Ich habe Deine Äußerungen zu den alten (Schachcomputer-)Programmen im Vergleich zu den modernen Engines herablassend empfunden, weil ich unterstellt finde, dass die modernen Programme nur wegen der besseren Hardware besser seien, also schneller aber doof. - Ich vereinfache und verkürze Deinen so von mir verstanden Standpunkt an dieser Stelle. Deswegen habe ich versucht das mMn beste Programm mit der besten Stellungsbewertung und der besten Suche von heute mit dem intelligentesten Programm der Schachcomputer-Bronzezeit zu vergleichen und Deine Kritik zu überprüfen.
Franz Huber sei Dank kann man heute relativieren, ob weniger (Mephisto) mehr (besser als) ist (Stockfish).
Ich habe die aktuelle Developer-Version von Stockfish gegen den emulierten Top-Mephisto von 1984 spielen lassen. Dabei sollte Stockfish nicht mehr Knoten berechnen dürfen als Mephisto III S in der Verkaufsversion mit 7,2 MHz. - Du behauptest ja immer die Überlegenheit des - Deiner Ansicht nach - intelligenteren Ansatzes des Mephisto III. Dieser schafft im Mittel etwa 5 Knoten pro Sekunde. In Turnierpartien bei 40 Zügen in 2 Stunden berechnet das Programm pro Zug daher etwa 900 Knoten. Durch Treffer des Permanent Brains sind es tatsächlich ein paar Knoten mehr, aber das lasse ich außen vor. Stockfish ist so klug und sauber programmiert, dass man auch die Zahl der zu berechnenden Knoten pro Zug vorgeben kann - und das Arena GUI hat dafür sogar eine Stufenvorgabe!
Es rechnete also Mephisto auf Turnierstufe (Level 6) mit Eröffnungsbibliothek gegen Stockfish mit einem Thread, 64 MB Hashtabellen und den Syzygy-3-4-5-6-Steinern. Stockfish brach seine Berechnungen ab, wenn ca. 900 Knoten erreicht waren. Tatsächlich waren es meistens ein paar mehr. Mit dem sehr interessant spielenden Rebel 16.2 - der kennt auch die Knotenvorgabe - habe ich das auch versucht. Allerdings beendete der mit der Vorgabe 900 Knoten im Durchschnitt erst nach 9.000 Knoten seine Berechnungen. Damit fiel er für diesen Test aus.
Code:
Stockfish-230401 (900-Kn) vs Mephisto Glasgow III S
1 Mephisto Glasgow III-S 1776 10100101110 6.0/11
2 Stockfish-230401 01011010001 5.0/11
Es waren ursprünglich 30 Partien. Nachdem ich die Dubletten entfernt hatte, blieben 11 übrig. - Stockfish spielte ohne Eröffnungsbibliothek!
Man sieht, dass Stockfish, obwohl er ganz anders konzipiert ist und selbst auf einem Motorola 68.000 mit 7,2 MHz vermutlich mehr als 50 Knoten pro Sekunde zustande brächte (der Beweis darf gerne angetreten werden), vom Mephisto Glasgow nicht deklassiert werden kann. Damit zeigt sich, welcher Fortschritt in den letzten 40 Jahren gemacht wurde. Suchte der Mephisto die vielversprechendsten Züge zur Vertiefung aus, wie es der Shannon B-Strategie entspricht, sortiert Stockfish die nicht zu vertiefenden Varianten aus. Stockfish muss dazu, im Gegensatz zum Mephisto, aber möglichst viele Knoten berechnen und prüfen.
Es geht mir nicht darum, Mephisto-Bashing zu betreiben. Ich hatte selber mal einen MM I und finde den Ansatz von Thomas Nitsche faszinierend. Ich wünschte, sein Ansatz wäre weiter verfolgt worden. Möchte man die Überlegenheit von Mephisto III "beweisen", nimmt man kürzere Bedenkzeiten. Mephisto spielt auch mit 50 Knoten akzeptabel. Mit weniger als 80-120 Knoten geht bei Stockfish dagegen gar nichts. Sein Schach ist dann - nicht überraschend - unterirdisch.
Viele Grüße
Th. Plaschke