Dopingkontrollen beim Schach sind natürlich Unfug. Aber sowas kommt dabei heraus, wenn Schachverbände in ihrem Bemühen (Sport-)Förderungsmittel aufzutreiben, zu weit gehen und falsche Entscheidungen treffen. Vor Jahrzehnten, als diese Diskussion bereits lief - allerdings ohne das Dopingthema - habe ich in meiner Naivität geglaubt, es gehe irgendwie um eine ideelle Anerkennung, daß man halt quasi "auch" ein Sport ist. Daß es in Wirklichkeit einfach nur, wie meistens, um Kohle geht habe ich erst mit Verspätung begriffen.
Ein Eintrag auf
http://chessbase.de/ bringt es heute treffend auf den Punkt; ich zitiere auszugsweise:
Zitat:
Sportbürokraten zerstören das Schach (...) Hintergrund war das Fernbleiben von Vassily Ivanschuk bei der angeordneten Dopingprobe nach der letzten Runde der Schacholympiade - eigentlich auch die einzige vernünftige Antwort auf die unsinnige Forderung nach Dopingproben im Schach. (...) Aus Angst, ihren Sportstatus zu verlieren, unternehmen die Schachverbände, darunter der Deutsche Schachbund, nichts, um dem offensichtlichen Dopinkontroll-Unfug im Schach entgegenzutreten. Ohne Doping offenbar kein Sport.
Soweit ChessBase, die m.E. knapp und treffend auf den Punkt kommen.
Noch pointiert(er) gesagt: Sich jahrzehntelang bei den Muskelprotz-Sportverbänden anzubiedern um schließlich irgendwann quasi gnadenhalber anerkannt zu werden, um ein paar Euro zu lukrieren, stellt sich als kolossaler Irrweg heraus. Durch solche rein bürokratischen Entscheidungen erhält Schach weder mehr öffentliche Anerkennung - Schach bleibt was es immer war - noch mehr mediale Reichweite. Stattdessen wird es durch diese grotesken Dopingauflagen immer wieder zu einem würdelosen Zirkus erniedrigt und dem Gelächter des nicht-schachinteressierten Restes der Welt preisgegeben.
Wen interessiert ob Schach "olympisch" wird oder nicht? Wer braucht das, wieviel Kohle bringt das?
Der Schachsport als schönes kultiviertes Spiel und (manchmal) als geistiger Kampfsport sollte wieder völlig selbständig werden, sein und bleiben. Er sollte sich nicht Regeln und Ritualen unterwerfen, die für Gewichtheber, Radfahrer und Skilangläufer erfunden wurden. Raus aus den Körpersportverbänden... hoffentlich lassen sich andere Förderquellen anzapfen, falls das nicht ohnehin schon geschieht.
Wahrscheinlich betrachtet es mancher als Sakrileg, wenn jetzt einige prominente Schachmeister sozusagen "selber" in Zweifel ziehen ob Schach Sport ist, und/oder es stattdessen als Kulturgut darstellen. Andere haben sich wegen des Dopingschwachsinns sogar zu persönlichen Rücktritten oder Boykotts entschlossen. Meine Sympathie und Anerkennung haben sie. Hoffentlich werden es mehr.