Lieber Kurt,
ich hoffe, ich darf dich duzen auch wenn wir beide nur sporadisch hier im Forum vor langer Zeit Kontakt hatten. Leider habe ich zu deiner Fernpartie keine wirkliche Meinung, die Gründe sind vielfältig, zwei davon sind:
1. Im Vergleich zu dir bin ich viel zu schwach im Schach
2. Seit Frühling dieses Jahres habe ich weder Li-Chess noch ein Schachprogramm auf meinem Rechner installiert, weil ich es drei Jahre nicht mehr nutzte
Trotzdem ist Schach natürlich meine "Jugendliebe" geblieben und dieses Forum wird immer wieder mal aufgerufen ( unangemeldet liebe Moderatoren ). Beim gezielten Lesen habe ich das ein oder andere heute anzumerken.
1. e4 c6 ist widerlegt!!
Ja das ist es lieber Kurt, Michail Tal hat mit diesen Worten: "Ich habe die Caro-Kann Eröffnung widerlegt" seinen Kontrahenten Botwinnik eröffnet. Und in seinem Buch über den Revanche-Wettkampf von 1961 sieht man das auch als Botwinnik erst einmal zu 3. ...c5 greift. In dem Partiekommentar zur 8. Partie schreibt Alex Kotow: ....weicht von .... 3. ... Bf5 ab. Vielleicht befürchtete er neue Möglichkeiten im weißen Spiel. die mit 4. c4 oder 4. Se2 und nachfolgendem Bauernangriff auf dem KF einhergehen können.
Botwinnik höchstselbst äußert sich in einem Kommentar zur 20. Partie: "Nach dem Match sagte mir Tal, dass er nicht gescherzt hätte, als er von Widerlegung sprach. Nach meiner Auffassung kritisierten viele Spezialisten Tal zu Unrecht für den Zug 4. h4. das war alles andere als ein Schreckschuss, nur hatte Tal seine interessanten Idee bestimmt nicht gründlich genug geschliffen."
Also ja, die Diskussion über Korrektheit von 1. h4 und 1. e4 c6 ist längst schon beantwortet
Alles schon mal dagewesen.
Fernschach stirbt! Weißt du ich finde es bemerkenswert das es immer noch Reformwünsche gibt ... es erinnert mich an den Film " Der eiserne Gustav" der dir sicher bekannt ist. Was würde ein Ernst Grünfeld heute machen oder ein Paul Keres? Sie würden möglicherweise sagen:" Lasst uns ein Thematurnier ausschreiben mit wechselndem Anzug jede Seite wird 2x gespielt, das ergibt dann vier Partien bei zwei Gegnern.
Es gab früher Beratungspartien - just for fun - das sollten sich die Jungs von heute mal überlegen, da spielten zwei gegen zwei eine Partie aus Spaß am Schachspiel ( und aus Spaß an theoretischen Erkenntnissen ) Genau hier würde ich ansetzen. Mich interessiert nicht das drölfigste Eröffnungsbuch von GM XXX. Aber wenn dort ein Buch erscheint "Allgaier-Gambit im Fernschachstudie von Haug und Beratende gegen Utzinger und Beratende widerlegt, dann würde ich vorbestellen. Ich kann mir Fernschach nur noch im Themabereich vorstellen und da hat es noch Riesenpotential. ( Apropo Allgaier, da gab [ vielleicht immer noch ] es vom seligem Georg Marco in der Wiener Schachzeitung Jahrgang 1903, die Online gestellt wurde zwei wunderbare Beratungspartien in dem Artikel "Beiträge zu einer richtigen Würdigung des Allgaier Gambits." Dieser Artikel mit dem Buch zum Gambitturnier 1903 ebenfalls von Georg Marco sind für uns - und damit meine ich "die eisernen" eine Fundgrube ähnlich dem immer noch sehr starken Karlsbad 1907 Turnierbuch von Marco - was für grandiose Kommentare und Analysen und Denkansätze. Aber du kannst gern auch M.Tals Widerlegung von Caro Kann mit deinen Sekundanten von heute nachspüren und veröffentlichen...
Die Sticheleien hier im Forum habe ich letztens einem Gast auf Durchreise vorgelesen. Er schüttelte den Kopf. Er darf das, er ist Gott, na ja zumindest einer der Schachgötter. Als ich empört reagierte, gab er mir sogar die Möglichkeit in zu interviewen:
1. Frage:
Ich: Stockfish, du hast jetzt mit mir zwei Partien gespielt, du kannst mir doch sicher sagen wie gut ich bin?
Er/Es: *lacht* und sagt dann Christian, es gibt drei Klassen von Schachspielern: die erste Klasse spielt kein Schach, die zweite Klasse spielt Schach und die dritte Klasse spielt gut Schach, du gehörst inzwischen zur zweiten Klasse.
*klang ein wenig nach Philidor und dem französischen König Ludwig XV*
2. Frage:
Ich: Pass auf, wenn du bei der zweiten Frage die Wahrheit sagst, dann musst du die dritte nicht mehr beantworten. Wie geht eine Schachpartie in der Anfangsstellung bei korrekten Spiel aus!
Er/Es: Nullsummenspiel Christian, natürlich remis!
3, Frage
Ich: Woher willst du das wissen?
Er/Es: Christian, wir hatten einen Deal, das ist die dritte Frage die du mir erlassen hast
*auch hier schien es mir er bediente sich nur alter menschlicher Aufzeichnungen von CF Gauss und seinem Mathelehrer ich habe daher nach dem Interview Stockfish und seine Räuberbande aus meinem Festplattenpalast rausgeworfen*
Diese Episoden sind mir eingefallen wenn hier über "Enginewahrheit" gesprochen wird
Abschließend möchte ich dir- na ja vielleicht liest noch einer mit also dann eben euch- von meinem Fernschachstart erzählen. Ich bin ein schwacher Vereinsspieler, jener den Tarrasch beschreibt in seinem
"Jeder leidlich begabte Spieler, er braucht keineswegs hervorragend veranlagt zu sein, kann es zum Meister bringen. Aber das ist ja auch gar nicht nötig! Der richtige Standpunkt ist es, zu seinem Vergnügen zu spielen, und man glaube ja nicht, dass der Genuss proportional dem Können sei."
Deshalb war Fernschach für mich in der DDR ein klein wenig die andere Welt kennenzulernen und vor allem Varianten für das Nahschach zu testen.
Du weißt ja wie das lief, soviel Platz war nicht auf der Postkarte, man hat sich anfangs vorgestellt, Alter, wie lange Fernschach, vielleicht was die LK/ELO im Nahschach war.
Da gab es einen Dänen wo nicht nur Weihnachtsgrüße ausgetauscht wurden, sondern wo jeder circa 3 Briefe dem anderen zukommen ließ. Ich erinnere mich an seine Königintreue zu Margarete ( er sandte mir eine Postkarte mit Ansicht ihrer Sommeresidenz ) genau wie an unsere Diskussion zum Fussballänderspiel DDR-Dänemark. Harmloser Quatsch zweier Jungerwachsenen.
Aber als ich 1985 mit diesem Hobby begann wusste ich noch nichts was 1987 oder 1988 sein wird und Fernschachkarten in die damalige UdSSR oder in die USA gingen schonmal 1 Monat hin, ein Monat zurück. Also, in einem Weltturnier spielte ich gegen einen US-Amerikaner und da ich 1987 ein Studium aufnahm habe ich natürlich meine neue Studentenwohnheimadresse angegeben.
Unschuldig, weil es war doch erlaubt! Jedenfalls holte mich eines Tages unser dortiger Funktionär in sein Zimmer zu einer Aussprache. Er gab mir die Fernschachkarte, es war eine richtig schöne Postkarte mit einer braunen Felslandschaft und blühenden Kakteen und er schrieb sinngemäß: Dear Christian, In winter it is especially beautiful in Phoenix/Arizona because everywhere the cacti are blooming. Your 18. ... 27-25 My 19. 35x26 e.p. If your 19. ...17x16 than my 20. 43-64 best regards Joe
Unser "Funktionär" kannte weder Schach, noch die internationale Fernschachnotation, es war mühselig ihn davon zu überzeugen das das alles harmlos ist und auch gestattet war. Am Ende des Gesprächs drang er darauf, das keine Fernschachpost aus dem NSW mehr in der Poststelle der Schule geduldet wird und er sie nicht in mein Briefkasten weiterleiten wird sondern vernichtet[ natürlich hatte ich Gnadenfrist bekommen meine Gegner darüber zu informieren] Und so galt wieder die alte Elternadresse, was natürlich auch mühsam war und ich so häufig in meinen Partien in Zeitnot kam und letztlich das Handtuch warf. Heute schmunzele ich natürlich, doch damals...
So, ich bin dann mal wieder weg
Alles Gute für dich, ach und danke für deinen Kommentar zu der Fernpartie, ich glaube nur deshalb bin ich ab und an noch hier
Christian