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Up Topic Hauptforen / CSS-Forum / GM Lothar Schmid gestorben
- - By Kurt Utzinger Date 2013-05-19 16:45
Ein Nachruf zu diesem bekannten GM und Menschen, von dem ich stets
nur gute Dinge gelesen habe, findet man bei ChessBase unter
http://www.chessbase.com/Home/TabId/211/PostId/4009866/lothar-schmid-19282013-190513.aspx
Mfg
Kurt
Parent - By Olaf Jenkner Date 2013-05-19 20:39
Ich habe nicht nur gute Dinge gelesen.
Fragt mal in Radebeul nach.
Parent - - By Ingo Althöfer Date 2013-05-21 18:37
Ich habe Lothar Schmid sehr geschätzt.
Seine wohl grösste Tat für die Schachwelt war der Reflex zu Beginn
der dritten Partie zwischen Spasski und Fischer 1972 in Reykjavik.
Spasski führte mit 2-0, und es gab jede Menge Hickhack
und Verfahrensfragen zwischen den Kombattanten. Irgendwann
reichte es Schmid. Er drückte die beiden einfach in ihre Spielsessel,
sagte nur "play" und startete die Uhr von Spasski, der Weiss hatte.

Und die beiden spielten tatsächlich:
1. d4 Sf6  2. c4 e6  3. Sf3 c5  ...

Ein kleinkarierter Schiedsrichter hätte an der Stelle das Match
scheitern lassen können.

Ingo Althöfer.
Parent - - By Thomas Müller Date 2013-05-21 20:01
Ja, die zwei hatte er im Griff !
und er war nicht "nur" Schach-GM usw.

http://web.de/magazine/unterhaltung/kultur/17450088-verleger-lothar-schmid-gestorben.html

gruß
thomas
Parent - - By Ingo Althöfer Date 2013-05-21 20:22
[quote="Thomas Müller"]
... und er war nicht "nur" Schach-GM ...
[/quote]

Als Karl-May-Verleger hatte es Lothar Schmid nicht immer leicht.
Seinen ganzen Scharfsinn setzte er in den Jahren nach 1982 ein:
Karl May war 1912 gestorben, und deutsches Urheberrecht schützt Werke
nur bis 70 Jahre nach dem Tod des Schreibers.

Also durfte ab 1982 jedermann die Karl-May-Romane selbst nachdrucken und
damit Geld verdienen. Das war natürlich ein grosses ökonomisches Problem
für den monothematischen Karl-May-Verlag. Doch Lothar Schmid zerrte
etliche der Nachdrucker vor Gericht: dabei war den Leuten zuerst überhaupt
nicht klar, was dieser komische Kauz wollte. May war doch 70 Jahre tot,
und das Urheberrecht sagte ...

Aber: Die Leute hatten nicht die Original-Karl-May-Texte gedruckt, sondern
die Bearbeitungen des Karl-May-Verlages. Und wegen der Bearbeitungen
(die oft einen beachtlichen Umfang hatten) war auch der Bearbeiter Miturheber -
und damit die 70 Jahre noch nicht abgelaufen. Da hatten also etliche Leute
heftige Mengen an Lehrgeld bezahlt.

Ingo Althöfer.
Parent - By Olaf Jenkner Date 2013-05-21 21:18
ist aber schon komisch:
Zigtausende Fans lesen stark bearbeitete Fassungen, ohne es zu merken.
Wenn es nicht mal die Nachdrucker bemerkt haben ...

Ich kann mich gut erinnern, daß es spätestens 1983 Karl-May-Bücher in der DDR
gab. Vorher hieß es immer, der wäre "verboten" oder sonstwas. Keiner wußte
was Genaues.
Parent - - By Thorsten Czub Date 2013-05-21 21:19
So kann man es sicherlich auch durch die rosarote Brille beschönigen.
Der Kmv hat alle die die Originaltexte, nicht die bearbeiteten, nachdrucken wollten verklagt
Selbst die historisch kritische Ausgabe, und den Buchhandlungen verboten andere Editionen zu vertreiben.
Dabei hat der Kmv selber das Testament Mays missachtet und den letzten Willen nicht erfüllt. Km war immer
Gegen Bearbeitungen. Er wollte seine Bücher im Originaltext erscheinen sehen.
Der Kmv hat doch mit den Büchern mays nur Profit gemacht. Klarer fall von Ausbeutung.
Den Buchhandlungen wurde gesagt. Wenn ihr die Kmv Edition bei euch verkaufen wollt, dürft ihr keine
Anderen Editionen anbieten. Sonst beliefern wir euch nicht mehr.
Parent - - By Ingo Althöfer Date 2013-05-21 21:45
Hallo Thorsten,

[quote="Thorsten Czub"]
...Der Kmv hat alle die die Originaltexte, nicht die bearbeiteten, nachdrucken wollten verklagt


Interessant. Wo finde ich Belege für diese Aussage?

Zitat:

Der Kmv hat doch mit den Büchern mays nur Profit gemacht.
Klarer fall von Ausbeutung.


Seit ich selbst auch (kleiner) Verleger bin, habe ich Hochachtung vor
anderen, erfolgreichen Verlegern.
Bücher (oder Spiele) zu schreiben (bzw. zu erfinden) ist anstrengend,
aber auch befriedigend. Bücher oder Spiele zu verkaufen ist Knochenarbeit.

Zitat:

Den Buchhandlungen wurde gesagt. Wenn ihr die Kmv Edition bei euch verkaufen wollt, dürft ihr keine
Anderen Editionen anbieten. Sonst beliefern wir euch nicht mehr.


Auch interessant. Wo finde ich Belege dafür? (Es reicht, wenn Du mir
zwei Buchhändler benennst, die so unter Druck gesetzt wurden.)

Ingo.
Parent - By Michael Scheidl Date 2013-05-21 22:37
Die Zeit der einwandfreien Idole und der sauberen Westen ist längst vorbei - falls es sie je gab oder vielleicht immer schon nur Illusion war.
Parent - - By Thorsten Czub Date 2013-05-22 18:25 Edited 2013-05-22 18:56
Zitat:
"Ich habe Korrekturen und Kürzungen nie geduldet. Der Leser soll mich so kennen lernen, wie ich bin, mit allen Fehlern und Schwächen, nicht aber wie der Redakteur mich zustutzt." [Mein Leben und Streben, Freiburg (1910), S. 234.


[quote="Ingo Althöfer"]
Hallo Thorsten,

[quote="Thorsten Czub"]
...Der Kmv hat alle die die Originaltexte, nicht die bearbeiteten, nachdrucken wollten verklagt


Interessant. Wo finde ich Belege für diese Aussage?


im internet.
Oder in meinem Buecherregal. ich bin aber zu faul die Buecher durchzugehen.
Der KMV hat alle verklagt die May Editionen herausbringen wollten.
Wer bei 3 nicht auf dem Baum war wurde verklagt.
Dabei hat der KMV Mays Werk als Blaupause verstanden in welchem er nach BELIEBEN
Texte verändern durfte. Da wurden Satzbau, Orthographie, Fremdwörter entfernt, gekuerzt, Handlungen umgestellt,
andere eingefuegt. Buchtitel verändert. Eine cut+paste Orgie der ganz besonderen Art.
Da wurden ideologisch immer Sachen herausgestrichen. Das ganze "Werk" wurde vereinheitlicht. Alles schön und gut. Nur das durfte der KMV ja gar nicht. So wie die Fleischindustrie heute aus Fleisch Lebensmittel der besonderen Art herstellt, die nur noch wenig mit
echtem Fleisch zu tun hat, hat der KMV May als seine Verwurstungsgrundlage genommen.

nachdem die 50 Jahre vorbei waren hätten alle (die es gewollt hätten) original May  Buecher nachdrucken können.
Hat sich aber kaum noch einer getraut nachdem der KMV alle in Grund und Boden verklagt und abgemahnt hat.
Erinnert mich sehr an die Geschichte des Computerschachs, wo da eine Schachdatenbank Firma ihr Monopol auf Schachdaten
und Software dafuer durchsetzte, mit vielen juristischen Winkelzuegen und abmahnwellen.

Diese "Vorgänge" des KMV sind ueberall in der Szene bekannt.

Siehe:
http://karl-may-wiki.de/index.php/Bearbeitung

Zitat:
Schon bald nach Karl Mays Tod begann sein Verleger Euchar Albrecht Schmid damit, Mays Werke zu bearbeiten / bearbeiten zu lassen.
[..]
Ein weiteres (wesentliches) Ziel der Bearbeitungen war es, den Werken ein gleichmäßiges Erscheinungsbild zu geben, sowohl äußerlich als auch inhaltlich. So wurden z.B. alle Jugendromane durchweg gekürzt, um sie dem Format der gesammelten Reiseerzählungen anzupassen.

In der Werkausgabe wurden der Änderungen immer mehr. Sie sollten Anachronismen in Mays Werk korrigieren oder waren stilistischer Art: Mays Satzbau wurde geändert, und sein äußerst häufiger Gebrauch von aus dem Französischen stammenden Fremdwörtern gemildert. Vermeintliche oder tatsächliche Inkonsistenz in Mays Erzähluniversum (leben Dick Stone und Will Parker oder sind sie nun tot?) wurden ausgeglichen und Figuren ausgetauscht, um Mays unbesorgter Art, ständig neues Personal als altbekannte Freunde einzuführen, entgegenzuwirken. Die Kolportage-typisch äußerst verwickelten Erzählstränge der "Münchmeyer-Romane" wurden entwirrt. Die Unzahl May'scher Kolportagehelden wurde dezimiert, indem auch schon mal einer gänzlich aus der Geschichte geschrieben und seine Taten anderen Helden zugeteilt wurden. Gerne wurden die Kolportagegeschichten auch dem Publikum mit altbekannten Helden aus Mays Old-Shatterhand-Kara-Ben-Nemsi-Universum anstelle der ursprünglichen Besetzung präsentiert.

Nicht abgeschlossene Geschichten wurden unter Mays Namen zu Ende geschrieben.


Die letzten Sätze bitte mal im Mund zergehen lassen.

Zitat:
Arno Schmidt hat als einer der ersten diese Bearbeitungen systematisch aufgedeckt und an den Pranger gestellt. Mit dem Erlöschen des Urheberrechts an Mays Schriften sind die Originale dem breiten Publikum wieder zugänglich geworden. Auch der Karl-May-Verlag hat einige der weitgehenden Bearbeitungen wenigstens teilweise wieder zurückgenommen; er spricht dann von sog. "Rückbearbeitungen".

Heute noch lösen die Stichworte "Bearbeitung" und "Rückbearbeitung" unter Karl-May-Fans lebhafte Diskussionen aus.


dazu mal lesen:
    Jürgen Wehnert: Zur abenteuerlichen Textgeschichte Karl Mays. In: Helmut Schmiedt (Hrsg.): Karl May. suhrkamp taschenbuch materialien 1983.
    Hans Wollschläger: Die Befreiung von der Weitschweifigkeit. In: Karl May - eine philologische Streitschrift. Greno Verlag Nördlingen 1988.
    Hainer Plaul: Zum juristischen Aspekt der Bearbeitung literarischer Texte Karl Mays. In: Karl-May-Haus Information Nr. 871995, S. 10-14.

auch sehr ergiebig:
http://www.karl-may-gesellschaft.de/index.php

Zitat:
Nachdem ich die ersten Hundert "Original-Seiten" gelesen hatte, griff ich zur Bearbeitung "Der Derwisch" und war ziemlich entsetzt. Hier wurden praktisch alle Sätze massiv gekuerzt, als könne man dem Leser keine verschachtelten Nebensätze zumuten, Fremdworte allesamt entfernt, kurz: die Sprache sehr vereinfacht, um es gelinde auszudruecken.

Und, Werner, die Sprache Karl Mays bedarf keiner Modernisierung. Karl May schrieb sehr modern. Im Gegenteil: Erst die Bearbeitung macht aus der "karrierten" Kleidung Sir Lindsays eine "gewürfelte".

Noch schlimmer der Band "Allah il Allah", dessen Inhalt auch aus "Deutsche Helden ..." entnommen wurde: Eine Hauptperson wurde kurzerhand zu "Kara Ben Nemsi" umfunktioniert, alles in eine Ich-Erzaehlung umgewandelt und Hadschi Halef Omar hinzugedichtet. Ein auftretender Indiander wurde zu Winnetou usw.

Es gibt nur eine Erklärung fuer das alles: Der KMV wollte den ursprünglichen Roman zu "Jugendbüchern" umfunktionieren. Die Kinder und Jugendlichen sollten eine einfache Sprache vorgesetzt bekommen und vor allem sollten ihre "Lieblinge" Kara Ben Nemsi, Halef, Sir Lindsay, Old Firehand usw. auftreten, die es im ursprünglichen Roman natürlich alle nicht gibt.


Karl Mays Buecher wurden Vermanscht.

Zitat:
Ab und zu lese ich vergleichend die Bamberger "Originalausgaben" und die Haffmans-Ausgaben und muss immer wieder feststellen, dass im allgemeinen keine zwei Sätze übereinstimmen. Dazu sind meist Namen der Gestalten der Bücher verändert (, besonders bei den Münchmeyer-Romanen), ganz abgesehen davon, dass in vielen Fällen ganze Teile der jeweiligen Geschichte herausgenommen (z.B. Old Surehand, 2. Band, heute ist der eigentlich dritte Band der zweite und der ehemalige zweite wird extra verkauft = Kapitän Caiman), bzw. deutlich verändert worden sind (z.B. der Franzose der KM'schen "Juweleninsel" wird zum Deutschen). Ausserdem sind viele der neugeschriebenen Passagen ziemlich lächerlich, gelinde ausgedrückt (z.B. Bearbeitung der "Freuden und Leiden eines Vielgelesenen", aus denen "Old Shatterhand a.D." wurde, wobei die Änderung des Titels noch die harmloseste Änderung darstellt).

Sicher ist es jedem unbenommen, die Bearbeitungen lieber zu lesen. Nur ist es in diesem Fall so, dass die Bearbeitungen als die originalen Werke KM's verkauft werden und das sollte doch zumindest nachdenklich stimmen. Die Prozedur wäre vielleicht mit einer Bearbeitung von Goethes "Faust" zu vergleichen, bei der Faust vielleicht lieber Fuss oder so heisst, aus Gretchen ein Liesschen wird, sich "überflüssig lange" Scenen wie Fausts Monolog zu Beginn oder der Osterspaziergang auf höchstens die Hälfte ihrer ursprünglichen Länge reduzieren, dafür andere Dinge wie Gretchens Verzweiflungstat in allen Einzelheiten abgehandelt werden und schliesslich ein (echtes) happy end die Sache abrundet. Und warum die ganze Mühe?!? Weil jemand der Meinung ist, Goethe hat sich schlicht und einfach ein wenig verschrieben und sein weltweiter Erfolg wäre mit Hilfe einiger Korrekturen womöglich noch zu vergrössern. Nur leider darf sich der Korrektor nicht zu erkennen geben, da er ja nun den ganz echten, wahren Goethe geschaffen hat.


Zitat:
Die erfolgten Bearbeitungen lassen vielmehr Karl May selbst in einem Licht erscheinen, daß nicht richtig ist. Der moderne Leser eines überarbeiteten Karl-May-Buches glaubt regelmaessig, er lese ein Buch aus der Feder Karl Mays. Tatsaechlich jedoch ist es gar nicht mehr allein Mays Werk, sondern das Werk mehrerer Bearbeiter. So erfreulich es für das Lesevergnügen sein mag, daß Erzählungen ein sinnvolles Ende haben, frei von Logikfehlern sind und an heutigem Sprach- und Rechtsschreibgebrauch gemessen besser zu lesen sind als die ursprünglichen Texte - es sind nicht mehr die Texte Karl Mays. Der hat nunmal nicht so geschrieben, wie man heute, laese man nur Buecher aus dem KMV und entsprechende Lizenzausgaben, glauben koennte.

Noch viel schwerer wiegt, daß die Bearbeitungen seiner Werke schon vorgenommen wurden, als sie noch durch das Urheberrecht geschuetzt waren. Letztlich handelt es um einen rechtswidrigen Eingriff in ein Recht, das neben der Möglichkeit, eigenes Schaffen in bare Münze umzuwandeln, auch die Persönlichkeit des Urhebers schützt.


Zitat:
also literaturwissenschaftlich interessiert bin ich an Mays Werken nicht im geringsten, ich lese sie, weil es mir Spaß macht.
Trotzdem war ich vor mehreren Jahren regelrecht entsetzt darüber, als ich bei Christian Heermann ("Der Mann, der Old Shatterhand war - Eine Karl-May-Biographie."- 1988, S. 18 ff.)  las, wie stark entstellt die Texte teilweise sind. Ich halte dies für ein grundsätzliches Problem, denn wenn May draufsteht sollte auch May drin sein. Es mag ja sein, daß sich der eine oder andere Band des KMV besser lesen läßt seitdem er bearbeitet wurde, aber ich fühle mich durch diese Manipulationen um meine Begegnungen mit Karl May betrogen. Wenn Originaltexte schon verändert werden, erwarte ich wenigstens den Hinweis: ".. bearbeitet von XY ..", damit man selbst entscheiden kann, ob man dies akzeptieren kann oder nicht. Für mich jedenfalls ist klar, daß ich einen möglichst großen Bogen um KMV-Bände mache.


Zitat:
ich bin absoluter Gegner der Bearbeitungen, die vor allem als solche nicht mal gekennzeichnet sind. Vor allem frage ich mich, warum überhaupt Bearbeitungen??? Nur weil ein paar Leute meinten/meinen, KM hätte seine Bücher anders schreiben sollen? Und weil sie meinten/meinen, damit dem so gern zitierten "Millionenpublikum" aus dem Herzen gesprochen, bzw. geschrieben zu haben? Hätte dieses Millionenpublikum nicht vielleicht selber entscheiden können, ob ihm KM-Bücher, wie KM sie geschrieben hat, gefällt? Wenn ich mich nicht ganz irre, wird niemand gezwungen KM zu lesen. Wenn ich manchmal so vergleichend lese (ich bin in der glücklichen Lage, fünf ganz echte KM's zu besitzen, die zu seinen Lebzeiten herausgekommen sind), finde ich meist keine zwei aufeinanderfolgenden Sätze mit identischem Wortlaut. Wirkt manchmal so, als hätte jemand abgeschrieben und damit's nicht gleich so auffällt, die Sätze umgestellt, aber auch ganze Passagen umgeschrieben und die Namen der handelnden Personen verändert. Leider hat diese Umschreiberei viele Textstellen deutlich verflacht. Als ziemlich extremes Beispiel fällt mir da spontan "Freuden und Leiden eines Vielgelesenen" ein. Schon der KMV-Titel "Old Shatterhand a.D." ist, gelinde gesagt, ziemlich blöde und es wird noch schlimmer (s. KM-Rabe, Haffmanns). Für mich auch auffallend an den Bearbeitungen ist die Tendenz zu einer "Entpazifizierung" und der Versuch, Winnetou zu einer recht abgehobenen Person zu machen. In den Originalen erscheint er mir immer viel 'normaler'.


Zitat:
Zu den vielen bemerkenswerten Eigenschaften des Karl-May-Verlages gehört es auch, daß er als recht prozeßfreudig bezeichnet wird, wenn es darum geht, tatsächliche oder vermeintliche Beeinträchtigungen seiner Interessen zu unterbinden. In der Sekundärliteratur der letzten Jahrzehnte finden sich regelmäßige Hinweise auf juristische Schritte, die der Karl-May-Verlag gegen Konkurrenten, Kritiker und Gegner eingeleitet hatte. Deshalb schreibt erst jüngst der SPIEGEL in seiner Ausgabe vom Nr. 18 vom 1.5.1995 S. 140:

    "Der Karl-May-Verlag ... bekämpft mit einzigartiger Streitlust jeden anderen, der sich auch an Karl May vergreifen will. ... Mit Inbrunst und unvergleichlicher Prozeßlust wirft sich der Karl-May-Verlag vor die Werke seines Autors."


siehe dazu:
http://www.karl-may-gesellschaft.de/kmg/pinnwand/prozess.htm

Zitat:

Den Buchhandlungen wurde gesagt. Wenn ihr die Kmv Edition bei euch verkaufen wollt, dürft ihr keine
Anderen Editionen anbieten. Sonst beliefern wir euch nicht mehr.


Zitat:

Auch interessant. Wo finde ich Belege dafür? (Es reicht, wenn Du mir
zwei Buchhändler benennst, die so unter Druck gesetzt wurden.)

Ingo.


ich habe die Buchhandlungen damals konkret be/gefragt.
Sie haben mir dazu dann Auskunft gegeben.
Es war ja auch sehr merkwuerdig das es in den Buchhandlungen immer nur KMV Bände gab und keine
Nachdrucke anderer Art.

Die Textforscher haben dann endlich den letzten Willen Karl Mays umgesetzt und eine historisch kritische Karl May Ausgabe herausgebracht.
Und natuerlich hat der Karl May Verlag auch DAGEGEN geschossen.

http://www.karl-mays-werke.de/
Zitat:
Die 1987 im Verlag von Franz Greno, Nördlingen, begonnene, kurzzeitig bei Haffmans in Zürich fortgeführte, von 1993 bis 2007 im Bücherhaus Bargfeld verlegte historisch-kritische Ausgabe, wird jetzt von der Karl-May-Gesellschaft herausgegeben. Die Edition »Karl Mays Werke« will erstmals einem breiten Publikum verlässliche und in ihrer Entstehung durchschaubare Texte aller Schriften Karl Mays zugänglich machen. Sie greift, je nach Überlieferungslage, auf Manuskripte, Erstdrucke, autorisierte Nachdrucke und Ausgaben letzter Hand zurück. Zu jedem Werk, bei mehrbändigen Werken im jeweils letzten Band, erscheint ein Editorischer Bericht, der alles Wissenswerte über Herkunft und Entstehung der Texte mitteilt: die Prinzipien der Textgestaltung, ein Verzeichnis der Konjekturen und außerdem, wo der Autor sein Werk selbst überarbeitet hat, eine Dokumentation der Varianten. In einer Supplement-Reihe erscheinen ausgewählte Faksimile-Ausgaben wichtiger Handschriften, seltener Drucke und anderer Materialien zu Werk und Wirkung Karl Mays.


Die Karl May Stiftung versucht Karl Mays Testament umzusetzen. Die Erlöse seiner Buecher sollten fuer angehende Schriftsteller genutzt werden. Das war sein wille. er - der zeit seines lebens an nahrung, liebe und bildung einen mangel hatte, wollte das andere schriftsteller so nicht enden sollten. Der KMV hat aber dieses Testament ignoriert.

http://www.karl-may-gesellschaft.de/kmg/seklit/m-kmg/100/index.htm

Seite 8 folgende...
Parent - - By Ingo Althöfer Date 2013-05-22 18:58
Hallo Thorsten,

danke für die ausführliche Antwort. Alles habe ich auf die Schnelle
noch nicht verdaut. Durch Deine Hinweise bin ich aber auf das
Spiegel-Heft vom Mai 1995 gestossen:

http://www.spiegel.de/spiegel/print/index-1995-18.html

Da war Karl-May das Titelthema (geschrieben von Rudolf "Shatterhand"
Augstein höchstpersönlich).

Und es gab auch einen eigenen Artikel zu Schmids Karl-May-Verlag:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-9183185.html

Ich kann zwar auf die Schnelle nicht erkennen, ob alles in dem Artikel stimmt.
Aber jetzt verstehe ich immerhin, warum Leute dem Verleger Lothar Schmid
kritisch gegenüberstehen.

Ingo.
Parent - - By Thorsten Czub Date 2013-05-22 21:38
hallo,
ja der "terrier" Artikel zeigt: der KMV hat nicht (nur) Verlage prozessiert die die Bearbeitungen "klauen" wollten ,
er hat vor allem erfolgreich Verlage verklagt und am veröffentlichen gehindert die die copyrightfreien ORIGINALTEXTE
publizieren wollten. Eigentlich hätte es KEINE RECHTLICHE Grundlage gegeben. Aber die Verlage sahen sich durch die
Prozessorgien eingeschuechtert. David gegen Goliath. Wenn schon Bertelsmann aufgibt...

Zitat:
"Es gibt keinen Autor", zürnt der Zürcher Verleger Gerd Haffmans, "dem so übel mitgespielt wurde."

Mit Abscheu beobachten Verleger und Karl-May-Experten seit langem das Bamberger Treiben. Es sei ein einmaliger Skandal in der Publikationsgeschichte, meint Heiner Taubert vom Kölner Parkland Verlag, "daß ein so vielgelesener Autor von seinem Verleger so gründlich verfälscht wurde".

Doch gerade die Bearbeitung begründete über Jahrzehnte das Bamberger Monopol: Die eigenen Textfassungen hat der Karl-May-Verlag urheberrechtlich schützen lassen - der originale Karl May ist seit 1962 gemeinfrei, das heißt: für jedermann verwertbar.

Nur - wer es je versuchte, hatte die Anwälte der Bamberger am Hals. Mit Inbrunst und unvergleichlicher Prozeßlust wirft sich der Karl-May-Verlag vor die Werke seines Autors.

Verleger, Film- und Hörspielproduzenten, die sich aus dem Bamberger Nachlaß bedienen wollen, müssen Tantieme zahlen. Kaum eine Devotionalie kommt ohne den Zugriff der Schmids in den Handel. Der Verlag ließ sich die Namen Karl May, Winnetou und Old Shatterhand einfach als Warenzeichen eintragen.

Mit enormem juristischem Gerassel kommt der Karl-May-Verlag in der Regel ohne Klärung der Rechtslage ans Ziel. Die Drohung mit einstweiligen Verfügungen und teuren Prozessen macht die Verfolgten schnell gefügig.

Sogar Bertelsmann kniff. Vor 20 Jahren luchste der Karl-May-Verlag dem Bücher-Riesen die Zusage ab, nie wieder eine May-Edition herauszugeben. Dem Xenos-Verlag setzten die Schmids wegen Fotografien auf den Einbänden zu, die angeblich urheberrechtliche Ansprüche verletzten. Xenos zahlte die geforderte Tantieme und verramschte kurz darauf seine Restauflage.

Der Zürcher Haffmans Verlag stellte seine 99bändige historisch-kritische Ausgabe mit Mays Originaltexten auf den juristischen Beschuß der Bamberger hin wieder ein. "Die versuchen, jeden wegzubeißen", sagt Haffmans genervt. "Ich lasse mich nicht zerfleischen."

"Wie ein Terrier begleiten sie jede Werbeaktion", so Taubert vom Parkland Verlag. Als "Hauptwerk" Karl Mays hat Parkland seine 33bändige Ausgabe beworben. Prompt schnappte der Karl-May-Verlag zu: Nach seiner Auffassung sei die Bezeichnung unzulässig.

"Für einen kleinen Verlag ist es ein ungeheures Risiko, sich an Karl May heranzuwagen", sagt Taubert. Schon mehrmals gab Parkland nach, um die Auslieferung seiner Auflage nicht zu gefährden; zum Beispiel zahlte er 30 000 Mark für die Verwendung des angeblich geschützten Titels "Durch die Wüste".

Aber kein Monopol hält ewig. Das Publikum schmökert immer lieber in den alternativen Ausgaben. In den neuen Bundesländern etwa hat es der Karl-May-Verlag schwer, seine grünen neben den Bänden des Ostverlags Neues Leben zu behaupten.

Über 30 000mal hat Parkland in drei Jahren seine Billigausgabe mit dem echten Karl May verkauft - für den Bamberger Verlag Grund genug, den unliebsamen Konkurrenten zäh zu verfolgen.

Der Klein-Verleger will sich nun nicht mehr in die Knie zwingen lassen. "Diesmal werden wir nicht zahlen", verkündet Taubert mit dem Mut des echten Westmannes. "Wir geben nicht nach."


Ich möchte aber klarstellen das ich nichts gegen Schmid persönlich habe. Er ist nur der Sohn seines Vaters. Er ist nur ein Rädchen im System.
Er muss mit dem KMV Profit machen.
Allerdings fuer May ist der KMV Fluch und Segen zugleich.
Durch die Vermarktung mit bearbeiteten Werken wurde Mays werk mainstreamig. Allerdings verlor es auch viel.
Die Bearbeitungen waren / sind SO GRAVIEREND, das der Autor nur noch ein Schatten seiner selbst ist. Man AHNT May nur noch.
Er ist in den Bänden des KMV nur noch ein Abklatsch, ein Geschmack . Ein geschuetzter Begriff.
Wer den richtigen Karl May lesen möchte, sollte einmal die historisch-kritische Ausgabe (z.B. des Lieblingsbuches) kaufen und dann beide Buecher, die des KMV und die historisch-kritische parallellesen. Dann merkt man es. Ich hatte als Jugendlicher meine erste Begegnung mit May. Allerdings das Glueck SOFORT den originalen may zu lesen, nicht den Umweg ueber die Ausgaben des KMV.
Und ich war total irritiert. Das sollte ein Jugendschriftsteller sein ??? Wie das denn ?
Also ging ich zu meinem Deutschlehrer, der alle Vorurteile drauf hatte, zu karl may. Aber er begriff gar nicht das er selber die KMV Ausgaben gelesen hatte und ich die Originale. Ich wurde mitglied in der KMGesellschaft und lernte viele spannende Leute kennen.
Und dort verstand ich dann das die Menschen unter Karl May jeweils was ganz anderes verstehen, je nachdem welche Buecher, original oder Bearbeitung, sie gelesen hatten. Und manche kennen ja sogar nur die Filme oder Hörspiele. Das ist ja nochmals weniger als die Buecher.
Mich hat vor allem das Spätwerk und die Biographie, also das Leben Mays selber fasziniert. denn das ist fast spannender nachzulesen als Buecher von May. May war der letzte "geborene Verbrecher". Er hat 12 Jahre lang prozessiert !
Man kann sagen er ist an diesen Prozessen gestorben. Aber am Ende, da siegte er.
Er starb mit dem Triumph des Sieges.

Hätte er gewusst was seine Frau und der KMV nach seinem Tod mit seinen Werken anstellt, ich bin sicher der Sieg wäre ihm gar nicht gut bekommen.
Ich war sehr darueber irritiert (und auch enttäuscht) das meine Deutschlehrer lieber Vorurteile tradierten als sich die Fakten anzuschauen. Man muss die Buecher ja nur nebeneinanderlegen. Egal.
Bertha von Suttner und May waren Pazifisten. Im Spätwerk geht es Karl May um den Frieden auf Erden. Karl May - also Old Shatterhand/Kara Ben Nemsi legt die Waffen nieder.
Das Spätwerk ist unglaublich.
Am Jenseits. Ardistan und Dschinnistan. Et in terra pax. Der Silberlöwe Band 3+4. Winnetou IV, Weihnacht. Mein Leben und Streben. Das sind unglaubliche Buecher.

Die Buecher in der historisch kritischen Ausgabe (so sie denn schon erschienen sind) sind wunderschön. weil sie den autor im original abbilden und ich nicht texte lese die May gar nicht geschrieben hat.
Man will ja nicht texte von IRGENDWEM lesen. Deswegen kauft man ja May, damit MAY drin ist und nicht FREI NACH May.
Parent - - By Ingo Althöfer Date 2013-05-23 05:50
Hallo Torsten,

nur zwei Anmerkungen:

Zitat:

der "terrier" Artikel zeigt: ...


Weil etwas im Spiegel steht/stand, muss es noch nicht wahr sein.

**********************

In meinen Augen war Karl May ein Mensch mit einer (im positiven Sinn)
spannenden Phantasie. Eine begnadeter Schreiber war er aber nicht.
Es war gut, dass andere Leute mit mehr Sprachgefühl seine Geschichten
geglättet haben.

Ingo.
Parent - By Thorsten Czub Date 2013-05-23 19:40
dann sollen sie ihre Namen auf das Buch draufschreiben und nicht nur Mays namen. Denn die Buecher haben dann ja einen anderen Autor.

Wenn ich Goethe oder Jack London oder Lessing kaufe, will ich das auch drin haben im Buch.
Ich bezweifle das es andere gibt die sich erdreisten duerften autoren "zu glätten".
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