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Up Topic Hauptforen / CSS-Forum / 1 H3-Sekunde vs. 3 Mensch-Minuten
- - By Benno Hartwig Date 2013-09-06 14:57
Sorry, falls das schon mal irgendwo stand. Aber ich frage einfach noch mal:

Wenn ein sehr guter Schachspieler sehr ernsthaft gegen Houdini 3 (mittleres Buch, ein Kern, ohne Pondern) spielt,
er selbst mit 3 min/Zug
und Houdini mit fest eingestellten kürzeren Zeiten pro Zug,
welche relative Spielstärke würde Houdini dann ungefähr haben?

ZB. bei
1 Sekunde pro Zug
5 Sekunden pro Zug
30 Sekunden pro Zug
für Houdini.

Kann man das so ganz ungefähr einschätzen?
Insb. ein ELO-Wert für "1 Sekunde pro Zug" würde mich sehr interessieren.

Benno
Parent - - By Tim Rotke Date 2013-09-06 15:30
Es wird häufig gesagt, dass eine Halbierung der Bedenkzeit eine verminderte Elo um 60 Punkte entsprechen soll (?). Bei sehr kurzen Zeiten wird das vllt. größere Abweichungen geben, aber so kann man mal rechnen...

Bei Vergleich mit Elowerten bei Bedenkzeit von 3 Minuten:
- 1s = -450 Elo
- 5s = -310 Elo
- 30s= -155 Elo
Parent - By Michael Scheidl Date 2013-09-06 16:26
Zitat:
Es wird häufig gesagt, dass eine Halbierung der Bedenkzeit eine verminderte Elo um 60 Punkte entsprechen soll (?).


Jeder scheint einen anderen (Daumen-)Wert zu benutzen. Ich habe auch schon 30 gelesen. In der alten Schachcomputerzeit glaubten wir an bis zu 80. Vermutlich ist das kein linearer Wert, sondern hängt (geringfügig?) davon ab von welcher Rechentiefe ausgegangen wird.

Zur Frage an sich möchte ich noch sagen, selbst bei einer Sekunde Durchschnittszeit pro Zug, natürlich auf vernünftiger Hardware, ist eine heutige Topengine zumindest kombinatorisch für menschliche Maßstäbe äußerst mächtig. Der Mensch wird das Glück des Tüchtigen brauchen.
Parent - - By Benno Hartwig Date 2013-09-06 18:57
Ja, deine Werte mögen ungefähr stimmen.
Mal ganz grob, frech und spekulierend knapp 3000 menschliche ELO für Houdini3 bei 3 min/Zug unterstellt, käme ich für das 1-Sekunden-Spiel auf ungefähr 2500 ELO.
Also 'gute internationale Meister' oder 'schwächere Großmeister'.
Ist das eine Spielstärkeeinschätzung, die intuitiv ungefähr angehen kann.
(Ohne es wirklich beurteilen zu können, hätte ich das 1-s-Blechbüchsenniveau sooo hoch nicht eingeschätzt.)

Benno

PS:
Ach, so gern würde ich Top-Engines mal bei einem regionalen Turnier auf diesem Niveau unter diesen Bedingungen mitspielen sehen.
Parent - - By Michael Scheidl Date 2013-09-06 19:42
Es gab ja unlängst eine auf einer durchaus reichhaltigen Datenmasse von "Man versus Machine" beruhende Analyse, wonach die typischen Computerelos relativ zu FIDE zu niedrig sind:

http://forum.computerschach.de/cgi-bin/mwf/topic_show.pl?pid=53876

Demanch wären die CEGT 40/20-Ratings um 232 Elo zu niedrig, das ergibt für Houdini 3 x64 4 CPU 3377. Das können wir nun, wenn wir wollen, auf 3300 abrunden, und dann noch den Faktor für halbe bzw. doppelte Bedenkzeit sehr optimistisch auf 60 ansetzen (je geringer man das einschätzt, desto größer ist die Prognose für eine 1 Sekunde-Engine).

1 Sek. auf 180 Sek. = 7,5 Verdoppelungen und das wären dann 450 Elo. Demnach wäre Houdini 3 mit einer Sekunde pro Zug 2850 gegenüber einem menschlichen Spieler. Und das beruht wie gesagt auf zurückhaltenden Einschätzungen.
Parent - By Benno Hartwig Date 2013-09-06 20:09
[quote="Michael Scheidl"]...Demnach wäre Houdini 3 mit einer Sekunde pro Zug 2850 gegenüber einem menschlichen Spieler. Und das beruht wie gesagt auf zurückhaltenden Einschätzungen.
[/quote]Ach ja,   
so gern würde ich Top-Engines mal bei einem regionalen Turnier auf diesem Niveau unter diesen Bedingungen mitspielen sehen.
Benno
Parent - By Stefan Pohl Date 2013-09-11 13:53
[quote="Michael Scheidl"]
Es gab ja unlängst eine auf einer durchaus reichhaltigen Datenmasse von "Man versus Machine" beruhende Analyse, wonach die typischen Computerelos relativ zu FIDE zu niedrig sind:

http://forum.computerschach.de/cgi-bin/mwf/topic_show.pl?pid=53876

Demanch wären die CEGT 40/20-Ratings um 232 Elo zu niedrig, das ergibt für Houdini 3 x64 4 CPU 3377. Das können wir nun, wenn wir wollen, auf 3300 abrunden, und dann noch den Faktor für halbe bzw. doppelte Bedenkzeit sehr optimistisch auf 60 ansetzen (je geringer man das einschätzt, desto größer ist die Prognose für eine 1 Sekunde-Engine).

1 Sek. auf 180 Sek. = 7,5 Verdoppelungen und das wären dann 450 Elo. Demnach wäre Houdini 3 mit einer Sekunde pro Zug 2850 gegenüber einem menschlichen Spieler. Und das beruht wie gesagt auf zurückhaltenden Einschätzungen.
[/quote]

Das sehe ich auch so. Und wie es der Zufall will, ist die durchschnittliche Rechenzeit pro Zug (gemittelt über alle Züge aller Partien durch die LittleBlitzerGUI) der Engines in der LS-Rangliste ziemlich genau 1 Sekunde...Mit einem Core sollten das dann immer noch locker 2700 Elo sein (zumal im Mittelspiel ja eher 2-3 Sekunden pro Zug gerechnet werden). Soviel zum Thema, daß die LS-Rangliste (oder anderes Testen mit Bullet-Speed) zu wenig schachliche Qualität besitzt, um ernst genommen zu werden.

Stefan
Parent - - By Helmut Klaus Karsten Date 2013-09-06 17:29
hab mal gelesen  etwa  1900 ElO entspricht einer Rechentiefe von Durchschnittlich 8 ply (8HZ)
jeder Halbzug mehr an Rechentiefe bringt 100 ELO dazu.
also :
ply -> ELO
------------
8   -> 1900
9   -> 2000
...
18  -> 2800
------------

Magnus Carlsen kommt nach dieser Faustformel etwa auf Durchschnittlich 18 bis 19 ply "Rechentiefe"
(denkt Durchschnittlich 18 bis 19 Halbzüge voraus).
H.K.K.
Parent - By Michael Scheidl Date 2013-09-06 18:41
Zitat:
(denkt Durchschnittlich 18 bis 19 Halbzüge voraus).

Kein Mensch kann das in vernünftiger Qualität. Ich glaube es ist eher so: Carlsen sieht durchschnittlich 5...7 Halbzüge voraus, aber bewertet besser. Was leider nicht reicht um Engines die weniger gut bewerten, aber 12+ Halbzüge vorausrechnen, im Zaume zu halten.

Das mit den 100 Elo pro Ply ist auch nur so ein Daumenwert der davon abhängt, auf welcher Rechentiefe das stattfindet. In den 20er-Rechentiefen hat sich die Theorie der "diminishing returns" noch nicht bestätigt, aber irgendwo bei 30+ sollte Schluß sein.
Parent - - By Mythbuster Date 2013-09-07 10:22
Hallo,
grundsätzlich gab es zwei Theorien:

1. Ein zusätzlicher Halbzug (Brute Force) bringt 200 Elo Punkte. Da heute alle Programme sehr selektiv vorgehen, kann man hier nur vermuten, wie sich die Tiefenberechnungen auswirken.

2. Eine Verdoppelung der Rechenzeit bringt 70 Elo Punkte. Aber: Mittlerweile gilt bei den Schachcomputern diese Regel nicht mehr ... und auch nicht bei den Programmen. Es gibt eine "Basis", die sich bis zu einem gewissen Punkt steigern lässt.

Das lässt sich leicht nachweisen. Der alte Mephisto Glasgow (Weltmeister 1984) läuft unter dem Revelation deutlich schneller (ca. Faktor 5) ... hier bemerkt man in der Tat eine deutliche Verbesserung. Aber: Wenn man die Kiste in der MESS Emulation auf dem PC um den Faktor 100 beschleunigt, spielt er kaum stärker als auf dem Revelation.

Warum? Ganz einfach: Weil das Wissen die Basis ist. Wenn das Programm (aus den falschen Gründen) von einem Zug überzeugt ist, wird es ihn ausspielen, auch nach Stunden. Insofern steigert die Rechenzeit die Spielstärke ... aber nur bis zu den Grenzen, die das Wissen des Programmes vorgibt.

Wie sagten die Schöpfer des Mephisto III Jahre später, als sie das Programm auf sauteurer Hardware laufen liefen: Es macht die gleichen Fehler, nur wesentlich schneller.
Parent - - By Michael Scheidl Date 2013-09-07 11:11
Dieses Zitat ist legendär.

Aber warum der Glasgow mit Faktor 100 nicht wesentlich stärker spielt als mit Faktor 5, könnte m.E. nicht nur am - nach heutigen Maßstäben - geringen Wissen liegen, sondern vielmehr am großen Branchingfaktor.

(Wer mathematisch auf der Höhe ist möge das bitte ausrechnen Die alten Programme hatten einen B.F. von rund 5...6.)
Parent - By Stefan Pohl Date 2013-09-11 13:59
[quote="Michael Scheidl"]
Dieses Zitat ist legendär.

Aber warum der Glasgow mit Faktor 100 nicht wesentlich stärker spielt als mit Faktor 5, könnte m.E. nicht nur am - nach heutigen Maßstäben - geringen Wissen liegen, sondern vielmehr am großen Branchingfaktor.

(Wer mathematisch auf der Höhe ist möge das bitte ausrechnen Die alten Programme hatten einen B.F. von rund 5...6.)
[/quote]

Stimmt. Genau genommen würde ich sogar soweit gehen zu sagen, daß der Mephisto 3 gar kein Schachprogramm war, sonder eher der (komplett gescheiterte) Versuch, einen menschlichen Schachspieler zu emulieren. Von daher sollte man Ergebnisse des Mephisto 3 /Glasgow keinesfalls auf andere, "echte" Schachprogramme übertragen.
Seinerzeit wurde ja auch von einigen phantasiert, daß der Mephisto 3 nur viel, viel schneller laufen müßte, um alle anderen Programm zu besiegen. Ich habe die Glasgow-Emulation auch mal bei mir laufen lassen (war auch etwa Faktor 100 schneller) und ein paar Partien gegen den 8-bitter Milano (schafft auch nur 500 Knoten/Sekunde, es war keine Emu, sondern das Gerät selber!) spielen lassen. Das war für den Emu-Glasgow ein totales Desaster, nach dem üblichen Mephisto 3-Schema: Schöner positioneller Aufbau einer vielversprechenden Stellung, ein kastastrophaler taktischer Aussetzer, Partieverlust. Alles wie beim nicht emulierten Original. Nur auf etwas höherem Niveau.

Stefan
Parent - By Alexander S. Date 2013-09-10 21:22
Also ich würde, um das zu bewerten einfach auf die Suchtiefe schauen.

Bei mir hat Houdini nach:

1 Sekunde:  19/32
5 Sekunden: 21/40
30 Sekunden: 23/59
3 Minuten: 25/59

Nehmen wir Mal die 3 Minuten als 100% an, da das wohl am ehesten die Bedenkzeit pro Zug in einem Spiel mit langen Zeitkontrollen entspricht.

Wenn ich jetzt die Werte mittle und dann Vergleiche dann ergibt sich:
3 Minuten: 100%
30 Sekunden: 97.6%
5 Sekunden: 72.6%
1 Sekunde: 60%

Das exponentielle Wachstum des Suchbaums sorgt eben dafür, dass bereits in der ersten Sekunde mehr als die Hälfte der Suchtiefe erreicht ist, die nach einem 180fachen der Zeit erreicht wird.
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