Sehr guter Beitrag, der so noch einiges lesbarer daherkäme:
Ich hatte über einen Schachspieler, den ich öfter beim Gartenschach traf,
erfahren, daß ein russischer Profitrainer im selben Ort Unterricht gibt. Der
Unterricht lief im wesentlichen so ab, daß der Trainer von mir egal ob gegen
Menschen oder gegen Computer gespielte Partien möglichst aktuellen
Datums! mit mir besprach. Dabei prüfte er vor allem meine strategischen
Ideen, die ich ihm für jede Partiephase gleichermaßen darzulegen hatte.
Nach Sichtung mehrerer Partien kam der Meister zu dem Schluß, daß das
Endspiel bei mir die bei weitem stärkste Partiephase ist. Obwohl daher
eigentlich folgerichtig, akzeptierte der Trainer jedoch meinen Spielstil nicht,
daß ich im Mittelspiel grundsätzlich auf Remis gespielt hatte in der Hoffnung,
ohne großes Risiko in ein brauchbares Endspiel zu kommen. Er sagte: Du
lebst doch nicht vom Schachspielen. Wenn man Schach als Hobby betreibt, ist es
doch wohl viel interessanter, auf Sieg zu spielen. Ich wollte aber unbedingt bei
meinem Spielstil bleiben, der meinem Naturell entspricht. Zu meiner großen
Überraschung konnte er mir seine aufs erste fast unglaubliche Behauptung,
2400 ELO könnte man sich auch ganz ohne eine spezielle Schachbegabung,
wenn auch unter großen Mühen, erarbeiten, auch wirklich glaubhaft begründen.
Der Trainer weiter: wenn Du 2600 spielen willst, dann brauchst Du auch taktisches
Talent. Es reiche aber nicht aus, geeignete Schachbücher nur zu lesen, man müsse
die Bücher wirklich arbeiten. Für meine Trainingspartien gegen den Computer empfahl
mir der Profitrainer dringend, das Computerprogramm so einzustellen, daß es einerseits
deutlich stärker ist als ich, aber andererseits ich immer noch in der Lage bin, dagegen
kämpfen zu können. Ich muß gestehen, daß ich, seitdem ich beim Profitrainer war, noch
keine einzige Wettkampfpartie gegen Menschen gespielt habe. Seit Jahrzehnten spiele
ich mit größter Begeisterung Computerschach, und das macht mir seit dem Unterricht
jetzt noch viel mehr Freude, da ich einfach deutlich mehr Optionen sehe am Brett.
Vor kurzem kaufte ich mir den sogenannten "DGT-Schachcomputer", da ich noch nie
ein schönes Turnierholzbrett zuhause hatte, und tatsächlich ist Stockfish 6 auf der dortigen
Raspberry Pi Hardware für mich offenbar der optimal motivierende Trainingspartner für mich,
denn einerseits ist er deutlich stärker als ich, aber andererseits konnte ich schon am 2. Abend
gegen ihn auf voller Spielstärke die erste Stundenpartie (60min für jede Seite) gewinnen mit
meinem Spielstil. Der Trainer empfahl mir dringend, keine Kurzpartien zu spielen sondern
turnierzeitnahe Zeiteinstellungen zu wählen, damit ich nicht irgendwelche alten Schablonen
runterzocke, sondern mir zwecks Planfindung wirklich Gedanken mache. Ferner sagte der
Profitrainer, daß es leichter sei, seine taktischen Fähigkeiten zu verbessern, als seine
strategischen. Man sollte aber täglich einige Taktikdiagramme üben. Er hatte selbst die
Erfahrung gemacht, daß er, wenn er mal etwa 6 Wochen lang überhaupt keine taktikdiagramme
geübt hatte, selbst viel anfälliger war für ganz grobe taktische Schnitzer in Turnierpartien. Und
das immerhin als IM.
Zitat:
Du lebst doch nicht vom Schachspielen.Wenn man Schach als Hobby betreibt,ist es doch wohl viel interessanter,auf Sieg zu spielen.
Ein großartiges, wunderbares Posting. Danke dafür!
Ich denke, das ist vielen von uns hier aus der Seele gesprochen.
Mein Schachtrainer war seinerzeit immer mein (jeweiliger) Computer. Die Resultate waren nicht zufriedenstellend