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Up Topic Hauptforen / CSS-Forum / Lothar Collatz: 3n+1, Computer-Go und mehr
- - By Ingo Althöfer Date 2019-07-24 12:49
Liebe Leute,

für Mathematiker ist der Name Lothar Collatz (1910-1990) eine feste Größe.
Collatz hat 1937 das 3n+1-Problem "erfunden", bei dem auch nach 82
Jahren die zentrale Frage nicht theoretisch gelöst ist:

Endet jeder Startwert n(0) in dem Zyklus 4 -> 2 -> 1 -> 4 ?

Ich habe mich seit einigen Jahren intensiv mit dem Leben von Lothar Collatz
beschäftigt und jetzt ein Büchlein dazu fast fertiggestellt. Es soll, wenn alles
normal verläuft, Mitte September 2019 verfügbar sein.

Im Büchlein ist auch das Thema "Lothar Collatz und das Go-Spiel"
behandelt, inclusive eines 1988er-Briefs von ihm zum Thema
Computer-Go.

Einige weitere Vorab-Infos gibt es hier:
https://3-hirn-verlag.de/events.html

Ingo Althöfer.
Parent - - By Benno Hartwig Date 2019-07-24 15:22
Für die, die sich Gedanken machen möchten :
(Wikipedia)

n'=n/2 falls n gerade
n'=3n+1 falls n ungerade
Endet jeder Startwert n>0 in dem Zyklus 4 -> 2 -> 1 -> 4 ->… ?
Parent - - By Ingo Althöfer Date 2019-07-24 16:21
Hallo Herr Hartwig,

danke für die genauere Erläuterung des Problems.
Es gibt ein tolles Applet von Prof. Jürgen Dankert aus Hamburg:
http://www.juergendankert.de/spezmath/html/collatzm.html

Da kann man beliebig lange Zahlen eingeben (z.B. mit 2.000 Dezimal-
stellen), und das Applet rechnet die Folge durch.
Wie erzeugt solch lange Eingaben am einfachsten? Mit dem Finger
eine Zifferntaste gedrückt halten und erst wieder loslassen, wenn
die Zahl lang genug ist. Ein paar Ziffern kann man dann noch
händisch ändern ...

Ingo Althöfer.
Parent - - By Benno Hartwig Date 2019-07-24 16:51
Hallo Herr Althöfer,

danke, sehr hübsch gemacht diese Seite, allein schon mit diesem Statistikteil!
Und auch witzig wie sich die Folgen ändern, wenn man statt 3n+1 nimmt: 3n+d für verschiedene d. Auch negative!

Konsequent wäre nun doch, wenn man nun statt der 3 auch "Untersuchungen" (oder sollte ich sagen: "Spielereien"?) für andere Faktoren anstellte.
Größere Werte, die bei ungeraden Folgengliedern die Folge wieder kräftiger in die Höhe treiben.
Oder übersehe ich einen Grund, weshalb dies irgendwie uninteressant wäre?

Benno Hartwig
Parent - - By Ingo Althöfer Date 2019-07-24 17:52 Edited 2019-07-24 17:55
Hallo Herr Hartwig,

Benno Hartwig schrieb:
danke, sehr hübsch gemacht diese Seite, allein schon mit diesem Statistikteil!

Herr Dankert war/ist ein begnadeter Programmierer. Auch für
viele andere Aufgaben aus Mathe und Physik hat er hübsche
(und schnelle) Applets programmiert. Er ist ein echter Bitschnitzer
alter Schule (und auch im Ruhestand weiter aktiv).

Zitat:
Konsequent wäre nun doch, wenn man nun statt der 3
auch "Untersuchungen" (oder sollte ich sagen: "Spielereien"?)
für andere Faktoren anstellte.

"3" ist der einnzige interessante Faktor. Das kann man sich
wie folgt überlegen. Nach der Operation "mal 3 plus 1" ist die
Zahl gerade. Man kann also durch 2 teilen. Das Ergebnis ist entweder
gerade oder ungerade. Ist es gerade, kann man wieder durch 2 teilen,
und wieder ist das neue Ergebnis gerade oder ungerade.
Im Durchschnitt kann man nach der "mal 3" Operation also zwei Mal
durch 2 teilen. Also grob:
mal 3, dividiert durch 4, mal 3, dividiert durch 4 usw
Wenn das heuristische Argument (mit "im Durchschnitt zwei Divisionen durch 2")
stimmt, kommt man bei grossen Startzahlen also in kleinere Bereiche,
und irgendwann zu 4->2->1->4 ...

Hätte man jetzt statt "mal 3 plus 1" etwa "mal 5 plus 1" und begänne
mit einer grossen Startzahl, so passiert im Durchschnitt
mal 5, dividiert durch 4, mal 5, dividiert durch 4 usw,
die Zahl wird also tendenziell wachsen.

Spannender sind andere im Buch beschriebene Varianten, z.B:
Wenn n gerade, setze n' = n/2
Wenn n ungerade und Primzahl, setze n' = 5*n + 1
Wenn n ungerade und keine Primzahl, setze n' = 3*n + 1.
Es gibt zwar unendlich viele Primzahlen, aber bei grossen
Zahlen wird ihr Anteil immer kleiner. Also sollten grosse
Startzahlen tendenziell auch in kleinere Bereiche führen,
aber eben nicht so schnell wie beim glatten 3n+1 -Problem.

Ingo Althöfer.
Parent - - By Benno Hartwig Date 2019-07-29 19:57
Ja, danke für Ihre Gedanken dazu.
Es ist schon eine nette Spielwiese.
Wahrscheinlich ohne jede praktische Relevanz,
und ohne die Chance auf ein nennenswerte Theorie dahinter,
aber vielleicht doch eine nette Spielwiese.
Benno Hartwig
Parent - - By Olaf Jenkner Date 2019-07-29 21:07
Benno Hartwig schrieb:

Es ist schon eine nette Spielwiese.
Wahrscheinlich ohne jede praktische Relevanz,
und ohne die Chance auf ein nennenswerte Theorie dahinter,
aber vielleicht doch eine nette Spielwiese.

Da wäre ich nicht so sicher.
Es könnte sein, daß ein Supergenie ein paar Jahre seines Mathematikerlebens diesem Problem widmet und gezwungen ist,
eine völlig neue Methodik zu entwickeln. Beispiele dafür gibt es genug, z.B. der Beweis des großen Fermat von Wiles.
Es gibt natürlich auch Menschen, für die die gesamte höhere Mathematik keine praktische Relevanz hat,
hoffentlich nicht in diesem Forum.
Parent - - By Benno Hartwig Date 2019-07-29 21:47
Wiles hat bei seinem Beweis wohl etliche Aspekte der Mathematik sehr tief betrachtet und auch gut weitergebracht!
Und das verdient natürlich größten Respekt!
Aber hat Fermats Vermutung deshalb "praktische Relevanz", oder ist sie sichtbarer Gipfel einer "nennenswerten Theorie"?

Ich hatte schon immer irgendwie den Eindruck, dass diese Vermutung im Wesentlichen eine mathematische Spielwiese ist.
Eine Spielwiese eben, die Wiles dann mit mathematischen Kraftakten erobern konnte.

Ist diese Sicht falsch?

Benno
Parent - - By Olaf Jenkner Date 2019-07-29 22:42 Edited 2019-07-29 22:51
Benno Hartwig schrieb:

Ist diese Sicht falsch?

Auf jeden Fall.
Schon immer war die Mathematik eine Spielwiese für Theoretiker.
Auch wenn viele mathematischen Erkenntnisse aus der praktischen Notwendigkeit erwuchsen,
gab es schon immer den Fall, daß ursprünglich rein mathematische Abstraktionen plötzlich
praktische Anwendungen fanden, z. B. die Riemannsche Geometrie in der allgemeinen Relativitätstheorie.
Wer das auch nur für eine physikalische Spielerei hält, dem ist nicht zu helfen.
Ein neueres Beispiel ist die Zahlentheorie, die immer die Königsdisziplin der Mathematik war
und zugleich als völlig "nutzlos" angesehen wurde.
Wir könnten heute keine Online-Banking, eigentlich gar nichts machen, wofür eine
digitale Authentifizierung notwendig ist, ohne die Kryptographie, die auf der Zahlentheorie
aufbaut.
Parent - - By Guenter Stertenbrink Date 2019-07-30 08:05
das sind Ausnahmefaelle.
Etwas Mathematik ist sinnvoll, aber zuviele Leute m.E. verbeissen sich
an den theoretischen Problemen mit wenig praktischem Belang.
So wie Schach.
Man kann es hoechstens als eine Art Geistestraining betrachten.
Parent - - By Olaf Jenkner Date 2019-07-30 11:46
Erstaunlich, sowas in diesem Forum zu lesen.
Daß wir noch gar keine Computer hätten, wenn sich in der Vergangenheit deutlich weniger Leute mit theoretischen Problemen beschäftigt hätten, ist dir klar?
Parent - By Lothar Jung Date 2019-07-30 11:58 Edited 2019-07-30 12:07
Ja, ohne die Mathematik von Shannon, von Neumann, Turing und Schmidthuber wären Computer und Computerschach und neuronale Netze nicht möglich.
Parent - - By Ingo Althöfer Date 2019-07-30 11:53
Hallo Günter,

solche Theorie-Bolzen kenne ich. Da ist einer, der hat mal
eine Mathe-Diplomarbeit mit dem Titel "Ringtopologien auf
Schiefkörpern" geschrieben 
und damit war nicht der Turm von Pisa oder sonstwas Praktisches gemeint.

Ingo.
Parent - By Guenter Stertenbrink Date 2019-07-30 13:29
Wir waren alle mal jung und unerfahren...
Viel schlimmer noch als Schiefkoerper : ich hab viele wichtige Jahre mit Schach und Fernschach
vergeudet und sci.math, P=NP, Collatz, Springertouren, Sudokus
-----------------
natuerlich haette es Raumfahrt,Computer etc. trotzdem gegeben - sagen wir mit
halbsoviel Reine-Mathematik Stunden/Vorlesungen/Buecher/Foerdergelder -
nur eben evtl. ein paar Jahre spaeter.
-------------------------------------------
Parent - - By Ingo Althöfer Date 2019-07-30 11:58
Hallo Herr Hartwig,

Benno Hartwig schrieb:
Es ist schon eine nette Spielwiese.
Wahrscheinlich ohne jede praktische Relevanz,
und ohne die Chance auf ein nennenswerte Theorie dahinter ...

die Chance auf Theorie ist da, und zwar in verschiedenen
Bereichen: Zahlentheorie, Automaten-Theorie, Entscheidbarkeitstheorie,
Ergodentheorie usw.

Paul Erdos sagte in den 1980ern: "Unsere Mathematik ist noch
nicht reif für dieses Problem."

*******************************************************

Anderes Beispiel zur Spielwiese:
die Apollo-Flüge zum Mond.
Das war auch reine (Macht)Spielerei, und Spin-Offs
gab es nur zufälligerweise.

Interessanterweise war Collatz auch da in einer frühen Phase beteiligt:
Er war (auch) der Cheftheoretiker für die Ballistik der V2-Rakete. Und
ohne V2 hätte es weder das sowjetische noch das USA-Programm der
Weltraumfahrt gegeben.

Ingo Althöfer.
Parent - By Guenter Stertenbrink Date 2019-07-30 13:33
Paul Erdos' bekanntester Spruch ist aber :

> ein Mathematiker ist eine Maschine,
> die aus Kaffee Theoreme macht (oder so aehnlich)

Also voellig nutzlos.
Parent - - By Michael Bechmann Date 2019-07-29 14:33 Edited 2019-07-29 14:45
Hallo,

ist denn schon einmal eine Ausgangszahl gefunden, die erwiesenermaßen nicht auf 1 endet? Ich kann mir vorstellen, dass z. B. eine "Schleife" entstehen kann, welche ab einer bestimmten Schritt eine gleiche Folge von nachfolgenden Zwischenwerten ergeben und nie zu 1 führt.

Anderseits erscheint mir der Algorihmus "a*Zwischenwert + b; Division durch c (hier a = 3, b = 1, c = 2) willkürlich. Wie verhält es sich bei anderen Parametern?   

Idee: eine Art Wettbewerb, in welcher "gewinnt", der eine Zahl findet, welche die meisten Iterationen benötigt, um auf 1 zu landen.

Durch den 3a+1-Algorithmus; Division durch 2 kommt man zwangsläufig zu mindestens 2. Schritt zu einer geraden Zahl, was zur Halbierung der Zahl führt. So wird (vermutlich) gesorgt, dass die Zwischenwerte im Vergleich zur Ausgangszahl nicht so groß werden.
Parent - - By Ingo Althöfer Date 2019-07-30 12:02
Hallo Herr Bechmann,

außer den 3n+k - Problemen sind vor allem die 5n+k - Probleme interessant.

Sehr intensive und aufschlußreiche Rechnungen dazu hat vor Jahren Ulf
Flörsheimer gemacht, der damals auch hier im Forum (etwas) aktiv war.
Seine empirische Haupteinsicht:

* Bei 3n+k gibt es für jedes ungerade k endliche viele Zyklen, in die alles reinläuft.

* Bei 5n+k gibt es für jedes ungerade k endlich viele Zyklen. Endlich viele Startwerte
laufen in diese Zyklen. Alles andere rast gegen unendlich.

Ingo Althöfer.
Parent - By Michael Bechmann Date 2019-07-31 05:01
Hallo, Herr Prof. Althöfer,

ich habe einen Link zum Thema gefunden - von Prof. Walther, dem bekannten Kosmonauten.
https://www.welt.de/wissenschaft/article160308540/Gibt-es-einen-Beweis-fuer-die-Collatz-Vermutung.html

Das wichtigste Zitat "So dürfte es keine Folge geben, die mehr als 41,68•ln(n) Schritte bis zu ihrem Ende braucht."

Ein Beweis, dass der Algorithmus immer auf 1 ausgeht, ist auch das nicht.

mfg
M. Bechmann
Parent - By Ingo Althöfer Date 2019-09-14 16:50 Upvotes 1
Ingo Althöfer schrieb:

Ich habe mich seit einigen Jahren intensiv mit dem Leben von Lothar Collatz
beschäftigt und jetzt ein Büchlein dazu fast fertiggestellt. Es soll, wenn alles
normal verläuft, Mitte September 2019 verfügbar sein.

Im Büchlein ist auch das Thema "Lothar Collatz und das Go-Spiel"
behandelt, inclusive eines 1988er-Briefs von ihm zum Thema
Computer-Go.


In dem Brief von 1988 schrieb Collatz unter anderem:
"Es gibt Schachcomputer, aber noch keine nennenswerten Go-Computer
(und wird hoffentlich auch noch nicht so bald brauchbare Go-Computer geben)..."

Das Büchlein ist jetzt verfügbar:
https://3-hirn-verlag.de/books.html

Ingo Althöfer.
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