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Up Topic Hauptforen / CSS-Forum / Computerschach vs. Fernschach vs. GM-Analyse
- - By Dieter Kraft Date 2013-05-14 10:43
Verehrte Forumsteilnehmer,

Im Zusammenhang mit dem Houdart-Interview und seinen Testmethoden
(100.000 Partien/Tag auf 16- und 32-Kernern) möchte ich gerne etwas
Klarheit in Zusammenhang mit dem o.a. Betreff gewinnen.

Vorbemerkung:
Ich war in meiner Jugendzeit (16-20 Jahre alt ca. 1954-1960) ein passabler
NS-Spieler und habe dann berufs- und familienbedingt für 50 Jahre keine
Figur mehr berührt, bis ich vor ca. 7 Jahren nach der Pensionierung zum
FS fand und dort die Ochsentour bis zur ersten SIM-Norm machte.
Nebenbei in einer oberbayerischen Unterliga noch 5 Jahre Nahschach
mit DWZ 1800, was bedeutet, dass ich vom Schach nur wenig verstehe.

Fragen:

a) Was ist der Reiz des Computerschachs? Mein Verständnis: Computerschächler
spielen nicht gegen den Computer, sondern lassen (auf starker (?!) Hardware)
engines gegen engines spielen. Nochmals: Was ist dabei der Reiz?
Für mich gar keiner, außer dass ich als FSchächler von den Verbesserungen
der engines, die durch diese Turniere erzielt werden (Verbesserung der
merit function durch den Entwickler, Feintuning der Optionen durch die
Anwender) verbesserte Analysewerkzeuge erhalte.
Oder ist meine Frage falsch gestellt?

b) Im FS ist die Remistendenz selbst bei stark unterschiedlicher ELO-Ziffer
(z.B. 2400 vs 2500, oder 2100 vs 2300) eher größer als 90%. Trotzdem
werden gelegentlich Gewinne erzielt durch weit vorausschauende "Führung
der engines" durch den Menschen. Z.B. kann sich der Wert der merit function
(Bewertungsfunktion für Nicht-Optimierer) erst nach 6 oder mehr Zügen
gegenüber der Ausgangsstellung verändern. Diese menschliche Führung,
bei der m.E. das Schachverständnis des Analysierenden eine überragende
Rolle spielt, macht für mich den Reiz des FS aus. Dabei kommt es gar nicht
darauf an, ob man das in einem Tag (als Pensionär) oder in 20 Tagen (als
Berufstätiger) schafft, wobei turniertaktische  Gesichtspunkte
eher eine übergeordnete Rolle spielen. Klar ist aber, dass das nicht im
Nanosekundenbereich passiert.

c) Meines Wissens spielen die engines in der GM-Analyse vor der Partie
(Eröffnungsvorbereitung unter Einbeziehung der Datenbanken) und nach
der Partie (wo ging etwas schief?) eine Rolle. Wenn man Turniere online
beobachtet (z.B. gerade Norway 2013) läuft ja meisten schon Houdini 3
als Bewerter mit, und man kann nur staunen (gestern Karjakin-Carlsen),
dass die SuperGMs (fast) immer die engine-Vorschläge spielen (Schach-
Verständnis! und engine-Entwickler-Qualitäten!).

Mein Fazit:
FS-Spieler und GMs profitieren in großem Maße von den CS-Spielern.
Gibt es auch eine Rückkopplung von ersteren auf die letzteren?

Danke im Voraus für Eure Bemühungen, mir Klarheit zu verschaffen.

Herzliche Grüße
Dieter Kraft
Parent - - By Benno Hartwig Date 2013-05-15 09:45
[quote="Dieter Kraft"]Was ist dabei der Reiz?
Für mich gar keiner[/quote]Was erwartest du jetzt?
Lass es einfach dabei: Wer Spaß hat an solch einer Beschäftigung, der macht es.
Und andere lassen es. Und denen muss auch nicht erklärt werden, warum sie vielleicht ja doch eigentlich eventuell erwartungsgemäß 'Spaß'...


[quote="Dieter Kraft"]Wenn man Turniere online
beobachtet (z.B. gerade Norway 2013) läuft ja meisten schon Houdini 3
als Bewerter mit, und man kann nur staunen (gestern Karjakin-Carlsen),
dass die SuperGMs (fast) immer die engine-Vorschläge spielen (Schach-
Verständnis! und engine-Entwickler-Qualitäten!).[/quote]Immer? Oder wenigstens fast immer?
Und wie ist ihre Spielstärke im Vergleich z.B. zu H3?
Entweder dieses 'immer' haut nicht recht hin, oder die 'seltenen' Abweichungen entpuppen sich ggf. doch als spielentscheidende (Patzer?)Züge.

BTW:
Wenn Super-GM-Partien von einem Landesligaspieler analysiert werden, was kommt dabei heraus?
Ist nicht ggf. der Anteil der der gleichen Zugvorschläge auch noch recht groß?

Benno
Parent - - By Dieter Kraft Date 2013-05-15 10:26
[quote="Benno Hartwig"]
[quote="Dieter Kraft"]Was ist dabei der Reiz?
Für mich gar keiner[/quote]Was erwartest du jetzt?
Lass es einfach dabei: Wer Spaß hat an solch einer Beschäftigung, der macht es.
Und andere lassen es. Und denen muss auch nicht erklärt werden, warum sie vielleicht ja doch eigentlich eventuell erwartungsgemäß 'Spaß'...

[/quote]
Meine Frage mochte provokativ klingen, aber eine etwas ausführlichere Antwort wäre hilfreich,
sonst stelle ich diese Frage in einem halben Jahr noch einmal. Dann habe ich vergessen, dass ich sie
schon einmal gestellt habe, und sie treibt mich immer noch um.

[quote="Benno Hartwig"]
[quote="Dieter Kraft"]Wenn man Turniere online
beobachtet (z.B. gerade Norway 2013) läuft ja meisten schon Houdini 3
als Bewerter mit, und man kann nur staunen (gestern Karjakin-Carlsen),
dass die SuperGMs (fast) immer die engine-Vorschläge spielen (Schach-
Verständnis! und engine-Entwickler-Qualitäten!).[/quote]Immer? Oder wenigstens fast immer?
Und wie ist ihre Spielstärke im Vergleich z.B. zu H3?
Entweder dieses 'immer' haut nicht recht hin, oder die 'seltenen' Abweichungen entpuppen sich ggf. doch als spielentscheidende (Patzer?)Züge.

BTW:
Wenn Super-GM-Partien von einem Landesligaspieler analysiert werden, was kommt dabei heraus?
Ist nicht ggf. der Anteil der der gleichen Zugvorschläge auch noch recht groß?

Benno
[/quote]
Danke, aber Landesligaspieler ist zuviel der Ehre.
Deshalb sind meine Aussagen zu GM-Analysen reine Spekulation,
und ich ziehe sie zurück.
Houdinis Bewertung wird ja auch schon nach wenigen Sekunden angezeigt,
nach denen die Suchtiefe nur eine erste grobe Abschätzung sein kann.

Beste Grüße
Dieter
Parent - - By Benno Hartwig Date 2013-05-15 11:22 Edited 2013-05-15 11:25
[quote="Dieter Kraft"]...aber eine etwas ausführlichere Antwort wäre hilfreich[/quote]OK, wobei jeder seine eigene Motivation hat.
Mein erstes Schachprogramm war Colossus-2 und -4 auf dem C64.
Und ich war fasziniert, dass sowas möglich ist. Und ich las da auch ein ausführlicheres Buch über die direkte Computerschachprogrammierung.
Und auch das erste Mal ein Schach-Lehrbuch (wollte verstehen, warum mich der Rechner immer wieder platt mach. Ja, auch der C64 schon )
Dann auf dem Atari-ST musste auch ein Schachprogramm her: psion (der C64 wurde ausrangiert)
Als ich auf die PC-Linie umschwenkte brauchte ich auch ein Programm: Fritz-1
Und als Windows wichtig wurde: Fritz-4
Einen Shredder, dessen relative Stärke ich einfach mal selbst bewundern wollte, erstand ich auch, aus ähnlichen Gründen dann auch Rybka und Houdini. Und die GUI wollte ich einfach auch.
Bislang wurden ja auch immer wieder Neuerungen in der Suche publiziert und diskutiert
Irgendwann begann mich Crafty, dann noch mehr Toga und heute Stockfish zu interessieren. Programme mit offenen Sourcen, die doch faszinierend weit vorn im jeweiligen Feld mithalten können/konnten. Und seit dem bin ich wieder mit Interesse dabei, verfolge die Entwicklung, diskutiere die Methoden, bastele meine ja sooo erfolgversprechenden Ideen in die offenen Sourcen, und habe bislang stets ernüchtert feststellen müssen, dass die Engine nicht stärker wurde.
Was solls. Das hat trotzdem Reiz, das mach Spaß. Auch so.
Und die Ehefrau hat sich an das bisweilen nächtlich durchlaufende Notebook gewöhnt.

Aber vermutlich hat hier jeder so seine eigenen Motivationsstory.

Angesichts deines Unverständnisses:
Sei dir sicher: es wird auch längst nicht jeder begreifen können, wieso ein Mensch sich stundenlang vor ein Brett voll Holzkötzchen setzen mag, um höchstangestrengt darüber nachzudenken, welches Klötzchen er nun gern ein kleines Stückchen verschieben möchte.

Benno
Parent - - By Andreas Aicher Date 2013-05-15 14:45
Hallo Benno,
also Deine Motivation ist klar verständlich, ruft schon fast Erinnerungen wach, bei mir hat es mit Atari 1040 ST angefangen und das erste CB Programm, damals hatte ich noch Zeit für Fernschach, war noch Schüler.
Danach mit den ersten PC`s und Genius, kann mich noch an den Ausspruch von Ossy Weiner, nicht jeder Fritz ist ein Genius, erinnern. 
Aber ich denke es ging um die Dieter eher um die Motivation Bulletpartien zu 100.000en zu spielen oder Bulletpartien am CB Server Houdini3 gegen Houdini3 (gehört irgendwie dazu), das ist auch mir nicht ganz verständlich.
CSS steht ja schon fast für Computer Statistik und Spiele
das mit den Brett und Holzklötzchen - ohne dem gäbe es natürlich auch kein Computerschach

mfG
Andreas
Parent - By Michael Scheidl Date 2013-05-15 15:12
Zitat:
CSS steht ja schon fast für Computer Statistik und Spiele

Diese Bandbreite müssen wir dringend wieder erweitern...
Parent - By Benno Hartwig Date 2013-05-16 05:51
[quote="Andreas Aicher"]das mit den Brett und Holzklötzchen - ohne dem gäbe es natürlich auch kein Computerschach[/quote]Klar.
Ich wollte nur zu bedenken geben: das was den einen so ungemein faszinieren kann, kann für den anderen vollommen langweilig sein.
Und intensive Beschäftigung mit Schach, darüber sind wir uns wohl klar, ist für so manchen anderen vollkommen unvorstellbar. "Wie kann man nur..."
Benno
Parent - - By Andreas Aicher Date 2013-05-15 11:28
Hallo Dieter,

zu a) der Sinn von Comp Matches wird sein, herauszufinden, welche Engine am stärksten gegen Seinesgleichen spielt. Da gibt es immer wieder Diskussionen hier im Forum über die Modalitäten ((Zeitkontrolle, Buch, Eröffnungsvorgaben, Auswahl der Engines (Stichwort Derivate und Clone) etc.)). Aber das ist eigentlich nebensächlich und unwichtig, jeder sieht es halt so, wie er es eben sieht
Ich selbst bevorzuge Ranglisten mit mind. 20 Min pro Partie und Enginematches, ab 60 Min. pro Partie, wie beim normalen Schach auch, Partien die man verfolgen und nachspielen kann ( wer schaut sich schon 100Tausende Blitzparten an, ist nur Statistik)
Ranglisten ab 20 min, weil man dabei am ehesten auf die Analysefähigkeit einer Engine schliessen kann, nebenbei wird der Eloabstand bei steigender BZ kleiner und die Remisbreite grösser.
Aber ich sehe eine Engine v.a. als Analysewerkzeug an und da ist es eben sehr informativ, dass es solche Enginematches gibt.

zu b) mit den ns nehme ich, dass Du die Aussage von Robert Houdart`s Testmethode meinst.
Das sind Betatests, jeder Programmierer und auch Betatester hat da abgestimmte Methoden, Robert hat starke Hardware und eben die Möglichkeiten sehr schnell sehr viele Partien spielen zu lassen, da sieht er dann schnell, ob sich eine Einstellung etc. pos oder neg auswirkt. Aber bei Betatests sind sehr kurze BZ üblich und sinnvoll.

zu c) das die mitlaufende Analyseengine die gleichen Züge vorschlägt, die dann tatsächlich in der Partie gespielt werden (wurden) war schon immer so, wenn Du zB Hiarcs, Shredder als Analyseengine zuschaltest und eine alte Meisterpartie zB von Em. Lasker, oder Tarrasch etc nachspielst, hast Du das selbe Phänomen, hat also nicht viel zu sagen, zumindest nicht

mfG
Andreas
Parent - - By Dieter Kraft Date 2013-05-15 15:18
Hallo Benno und Andreas,

danke für Eure überaus einfühlsamen Antworten.
In Abwandlung eines Trapatoni-Zitats: "Habe verstanden"
und verstehe nun auch. Und profitiere als Fernschächer
von Euren Arbeiten.

Noch eine Frage: Geht Ihr die offenen Quellen durch
oder betreibt Ihr bei den kommerziellen Maschinencodes
re-engineering? Wo finde ich zur Schachprogrammierung
gute Literatur. Ich selbst habe beruflich einige Optimierungs-
programme (mit (Un-)Gleichungen) als Nebenbedingungen
entworfen und codiert. Das war auf der Grundlage reeller
Zahlen, im Schach sind es ja sicher ganze Zahlen.

Nochmals herzlichen Dank und beste Grüße
Dieter
Parent - By Werner Mueller Date 2013-05-15 16:36
[quote="Dieter Kraft"]
Hallo Benno und Andreas,

danke für Eure überaus einfühlsamen Antworten.
In Abwandlung eines Trapatoni-Zitats: "Habe verstanden"
und verstehe nun auch. Und profitiere als Fernschächer
von Euren Arbeiten.

Noch eine Frage: Geht Ihr die offenen Quellen durch
oder betreibt Ihr bei den kommerziellen Maschinencodes
re-engineering? Wo finde ich zur Schachprogrammierung
gute Literatur. Ich selbst habe beruflich einige Optimierungs-
programme (mit (Un-)Gleichungen) als Nebenbedingungen
entworfen und codiert. Das war auf der Grundlage reeller
Zahlen, im Schach sind es ja sicher ganze Zahlen.

Nochmals herzlichen Dank und beste Grüße
Dieter
[/quote]Manche unter uns benutzen einfach einen HeX-Editor.
Nein, das war ein Insider-Joke und um bei Trappatoni zu bleiben - ich glaube Du hast noch nicht fertig: Programmierer sind hier eher rar gesät. 
Parent - By Ralf Mueller Date 2013-05-16 07:22
Also ich programmiere auch privat eine Schachengine und kann dazu nur das wiki: chessprogramming.wikispaces.org empfehlen.
Weiterhin findet man auf talkchess.com eine Menge von Anregungen und es gibt diverse Schritt-für-Schritt-Tutorials.

Eine weitere wichtige Quelle, wenn auch nicht alles auf dem aktuellen Stand, ist Ed Schröders "Inside Rebel": http://www.top-5000.nl/authors/rebel/chess840.htm
Parent - By Benno Hartwig Date 2013-05-16 08:42
[quote="Dieter Kraft"]Noch eine Frage: Geht Ihr die offenen Quellen durch oder betreibt Ihr bei den kommerziellen Maschinencodes re-engineering? [/quote]Neinneinnein. So ganz locker nebenbei kümmere ich zumindest mich darum. Und nur mit offene Sourcen.
Gerade damals Toga und jetzt Stockfish bieten dafür eine recht übersichtliche und gut modifizierbare Basis. Und ggf. tue ich Crafty hier durch Nichterwähnung unrecht.
Einfach mit Visual Studio Express und Arena als Tools, und anderen Engines als Vergleichsobjekten.
Turniere nur mit gekauften Engines veranstalte ich nicht. Ich bin aber sehr dankbar dafür, dass andere diese Arbeit übernehmen und ihre Ergebnisse veröffentlichen. Ich möchte halt schon wissen, wie die Engine einzustufen ist, mit der ich mich beschäftige, oder gegen die mein modifizierter Stockfisch gerade spielt.

[quote="Dieter Kraft"]Wo finde ich zur Schachprogrammierung gute Literatur.[/quote]
Sorry, habe keine aktuelle Literaturempfehlung.
Damals (in den 80ern) arbeitete ich "Das große Computerschachbuch" von Data-Becker durch, welches mit einem Stück für Stück ein Schachprogramm aufbaute, welches schon etliche der notwendigen Konmponenten besaß (Darstellung im Rechner, Zuggeneratoren Hauptsuche, Ruchesuche, Zugsortieren nach mehreren Aspekten, Hauptvariante, Killerzüge, alpha-beta, neben den beta-Cuts einige weitere, Unterverwandlungen, Matt-Erkennung, Patt-Erkennung...). Darüberhinaus wurden weitere Aspekte wenistens angerissen (Eröffnungsbuch, Zugumstellung/Hashtabellen, Scouting...)
Und das Programm lief (nein: schlich) dann auf diesem 8-bit-Rechner im interpretierten BASIC.
Ein "Matt in 2" war schon eine Herausforderung, ein "Matt in 3" eine abendfüllende Veranstaltung!
Aber als Einführung war das Buch wirklich super!

Benno
Parent - - By Robert Bauer Date 2013-05-15 18:24
Hallo Dieter,

ich habe Dich ja schon mal persönlich getroffen und da ich selbst eifriger Fernschach-Spieler bin, möchte ich meine Meinung dazu kundtun.

zu a) Definiere bitte "Computerschach" und vor allem "Computerschächler"!
Ich nehme an, daß Du hier nicht Personen meinst, die das Werkzeug Computer nutzen um damit "irgendwas" in Richtung Schach machen - und sich auf dem CS-Forum tummeln.
Ich nehme vielmehr an, daß Du mit Computerschach die "Engine-Engine-Matches" meinst und mit "Computerschächler" die Personen, die diese Matches durchführen.
Dann musst Du aber einfach genauer hinsehen, wofür dies gemacht wird und ich führe hier einfach ein paar Beispiele auf:

1) Engine-Engine-Matches von Robert Houdart:
Er ist Software-Entwickler der derzeit stärksten Engine der Welt. Deshalb wird er sicher wissen wie man Hardware am besten einsetzt, um Änderungen an der eigenen Engine zu testen und herauszufinden, ob diese Änderungen die Engine (im Durchschnitt über viele Partien hinweg!!) verbessern.
Nehmen wir ein praktisches Beispiel: Welchen Nachteil in Bauerneinheiten hat eine mangelnde Königssicherheit? Dies ist alles andere als leicht zu bewerten und je Partie verschieden! Anscheinend ist die Technik heutzutage nicht wie früher sich einzelne Partien anzuschauen und dann aus den Fehlern Aufschlüsse zu ziehen, sondern pure Statistik anhand von Tausenden von Partien zu gewinnen.
So gesehen sind für ihn die Engine-Engine-Matches DAS Testverfahren für seine Engine - erstens kann er sehr stolz sein, die stärkste Engine der Welt weiter verbessern zu können und letzlich schlägt sich dies dann natürlich auch in finanziellen Erfolg nieder.

2) Engine-Engine-Matches wie sie auf TCEC (http://www.tcec-chess.net/) gemacht werden:
Ich finde es super, diese Matches zu verfolgen. Auch das Chatten während der Partie ist ganz interessant - man kann hier z.B. die Gelegenheit nutzen, den Profis der Szene eine Frage zu stellen.
Es sind Matches mit sehr langer Bedenkzeit und damit durchaus ein respektabler Vergleich - wobei sich die Geister über den Nutzen streiten werden. Jedenfalls kamen teilweise sehr interessante Partien heraus, wo man "mit etwas Gefühl" die Stärken und Schwächen der Engines herauslesen kann.

3) Engine-Engine-Matches im Computerraum von Schach.de:
Auch diese dienen dazu, die neuesten Engines auszutesten. Außerdem kann jeder dort seine Eröffnungen ausprobieren - auch für Dich als Fernschachler interessant! So tummeln sich dort viele, die an Eröffnungsbüchern arbeiten. Auch ein Tuning an einer Engine ist möglich - Stichwort Rybka Dynamic/Human. Ich selbst habe einmal einfach getestet, wie stark meine Hardware im Vergleich zu den anderen ist. Dies ist ja einfach wenn die Gegner die gleiche Engine benutzen und man seinem PC eine Serie von Partien spielen lässt - dann ist die Computer-ELO durchaus vergleichbar.

4) Engine-Engine-Matches auf für das Fernschach. Hier nenne ich als Beispiele die "Monte-Carlo-Methode" mit der aus der Statistik sich (vorsichtige) Rückschlüsse zu einer Stellung ziehen lassen oder das Ausspielen einer Position mit verschiedenen Engines. Nicht zuletzt benutzt man auch Computer-Eröffnungsbücher (also z.B. im Chessbase-Format "ctg"), die zwar aus GM-Partien gemacht sein können oder eben auch aus Partien, die aus Engine-Engine-Matches bestehen.
Heutzutage kann kein gutes Computer-Eröffnungsbuch im Fernschach-Bereich mehr rein aus GM-Partien bestehen.

zu b) "merit function" war bei mir als Begriff nicht mehr präsent. Erkläre mir bitte was Du in diesem Zusammenhang meinst mit "erst ab 6 oder mehr Zügen".
Als Fernschach-Spieler gibt es ja schon bei einigen Stellungen gleich im ersten Zug während einer Partie gewaltige "Meinungsverschiedenheiten" zwischen den Engines. Einfach weil diese die Tausenden Faktoren, die es gilt, in einer Stellung zu berücksichtigen, unterschiedlich bewerten.
Da hilft es auch nicht, die Engine tagelang an der gleichen Stellung rechnen zu lassen.
Auch die Beschreibung "vorausschauende Führung der engines durch den Menschen" ist nur eine Facette von vielen. Manchmal ist es bei mir sogar so, daß bei einer Entscheidung zwischen mehreren Zügen die menschliche Intuition eine gewaltige Rolle spielt.
Und ist nicht Intuition konträr zur Voraussicht oder zumindest ergänzend? 

zu c) GM-Schach ist natürlich heutzutage anders wie früher - und wir können die Partien live verfolgen und Houdini spuckt uns sofort die Fehler aus - und da meine obigen Ausführungen schon ellenlang sind, möchte ich lediglich auf den sehr interessanten kürzlich auf Chessbase erschienenen Artikel (leider habe ich diesen nicht in Deutsch gefunden) zum Kandidatenturnier hinweisen:
http://www.chessbase.com/Home/TabId/211/PostId/4009400/the-quality-of-play-at-the-candidates-090413.aspx
Unter anderem kann man daraus (mit aller Vorsicht!) die provokante Aussage herauslesen, daß jeder Teilnehmer des Kandidatenturniers eine geringere Fehlerquote als z.B. Botwinnik hatte. 

Viele Grüße,
Robert Bauer
Parent - - By Michael Scheidl Date 2013-05-15 19:29
Zitat:
(...) auf den sehr interessanten kürzlich auf Chessbase erschienenen Artikel (leider habe ich diesen nicht in Deutsch gefunden) zum Kandidatenturnier hinweisen:
http://www.chessbase.com/Home/TabId/211/PostId/4009400/the-quality-of-play-at-the-candidates-090413.aspx

Sehr interessanter Artikel, danke! Als Fan von Capablanca sehe ich mit Begeisterung, daß dieser unter allen Weltmeistern die Computer-Qualitätsprüfung(*) auf Rang 3 - hinter Anand und Kramnik - bestand. Wenn ich richtig verstehe, ist seine durchschnittliche Abweichung zu den Houdini-Zügen nur 0.0608 Bauerneinheiten. Bezieht sich aber nur auf die Weltmeisterschaften.

Gänzlich unklar ist mir, wie die Komplexitätsbewertung zustande kam, also die Tendenz eines Spielers entweder eher einfache oder komplizierte Stellungen anzustreben. Woran mißt man das? Jedenfalls liegt dabei Capablanca an erster Stelle.

*) Houdini 1.5a mit 20 Plies
Parent - By Robert Bauer Date 2013-05-15 20:24
[quote="Michael Scheidl"]
Gänzlich unklar ist mir, wie die Komplexitätsbewertung zustande kam, also die Tendenz eines Spielers entweder eher einfache oder komplizierte Stellungen anzustreben. Woran mißt man das? Jedenfalls liegt dabei Capablanca an erster Stelle.
[/quote]

Hallo Michael,

ich muß Dich da leider enttäuschen: wie man der Bildunterschrift entnimmt:
"The lower scores indicate tendency towards simple positions."
Das heißt, Capablanca versuchte meist einfache Positionen herbeizuführen. Aber eigentlich wußten wir das schon immer
Wenngleich Capablance DER Meister dieser Positionen war.
Iwantschuk (neben Aronian - siehe die Tabelle ebd.) dagegen bevorzugte im Kandidatenturnier sehr komplizierte Positionen, wodurch er - zum eigenen Schaden - öfter in Zeitnot kam.

Viele Grüße,
Robert
Parent - - By Benno Hartwig Date 2013-05-16 08:48 Edited 2013-05-16 08:51
[gelöscht]
Parent - By Benno Hartwig Date 2013-05-16 08:49
. (bitte wieder löschen)
Parent - By Andreas Aicher Date 2013-05-16 10:01
Ich komme seit 2006 nicht mehr auf Schach.de, seit mein Windows (Zweitrechner, Mac`s hatte ich schon immer) den Geist aufgab.
Aber das ist wirklich eines der Dinge, die mir fehlen, schon alleine wegen der vielen guten Schachfreunde, mit denen ich Partien, meist auch Betatester, spielen liess (aussschliesslich lange Bedenkzeiten).
Erkenntnisse, ja doch, am heimischen PC spielt man Partien meist 1+1, 3+2, 5+3 etc. Testserien, am Server mit Ponder on lange Partien, die man live verfolgt, da sieht man schon auch, wo es da hapert, wo Schwächen vorhanden sind etc.

schöne Grüsse
Andreas
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