[quote="Reinhard Scharnagl"]Sich Wissen anzueignen und darauf aufzubauen ist ok.[/quote]Und wie stehst du dazu, wenn sich jemand auf ein OpenSource-Projekt stürtzt, dabei ja direkt von allen Vorarbeiten profitiert.?
Natürlich finde ich es toll, wenn einer von Null anfängt,
und besonders, wenn er etwas Grundlegendes neuartig schafft.
Wenn einer mit irgendwelchen neuen Ideen auf eine OpenSource-Engine aufbaut, finde ich das aber auch ausgesprochen OK, und wenn er die Engine echt verbessert, ist das in meinen Augen klasse.
In diesem Sinne will ich deinem "Lieber bequem von anderen zu profitieren, als selber etwas Wesentliches zu leisten." widersprechen: Es ist bisweilen sehr OK, bequem von anderen zu profitieren, statt diese Arbeit noch einmal zu leisten. Dann kann das Produkt ein Stück weiterzuverbessert werden.
Fortschritte wären torpediert, wenn jeder Entwickler jeden Teilalgorithmus selbst erfinden müsste, selbst programmieren müsste, wenn er noch nicht mal Bibliotheken nutzen dürfte.
Nur eben illegale Quellen darf er nicht nehmen.
Andere schon, und das sollte er meiner Meinung nach auch, wenn er meint, dass ihm das hilft.
Benno
By Reinhard Scharnagl
Date 2010-02-12 23:31
[quote="Benno Hartwig"]
[quote="Reinhard Scharnagl"]Sich Wissen anzueignen und darauf aufzubauen ist ok.[/quote]Und wie stehst du dazu, wenn sich jemand auf ein OpenSource-Projekt stürtzt, dabei ja direkt von allen Vorarbeiten profitiert.?[/quote]
Das Problem ist, dass Computerschach zeitweise so etwas wie ein Wettbewerb war.
Vom Umfang her ähnelt es eher einem Langstreckenlauf, eine Engine herzustellen.
Da scheint es mir nicht fair, mit einer Mannschaft von Staffelläufern konkurrieren
zu sollen. Ginge es vornehmlich darum, das Know-How zu erweitern, so könnte man
ja darüber einfach ein paar Abhandlungen verfassen, mittels derer sich Interessierte
dann schlau machen könnten. Als wiederverwendbarer Source publiziert ist es dagegen
nichts anderes als ein Gratisangebot von Anabolika. Das Einfügen vom fremden Code
(ob formal erlaubt oder nicht) ähnelt bereits Gen-Doping, das uns offenbar bald auch
im wirklichen Leben bevorsteht. Clone-Spezialisten ermogeln sich heutzutage beinahe
Nobelpreise, und im Computerschach lobhudeln ihnen Elo-geile Rennkamelbesitzer mit
offenen Mündern. Wen interessieren noch diverse Konzepte zur Datenstruktur oder
zu anderen Teilaspekten der Schachprogrammierung? Das Publikum verzichtet im
Großen und Ganzen auf solche Details. Die Szene sinkt auf das Niveau eines Publikums
von Hahnenkämpfen, wobei allerdings der Sieger meist vorher schon feststeht, und
sich die Jünger das Siegers dann im Abbrennen von Weihrauch übertrumpfen.
[quote="Reinhard Scharnagl"]Das Problem ist, dass Computerschach zeitweise so etwas wie ein Wettbewerb war.
Vom Umfang her ähnelt es eher einem Langstreckenlauf, eine Engine herzustellen.[/quote]ZUmindest ich bin sehr froh, dass dies nicht die einzige Sicht ist, mit der heute Engineentwicklung betrieben wird.
Ich finde gut, dass es möglich ist, dass sich per OpenSource die Leistungen der Leute direkt ergänzen.
Das wohl sportliche "Jeder hat gefälligst alles allein und ohne Hilfe zu erledigen" findet nicht statt, und das ist aus meiner Sicht auch gut so.
Benno
By Reinhard Scharnagl
Date 2010-02-14 09:50
By Werner Mueller
Date 2010-02-14 11:53
By Reinhard Scharnagl
Date 2010-02-14 15:23
Das mit dem Doping beim 10x8 Schach kann ich zwar nicht so recht sehen,
aber ich freue mich natürlich darüber zu erfahren, dass es hier endlich als
die wirklich überlegene Variante des Schachspiels erkannt worden ist!
By Werner Mueller
Date 2010-02-14 17:17
[quote="Reinhard Scharnagl"]
Das mit dem Doping beim 10x8 Schach kann ich zwar nicht so recht sehen,
aber ich freue mich natürlich darüber zu erfahren, dass es hier endlich als
die wirklich überlegene Variante des Schachspiels erkannt worden ist!
[/quote]
Da Du offensichtlich sportliche Events mit Affen-Gen-manipulierten Sportlern als ernsthafte oder gar 'überlegene' Alternative ansiehst, habe ich die Intention Deines Verweises auf den Artikel in der WELT wohl gründlich missverstanden.
By Thomas Cutter
Date 2010-02-15 09:35
Zitat:
Clone-Spezialisten ermogeln sich heutzutage beinahe
Nobelpreise, und im Computerschach lobhudeln ihnen Elo-geile Rennkamelbesitzer mit
offenen Mündern.
Die offensichtliche Anspielung auf Jan Hendrik Schön im Zusammenhang mit Open Source empfinde ich als unverschämt.
Um ernst genommen zu werden mußt du schon sachlich diskutieren.
An Open Source ist nicht das geringste auszusetzen. Es gibt überragende Beispiele wie nützlich diese Entwicklung ist, sei es Linux, die GNU-Compiler, Perl oder Python. Irgendwo in diese Reihe gehören auch Fruit und Stockfish.
Es bedarf keiner besonderen Betonung, daß Plagiate und anderer Betrug etwas vollständig anderes sind.
Gruß Thomas
By Reinhard Scharnagl
Date 2010-02-15 12:07
[quote="Thomas Cutter"]... An Open Source ist nicht das geringste auszusetzen. Es gibt überragende Beispiele wie nützlich diese Entwicklung ist, sei es Linux, die GNU-Compiler, Perl oder Python. Irgendwo in diese Reihe gehören auch Fruit und Stockfish. ...[/quote]
Es geht doch nicht um OpenSource als solche. Mehrmals habe ich bereits schrieben, wie sinnvoll OpenSource sein kann, wenn z.B. Anwendungsplattformen geschaffen werden. Das Probleme liegen doch ganz woanders.
Irgendwelche Wettbewerbe zwischen Schachprogrammen verlieren durch Patchworken (und Clonen) einfach jeden sportlichen Charakter. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Es wird langsam unmöglich wirkliche Eigengewächse zu erkennen. Turniere von Rang für solche Werke finden kaum statt oder Interesse. Da wird die Versuchung groß, sein Elaborat per Fremdcode zu tunen. Inwiefern das formal legal geschieht, ist hierbei nebensächlich, insbesondere, da dies kaum jemand nachvollziehen kann. Forderungen nach Offenlegung des eigenen Quellcodes schrecken Entwickler eher ab, insbesondere die, welche sich gegen die Unkultur der Offenlegung von Sourcen bei Schachprogrammen aussprechen.
[quote="Reinhard Scharnagl"]Es wird langsam unmöglich wirkliche Eigengewächse zu erkennen. [/quote]Ich erstrebe auch gar nicht, dies zu erkennen. Und mir würde dieses Erkennen nichts bringen. Die (legal erstellete) Engine selbst interessiert mich. Und Patchwork diskreditiert sie meiner Meinung nach nicht. Wobei: ein Redesign würde dann vermutlich weitere Vorteile bringen können.
Schon die Beschreibungen der Spracklens, der Blick in die legal-offenen Quellen und die allenthalben begrüßenswerterweise einsehbaren Algorithmenbeschreibungen lassen 'Eigengewächse' sowieso seit langem als verdammt unscharfes Gebilde erscheinen.
Die Zeit der Computerschach-Einzelkämpfer geht dem Ende entgegen, oder ist schon lange vorbei. Doppeldeckerpiloten, die die Leinwand der Flügel persönlich flicken, sind halt auch selten geworden.
Man mag beides mit romantischem Blick bedauern.
Benno