Hallo Ulrich,
mit der Frage ...
Wo beginnt Taktik und wo hört diese auf ?!
beschäftige ich mich schon seit vielen Jahren.
Meine Überlegungen:
Sofern ein Schachprogramm in der Lage ist, sich sehr schnell in vorteilhafte Stellungen zu spielen spreche ich von Taktik.
Die reine Durchführung, welche letztendlich zum Gewinn oder in vermeidlicher Stellung zum Remis führt, zählt für mich nicht zur Taktik.
Zum Beispiel interessieren die Meisten Analysefans Schachaufgangen, aus denen ein klares Ergebnis hervorgeht, wie z. B. Matt in 10.
Aber für dieses Ausgangsstellung ist der notwendige Stellungsaufbau notwendig.
Die reine Durchführung die zum Erfolg führt ... Schachprogramm findet Matt in 10 ... zählt für mich nicht als Taktik.
Besseres Beispiel:
Ktulu ist im Endspiel sehr stark (auch ohne Tablebases).
Für Rahman Paidar eine Lieblingsbeschäftigung, seinem Programm Endspielwissen zu implementieren. Er mag heit Endspiele und konzentriert sich darauf.
Allerdings, Rahmans Programm muss zunächst mal ins Endspiel kommen um sein Stärke auszuspielen.
Rahman weiß, dass die meisten Schachprogramme schwächeln wenn der Übergang zum Endspiel bevor steht.
z. B. auch eine absolute Stärke von Rybka. Rykba spielt diese Partiephase meines Erachtens von den mir bekannten TOP Engines (ich kenne viele
) perfektionistisch.
Oder The King ... hat spezielles Wissen (seinerzeit in Zusammenarbeit mit zwei GMs erhalten) für Schwerfigurenendspiele.
Zurück zur Taktik:
Bright meistert z. B. "taktische" Stellungen mit Auszeichnung. Also Stellungen aus denen wir eine klare Kombination ableiten können. Wie gesagt, für mich gehört das nur stark begrenzt zum Thema Taktik.
Schauen wir uns die Partieanlage von Bright bei Eng-Eng gegen vergleichbar starke Engines an, fällt uns auf, das Bright nicht zu den Programmen gehört (wie auch Rybka) die Partien schnell gewinnen, oder besser ... sich selbst in Stellungen spielen in denen eine klare Kombination in der Luft liegt. Natürlich gelingt das auch Bright oder Rybka aber im Vergleich zu Shredder in einem deutlich geringeren Rahmen.
Wahrscheinlich ist das alles eine Auslegungssache.
Michael Scheidl sprach ja an, dass es in einem Forum einen Thread mit einer Liste gibt, in denen die Programme nach Taktikstärke sortiert sind. Dort wird Shredder ein druckvolles positionelles Spiel attestiert.
"Druckvoll Positionell"
Das sind zwei Begriffe ... Druckvoll und Positionell
Zwei Begriffe wie links und rechts
)
Druckvoll ist Taktik !!
Also, Shredder wird attestiert, dass es taktisch positionell spielt.
Politisch könnte man das auch "Jamaika Koalition" schimpfen
Schachspieler machen es sich einfach.
Alles was direkt zu einem Ergebnis führt ist Taktik und alles was kleine Stellungsverbesserungen zum Vorschein bringt ist positionelles Verständnis.
OK, warum kompliziert wenn es doch so einfach ist.
Ich denke, dass diese Auslegungen völlig falsch sind.
Die ganz genauen unter uns bringen dann zwecks kompletter Verwirrung noch eine Dreisatzkomponente hinzu.
Strategie !!
Diese Schachspieler unterscheiden zwischen: Tatkik, positionelles Verständnis und Strategie.
Wird dann nachgefragt, was versteht Ihr denn unter Strategie werden andere Schachspieler denken ... der meint positionelles Verständnis.
Also für mich bedeutet:
1. Taktik
- ein weitesgehend ständig mit Drohungen forcierter Stellungsaufbau.
- bevorzugte Öffnung von Stellungen, auch mittles Opferkombinationen.
- nach gegenerische Rochade, entspechende Linienöffnungen, Verstärkung der Leicht- Schwerfiguren und auch die langfristige Vorbereitung auf ein Spiel gegen den König.
Ob dann Schachprogramme wie Rybka die andere Engines, die mittels gutem Buch oder eigenen Berechnungen gar in solche Positionen geraten dann eine gewinnbringende Kombination im Suchbaum finden ist keine Taktik. Das kann jede Engine in der einen oder anderen Stellung.
Wie gesagt in solche Stellungen muss sich ein Programm erst mal bringen.
Rybka schiebt seine Gegener eher zusammen. Langfristig bis das Endspiel näher rückt. Es gibt deutlich weniger Kurzpartien von Rybka als von Shredder. Rybka spielt mehr nach reinem Schachwissen. Der Springer muss bei dieser Brettkonstellation auf Feld x und so weiter. Shredder eher ... ich mache auf dem Damenflügel ein bissel Druck und öffene da eine Linie ... Gegner ist beschäftigt ... schön dann die Figuren wieder zurück auf den Königsflügel und da mal ein bissel öffnen ... und Bingo ist Shredder in Position.
Würde Rypka eher als den Karpov unter den Schachprogrammen betrachten. Shredder als Shirov und Hiarcs als Tal
Vom Thema abgekommen ...
2. Positionelles Verständnis
- zu wissen das ich einen Endspielvorteil behalte wenn ich nicht bestimmte Figuren tauschen.
- zu wissen das der Läufer financhettiert werden sollte um langfristig in Kombination der Bauernketten die bessern Felder zu haben.
- Umgruppierungen von Figuren um die eigene Stellung zu stärken.
etc, etc.
3. Strategie
Ein schwieriger Begriff ...
Warte bis der Gegner kurz rochiert, dann rochiere ich lang bzw. bereite das vor.
zu versuchen die Figuren des Gegners abseits zu stellen um langfristig in unklaren Stellungen neue Pläne zu erzeugen.
etc, etc.
Bleibe dabei ...
Wenn ich mir die Partien der Top Engines so ansehe, sehe ich kein Programm welches sich so schnell klar in Vorteil spielen kann wie Shredder. Daher rühren die vielen Kurzpartien die Shredder erspielt und wer so druckvoll öffnet bzw. überhaupt druckvoll spielt ist für mich ein taktisches agierendes Schachprogramm.
Ich bin zwar nicht davon überzeugt, dass solche Spieleigenschaften Programmen mit sehr ausgeprägtem Schachwissen überlegen sein werden aber ich bin davon überzeugt das mir die Partien von Shredder x-mal besser gefallen als langweiliges positionelles Geschiebe von Rybka. Aber das ist eine rein persönliche Meinung von mir, anderen gefällt das was Rybka sich mit purem Wissen zusammenschiebt
Gehe noch kurz auf Deine Standpunkte ein ...
Wenn Shredder "nur" solide spielt, erkläre mir warum kein anderes Programm so viele Kurzpartien produziert.
Sicher erspielt Rykba spektakuläre Partien. Aber das liegt bei dem Schachwissen und der erreichten Spielstärke ja auf der Hand.
Anders:
Von 10 Rybka Partien gefällt mir vielleicht eine.
Von 10 Shredder Partien gefallen mir 4-5 und das ist schon sehr hoch.
Um eine Glanzpartie geboten zu kommen müssen wir bei Eng-Eng schon lange zusehen
Meist erfreuen uns klare Remisendspiele an denen noch 30 Züge aufgrund mangelndem Endspielwissen herumgestochert wird.
Schaue Dir Computerschachdatenbanken an.
Hoffe das klingt jetzt nicht überheblich aber ich habe schon mehr als 100.000 Engine - Engine Partien in den letzten 12 Jahren spielen lassen. Schaue sehr gerne zu (natürlich nicht bei allen) ...
Hier laufen gerade 5 Turniere mit 40 in 20 zeitgleich. Die Wahrscheinlichkeit ist höher eine wirklich spannende Partie zu beobachten. Meist sind es aber immer wieder die gleiche Engines die dann beteiligt sind.
Stockfish
Du spricht von Stockfish !!
Nach jetzt fast 100 Partien eine 48% Remisquote, keine Kurzpartie von unter 35 Zügen.
Mein Gott was ist aus dieser Engine geworden.
Bei Glaurung 2 waren die Remisquote durchschnittlich bei 28% und die meisten Kurzpartien von allen mir bekannten Engines wurden erspielt.
Die Engine ist nun deutlich besser aber spielt so unaufällig wie ein Fruit.
Finde das total schade ... aber vielleicht habe ich von den ganzen neuen Engines und Versionen einfach noch nicht genug Partien gesehen.
Glaurung war mit Abstand meine Lieblingsengine ... erinnerte mich an Phalanx oder AnMon aus früheren Zeiten.
Stimme aber auch mit vielen Dingen überein.
Shredder ist und war immer schon sehr gut im Endspiel.
Shredder ist einfach perfekt für eine Computerschachprogramm.
Sehr sehr gutes Zeitmanagement, kein langweiliges herumstochern in Endspielen ... erkennt ein Remis, spielt auf Remis und zeigt es korrekt sehr früh an. Spielt stark in der Eröffnung (auch ohne Buch schön zu sehen). Schaust Du Dir Ktulu ohne Buch an denkst Du an den Mach 3 oder Mach 4 ... Springer am Rand und so Scherze sind keine Seltenheit.
Noch ein Beispiel:
Johan de Koning (TheKing) betrachtet seine Engine als positionelles Programm.
Seinerzeit erstaunten die User die vielen schnellen Mattkombinationen von TheKing.
TheKing hat sehr viel Wissen über Mattangriffe aber nur deswegen wird TheKing nicht zum Taktiker.
Und nur weil Bright in solchen Stellungen auftrumpfen kann wird Bright nicht zum Taktiker.
Bright versucht aber taktische Stellungen zu erzeugen, geht aber gegen Programme wie Shredder, Rybka und anderen total baden. Wird einfach ausgerechnet, wie auch Smarthink der noch aggressiver öffnet als Shredder aber dann einfach ausgerechnet wird.
Viele Grüße
Frank