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Up Topic Hauptforen / CSS-Forum / Rybka in naher Zukunst der Tod des Schachs?
- - By Peter Unger Date 2008-09-06 00:43
Einen interessanten Diskussionsbeitrag gibt es dazu von Larry Kaufman: [url][/url]http://rybkaforum.net/cgi-bin/rybkaforum/topic_show.pl?tid=7176

Ich zitiere:
"The problem is not that chess will be solved, it's that it is becoming a memory and preparation contest, and the preparation will soon no longer need human input. For example Topalov's win today, while a very nice game, was probably mostly prepared at home with Rybka, and is therefore really a computer game. So what will be the point of having top players play each other, we might as well just have freestyle games. That's why change is needed, I think."

Was ist die Meinung hier im Forum dazu?
Parent - - By Kurt Utzinger Date 2008-09-06 07:30
[quote="Peter Unger"]
Einen interessanten Diskussionsbeitrag gibt es dazu von Larry Kaufman: [url][/url]http://rybkaforum.net/cgi-bin/rybkaforum/topic_show.pl?tid=7176

Ich zitiere:
"The problem is not that chess will be solved, it's that it is becoming a memory and preparation contest, and the preparation will soon no longer need human input. For example Topalov's win today, while a very nice game, was probably mostly prepared at home with Rybka, and is therefore really a computer game. So what will be the point of having top players play each other, we might as well just have freestyle games. That's why change is needed, I think."

Was ist die Meinung hier im Forum dazu?
[/quote]
Bei mir kommt das ganze Überheblichkeits-Gehabe der Rybka-Gemeinschaft nicht gut an. Die
tun so, als ob nur Rybka imstande wäre, gute Züge zu finden. Mir scheint, es ist Zeit, auf die
Suche zu gehen und Stellungen zu finden (derer gibt es sicher genug), wo Rybka weniger
Durchblick hat als andere Top-Engines. Und auf einer zweiten Ebene sollten sich computer-
erfahrene Spieler  im 2000-2200 Elobereich aufmachen und zu beweisen versuchen, wie man
auch gegen Rybka problemlos Remis schieben kann, mit normalem Schach selbstverständlich
statt mit doofen Vorgabe- und Handicap-Partien. Genug für heute, sonst ärgere ich mich zuviel.
Mfg
Kurt
Parent - By Benno Hartwig Date 2008-09-06 08:25 Edited 2008-09-06 08:30
[quote="Kurt Utzinger"]Die tun so, als ob nur Rybka imstande wäre, gute Züge zu finden.[/quote]
Ich habe nicht den Eindruck, dass die Schwächen weggeredet werden. IMO wird gerade im Rybka-Forum recht massiv von Vas gefordert, dass er diese Schwächen, die Konkurrenz-Engines nicht haben, beseitigt.

[quote="Kurt Utzinger"]Mir scheint, es ist Zeit, auf die Suche zu gehen und Stellungen zu finden (derer gibt es sicher genug), wo Rybka weniger
Durchblick hat als andere Top-Engines. [/quote]
Besonders spannend finde ich das nicht, da doch niemand bezweifelt, dass auch Rybka erhebliche Defizite hat.

[quote="Kurt Utzinger"]Und auf einer zweiten Ebene sollten sich computererfahrene Spieler  im 2000-2200 Elobereich aufmachen und zu beweisen versuchen, wie man
auch gegen Rybka problemlos Remis schieben kann, mit normalem Schach selbstverständlich
statt mit doofen Vorgabe- und Handicap-Partien. [/quote]
Klar, das fänd ich auch super interessant, wenn es denn geht.


Benno
Parent - By Dietmar Klinger Date 2008-09-06 09:03
Zitat:
Und auf einer zweiten Ebene sollten sich computer-
erfahrene Spieler  im 2000-2200 Elobereich aufmachen und zu beweisen versuchen, wie man
auch gegen Rybka problemlos Remis schieben kann


Aus eigener Erfahrung weiß ich wie oft das gelingt und dann auch nur in bestimmten Abspielen wenn diese gerade mal aufs Brett kommen.
Nein, so einfach ist das nicht. Auch wenn das in vielen Versuchen mal gelingt, das ist kein Maßstab.
Selbst die Ausbeute eines Spielers mit 2500 Elo ist da nicht viel höher.
Es muß nicht unbedingt Rybka sein, Shredder und Fritz reichen da auch schon aus.

MFG Dietmar
Parent - - By Peter Unger Date 2008-09-06 11:37
Hallo Kurt,

es geht doch in dem Zitat darum, dass die computerunterstützte Heimvorbereitung das Schachspielen auf TOP-Niveau - allererst - zu einer Gedächtnisaufgabe verkommen lässt und was man dagegen tun kann, wenn man nicht z.B. auf 960-Schach ausweichen will.

MfG

Peter Unger
Parent - By Kurt Utzinger Date 2008-09-06 12:59
Hallo Peter

Ist/war mir schon klar. Ob die ganze Vorbereitung auf Partien, um den
Gegner irgendwo zu erwischen, mit oder ohne Computerunterstützung
passiert, kommt im Endeffekt aufs Gleiche heraus ... die Spieler müssen
nur alle Varianten im Kopf haben. Schon GM Milan Vidmar hat in seinem
schönen Buch "Goldene Schachzeiten" im Jahr 1960 ein Kapitel geschrieben
mit dem Titel "Ist das heutige hohe Schach krank?" und hat dort unter
anderem GM Pal Benkö, Teilnehmer am Turnier in Bled, wie folgt zu Wort
kommen lassen

"... und ich verstehe jetzt, dass die Schachgrossmeister, die mich umgeben,
nicht mehr Schachspieler, sondern Roboter sind. Sie bereiten sich zehn,
zwanzig Stunden auf jede Turnierbegegnung vor. Ganze Stäbe von Sekundanten,
Freunden und Analytikern helfen einem einzigen Menschen, damit es gelinge,
in einer einzigen Partie zu siegen. Ich wiederhole: Das ist kein Schach! ..."


Was wollen wir denn heute zu diesem Thema sagen? Langsam bin ich soweit,
dass mich die Partien der Top-GM's langweilen. Partien, bei denen man nicht
mehr weiss, ob der Kampf im 19. / 25. oder gar erst im 32. Zug begonnen hat.
Mir macht das echt keinen Spass mehr und zu bewundern gibt es ausser der
grandiosen Gedächtnisleistung nicht mehr viel, zumal - sobald die Taktik ins
Spiel kommt - selbst jeder Patzer imstande ist nachzuweisen, was die Tops
für einen Mist zusammengespielt haben.

Von dieser Warte aus betrachtet habe ich schon das Gefühl, dass Rybka & Co.
in recht naher Zukunft der Tod des Schachs auf höchster Ebene darstellt.
Schach wird indessen immer lebendig bleiben für uns Patzer bis und mit 2000
Elo, wenn die am Brett gegeneinander treffen.

Mfg
Kurt
Co.
Parent - By bernd woehrle Date 2008-09-06 15:29
Hallo Kurt,

vielleicht kann ich Dir betreffs des gegenwärtig grassierenden Rybka 3 Hypes mit folgender Stellung entgegenkommen:

Parent - - By Bernd woehrle Date 2008-09-06 16:13
Lieber Kurt,
vielleicht kann ich deinen Ansichten  mit folgender Stellung  entgegenkommen:



Diese Stellung ist der Partie Krasenkow - Jussupow 2002 entnommen. Es ist klar zu erkennen,dass Schwarz nach ... Tfe8 - das  ist der Zug von Jussupow - und der Antwort von Krasenkow: 19: Ld6 - ein grosses Problem hat : Die schwarzen Streitkräfte sind ab sofort durch den starken Läufer auf  d6 von Verteidigung ihres Königs abgeschnitten. In der Partie folgte weiter:19:...Sc5. 20:Lc2 -Dxa3. Erst nachdem hier Krasenkow auf den letzten schwarzen Bauernraub mit 21:Tfd1 antwortet dämmert den heutigen Hochleistungsprogrammen, dass nach dem  -schwarze Antwort beliebig - drohenden Tfd4 der weisse Angriff auf den schwarzen König mittels weiterer Turmmanöver so gut wie unparierbar ist. Frage: sollten  Computerprogramme, die sich jenseits der 3000er Elogrenze ansiedeln, soviel strategisches Wissen besitzen: dass Sie dem ganzen weißen Angriffsspuk mit dem prophylaktischen  18--:Sxe5 ein Ende bereiten.

Mfg

Bernd
Parent - By Martin Hander Date 2008-09-07 17:39
Es ist sicher eine interessante Frage, ob Schachprogramme 18... Sxe5 spielen sollten.

Die noch interessantere Frage ist allerdings:

Wenn es so klar zu erkennen ist, dass Schwarz nach  18... Tfe8 gefolgt von 19.Ld6 schlecht steht,
warum besitzt dann Jussupow dieses strategische Wissen nicht?

Martin
Parent - By Karl Heinz Krasser Date 2008-09-06 10:49
Ich denke der Titel sollte besser lauten: Sind die Schachprogramme in naher Zukunft der Tod des Schachs?

Meine Meinung: JA und NEIN

JA - möglicherweise in Bezug auf das Profischach, ganz provokativ formuliert wirken die Topleute auch heute schon wie besser Patzer gegen die Maschinen - besonders bei tiefen taktischen Schlägen und im Endspielbereich (Stichwort Tablebases).

NEIN - denn welcher Topathlet käme schon auf die Idee zB im Gewichtheben gegen einen Kran anzutreten und im Breitenschach stören die vielen besseren Spieler auch nicht wirklich - wir patzen gerne vor uns her und haben Spass - ob nun die Pros oder die Compis besser als wir sind, ist doch herzlich egal - oder?
Parent - By Peter Martan Date 2008-09-06 13:08
[quote="Peter Unger"]
Einen interessanten Diskussionsbeitrag gibt es dazu von Larry Kaufman: [url][/url]http://rybkaforum.net/cgi-bin/rybkaforum/topic_show.pl?tid=7176

Ich zitiere:
"The problem is not that chess will be solved, it's that it is becoming a memory and preparation contest, and the preparation will soon no longer need human input. For example Topalov's win today, while a very nice game, was probably mostly prepared at home with Rybka, and is therefore really a computer game. So what will be the point of having top players play each other, we might as well just have freestyle games. That's why change is needed, I think."
[/quote]

Ich finde wirklich, dass die in der letzten Zeit ja nur noch mit sehr viel Gewalt herbeigeredete Konkurrenz zwischen Computerschach- und Schachspielern beendet werden sollte, sofern es je eine ernsthafte war, als die Programmierer noch keine Ahnung vom Schach hatten oder davon, wie man menschliches Schachwissen dem Programm beibringen sollte, diese Zeiten sind vorbei.
Profischachspieler haben andrerseits noch nie ein Hehl daraus gemacht, dass die Vorbereitung auf einen bestimmten Gegner und ein bestimmtes Turnier eine Gedächtnisübung in erster Linie seit grauer Vorzeit war und ist und Bobby Fischer war vielleicht das schönste und das schlimmste Beispiel, wie ein genialer Schachspieler daran zerbrechen kann und eigentlich muss, wenn er gegen eine entsprechend große und hochkarätige auf genau ihn vorbereitete Gegnerschaft bestehen wollte, nicht umsomst hat er sich deshalb Fischer- Schach ausgedacht.
Dass da die EDV die Haupthoffnung im Datenspeichern noch viel mehr als im Rechnen trägt, ist auch allen klar und nun noch länger vom Menschen zu verlangen, er sollte unter Turnierbedingungen mit EDV gestützten Gegnern mithalten an Rechen- und Gedächtnisleistung ist ein von Leuten künstlich am Leben erhaltenes Szenario, die nur darauf aus sind, mehr und mehr nur noch angeblich wesentlich unterschiedliche Computerprogramme zu verkaufen unter dem Werbetitel nur ihr Programm könnte wirklich gute Schachspieler schlagen.
Wir wissen alle längst, dass mit der entsprechenden Eröffnungsbibliothek und vielleicht noch mit den entsprechenden Lernfiles und vorberechneten Hashtables, von den 6 Steinern ganz zu schweigen, ausgestattetes Programm, ich würde sagen fast gleichgültig, an welcher Stelle von 1 bis 50 der aktuellen Computerranglisten es rangiert, gegen fast jeden Großmeister unter Turnierbedingungen gewinnen würde, wen interessiert es also eigentlich noch ernsthaft, ob ausgerechnet Rybka gegen ausgerechnet Anand und nicht z.B. Hydra gegen Michael Adams mit welcher Eröffnung wieviele Punkte holt und vor allem wer wird das Sponsorgeld für derartig einseitige Veranstaltungen noch aufbringen, das sich dann niemals einspielt, auch nicht mit Werbekosten.
Rechner gegen Meister + Rechner, das wäre für mich am ehesten noch interessant, weil das wenigstens auch die Fähigkeit mit dem Computer als Tool umzugehen, erfordert.
Natürlich kann es auch lustig sein zuzusehen, wie Pablo Ignazio Restrepo am Server R3 nach Zeit schlägt oder Anand Fritz ein paar Remispartien und den einen oder anderen Sieg abringt, nach den bisherigen Regeln und Ansprüchen an Turnierpartien, die eben auf Fehlern des Gegners beruhen, je schöner und hochkarätiger die Gegner und die Fehler, umso spannender, hat das halt nichts zu tun.
Diese Art von Turniersport ist tot, bevor sie noch so richtig zur Welt gekommen ist, auch wenn Larry Kaufmann und Vasik Rajlich das vielleicht nicht so gerne hören werden, wie dass Anand gegen Kramnik weiterhin gutes Geld einbringen wird, dass Auseinandersetzungen solcher Spieler gegeneinander sicher weiter interessant und fürs Publikum verkaufbar bleiben werden, völlig gleichgültig, mit welchem Programm sie ihre Vorbereitung machen, am Brett kommt es ja dann, wenn sie allein sind, wie vor erdenklichen Zeiten nur darauf an, wer den anderen besser bei der Vorbereitung eingeschätzt hat und wer sich mehr gemerkt hat und wer besser am Brett schachspielt.
Dass die Computer in absehbarer Zeit das Schachspiel so weit ausgerechnet haben werden, dass die Meister keine Eröffnungen mehr gegeneinander finden, in denen sie das Remis vermeiden können, das glaube ich nicht, dazu wären erste Anzeichen, wie z.B. dass Sizilianisch nicht mehr so oft aufs Brett käme und seltener gespielte Eröffnungen häufiger würden, vorläufig nicht wahrzunehmen.
Wer also mehr vom anderen profitiert mitllerweile, der Mensch vom Computer oder dieser von jenem ist als Überlegung so müßig, wie die Sache mit Ei und Henne, warum nicht einfach beides genießen, Eierspeise und Hühnerfilet, wenn man kein Vegetarier ist und darauf achtet, dass die Hühner möglichst glücklich waren, warum sind wir es nicht auch alle gemeinsam und freuen uns, dass sich Anand jetzt auch noch mit Rykba analysierte Varianten merken muss und dass R4 endlich imstande sein wird, elementare Endspiele allein richtig zu berechnen?
Den Tod kann Rybka höchstens sich selbst geben, wenn er durch ein anderes Programm überholt wird oder ihm ein x-beliebiger Hobbyspieler nachweist, was er alles nicht kann und ein anderes Programm eventuell schon, große Meister des Schachspiels werden als Namen von Menschen weiterleben, auch wenn sie von Computern oder anderen großen Spielern geschlagen werden, das ist nämlich der wirkliche Unterschied zwischen Menschen und Maschinen, Schach hingegen ist und bleibt Schach, wurscht, wer es spielt.
Grüße,
Peter.
Parent - By Joe Nettelbeck Date 2008-09-06 16:37
Ich denke, dass Larry da im Wesentlichen Recht hat. Und ich wage zu prophezeien, dass Freestyle sich im Laufe der Zeit in der Tat einen Platz in den offiziellen Turnieren erarbeiten wird.
Parent - - By Benno Hartwig Date 2008-09-06 20:48
[quote="Peter Unger"]"The problem is not that chess will be solved, it's that it is becoming a memory and preparation contest,[/quote]
In times before the Engines had come the humans had to work with books.
OK, maybe the super-GMs were firm here and they needn't anymore, but all normal humans had had the possibility to prepare with work over books.
So things havn't changed so very much.

Benno
Parent - - By Hans Mueller Date 2008-09-07 09:13
Fischer had the ultimate memory, he was well-known for his ability to memorize even blitz-games after twenty years and games of his simultan-performances. Move by move he demonstrated all games with explanations and he did this with absolute ease. He didn't try do remember as we would do it, but much more he played the games and had them in his mind for the rest of his life-time. But the point which I wanted to stress is that Fischer always wanted his opponents to meet him on the board aside of any help. He wanted to test his real ability to play chess on the board. That's the reason why Fischer very often went astray from the common paths of opening in order to lead his opponent to an area where the latter could only depend on his real understanding of how to play chess and not on remembering afore-prepared moves. The last step and consequence of this striving was the Fischer-Random-Chess. Fischer always played alone and by leaving the usual ways of opening he compelled his opponent to play also alone, without any help from assistants and seconds. But when I compare this with what the pro-players are doing today then for me modern tournament chess is nearly over, at least of the higher ranks.
Parent - - By Kurt Utzinger Date 2008-09-07 09:34
Was ist der Grund, dass ein deutschsprachig gestarteter Thread
plötzlich in Englisch fortgesetzt wird?
Mfg
Kurt
Parent - By Wilfried Eberl Date 2008-09-07 17:57
[quote="Kurt Utzinger"]Was ist der Grund, dass ein deutschsprachig gestarteter Thread
plötzlich in Englisch fortgesetzt wird?
Mfg
Kurt
[/quote]Das würde mich auch interessieren, Kurt!
Einen tiefer gehenden Sinn kann ich darin nicht erblicken und wenn man bedenkt, dass selbst heutzutage vermutlich noch die Mehrheit der deutschen Bevölkerung -ergo wohl auch die Mehrheit der Leser dieses Forums- der englischen Sprache nicht ausreichend mächtig ist, so dürfte der einzig wahre Sinn darin der Unsinn sein... 

MfG,
Wilfried
Parent - By Benno Hartwig Date 2008-09-08 10:14
[quote="Kurt Utzinger"]Was ist der Grund, dass ein deutschsprachig gestarteter Thread[/quote]
Sorry, war mein Fehler.
Ich nahm Stellung zu dem englischsprachigen Zitat im Ursprungsposting.
Und da bin ich halt in das Englische gerutscht.
(was mir gar nicht leicht fällt!)

Benno
Parent - - By Andreas Mader Date 2008-09-07 09:58
Ich verstehe die Aufregung nicht. Rybka spielt wahrscheinlich in 99,99% der Stellungen einen gleich guten oder besseren Zug als ein Mensch. Was für einen Sinn hat es, sich jetzt auf das verbliebene Promille (falls es überhaupt so viel ist) der Stellungen zu stürzen, mit dem Fingen darauf zu zeigen und zu sagen: "Schaut hin, so ein schwaches Programm, das in dieser einen speziellen Stellung nicht den besten Zug spielt!"?

Wenn ich Schach spielen möchte, dann mache ich das irgendwo, wo keine Computer verwendet werden. Da wird dann gepatzt, es werden mitunter Figuren eingestellt und kurzzügige Drohungen übersehen. Wenn ich Schach in nahzu perfekter Ausführung sehen will, dann schaue ich mir Computerpartien an. Wenn ich depremiert sein will, dann lasse ich meinen eigenen Turnierpartien von einem Schachprogramm analysieren und finde sie hinterher nicht mehr ganz so toll wie vorher. Wenn ich ausschließlich an irgendwelchen Prozentwerten interessiert bin, dann lasse ich Programme gegeneinander antreten und sie mindestens im Sekundentakt Züge produzieren. Warum also sollten Programme mit über 3000 Elo-Punkten der Tod des Schachs sein? Es war ja auch nicht der Bagger der Tod der Schaufel.

Warum ist es für das Selbstbewusstsein einiger Menschen scheinbar notwendig, unbedingt zu beweisen, dass Programme in ein paar vereinzelten Bereichen doch noch schlechter sind? War Tal ein schlechter Schachspieler, nur weil seine Opfer nicht immer korrekt waren?

Andreas
Parent - By Kurt Utzinger Date 2008-09-07 20:50
[quote="Andreas Mader"]
Ich verstehe die Aufregung nicht. Rybka spielt wahrscheinlich in 99,99% der
Stellungen einen gleich guten oder besseren Zug als ein Mensch.
[...]
[/quote]
Hallo Andreas
Das scheint mir nun aber wirklich eine viel zu optimistische Einschätzung
des Könnens von Rybka.
Mfg
Kurt
Parent - - By Jens Heerklotz Date 2008-09-07 11:23
Diese Diskussionen gav es auch in der vor Rybka Zeit immer wieder, vor allem dann wenn ein Fritz oder ein Shredder oder ein XZY gegen starke Menschen gewonnen hat. Damals gab es noch die AEGON Turniere. Wenn da dann mal wieder ein Zarkov oder Sokrates oder Genius uswuswusw (so hiessen die damaligen Protagonisten eben) gewonnen hat wurde auch immer wieder das Ende des Abendlandes herbeidiskutiert

Das hat nichts per se mit Rybka zutuen sondern mit den insgesamt immer besser werdenden Engines die halt einfach... tja mit der Zeit zulegen wohingegen das Niveau der Menschen wohl einem Plateau entgegenstrebt ohne das dort noch riesige Verbesserungen zu sehen sind. Larry arbeitet bei Rybka mit, insofern verpackt er das logischerweise in einen kleinen PR Seitenhieb.

Genauso wie es damals die Diskusisonen nach jedem Aegon Turnier gab, wird es sie auch in 4 Jahren geben wenn die Engine "Enigma" oder "Foxtrott" oder wie sie heissen nachweist das alles was Kasparov gespielt hat Schrott ist und einem GM Matt in 13 ansagt...

Das Schach wird trotzdem nix an Faszination verlieren, egal wie sehr die PR Trompeten sich auch anstrengen.

Gruss
Parent - - By Dietmar Klinger Date 2008-09-07 12:24
Rybka in naher Zukunst der Tod des Schachs?
Ein klares nein !
Im Gegenteil, das Programm wird Ansporn für jeden Top Spieler sein um annähernd
an dessen Stärke zu gelangen, was natürlich niemals gelingen wird.
Selbst bei der Vorbereitung auf den Gegner mit Hilfe von Rybka wird es immer wieder neue Möglichkeiten geben.
Es kann dann natürlich auch eines Tages passieren das man eben erst im ca.35 oder 40 Zug eine
Verbesserung findet. Top Großmeister werden dann auch mehr gefordert, denn sie müssen viel mehr Zeit in
ihre Vorbereitung investieren. Da ist absoluter Fleiß angesagt und das Können sowieso.
Wer den Weg des Superprofis wählt hat es dann nicht einfach.
Bei den weniger starken Spielern als auch bei den Patzern ist es ja eigentlich egal.
Schach an der Freude und mehr nicht.
In dem Sinne denke ich können wir noch lange mit Computer Schachprogrammen  leben.

Gruß Dietmar
Parent - By Benno Hartwig Date 2008-09-08 11:28
Zitat:
Rybka in naher Zukunst der Tod des Schachs?
Ein klares nein !
Im Gegenteil, das Programm wird Ansporn für jeden Top Spieler sein um annähernd
an dessen Stärke zu gelangen...

Zustimmung, und mehr noch.

Auch wenn in 10 oder 20 Jahren der Vorsprung der Rechner noch weiter gewachsen ist,
auch wenn der menschliche Weltmeister irgendwann nur noch selten ein Remis erreichen kann,
wird das Schach weiter'leben'.

Ich sehe nicht mal andeutungsweise , was den Menchen den Spaß an diesem Wettkampf zwischen Menschen nehmen könnte.
(Abgesehen von jenen wenigen, die vielleicht eine besondere Genugtuung in der Vorstellung fanden, dass gerade ihre Gedankenwelt eine unüberwindliche Macht im Schachspiel darstellte)

Auch dass die Vorbereitung mit dem Rechner für den Erfolg eine immer wichtigere Rolle Spielen wird, tut dem sicher keinen Abbruch. Auch bislang war es in wohl allen Klassen üblich, die Eröffnungsliteratur zu erarbeiten, und der Erfolg hing auch von diesem Einsatz ab.

OK, wirklich gute Leute haben stets auch das Eröffnungsrepertoire durch eigene Analysen erweitert.
Das wird auch weiter geschehen.
Und das wird vermutlich seit einiger Zeit schon und sicher auch in der Zukunft mit Engine-Unterstützung geschehen.
Warum auch nicht.

Nein, einen Hinweis für 'Schach stirbt' finde ich nicht mal andeutungsweise.
Auch seit der und durch die Erfindung des Automobils ist die Anzahl der Langstreckenläufer nicht geschrumpft, soweit ich weiß.

Benno
Parent - - By Ulrich Harm Date 2008-09-08 14:53
Hallo mit einem Diskussionbeitrag zu den aufgeworfenen Fragen.

Ich denke nicht, dass Rybka & Co inkl. den riesigen Eröffnungs- u. Schachdatenbanken das Ende des Schachs bringen werden.
Wenn auch die Spielstärke der Comps in den letzten Jahren noch deutlich unter der Stärke von Rybka 2 /3 ( auf heutiger schneller Hardware )
lag, so sind die Probleme grundsätzlich ja nicht neu. Auf WM - Ebene hatte ja ( wie bereits in einem anderen Beitrag erwähnt ...) bereits Bobby Fischer damals mit ähnlichen Problemen gekämpft, als er gegen Gegner antrat, die von einem ganzen Team sowjetischer GM's bei der Vorbereitung gründlichst "eingestellt" wurden ( nämlich speziell optimiert auf das Spiel gegen Fischer mit allen neuesten Eröffnungsraffinessen etc. ).
Heute benötigt man dazu dank der neuesten (leistungsstärksten) Programme und Datenbanken keinen Stab von Grossmeistern
mehr, um sich insbesondere eröffnungstheoretisch ( und -praktisch ) optimal auf einen speziellen Gegner vorzubereiten. Dabei wird der Schach-
spieler ( inkl. der Meister ) in der Eröffnungsphase dann noch mehr als in früheren Zeiten zu einem Automaten degradiert, dessen wesentliche Aufgabe nur noch darin besteht, möglichst viel eröffnungstheoretisches Wissen ( Kenntnis der jeweils optimalen Varianten inkl. zugehöriger Pläne ) abzuspeichern und dann in der Partie korrekt wiederzugeben.
Durch die Mitbenutzung von Power Rybka & Co auf schneller Hardware dürfte die Eröffnungstheorie aber in den nächsten Jahren in vielen Bereichen noch drastisch erweitert, korrigiert und verfeinert werden ( mit dramatisch wachsender Geschwindigkeit ggü. früheren Zeiten, wo fast ausschliesslich
GM's diese Arbeit allein taten ... ), was diesen Trend noch weiter verschärfen wird ... .  

Die eigene schachlich-kreative Leistung der Spitzenspieler wird so also in der ersten Partiephase noch mehr in den Hintergrund gedrängt werden und durch reine Gedächtnisleistungen ( inkl. natürlich einer entsprechend professionellen Vorbereitung unter intensiver Nutzung der Comps ) ersetzt werden.
Dies würde ( so diese meine Einschätzungen zutreffen ) dann schon ( aus meiner Sicht und vermutlich auch der vieler anderer Schachspieler ) etwas schade sein, weil der grösste Reiz des Schachspiels als Denksport eben in der eigenen kreativen Spielweise liegt ( inkl. natürlich auch dem korrekten Berechnen taktischer Varianten, aber auch stragegischem Urteilsvermögen etc. .. ).  

Aus diesen Gründen würde ich es auch so einschätzen, dass die Entwicklung für das Profi- und Spitzenschach ( sagen wir mal ab etwa Elo > 2300 ) sinnvollerweise in Richtung  Chess 960  gehen sollte. Nur so wird sich wohl in Zukunft die immer extremer werdende Rolle der immer scheller ausufernden ( auch wegen der heutigen Stärke der Comps ... ) Eröffnungstheorie wieder auf ein sinnvolles Mass begrenzen lassen. Dann wird wieder die eigene kreative Leistung der Schach-Spitzenspieler im Vordergrund stehen und nicht mehr so sehr die Fähigkeit, "als möglichst aktuellstes, umfangreichstes und zugleich speziell auf den Gegner getuntes Eröffnungsbuch"  herumzulaufen. 
So denke ich auch, dass sowohl der rasante Zuwachs der Eröffnungstheorie als auch die neuen technischen Möglichkeiten der Comps ( sowohl der leistungsstarken Programme als auch der gigantischen Datenbanken .. ) solche Veränderungen erforderlich machen werden, wenn das Schach als Sport nicht einen Teil seiner Attraktivität verlieren will.

In den unteren Spielklassen ( bis Elo 2000 und auch noch darüber ) sehe ich dieses Problem weniger, da hier die meisten Spieler kaum mehr als die Grundzüge und Hauptverianten der wichtigsten Eröffnungen beherrschen und sich lediglich bei ihren wenigen Lieblingseröffnungen /-varianten etwas besser auskennen. Ein spezielles Tuning seiner eigenen Eröffnungswahl auf die Stärken und Schwächen des Gegners hin findet hier meist nur sehr eingeschränkt statt ( evtl. mal in der Bevorzugung mehr offener oder mehr positionell-geschlossener Stellungen etc. ... ).  Daher sehe ich hier nicht unbedingt einen Handlungsbedarf im Gegensatz zur Situation im Spitzenschach.

Ein anderer Aspekt der neuen Entwicklungen im Computerschach ( Rybka & Co ) dürfte meiner Meinung nach auch sein, dass Turniere im Stil
"Mensch (Spitzenspieler ) gegen Computer" in der bisherigen Form wohl auch bald sinnlos werden. Der Mensch hat hier wegen der unvermeidbaren
kleineren und grösseren (meist taktischen) Fehler am Ende kaum noch reale Gewinnchancen, sodass hier auch neue Wege beschritten werden müssen.
Eine Möglichkeit wären diverse Handycaps für die Comps ( Zeit - Menschenbonus plus evtl. Materialvorgaben durch den Comp etc. ), was sicher für Trainingszwecke ( für die menschlichen Spieler ) sehr sinnvoll ist. Eine andere gute Möglichkeit wären Turniere im Stil  "Mensch mit interaktiver  Computerunterstützung ( Computer I ) gegen einen ( deutlich stärkeren ) Computer II . Die Computerunterstützung für den Menschen dient dabei im wesentlichen Überprüfung seiner Ideen auf taktische Richtigkeit ( Spielbarkeit ), während der Mensch mehr den intuitiv - kreativen Teil übernimmt, die richtigen Strategien zu entwickeln. Dies steht dann im Wettkampf mit einem Computerprogramm II ( das natürlich deutlich stärker als Computer I sein muss, in der Regel also mindestens 100 Elopunkte höher liegen sollte ). So könnten sicher auch wieder spannende Wettkämpfe auf höchstem schachlichen Niveau ausgetragen werden, in denen beide Seiten ( Mensch und Computer ) ihre besonderen Stärken optimal zur Geltung bringen könnten.

Bleibt also zu hoffen dass solche ( oder evtl. auch andere geeignete ) Anpassungen des Spitzenschachs an die heutigen technischen Entwicklungen stattfinden werden, bevor der Schachsport erst noch unnötig viel an seinen eigentlichen Reizen verloren haben wird ... . Hier ist ohne Zweifel sicher auch eine gewisse Flexibilität der für die Organisation des Schachsports ( und diverser Schachevents ) Verantwortlichen gefragt ... . 


  

   Gruss Ulrich
--------------------
Parent - - By Benno Hartwig Date 2008-09-08 15:24 Edited 2008-09-08 15:29
Thanx für dein umfangreiches Statement, Ulrich.
Zitat:
bereits Bobby Fischer damals mit ähnlichen Problemen gekämpft, als er gegen Gegner antrat, die von einem ganzen Team sowjetischer GM's bei der Vorbereitung gründlichst "eingestellt" wurden...
Da ist es denn doch heute viel gerechter geworden, da sich jeder für ein paar hundert Euro solch ein Beratungssystem in das Wohnzimmer stellen kann.
Wurde im Spitzenschach nicht immer extrem aufwändige und sorgfältige Vorbereitung betrieben? Und wer da leichtfertig war, hat eben oft das Nachsehen gehabt?
So ganz sehe ich nicht den Unterschied, allenfalls darin, dass das verfügbare Geld heute vielleicht eine nicht mehr soo wichtige Rolle spielt wie vor ein paar Jahrzehnten noch. Und kann das wirklich schlecht sein?

Zitat:
Die eigene schachlich-kreative Leistung der Spitzenspieler wird so also in der ersten Partiephase noch mehr in den Hintergrund gedrängt werden und durch reine Gedächtnisleistungen ( inkl. natürlich einer entsprechend professionellen Vorbereitung unter intensiver Nutzung der Comps ) ersetzt werden.
Ich denke, es wird zukünftig  nicht weniger schachlich-kreative Leistungen in der Vorbereitung geben. Und diese werden mit Hilfe der Engines abgesichert. Die Folge wird ein schnelleres Wachstum des aber auch wirklich verstandenen Wissens unter den Super-GMs sein. Dass man ein gutes Gedächtnis braucht, um sich das zu merken, ist sicher wahr. Super-GMs haben dies aber auch sicher bisher benötigt, um die von Menschen erarbeitete Eröffnungstheorie möglichst in Gänze zu kennen.

Wie sieht es eigentlich heut mit dem Gedächtnis der GMs aus. Haben sie das gesamte von Menschen erarbeitete Eröffnungswissen drauf? Haben sie sozusagen Gedächtnisreserven übrig? Oder schaffen sie nur einen Teil davon. Dann würden sie auch zukünftig entscheiden müssen, ob sie sich lieber den gedruckten Büchern oder den Engine-Ausgaben zuwenden wollen.

Zitat:
Aus diesen Gründen würde ich es auch so einschätzen, dass die Entwicklung für das Profi- und Spitzenschach ( sagen wir mal ab etwa Elo > 2300 ) sinnvollerweise in Richtung  Chess 960  gehen sollte.
Sollte dieses Chess960 einen wirklich hohen Stellenwert bekommen, wird es dann nicht auch Eröffnungsbücher geben (eben 960 Eröffnungsbücher, jeweils nur vglw. wenige Halbzüge tief), und würden die nicht genauso von Menschen und/mit Rechnern erstellt werden? Ich sehe da bzgl. der von die angesprochenen Problematik keinen Unterschied.
Nur solange der chess960-Stellenwert niedrig ist gehen die Spieler vglw. unvorbereitet in solche Turniere. Aber stelle dir mal eine hochgelobte, vielbeachtete, hochdotierte Weltmeisterschaftsfinalbegegnung vor.

Zitat:
In den unteren Spielklassen ( bis Elo 2000 und auch noch darüber ) sehe ich dieses Problem weniger,
Das sehe ich auch so. Hier könnte auch jetzt schon ohne den Rechner mit persönlichem Einsatz Eröffnung gebüffelt werden. Weil die Zeit aber beschränkt ist, bleibt das eben nach.
Und wenn jemand mit Rechner versucht eine Eröffnungsfalle zu erbasteln: warum nicht. Er hat dann meiner Meinung nach den Erfolg verdient, solange andere hineintappen.

Benno
Parent - By Ulrich Harm Date 2008-09-09 09:56
Hallo Benno,

vielen Dank für Deinen Beitrag. Vielleicht hast Du ja recht, und ein Umsteigen im Spitzenschach auf Chess 960 würde evtl. nur
dazu führen, dass dann am Ende für alle diese 960 Ausgangsstellungen entsprechend optimierte Eröffnungszüge analysiert und gelernt
( aus Buch oder in Form von elektronischen Büchern ) werden. Am Ende einer solchen Entwicklung wäre dann zwar die Tiefe der analysierten
Eröffnungsvarianten sicher viel geringer als heute, aber dafür wäre die Breite der ganzen Geschichte entsprechend extrem hoch und am
Ende dieser Entwicklung könnte vielleicht sogar der ganze Stress mit der ganzen Eröffnungsvorbereitung für die Spieler noch grösser werden als das
heute schon der Fall ist.
Ich kann nicht sicher sagen, ob das so eintritt, aber zumindest theoretisch wäre natürlich auch eine solche ( aus meiner Sicht eher negative ) Entwicklung beim Übergang zu Chess 960 im Spitzenschach möglich, womit genau das Gegenteil davon erreicht wäre, was eigentlich bezweckt werden sollte.

 


Gruss Ulrich
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