mir unrechtmäßig genommen - und ein Jahr habe ich mir von ihnen wieder geben lassen.

Alles in allem, hat dies, kombiniert mit meinen schweren, schon aufkeimenden Krankheiten, zu einer eher misanthropischen Weltanschauung bei mir geführt, die später sich noch einmal verschlimmern sollte - wünsch ich niemandem unterzuckert auf der Staße in Lebensgefahr liegen gelassen zu werden - dazu geführt, daß ich das, in meinen Augen sinnlos gewordene, Computerschach weitgehend aufzugeben und meine Seite vom Netz zu nehmen. Mit Bugs, Ungerechtigkeiten, teilweise "selbstherrlichen" Sysops und gar der Firma Chessbase konnte ich es auch als Schwerbehinderte immer noch aufnehmen, aber daß mir die Leute, für die ich das alles gemacht habe, noch ins Kreuz getreten haben, nun, das ging nicht.

Ich widmete mich wieder meinem eigenen Schach und hatte auch keine größeren Probleme, trotz allem, weiterhin den Fritz zu benutzen.

Den Kreis nun komplett durchschritten, stand ich wieder am Anfang und blickte auf den alten Fritz 7 und sagte mir, daß dieses kleine Programm, das ich spottbillig haben konnte - für mich mein Leben lang genug hätte sein können - und auch dies beweis mir nur noch einmal, wie schnell man sich auf eine solche "Materialschlacht" einlassen kann, obwohl nicht die allergeringste Notwendigkeit dafür da wäre. Und dennoch mache ich auch heute noch den "Hype" immer wieder mal mit, wenngleich ich auch darauf achte, mindestens 2 oder 3 Versionsnummern auszulassen. Ich hab hier noch ein Shredder 9 im Schrank stehen - und laufe jetzt dann wirklich Gefahr upzudaten.

Ich kann so gesehen, verstehen, warum man mir Ressentiments gegenüber Chessbase / Playchess unterstellt, die ich sicher habe, aber eine Kampagne führe ich nicht gegen sie. Mein Umfrage war ehrlich gemeint. Ich wollte wirklich wissen, wie die Leutz hier über Chessbase denken, BEVOR ich hier schreibe, wer ich bin und wer ich war. Ich wollte auch wirklich wissen, ob CA nun in den Augen der Benutzer eine ernst zu nehmende Alternative geworden ist und wie verbreitet und beachtet das Programm ist. Ich kann z.B. problemlos damit arbeiten und nutze es als Backup, als Sicherheit, falls das CB-Format irgendwann einmal, aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr der "Hit" ist. Warum? CA ist eines der wenigen Programme, die dann in der Lage wären meine Datenbanken Zeit und verlustlos zu konvertieren und dann mache ich mit CA weiter, als wäre nichts geschehen.

Kommen wir aber wieder zum Fritz. Was sind seine Stärken und seine Schwächen aus meiner Sicht?

Stärken:
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Fritz ist das natürliche Programm von Chessbase. Von ihm erwarte ich, daß es sich am problemlosesten unter die für ihn entwickelte GUI anpasst und am wenigsten störanfällig reagiert (Zumindest auf das Menschenschach bezogen).

Fritz ist ein schneller "Knotenrechner", für den ich einfach Bedarf habe. Um Studien / Problemstellungen für meine Seite zu finden, ist nichts besser geeignet, als ein Programm, das mal eben grob, aber blitzschnell über eine Partie gehen kann - auch über meine eigenen. In die Tiefe kann ich dann immer noch mit etwas anderem gehen.

Das Fritz-Paket ist einfach zu installieren und durchaus auch intuitiv zu handhaben. Man kann das meiste durchaus mit etwas Finesse durch ausprobieren herausfinden.

Fritz ist auch funktionabel, stabil und am "Normaluser" gemessen, sogar "gutmütig" und tolerant, schiert also nicht sofort ab, wenn der Benutzer etwas falsch macht. Ebensowenig kommt es auch kaum dabei zu Datenverlusten. Klar, wenn einer im Hintergund Windows "vor die Wand" fährt, dann sind auf die Schachdaten mitunter futsch, was ja dann aber nicht die Schuld vom alten Fritz ist.

Schwächen:
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Fritz kommt nur im Chessbase-Format (ENG) und nicht als UCI daher. Sollte irgendwann einmal kein Chessbase mehr existieren, kann man wohl auch die Engines knicken. UCI-Engines sind unabhängig von der CB-Oberfläche. So mag denn Chessbase wohl einst einmal gedacht haben, so Kunden an sich zu "fesseln" - und nur dieser Begriff erscheint mir richtig, da man die Benutzer nie gefragt hat und heute auch klar ist, daß die Nutze UCI (und auch nich WB) wollen. Ich halte dieses vielzitierte CB-eigene Format für eine fundamentale Schwäche.

Fritz ist schon lange nicht mehr das spielstärkste Programm und für einen "Ich will aber den aller-, aller-, allerbesten Zug" wohl nicht mehr attraktiv und die funktionelle und leicht bedienbare Shredder-GUI macht dem Fritz nicht nur zu schaffen, sondern läuft im mittlerweile m.E. nach auch schon den Rang ab.

Diese neuen Gimmicks scheinen mir immer mehr Leute abzuschrecken, aber auf der anderen Seite immer weniger Leute anzulocken, weshalb ich verstehen kann, daß jemand zur Auffasung gelangt, daß bei Chessbase mehr als nur "der Wurm" drin sein könnte.

Und daß man Daten heutzutage kaum noch in die Zukunft transportieren kann, sollte nach den jahrelangen Nickles-Reporten nun wirklich den meisten klar sein. Festplatten haben "sich bewegende Teile" und rattern irgendwann ab. CDs und DVDs sind mies beschichtet und halten entgegen der Herstellerangaben sicher nicht 30-100 Jahre, ganz zu schweigen von der Tatsache, daß man in 100 Jahren kaum noch ein Format mehr lesen können wird. Und dann noch firmenspezifische Formate zu verwenden, halte ich für blitzgefährlich! Eine textbasierte-PGN-Datei wird man auch in 1000 Jahren noch verstehen und notfalls auch wieder neu umsetzen können. CBH nicht so ohne weiteres. Auch das halte ich für eine fundamentale Schwäche - und halte deshalb auch schon Konverter für den "Ernstfall" bereit. Sicher ist sicher.

Und was offenbar auch von kaum jemanden verstanden wird: Kaum einer von uns ist ein Großmeister. Programme wie Fritz brauchen wir nicht, um dagegen zu spielen. Wir brauchen ein Programm, das die Stärken und Schwächen eines menschlichen Gegener simuliert - und demzufolge spiele ich auch meist dann gegen Chessmaster und seiner vorprogrammierten Persönlichkeiten. Ich habe die Version 10 und werde mit ihr spielen bis UBISoft etwas DEUTLICH besseres herausbringt.

Genug für heute. Ich werde anhand der rudimentären Ergebnisse der Umfragen hier das eine oder andere mit einzubringen.

Mike
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